JudikaturJustiz15Os120/08y

15Os120/08y – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. September 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. September 2008 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Metz als Schriftführer in der Strafsache gegen Daniel S***** wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 7. Mai 2008, GZ 13 Hv 3/08x 30, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe :

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Daniel S***** des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in der Nacht zum 8. Juli 2007 in K***** fremde bewegliche Sachen in einem 3.000 Euro übersteigenden Gesamtwert, „nämlich insgesamt elf Mobiltelefone verschiedener Marken im Wert von 1.428 Euro, elf Stangen Zigaretten im Wert von rund 400 Euro, vier Uhren im Gesamtwert von rund 40 Euro, zwei Fingerringe im Gesamtwert von rund 10 Euro und 1.595 Euro Bargeld, dem Fatih O***** durch Einbruch in sein Geschäftslokal A*****, indem er durch ein Fenster in das Lokal einstieg, mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern".

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf Z 1 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Darin macht er geltend, an der Hauptverhandlung vom 7. Mai 2008 und somit an der Entscheidungsfindung habe eine ausgeschlossene Richterin teilgenommen. Die beisitzende Richterin Mag. Sabine A***** sei nämlich „befangen" gewesen, weil der Angeklagte „seinerzeit wegen einer schweren Körperverletzung gegen einen Verwandten (entweder Sohn oder Neffen) dieser Richterin verurteilt worden ist". Der Beschwerdeführer habe „während der Hauptverhandlung die Richterin nicht sofort wiedererkannt" und „infolge der Aufregung im Zuge seiner Einvernahme" dies seinem Verteidiger nicht zeitgerecht mitteilen können, sodass „ein sofortiger Ablehnungsantrag nicht gestellt werden konnte".

Der aus Z 1 relevierte Umstand muss - um Nichtigkeit zu entfalten - ehestens („sofort, nachdem er in dessen Kenntnis gelangt war") gerügt werden. Bei Beurteilung des Zeitpunkts der Kenntniserlangung ist auf objektive Kriterien abzustellen, nämlich auf die Zugänglichkeit des relevanten Tatsachensubstrats, nicht aber auf das darauf basierende, individuell unterschiedliche, letztlich unüberprüfbare Erfassen der sich daraus ergebenden rechtlichen Konsequenzen ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 136; RIS Justiz RS0106091).

Das Vorbringen des Beschwerdeführers übergeht nun allerdings, dass die betroffene beisitzende Richterin auch an der Hauptverhandlung am 13. Februar 2008 und am 10. März 2008 teilgenommen (vgl die unwidersprochenen Hauptverhandlungsprotokolle ON 19 und ON 21) und den Angeklagten dabei sogar befragt hat (S 137), der nach Ansicht des Angeklagten Nichtigkeit begründende Umstand ihm somit schon zu diesen Zeitpunkten zur Kenntnis gelangt war. Gründe, weshalb er während eines Zeitraums von nahezu drei Monaten (seit dem 13. Februar 2008) an der Stellung eines Antrags auf Ablehnung der Richterin (§ 45 Abs 3 StPO) gehindert gewesen wäre, vermag der Rechtsmittelwerber nicht darzulegen. Er ist somit seiner Rügeobliegenheit (§ 281 Abs 1 Z 1 zweiter Halbsatz StPO) nicht nachgekommen, weshalb das erst im Rechtsmittel erstattete Vorbringen prozessual verspätet ist (SSt 2004/45; Fabrizy StPO10 § 281 Rz 30a).

Bleibt anzumerken, dass die Verwandtschaft eines erkennenden Richters zum Opfer einer vorangegangenen Straftat des Angeklagten nicht per se eine Ausgeschlossenheit iSd § 43 Abs 1 Z 3 StPO darstellen muss.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts Graz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.