JudikaturJustiz15Os103/06w

15Os103/06w – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. November 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. November 2006 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bussek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Sandra A***** und eine andere Angeklagte wegen des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Sandra A***** gegen das Urteil des Jugendgeschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 10. Juli 2006, GZ 448 Hv 3/06m-94, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten Sandra A***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Begründung:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch rechtskräftige Schuldsprüche einer weiteren Angeklagten enthält, wurde Sandra A***** der Verbrechen des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB und des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Danach haben in Wien, soweit mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochten,

A. Sandra A***** und Carina S***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 erster Fall StGB) am 13. Dezember 2005 versucht (§ 15 StGB), Alexander T*****

I. vorsätzlich zu töten, indem sie ihm zumindest 15 Messerstiche in den Brust- und Bauchbereich versetzen und ihn mit einem Brandbeschleuniger am Oberkörper in Brand setzten;

II. durch die zu A. I. geschilderte Tat, somit unter Anwendung von Gewalt gegen eine Person, fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld, mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich oder Dritte durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Die Geschworenen hatten die das Raubgeschehen betreffende Hauptfrage I und die auf das Verbrechen des versuchten Mordes gerichtete Hauptfrage II bejaht.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von der Angeklagten Sandra A***** aus den Gründen des § 345 Abs 1 Z 3 und 9 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Ohne Orientierung an den Anfechtungskategorien des § 345 Abs 1 StPO wird unter Heranziehung der Z 3 dieser Gesetzesstelle vorgebracht, die Sachverständige Dr. Christa N***** sei nicht zur Erörterung ihres schriftlich erstatteten Gutachtens über spurenkundliche Untersuchungen zur Hauptverhandlung geladen worden. Nach Ansicht der Angeklagten wäre es notwendig gewesen, weitere Beweise aufzunehmen, insbesondere durch Befragung der genannten Sachverständigen. Durch deren „Nichtbeiziehung" liege „ein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften" vor.

Solcherart missachtet die Angeklagte das Gebot deutlicher und bestimmter Bezeichnung angeblich Nichtigkeit bewirkender Umstände (§§ 285 Abs 1, 285 a Z 2, 344 StPO). Die Beschwerde entzieht sich insoweit einer inhaltlichen Erwiderung.

Nichtigkeit nach Z 5 des § 345 Abs 1 StPO scheidet im gegebenen Zusammenhang übrigens - mangels eines in der Hauptverhandlung gestellten Antrags (s § 238 Abs 1 iVm § 302 Abs 1 StPO) - ebenso aus wie solche nach Z 10a dieser Gesetzesstelle (s dazu Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480 und RIS-Justiz RS0114036). Warum die Angeklagte die in der Beschwerde reklamierte Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung nicht beantragt hat, lässt sie bei ihrem Vorbringen offen. Die Angeklagte rügt weiters (Z 9), dass die Hauptfrage 1, die das Raubgeschehen betrifft, mit der Hauptfrage 2, die auf das Verbrechen des versuchten Mordes gerichtet ist, teilweise in Widerspruch stehe, da ihr „wegen der Verwirklichung jedenfalls einer schweren Körperverletzung mit Dauerfolge in der positiven Beantwortung beider Fragen die Verwirklichung des versuchten schweren Raubes mit Dauerfolge und des versuchten Mordes angelastet" werde. Die Beschwerdeführerin behauptet in ihrer Beschwerde gar nicht, dass mit dem Wahrspruch undeutliche oder widersprüchliche Feststellungen vorliegen oder Antworten zu entscheidenden Tatsachen fehlen würden (s Ratz, WK-StPO § 345 Rz 69). Von Nichtigkeit nach Z 9 kann keine Rede sein.

Da der Angeklagten im Schuldspruch versuchter nicht qualifizierter Raub und versuchter Mord angelastet wurde, gehen die Ausführungen auch im Hinblick auf die rechtliche Beurteilung ins Leere. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§§ 344, 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht der Angeklagten Sandra A***** beruht auf § 390a Abs 1 StPO.