JudikaturJustiz14Os80/13s

14Os80/13s – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. August 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. August 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Bandarra als Schriftführer in der Strafsache gegen Pablo Yunior F***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 2 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 28. Jänner 2013, GZ 28 Hv 59/13i 44, und über die Beschwerde des Angeklagten gegen den gemeinsam mit dem Urteil gefassten Beschluss auf Widerruf bedingter Strafnachsicht und bedingter Entlassung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Pablo Yunior F***** der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 2 Z 3 SMG (A) und nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 2 Z 1 SMG (B) sowie mehrerer Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 15 StGB, § 28 Abs 1 erster Fall SMG (C) schuldig erkannt.

Danach hat er im Großraum Innsbruck

(A) andere dazu bestimmt, vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) um mehr als das 15-fache übersteigenden Menge, nämlich insgesamt 828,5 Gramm Kokain (290 Gramm Reinsubstanz), aus den Niederlanden aus und über Deutschland nach Österreich einzuführen, indem er seine holländische Kontaktperson „Manuel Antonio“ durch Bestellung der jeweiligen Suchtgiftmenge und Zusicherung deren Übernahme sowie Zahlung des Kaufpreises dazu veranlasste, die unmittelbaren Täter mit dem Schmuggel zu beauftragen, und zwar

1) im Jahr 2012 einen unbekannten Kurier zur Lieferung von zumindest 400 Gramm Kokain (140 Gramm Reinsubstanz);

2) vor dem 18. September 2012 Antonio de J***** zur Lieferung von 428,5 Gramm Kokain (150 Gramm Reinsubstanz);

(B) von Anfang 2012 bis 20. September 2012 vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich insgesamt rund 300 Gramm Kokain (105 Gramm Reinsubstanz), in einer Vielzahl von Tathandlungen namentlich nicht bekannten Abnehmern durch gewinnbringenden Verkauf überlassen, wobei er die Taten gewerbsmäßig beging und schon einmal wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden war;

(C) am 18. September 2012 „durch die unter A/2 angeführte Tat“ versucht, vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) um mehr als das 9 fache übersteigenden Menge, nämlich 428,5 Gramm Kokain (150 Gramm Reinsubstanz) mit dem Vorsatz zu erwerben, dass es in Verkehr gesetzt werde.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus den Gründen der Z 3, 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Mit dem Einwand eines Widerspruchs zwischen dem mit unbekämpft gebliebenem Beschluss des Erstgerichts vom 29. Mai 2013 (ON 55) berichtigten Sanktionsausspruch (§ 260 Abs 1 Z 3 StPO) und den zur Strafbemessung angestellten Erwägungen der Tatrichter verkennt die Verfahrensrüge (Z 3), dass die Nichtigkeitssanktion insoweit nur einer Klarstellung der verhängten Strafe dient, ohne dass es unter dem Gesichtspunkt der Z 3 darauf ankommt, ob diese von den Entscheidungsgründen getragen wird. Schon weil § 270 Abs 2 Z 5 StPO deren Anführung in den Entscheidungsgründen nicht verlangt, gilt alleine die im Erkenntnis genannte Sanktion (hier: einer dreijährigen nicht wie in den Entscheidungsgründen irrtümlich angeführt vierjährigen Freiheitsstrafe). Ein aus Z 5 relevanter Widerspruch zu den Entscheidungsgründen kommt in Hinsicht auf den Sanktionsausspruch ebenso wenig in Betracht (vgl zum Ganzen Ratz , WK StPO § 281 Rz 279; zur hier nicht aktuellen Undeutlichkeit des Erkenntnisses [§ 260 Abs 1 Z 3 StPO] vgl auch RIS Justiz RS0099014; Lendl , WK StPO § 260 Rz 39).

Entgegen der weiteren Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Abweisung der Anträge auf Ladung und Vernehmung des Rudi M***** sowie des „Antonio Manuel B*****, Adresse unbekannt, Holland“, zum Beweis dafür, „dass die Lieferung vom 18. September 2012 ... nicht für den Angeklagten bestimmt war“ (ON 43 S 8), Verteidigungsrechte nicht verletzt.

In Betreff der begehrten Vernehmung des Rudi M***** übergeht der Beschwerdeführer, dass die den Suchtgiftschmuggel betreffenden Vereinbarungen nach den insoweit für glaubwürdig erachteten Angaben des Zeugen Antonio de J***** (ohne Einbindung des Rudi M*****) ausschließlich zwischen Pablo Yunior F***** und dessen einziger Kontaktperson in Holland („Manuel Antonio“) getroffen wurden, welche den entsprechenden Auftrag in der Folge wiederum bloß Antonio de J***** erteilte und auch nur diesem die Identität des Übernehmers des Suchtgifts und Details hinsichtlich der Kontaktaufnahme nannte (ON 2 S 5 f; siehe auch ON 43 S 6 ff). Mit Blick auf diese Verfahrensergebnisse hätte es demnach im Antrag einer Konkretisierung dahin bedurft, weshalb die beantragte Beweisaufnahme dennoch das behauptete Ergebnis erwarten ließ, mit anderen Worten, auf welcher Wahrnehmungsgrundlage Rudi M***** in der Lage sein sollte, verlässliche Aussagen über den tatsächlichen Auftraggeber des Suchtgiftschmuggels (Schuldspruch A/2) oder den Abnehmer in Österreich (Schuldspruch C) zu machen. Mangels derartigen Vorbringens war der Antrag bloß auf unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet und verfiel daher zu Recht der Abweisung (RIS Justiz RS011844; Ratz , WK StPO § 281 Rz 330).

Dem Begehren auf Ladung und Vernehmung des „Antonio Manuel B*****“ wurde gleichermaßen zu Recht nicht entsprochen, weil das Schöffengericht die Aussage des Zeugen Antonio de J*****, nach der der Nachname seines Auftraggebers (also des Auftragnehmers des Beschwerdeführers) „B*****“ laute, als unglaubwürdig ansah (US 9 f) und damit die Richtigkeit einer Behauptung, die Voraussetzung für die Erheblichkeit der Beweisaufnahme gewesen wäre, verneinte (vgl dazu RIS Justiz RS0099721; Ratz , WK StPO § 281 Rz 342). Davon abgesehen wäre ein Ausforschungsversuch des Genannten selbst unter Zugrundelegung der Angaben des Zeugen auf Basis der Kenntnis bloß seines Namens und des mutmaßlichen Aufenthaltsortes „Holland“ mangels konkreter weiterer Anhaltspunkte von vorneherein aussichtslos gewesen (vgl dazu 13 Os 116/06t).

Entgegen dem Einwand der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall, nominell auch Z 5 vierter Fall) haben die Tatrichter ausführlich dargelegt, weshalb sie von der Richtigkeit der den Beschwerdeführer ursprünglich belastenden Angaben des Zeugen Antonio de J***** ausgingen und diese ihren Feststellungen (auch zum Schuldspruch A/1) zugrunde legten, deren (teilweise) Rücknahme und die dafür abgegebene Erklärung aber für unglaubwürdig erachteten (US 9 f). Dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend, waren sie dabei nicht verpflichtet, sich mit einzelnen Details dessen Angaben gesondert auseinanderzusetzen.

Die Ableitung der Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit zum Schuldspruch B aus dem objektiven Täterverhalten (des vielfachen gewinnbringenden Verkaufs von Suchtgift), den schlechten Einkommens- und Vermögensverhältnissen und der einschlägigen Vorverurteilung des Beschwerdeführers im Verein mit allgemeiner Lebenserfahrung (US 11 f) begegnet dem weiteren Vorbringen der Mängelrüge zuwider unter dem Gesichtspunkt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) keinen Bedenken ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 451, RIS Justiz RS0116882, RS0098671).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.