JudikaturJustiz14Os67/20i

14Os67/20i – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. September 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. September 2020 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz-Hummel sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter in Gegenwart der Schriftführerin Dr. Ondreasova in der Strafsache gegen ***** I***** und andere Angeklagte wegen der Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 erster und zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten ***** I***** sowie über die Berufungen der Angeklagten ***** S*****, ***** Im*****, ***** M*****, ***** Ma*****, ***** B***** und ***** E***** gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 12. März 2020, GZ 36 Hv 21/20w-268, sowie weiters über die Beschwerden der Angeklagten ***** I***** und ***** Ma***** gegen den gemeinsam mit dem Urteil gefassten Beschluss auf Widerruf bedingter Strafnachsichten nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten I***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, im zweiten Rechtsgang (zum ersten vgl 14 Os 109/19i) ergangenen Urteil wurde – soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung – der Angeklagte ***** I***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 erster Fall StGB (1./) schuldig erkannt.

Danach haben in I***** und an anderen Orten – ***** I***** sowie die Mitangeklagten ***** M*****, ***** Ma***** und ***** B***** als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 12 StGB) anderer Mitglieder dieser Vereinigung – mit Gewalt gegen eine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB), fremde bewegliche Sachen Nachgenannten mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen und abgenötigt, und zwar

1./ I***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit M*****, Ma*****, B***** und E***** als Mittäter am 21. Dezember 2017 ***** Mar***** durch (US 8) Androhung einer Körperverletzung, indem sie sich im Lokal strategisch positionierten, (US 8) martialisch auftraten und E***** äußerte, ab sofort beginne der Tschetschenenkrieg, dies verbunden mit der Forderung, ihm die Kellnergeldtasche samt Bargeld sowie die Schlüssel zum Wettlokal und zu den Spielautomaten auszuhändigen, wobei er in der Folge das in den Spielautomaten enthaltene Bargeld entnahm, 3.120 Euro Bargeld abgenötigt;

Dagegen richtet sich die aus Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten I*****, der keine Berechtigung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die (methodengerecht abgeleitete) Behauptung, dass das Erstgericht bei der Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS Justiz RS0099810, RS0116569).

Diesen Anfechtungskriterien wird die Rechtsrüge (Z 9 lit a) nicht gerecht.

Die zu 1./ gegen die Annahme einer Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben gerichtete Argumentation, das festgestellte Verhalten der Angeklagten sei nicht Ausdruck einer gegenwärtigen, sondern „allenfalls einer künftigen“ Gefahr für Leib oder Leben, da dies das „Hinzutreten einer eindeutigen verbalen oder nonverbalen Geste“ erfordere, kritisiert bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung die Beweiswürdigung des Schöffengerichts, das aus dem nonverbalen Verhalten der fünf Angeklagten (martialisches Auftreten in Personenmehrheit, strategische Verteilung und Übernahme der Befehlsgewalt im Lokal, furchteinflößende Statur und Körpersprache) und der Äußerung des E*****, jetzt beginne der Tschetschenenkrieg, die Ernstlichkeit der Drohung mit der sofortigen Zufügung einer Körperverletzung ableitete (US 9 f).

Weshalb trotz der Feststellungen zur Mittäterschaft (US 8) zur rechtsrichtigen Subsumtion weitere Feststellungen zu „einzelnen Handlungen der einzelnen Angeklagten“ rechtlich bedeutsam sein sollen, legt die Beschwerde nicht methodengerecht dar (zur Mittäterschaft vgl RIS-Justiz RS0089808, RS0090006; Fabrizy in WK 2 StGB § 12 Rz 24 ff).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die (hinsichtlich des Angeklagten Ma***** implizit erhobene) Beschwerden (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.