JudikaturJustiz14Os41/11b

14Os41/11b – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Mai 2011

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Mai 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Vetter als Schriftführerin in der Strafsache gegen Radu C***** wegen des Verbrechens des im Rahmen einer kriminellen Vereinigung gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 2, 130 zweiter, dritter und vierter Fall, 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 18. Februar 2011, GZ 37 Hv 144/10y 131, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Radu C***** des Verbrechens des im Rahmen einer kriminellen Vereinigung gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 2, 130 zweiter, dritter und vierter Fall, 15 StGB (A) sowie mehrerer Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (B) schuldig erkannt.

Danach hat er

(A) zwischen 2. Juni 2008 und 29. Oktober 2008 in K***** und anderen Orten Österreichs mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen an Gegenständen, deren Wert 3.000 Euro übersteigt, eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 12 StGB) anderer teils namentlich genannter, teils unbekannter Mitglieder dieser Vereinigung in insgesamt zwölf Angriffen im Einzelnen angeführten Gewahrsamsträgern Baumaschinen, nämlich drei Bagger, vier Sattelzugmaschinen, zwei Radlader, zwei Sattelanhänger, einen Sattelauflieger, ein Sattelfahrzeug, eine Asphaltiermaschine und einen LKW in einem jeweils 3.000 Euro, insgesamt 50.000 Euro übersteigenden Wert (von zumindest 889.500 Euro), sowie eine GO-Box, eine Mappe, „drei Kennzeichentafeln (A/I/4/c)“ und Treibstoff weggenommen (A/I) und wegzunehmen versucht (A/II), indem sie jeweils versperrte Einfahrtstore, (Fahrzeug-)Türen und ein Tankschloss aufbrachen oder mittels gestohlener und nachgemachter Schlüssel öffneten, Fenster einschlugen und Zündkabel kurzschlossen;

(B) im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit den unter Punkt A genannten Mittätern Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass diese im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, und zwar zwei Zulassungsscheine, ein Kranbuch, zwei KFZ-Prüfberichte und ein Lärmzertifikat.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus den Gründen der Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Entgegen der Behauptung der Mängelrüge ist die Ableitung der (Mit-)Täterschaft des Beschwerdeführers aus einer vernetzten Betrachtung der Ergebnisse der Rufdatenrückerfassung betreffend das Mobiltelefon des bereits rechtskräftig verurteilten Mittäters Florin G*****, dessen den Beschwerdeführer belastenden Angaben im Vorverfahren, des engen zeitlichen Zusammenhangs der verfahrensgegenständlichen, jeweils mit gleichem modus operandi begangenen Einbrüche und einer Reihe weiterer Indizien (US 6 bis 11) unter dem Gesichtspunkt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden. Mit den, den Beschwerdeführer im Gegensatz zu seinen früheren Depositionen - entlastenden Aussagen des eben Angesprochenen als Zeugen in der Hauptverhandlung haben sich die Tatrichter unter Berücksichtigung seiner Behauptung einer im Vorverfahren noch bestehenden „Drucksituation“ ausführlich auseinandergesetzt und dem weiteren Beschwerdevorbringen zuwider logisch und empirisch einwandfrei dargelegt, aus welchen Gründen sie dieser nicht zu folgen vermochten (US 7 f). Indem die Mängelrüge einzelne Elemente dieser Argumentationskette isoliert herausgreift, daran eigene Beweiswert- und Plausibilitätserwägungen knüpft und sie solcherart als dem Begründungsgebot des § 270 Abs 2 Z 5 StPO nicht genügend darzustellen trachtet (erneut Z 5 vierter Fall), unterlässt sie die gebotene Gesamtbetrachtung der Entscheidungsgründe, verfehlt solcherart den gesetzlichen Bezugspunkt (RIS-Justiz RS0116504 [T3]) und bekämpft damit bloß (unzulässig) die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.

Die in diesem Zusammenhang aufgestellte Behauptung „zumindest“ unvollständiger Begründung (Z 5 zweiter Fall) bezieht sich nicht auf in der Hauptverhandlung vorgekommene, angeblich unerörtert gebliebene Verfahrensergebnisse und entzieht sich somit einer inhaltlichen Erwiderung.

Mit dem Einwand unterlassener Berücksichtigung „spurenkundlicher Untersuchungen der Sachverständigen Dr. Christina S*****“ wird die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) dem Erfordernis der genauen Angabe der Fundstelle in den umfangreichen (drei Bände umfassenden) Akten nicht gerecht (RIS-Justiz RS0124172), indem sie sich bloß auf eine nicht existente „ON 373“ beruft. Davon abgesehen steht das angesprochene Ergebnis der Expertise, wonach an übermitteltem Spurenmaterial (von drei Tatorten) keine biologischen Spuren des Beschwerdeführers nachgewiesen werden konnten (ON 95), schon mit Blick auf die konstatierte arbeitsteilige Vorgehensweise der Tätergruppe (US 4 f) nicht in erörterungsbedürftigem Widerspruch zu den Urteilsannahmen betreffend seiner (Mit-)Täterschaft, sodass die behauptete Unvollständigkeit im Sinn der Z 5 zweiter Fall nicht vorliegt.

Die gegen die Annahme der Qualifikation des § 130 zweiter Fall StGB gerichtete Subsumtionsrüge (Z 10) leitet die Behauptung fehlender Feststellungen zu einem „tatbestandsmäßigen Zusammenschluss der Beteiligten“, zum beabsichtigten Zeitrahmen und der Zielrichtung der kriminellen Vereinigung aus einer einzelnen Entscheidungspassage (US 6 oben) ab, ohne dabei an der Gesamtheit der erstrichterlichen Konstatierungen Maß zu nehmen (vgl nämlich US 4, 9 und 11) und verfehlt solcherart erneut den gerade darin gelegenen Bezugspunkt des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 584).

Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO sei festgehalten, dass die (von der Beschwerde übergangenen) Konstatierungen, nach denen der in Rede stehende, auf längere Zeit angelegte und auf die Begehung fortgesetzter schwerer Einbruchsdiebstähle durch ein oder mehrere Mitglieder der Vereinigung ausgerichtete Zusammenschluss mehrerer Personen seit Juni 2008 bestand (US 4), im Zusammenhalt mit jenen über den rund fünfmonatigen Tatzeitraum (US 5) den Willen der Tatrichter, auch die gebotenen Feststellungen zur zeitlichen Komponente der kriminellen Vereinigung ( Plöchl in WK² § 278 Rz 8) zu treffen, hinreichend zum Ausdruck bringen ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 19).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Bleibt anzumerken, dass durch ein in deren Wegnahme bestehendes Unterdrücken von Kennzeichentafeln (§ 49 KFG 1967) Diebstahl (§ 127 StGB) nicht begründet wird (13 Os 52/10m verst Senat = EvBl 2011/28, 181). Die vom Erstgericht solcherart verfehlte Beurteilung von Kennzeichentafeln als diebstahlstaugliche Objekte (Schuldspruch A/I/4/c) bietet mangels dadurch bewirkten Nachteils für den Angeklagten (vgl dazu Ratz in WK² Vorbem zu §§ 28-31 Rz 20; ders, WK-StPO § 295 Rz 18) jedoch keinen Anlass für eine amtswegige Maßnahme nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO.

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.