JudikaturJustiz14Os37/12s

14Os37/12s – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Mai 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Mai 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, Mag. Marek, Mag. Michel und Dr. Michel Kwapinski in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Schöfmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mag. Karl L***** und andere wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB, AZ 11 St 211/11h der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt, über die Beschwerde der Gertraud S***** gegen die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Wien als Beschwerdegericht vom 29. Februar 2012, GZ 18 Bs 87/12v 3 und GZ 18 Bs 87/12v 4, nach Einsichtnahme der Generalprokuratur in die Akten in nichtöffentlicher Sitzung, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit den angefochtenen Beschlüssen wies das Oberlandesgericht Wien die Beschwerde der Gertraud S***** gegen den Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt vom 3. Februar 2012, GZ 48 Bl 1/12z 13, mit welchem nach gemäß §§ 43 ff StPO erfolgter Übertragung der Strafsache wegen Ausgeschlossenheit sämtlicher Richter des Landesgerichts Wiener Neustadt (ON 11 im Bl Akt) der Antrag der Beschwerdeführerin auf Fortführung des von der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt eingestellten Ermittlungsverfahrens abgewiesen worden war, gemäß § 196 Abs 3 zweiter Satz StPO zurück (ON 3 im Bs Akt) und gab der Beschwerde gegen die Auferlegung eines Pauschalkostenbeitrags (§ 196 Abs 2 zweiter Satz StPO) nicht Folge (ON 4 im Bs Akt).

Die dagegen erhobene Beschwerde war zurückzuweisen, weil die Strafprozessordnung gegen solche Entscheidungen kein Rechtsmittel vorsieht (§ 196 Abs 3 zweiter Satz StPO).

Soweit die Beschwerde eine Verletzung von durch Art 6 MRK und Art 1 1. ZPMRK geschützten Grundrechten auf rechtliches Gehör, ein faires Verfahren und den „Schutz von ererbtem Eigentum“ behauptet, müsste auch deren Behandlung als Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a Abs 1 StPO per analogiam zur Zurückweisung führen, weil ein Opfer iSd § 65 StPO in dieser Eigenschaft nicht zur Einbringung eines solchen bloß subsidiären Rechtsbehelfs legitimiert ist (RIS Justiz RS0126446; 13 Os 109/11v). Im Übrigen mangelte es der Eingabe selbst im Fall vorhandener Antragslegitimation bereits an der gemäß § 363b Abs 2 Z 1 StPO zwingend erforderlichen Unterschrift einer iSd § 48 Abs 1 Z 4 StPO zur Verteidigung befähigten Person (RIS Justiz RS0126446).

Zur Entscheidung über den in der Beschwerde enthaltenen Antrag, die mit der angefochtenen Entscheidung befassten Richter des Oberlandesgerichts Wien „von allen das Verlassenschaftsverfahren nach Hedwig K***** betreffenden weiteren Verfahren“ auszuschließen, ist der Oberste Gerichtshof ebensowenig zuständig (§§ 44 Abs 2, 45 Abs 1 StPO) wie zur Entscheidung über den „Widerspruch“ der Beschwerdeführerin gegen die zu AZ 48 Bl 1/12z des Landesgerichts Eisenstadt erteilte Zahlungsaufforderung vom 7. März 2012 zur Begleichung des rechtskräftig auferlegten Pauschalkostenbeitrags.

Rechtssätze
1
  • RS0126446OGH Rechtssatz

    29. September 2021·3 Entscheidungen

    Die von § 363b Abs 2 Z 1 StPO genannte, in der Unterschrift eines Verteidigers bestehende Zulässigkeitsvoraussetzung hat den Obersten Gerichtshof - mit Blick auf das bloß zwischen Anklägern und Beschuldigten (§ 38 Abs 3 StPO idF vor BGBl I 2004/19) differenzierende Verständnis des (von der Anpassungsgesetzgebung an das StPRefG unberührt gebliebenen) Erneuerungsverfahrens - dazu veranlasst, Grundrechtsschutz nach § 363a StPO unter dem Aspekt als verletzt reklamierter Anklägerinteressen zu verneinen. Ankläger (zu denen neben Privatanklägern, Subsidiaranklägern und Privatbeteiligten etwa auch Antragsteller nach §§ 6 bis 7c und 9 f MedienG zählen) sind nicht antragslegitimiert, weil diese sich selbst nach dem Verständnis des historischen Gesetzgebers (BGBl 1996/762) keines Verteidigers bedienen konnten (§ 39 StPO idF vor BGBl I 2004/19). Personen, die als Ankläger von einer Grundrechtsverletzung betroffen sind, sollte unter dem Aspekt innerstaatlicher Umsetzung von Urteilen des EGMR (Art 46 MRK; zur nachträglich erkannten Lücke aufgrund veränderter Normsituation vgl 13 Os 135/06m, EvBl 2007/154, 832) kein Recht auf Neudurchführung von strafgerichtlichen Verfahren eingeräumt werden (vgl RIS-Justiz RS0123644). Angesichts der vom historischen Gesetzgeber intendierten, weiterhin systemkonformen Schutzrichtung gilt nichts anderes für Opfer (§ 65 StPO) in dieser Eigenschaft. Deren Interesse wird durch die Zulässigkeit von Fortführungsanträgen (§ 195 StPO) ausreichend geschützt. Für andere von strafgerichtlicher Grundrechtsverletzung im vorstehend definierten Sinn Betroffene gelten diese Überlegungen jedoch nicht. Sie gelten auch nicht in Betreff des hier reklamierten Grundrechtsschutzes Dritter (vgl bereits 13 Os 162/07h, EvBl-LS 2008/31, 189; 14 Os 160/07x), für welche das Erfordernis der Verteidigerunterschrift demnach mit der Maßgabe gilt, dass von ihnen gestellte Anträge der Unterschrift einer im Sinn des § 48 Abs 1 Z 4 StPO zur Verteidigung befähigten Person bedürfen.