JudikaturJustiz14Os23/12g

14Os23/12g – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. April 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. April 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Brandstetter als Schriftführer in der Strafsache gegen Franz E***** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 24. November 2011, GZ 26 Hv 175/11x 35, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Geymeyer, des Angeklagten und seines Verteidigers Mag. Machac zu Recht erkannt:

Spruch

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Franz E***** wird vom Vorwurf, er habe „am 20. November 1999 in Linz in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit dem zwischenzeitlich verstorbenen Jürgen R***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) Verfügungsberechtigten der B***** Filiale Linz, Freistädterstraße bzw den dort tätigen Angestellten Hermine F*****, Hermine G***** und Elfriede A***** fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld, mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er und der Mittäter jeweils mit einem Halstuch maskiert die B***** Filiale betraten und die Tageslosung aus den Kassenladen sowie weiters Bargeld aus den Geldbörsen von F*****, G***** und A***** an sich nahmen (Gesamtbeute ca 9.894,46 Euro), wobei einer der beiden Überfall schrie und der andere, sohin Jürgen R***** mit einer mitgeführten schwarzen Softgun auf die Angestellten zielte“, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Mit seiner Berufung wird Franz E***** auf diese Entscheidung verwiesen.

Die Privatbeteiligten Christian S*****, Irmgard C***** und Sabine K***** werden mit ihren Ansprüchen gemäß § 366 Abs 1 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz E***** wegen des nun vom Freispruch umfassten Sachverhalts des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Seine dagegen aus Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde ist berechtigt:

Die Rüge wendet zutreffend ein, dass verjährungshemmende Umstände im Sinn des § 58 Abs 3 Z 2 StGB (und zwar in der Fassung vor BGBl I 2007/93 als auch in der geltenden Fassung BGBl I 2009/40) nur greifen, wenn ein Ermittlungsverfahren gegen eine bestimmte (allenfalls namentlich noch nicht bekannte aber unverwechselbar bezeichnete) Person (also nicht gegen einen unbekannten Täter) wegen der Tat (im Sinn des historischen Sachverhalts; vgl SSt 60/18 = EvBl 1989/140), deren Verjährung geprüft wird (vgl EvBl 1986/83), geführt wird (vgl Marek in WK 2 § 58 Rz 16, 21g; zu § 58 Abs 3 Z 2 StGB in der Fassung BGBl I 2007/83 vgl Rz 21c).

Nach den Urteilskonstatierungen hat Franz E***** die Tat am 20. November 1999 begangen, womit die zehnjährige Verjährungsfrist zufolge der Strafdrohung der in Rede stehenden strafbaren Handlung von einem bis zu 10 Jahren (§ 57 Abs 3 StGB) mit Ablauf des 20. November 2009 endete.

Bis zu diesem Zeitpunkt stand den Ermittlungsbehörden lediglich eine biologische Tatortspur, jedoch kein biologisches Vergleichsmaterial des Franz E***** zur Verfügung, weshalb die Ermittlungen auch nicht gegen eine bestimmte Person geführt wurden. Denn ungeachtet dessen, dass das DNA Profil ein bis zur Unverwechselbarkeit reichendes spezifisches Identifikationsmerkmal darstellt, ist es nicht möglich, dem Spurenverursacher eine bestimmte Person zuzuordnen oder deren Identität festzustellen (vgl 15 Os 130/07t; Marek in WK 2 § 58 Rz 16). Entgegen der tatrichterlichen Rechtsansicht vermag auch eine Täterbeschreibung durch Tatopfer („Größe, Statur, Haarfarbe/Frisur, ungefähres Alter und Aussprache“; US 6) eine Person nicht als bestimmten Täter im Sinn des § 58 Abs 3 Z 2 StGB zu individualisieren (die Zuordnung der Tatortspur zum Angeklagten erfolgte nach der Aktenlage erst im August 2011; ON 2 S 3 und 9).

Da die Feststellung verjährungshemmender Tatsachen in einem zweiten Rechtsgang nach der Aktenlage nicht zu erwarten ist, war in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur das Urteil aufzuheben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst dahin zu erkennen, dass Franz E***** gemäß § 259 Z 3 StPO freizusprechen ist (vgl RIS Justiz RS0118545).

Mit seiner Berufung war Franz E***** auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Privatbeteiligten waren mit ihren Ansprüchen gemäß § 366 Abs 1 StPO auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.