JudikaturJustiz14Os17/05i

14Os17/05i – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. Mai 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Mai 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Fuchsloch als Schriftführer, in der Strafsache gegen Raimund S***** wegen des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit b, 38 Abs 1 lit a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 11. Oktober 2004, GZ 12 Hv 123/03d-104, nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die (anteilige) Wertersatzstrafe nach § 19 Abs 1 lit a, Abs 3, Abs 4 und Abs 6 iVm §§ 17 Abs 2 lit a, 37 Abs 2 letzter Satz und 38 Abs 1 letzter Satz FinStrG aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen. Die Nichtigkeitsbeschwerde im Übrigen sowie die Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld werden zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung wegen des Ausspruches über die Wertersatzstrafe wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen. Zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruches über die Strafe nach § 38 Abs 1 iVm § 37 Abs 2 FinStrG werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen in Rechtskraft erwachsenen Teilfreispruch enthaltenden Urteil wurde Raimund S***** der Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit b, 38 Abs 1 lit a FinStrG schuldig erkannt.

Danach hat er vom 17. Juli bis 13. November 2001 in Bruck/Mur und anderen Orten in wiederholten Angriffen in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, vorsätzlich abgesondert verfolgte Täter, die in wiederholten Angriffen einen Schmuggel durch das vorschriftswidrige Verbringen eingangsabgabepflichtiger Waren in das Zollgebiet durch Einführen von insgesamt 92,431.200 Zigaretten (= 462.156 Stangen) von Ungarn nach Österreich, wodurch es zu einer Verkürzung von Eingangsabgaben in der Höhe von 15,713.304 EUR kam und welche damit das Finanzvergehen nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG begangen hatten, nach der Tat dabei unterstützt, diese geschmuggelten Zigaretten nach erfolgter Durchfuhr durch Österreich beim Weitertransport von Deutschland nach Großbritannien zu bisher unbekannten Käufern zu verheimlichen und zu verhandeln, indem er Kraftfahrzeuge für den Weitertransport zur Verfügung stellte und Peter B***** als Lenker eines Lastkraftwagens vermittelte.

Raimund S***** wurde hiefür nach § 38 Abs 1 iVm § 37 Abs 2 FinStrG zu einer Geldstrafe von 7,800.000 Euro, im Falle von deren Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt. Gemäß § 19 Abs 1 lit a, Abs 3, Abs 4 und Abs 6 iVm §§ 17 Abs 2 lit a, 37 Abs 2 letzter Satz und 38 Abs 1 letzter Satz FinStrG wurde über Raimund S***** eine (anteilsmäßige) Wertersatzstrafe von 675.000 Euro (für die geschmuggelten Zigaretten: 670.000 Euro und für die zum Schmuggel verwendeten Fahrzeuge: 5.000 Euro) verhängt. Gemäß § 20 Abs 2 FinStrG wurde für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser Wertersatzstrafe die Ersatzfreiheitsstrafe mit 18 Monaten festgesetzt.

Rechtliche Beurteilung

Die angemeldete Berufung „wegen Schuld" war zurückzuweisen, weil ein derartiges Rechtsmittel gegen Urteile von Kollegialgerichten in der Strafprozessordnung nicht vorgesehen ist.

Die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist teilweise im Recht. Der Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall), das Erstgericht habe sich mit der nur eine geringe Anzahl von verhehlten Zigaretten zugestehenden Verantwortung des Angeklagten nicht auseinandergesetzt, betrifft weder eine für die Schuldfrage noch für den anzuwendenden Strafsatz entscheidende Tatsache. Für die Verwirklichung des Tatbestandes der Abgabenhehlerei ist nicht erforderlich, dass dem Täter die Vortat in allen Einzelheiten bekannt ist; es genügt vielmehr seine Kenntnis, dass eine Verkürzung der Abgaben begangen wurde, wobei dolus eventualis ausreicht (Dorazil/Harbich, FinStrG § 35 E 28; RIS-Justiz RS0086500).

Im Übrigen haben die Tatrichter die (nur die Verhehlung einer geringen Menge geschmuggelter Zigaretten zugestehende) Einlassung des Angeklagten in ihre Erwägungen miteinbezogen, diese aber insbesondere aufgrund der bei der Telefonüberwachung abgehörten Gespräche des Nichtigkeitswerbers sowie der an ihn für seine Tätigkeiten bezahlten hohen Geldbeträge als widerlegt erachtet (US 10 bis 12). Damit geht die Beschwerde auch unter dem Gesichtspunkt des § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall iVm Z 5 zweiter Fall StPO ins Leere (Ratz, WK-StPO § 282 Rz 673).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet einen Rechtsfehler wegen mangelnder Feststellungen zur subjektiven Tatseite. Sie übergeht jedoch die ausdrückliche Konstatierung, wonach Raimund S***** vorsätzlich die unmittelbaren Täter dabei unterstützt hat, „die geschmuggelten" Zigaretten zu verheimlichen und zu verhandeln (US 9). In diesem Umfang war daher die Nichtigkeitsbeschwerde teils als unbegründet, teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO). Berechtigung kommt hingegen der weiteren Rüge (Z 5, der Sache jedoch Z 11 erster Fall - vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 670) zu, weil das Erstgericht die Berechnungsgrundlagen für den strafbestimmenden Betrag der Wertersatzstrafe nicht angegeben hat. Zwar stützen sich die Urteilsfeststellungen grundsätzlich (auch) auf die Anzeigen und die Erhebungsberichte des Zollamtes Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz (US 10). Aus dessen Berechnungen in der Schlussanzeige (S 531 ff/IV) ergeben sich indes vom Urteil völlig divergierende, für den Wertersatz maßgebliche Beträge. Die vom Tatgericht angenommenen Werte sind nicht nachvollziehbar. Bei den von der Wertersatzstrafe betroffenen Fahrzeugen besteht zudem ein Widerspruch zwischen Urteilsspruch (US 3 f) und -gründen (US 13). Bei letzteren Ausführungen wurde nämlich auch ein Zugfahrzeug der Marke Volvo und ein Anhänger der Marke Kögel miteinbezogen, welche nur für jene Fahrten verwendet wurden (US 14 unten), zu welchem ein in Rechtskraft erwachsener Freispruch erfolgt ist.

Der Ausspruch über die Wertersatzstrafe, war (vgl Ratz, WK-StPO § 285i Rz 3) bei nichtöffentlicher Beratung sofort aufzuheben und dem Erstgericht in diesem Umfang die Verfahrenserneuerung aufzutragen. Mit seiner Berufung gegen die Wertersatzstrafe war der Angeklagte auf den kassatorischen Teil der Entscheidung zu verweisen. Zur Entscheidung über die Berufung gegen den Strafausspruch nach § 38 Abs 1 iVm § 37 Abs 2 FinStrG ist das Oberlandesgericht Graz zuständig (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.