JudikaturJustiz14Os16/12b

14Os16/12b – OGH Entscheidung

Entscheidung
06. März 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. März 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart des Richteramtsanwärters MMag. Krasa als Schriftführer in der Strafsache gegen Friederike G***** wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und Abs 4 erster Fall StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 2. Februar 2011, GZ 53 U 102/10p 18, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Bauer zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache AZ 53 U 102/10p des Bezirksgerichts Floridsdorf verletzt der Beschluss dieses Gerichts (ON 17 S 15, ON 18)

(1) auf vorläufige Einstellung des Verfahrens unter Bestimmung einer Probezeit unter gleichzeitiger Festsetzung eines Pauschalkostenbeitrags § 388 Abs 1 StPO;

(2) in der Erteilung der „Auflage“, die Kosten des Sachverständigengutachtens zu zahlen, § 203 Abs 2 StPO iVm § 51 StGB.

Dieser Beschluss, der im Übrigen unberührt bleibt, wird in den Aussprüchen über die Festsetzung eines Pauschalkostenbeitrags und die Erteilung der Weisung, die Kosten des Sachverständigengutachtens zu zahlen, ersatzlos aufgehoben.

Text

Gründe:

Mit dem beim Bezirksgericht Floridsdorf eingebrachten Strafantrag vom 28. Juli 2010 legte die Staatsanwaltschaft Wien Friederike G***** ein als Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und Abs 4 erster Fall StGB beurteiltes Verhalten zur Last (ON 3).

In der Hauptverhandlung vom 2. Februar 2011 verkündete die Bezirksrichterin den „Beschluss auf vorläufige Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 203 iVm § 199 StPO unter Setzung einer Probezeit von zwei Jahren, mit der Auflage die Kosten des Sachverständigengutachtens zu bezahlen“. Unter einem wurden die (tatsächlich noch nicht gezahlten) Pauschalkosten mit 100 Euro festgesetzt (ON 17 S 15; ON 18).

Wie die Generalprokuratur in ihrer zur

Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, steht dieser Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Rechtliche Beurteilung

1. Die vorläufige Einstellung des Verfahrens unter Bestimmung einer Probezeit (§§ 199, 203 Abs 1 StPO) setzt gemäß § 388 Abs 1 StPO die vorangegangene Leistung eines bereits in Form eines Anbots (§ 207 iVm § 203 Abs 3 erster Satz StPO) konkretisierten ( Schroll , WK StPO § 203 Rz 13; Lendl , WK StPO § 388 Rz 3) Beitrags zu den nach § 381 Abs 1 Z 1 bis 3 StPO zu ersetzenden Kosten bis zu 250 Euro voraus ( Lendl , WK StPO § 388 Rz 2), soweit (wie hier) ein solcher Kostenersatz nicht nach § 388 Abs 3 zweiter Satz StPO (zur Gänze) nachgesehen wurde. Die unter Vernachlässigung dieser Prämissen erfolgte vorläufige Verfahrenseinstellung unter gleichzeitiger Festsetzung eines Pauschalkostenbeitrags verletzt daher § 388 Abs 1 StPO.

2. Ein Vorgehen nach §§ 199, 203 Abs 1 StPO kann gemäß § 203 Abs 2 StPO unter den dort genannten Voraussetzungen von der Erfüllung bestimmter, als Weisungen (§ 51 StGB) zu erteilender Pflichten abhängig gemacht werden. Gemäß § 51 Abs 1 erster Satz StGB kommen als

Weisungen Gebote und Verbote in Betracht, deren Beachtung geeignet scheint, den Rechtsbrecher von weiteren mit Strafe bedrohten Handlungen abzuhalten. Die Verpflichtung zur Zahlung von Sachverständigengebühren ist aber exklusiv und das auch nur hinsichtlich eines Kostenbeitrags in § 388 Abs 1 iVm § 381 Abs 1 Z 2 StPO geregelt und darf aufgrund der damit verbundenen sanktionssubstituierenden Wirkung ( Schroll in WK 2 § 51 Rz 8 f) nicht statt des Kostenausspruchs oder zusätzlich zu diesem als Weisung erteilt werden.

Da der Angeklagten die Festsetzung eines Pauschalkostenbeitrags und die Verpflichtung zur Zahlung der Kosten des Sachverständigengutachtens zum Nachteil gereichten, war die Feststellung dieser Gesetzesverletzungen mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).