JudikaturJustiz14Os149/93

14Os149/93 – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. Oktober 1993

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5.Oktober 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner, Hon.Prof.Dr.Brustbauer, Dr.Massauer und Mag.Strieder als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Wimmer als Schriftführer, in der Medienrechtssache des Antragstellers Dr.Helmut S***** gegen die Antragsgegnerin M***** Zeitschriftenverlag GesmbH wegen §§ 14 ff Mediengesetz, AZ 9 d E Vr 10.205/91 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 29.April 1992, AZ 21 Bs 107/92, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Bassler, und des Vertreters des Antragstellers Dr.Teply, jedoch in Abwesenheit der Antragsgegnerin und ihres Vertreters zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Text

Gründe:

In der oben bezeichneten Medienrechtssache wurde der Antragsgegnerin mit dem Urteil (des Einzelrichters) des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 25.November 1991, GZ 9 d E Vr 10.205/91-14, (ua) die Veröffentlichung einer Entgegnung aufgetragen und gemäß § 19 Abs. 2 MedienG ausgesprochen, daß der Antragsteller 45 % und die Antragsgegnerin 55 % der Kosten des Strafverfahrens zu tragen hat.

Nach rechtzeitiger Berufungsanmeldung (vgl. ON 16) durch den Antragsteller und Zustellung einer Urteilsausfertigung wurde von dessen Vertreter das angemeldete Rechtsmittel "nur hinsichtlich der Kostenentscheidung" ausgeführt (ON 17).

Mit Beschluß vom 29.April 1992, AZ 21 Bs 107/92 (= ON 23 des Vr-Aktes), gab das Oberlandesgericht Wien der "als Berufung bezeichneten Beschwerde" Folge; es änderte den im Urteil des Erstgerichtes enthaltenen Kostenausspruch dahin ab, daß der Antragsteller 20 % und die Antragsgegnerin 80 % der Kosten des Strafverfahrens zu tragen hat.

Nach Auffassung der Generalprokuratur wurde durch die meritorische Entscheidung des Oberlandesgerichtes über die - ihrer Meinung nach - verspätete Beschwerde des Antragstellers das Gesetz in der Bestimmung des § 392 Abs. 2 StPO verletzt. In ihrer deshalb zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde führt sie (ua) aus:

"Die gegen das erwähnte Urteil vom Antragsteller (rechtzeitig) angemeldete Berufung wurde von ihm innerhalb der 14-tägigen Berufungsfrist, wie erwähnt, nur dahin ausgeführt, daß die Kostenaufteilung im Ersturteil bekämpft werde. Mit der ""Berufungsschrift"" führte somit der Antragsteller der Sache nach nur eine Beschwerde gegen den Kostenpunkt aus. Eine Verbindung dieser Kostenbeschwerde mit dem gegen das Ersturteil offenstehenden Rechtsmittel (hier der Berufung) wäre, wie dargelegt, nach dem § 392 Abs. 1 StPO an sich zulässig gewesen. Eine gleichgelagerte Regelung wie § 392 Abs. 1 StPO enthält auch § 494 a Abs. 4 StPO. Darnach kann die Beschwerde (gegen eine Entscheidung nach § 494 a Abs. 1 StPO) mit einer rechtzeitig eingebrachten Nichtigkeitsbeschwerde oder Berufung verbunden werden. Entscheidend ist somit nach dieser Gesetzesstelle, daß eine Nichtigkeitsbeschwerde oder Berufung auch rechtzeitig eingebracht wurde. Eingebracht (i.S. des § 494 a Abs. 4 StPO) oder angebracht (i.S. des § 392 Abs. 1 StPO) bedeutet wohl (schriftlich) ausgeführt (und nicht bloß angemeldet).

Im vorliegenden Fall wurde aber (die zwar rechtzeitig angemeldete) Berufung vom Antragsteller in Wahrheit innerhalb offener Frist nicht ausgeführt; er hat vielmehr innerhalb dieser Frist bloß eine Kostenbeschwerde erhoben, diese somit mit einer Berufung gegen das Ersturteil (gar) nicht verbunden (vgl. hiezu auch SSt. 38/38 und SSt. 35/33)."

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof vermag dem nicht beizutreten; er hat vielmehr erwogen:

Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin war dem Antragsteller bereits durch die rechtzeitig erfolgte Berufungsanmeldung die Möglichkeit eröffnet, innerhalb der vierzehntägigen (Berufungs )Ausführungsfrist auch die in Rede stehende Kostenentscheidung zu bekämpfen. Der gegenteilige Beschwerdestandpunkt versagt hier schon deshalb, weil im bezirksgerichtlichen Berufungsverfahren und dementsprechend (§ 489 Abs. 1 StPO) auch im Verfahren über Berufungen gegen Urteile des Einzelrichters beim Gerichtshof erster Instanz - außer bei der Geltendmachung von Nichtigkeitsgründen - eine nähere Konkretisierung des Anfechtungsgegenstandes nicht erforderlich ist. Die (bloße) Erklärung etwa "gegen die Verurteilung Berufung einzulegen", ist, auch wenn sie nicht weiter ausgeführt wurde, jedenfalls als Urteilsanfechtung wegen Schuld und Strafe zu werten, worüber das Berufungsgericht meritorisch zu entscheiden hat (Mayerhofer-Rieder StPO3 § 467 ENr. 18). Vorliegend hat der Antragsteller demgemäß die Frist zur Erhebung der Beschwerde durch deren (inhaltliche) Einbringung innerhalb der Frist zur Ausführung des (gleichwohl unter einem konkludent zurückgezogenen) Rechtsmittels gegen das Urteil gewahrt. Es wäre nämlich nicht einsichtig, dem Beschwerdeführer, der sich etwa erst nach Zustellung der Urteilsausfertigung entschließt, auf das Rechtsmittel gegen das Urteil zu verzichten, die Beschwerdemöglichkeit gegen den Kostenausspruch (nachträglich) zu nehmen, weil er solcherart gezwungen würde, auch aussichtslose Berufungen nur deshalb aufrechtzuerhalten, um nicht der Beschwerdemöglichkeit verlustig zu gehen.

Daß der Rechtsmittelwerber das (nur noch) gegen den Kostenausspruch gerichtete Rechtsmittel der Beschwerde unrichtig (weiterhin) als Berufung bezeichnet hat, verschlägt daran nichts (vgl. SSt. 3/101; 4/122; Mayerhofer-Rieder aaO § 498 ENr. 7).

Aus den dargestellten Erwägungen folgt, daß das Oberlandesgericht Wien die vom Antragsteller erhobene Kostenbeschwerde zu Recht meritorisch erledigte. Die Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher zu verwerfen.