JudikaturJustiz14Os105/95

14Os105/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. September 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 26.September 1995 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Neumayr als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Hermann H***** wegen des Finanzvergehens der teils vollendeten, teils versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und 13 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 3.Mai 1995, GZ 34 Vr 54/95-29, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde, teils aus deren Anlaß wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Hermann H***** des Finanzvergehens der teils vollendeten, teils versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und 13 FinStrG schuldig erkannt. Darnach hat er in Linz, St.Florian und anderen Orten Österreichs unter Verletzung seiner abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht "Einnahmen aus Provisionen für Grundstücksvermittlungen und andere Vermittlungsaktivitäten in den Jahren 1980 bis 1984" nicht erklärt und dadurch Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer in Höhe von insgesamt zumindest 1,277.278 S verkürzt (für die Jahre 1980 bis 1982) und zu verkürzen versucht (in den Jahren 1983 und 1984).

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf die Gründe der Z 4, 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Schon der Mängelrüge (Z 5) kommt Berechtigung zu. In der Tat hat sich nämlich das Schöffengericht, wie der Beschwerde zuzugeben ist, über jene Angaben des Zeugen Dr.S***** mit Stillschweigen hinweggesetzt, wonach es sich bei den dem Angeklagten zugeflossenen Beträgen nicht nur um Provisionen gehandelt habe (S 127). Der eingehenden Erörterung dieser Angaben hätte es aber bedurft, weil das Erstgericht die von diesem Zeugen genannten Beträge dem Angeklagten ohne jede Einschränkung als Provisionsbezüge zugeschrieben und damit dessen - den Provisionscharakter der in Rede stehenden Zahlungen bestreitende - Verantwortung als widerlegt erachtet hat.

Unter diesem Aspekt und mit Rücksicht darauf, daß der genannte Zeuge den tatsächlichen Provisionsanteil nicht beziffern konnte, kommt auch den vom Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung vorgelegten und damit in das Verfahren eingeführten Rechnungen und Zahlungsbelegen über die behauptete Verwendung der ihm von Dr.S***** übergebenen Gelder erhöhte Relevanz zu. Die unter dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 a StPO relevierte Vernachlässigung dieser Unterlagen stellt solcherart bereits einen formellen Begründungsmangel (Z 5) dar, der eine Verfahrenserneuerung erzwingt, weil die Feststellung der Provisionshöhe im Hinblick auf die davon abhängige Abgabenschuld für die Ermittlung des strafbestimmenden Wertbetrages von entscheidender Bedeutung ist.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde konnte sich der Oberste Gerichtshof aber auch davon überzeugen, daß dem Urteil vom Beschwerdeführer nicht geltend gemachte Feststellungsmängel (Z 9 lit a) anhaften.

Dem Urteilssachverhalt zufolge resultieren die dem Beschwerdeführer angelasteten Abgabenhinterziehungen aus vier "Geschäftsfällen", bei denen Hermann H***** Einkünfte bezog, die er unter Verletzung seiner abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht dem Finanzamt gegenüber nicht deklarierte. Daß es sich hiebei um Provisionen gehandelt habe, wurde indes nur in einem einzigen Fall ("H*****"), und hier nur im Rahmen der Beweiswürdigung (US 7), festgestellt. In den übrigen Fällen ("Hö*****", "R*****" und "Ha*****") wurde eine solche Konstatierung weder ausdrücklich getroffen, noch ist aus der Beschreibung des jeweiligen Tatgeschehens eine Wertung der Geldflüsse als steuerpflichtige Provisionszahlungen möglich.

Im Fall "Hö*****" bezog der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen aus einem ihm und Dr.S***** von der V***** eingeräumten Darlehen, für dessen Sicherstellung die Liegenschaft der Ehegatten Hö***** pfandrechtlich haftete, einen Betrag von zumindest 800.000 S. Diese Konstatierungen deuten auf eine - allenfalls deliktisch zustande gekommene (vgl das Strafverfahren zum AZ 26 Vr 2410/94 des Landesgerichtes Linz) - Kreditaufnahme hin, die jedoch keine Abgabenschuld auslösen würde, weil sie keiner der im Gesetz (§ 2 Abs 3 EStG) taxativ aufgezählten Einkunftsarten entspricht. Feststellungen, die allenfalls eine andere Beurteilung ermöglichen würden, läßt das Urteil vermissen.

Im Falle "R*****" ist dem Sachverhaltssubstrat ein Rechtsgrund für den Erhalt des inkriminierten Geldbetrages von 650.000 S überhaupt nicht zu entnehmen. Darnach hatte Dr.S***** den Helmut R***** unter dem Vorwand, zur Abwendung der drohenden Zwangsversteigerung eines Bauernhofes, an dessen Erwerb R***** Interesse zeigte, sei Geld nötig, zur Begebung mehrerer Wechsel bewogen, durch deren Diskontierung Dr.S***** ca 1,300.000 S lukrierte. Feststellungen, daß der Übergabe der Hälfte dieses Betrages an Hermann H***** eine Provisionsvereinbarung zwischen Dr.S***** und dem Angeklagten zugrundelag, hat das Erstgericht nicht getroffen. Ob aus anderen Gründen im Zusammenhang mit dem Betrug (dessen der Angeklagte und Dr.S***** im obgenannten Strafverfahren schuldig erkannt worden waren) vorliegendenfalls bei Hermann H***** eine steuerbare Vermögensänderung eintrat, kann mangels einer zureichenden Entscheidungsgrundlage nicht beurteilt werden.

Analoges gilt für den Fall "H*****", bezüglich dessen gleichfalls Feststellungen über den Grund des Geldflusses von 500.000 S an den Angeklagten fehlen, insbesondere, ob es sich um die Erfüllung einer Provisionsvereinbarung handelte.

Somit zeigt sich schon bei einer nichtöffentlichen Beratung, daß die Erneuerung des Verfahrens aus den aufgezeigten Gründen unumgänglich ist. Im zweiten Rechtsgang wird auch eindeutig zu klären sein, ob und in welchen der verfahrensgegenständlichen Fälle der Angeklagte selbständig oder unselbständig als Angestellter der P***** GmbH tätig wurde, gegebenenfalls auch, ob und welche Voraussetzungen für das Entstehen einer Umsatz- und, vor allem, einer Gewerbesteuerschuld gegeben waren.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.