JudikaturJustiz13Os57/82

13Os57/82 – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. April 1982

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 29.April 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pribitzer als Schriftführers in der Strafsache gegen Rolf Georg A wegen des Vergehens des Versicherungsmißbrauchs nach § 151 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die von der Generalprokuratur zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Bezirksgerichts Saalfelden vom 28. August 1978, GZ. U 114/78-9, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Hörburger, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

Das Urteil des Bezirksgerichts Saalfelden vom 28.August 1978, GZ. U 114/78-9, verletzt im Schuldspruch wegen des Vergehens des Versicherungsmißbrauchs nach § 151 Abs. 1 StGB das Gesetz in dieser Bestimmung.

Das angeführte Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird im Schuldspruch nach § 151 Abs. 1 StGB und im Strafausspruch aufgehoben, desgleichen alle auf dem Urteil beruhenden Beschlüsse und Verfügungen. Gemäß §§ 292, 288 Abs. 2 Z. 3 StPO wird im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Rolf Georg A wird von der Anklage, am 8.Februar 1978 in Maria Alm mit dem Vorsatz, sich eine Versicherungsleistung zu verschaffen, eine gegen Diebstahl versicherte Sache, und zwar die ihm gehörigen und beim deutschen Schiverband gegen Diebstahl versicherten Schi der Marke Rossignol Salto samt Bindung, Schistopper und Parablacks im Gesamtwert von 770 DM beiseite geschafft und hiedurch das Vergehen des Versicherungsmißbrauchs nach § 151 Abs. 1 Z. 1 StGB begangen zu haben, gemäß § 259 Z. 3 StPO freigesprochen.

Für das ihm nach dem aufrecht bleibenden Schuldspruch weiterhin zur Last fallende Vergehen der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs. 1 StGB wird Rolf Georg A gemäß § 298 Abs. 1

StGB zu einer Geldstrafe von 30 (dreißig) Tagessätzen verurteilt. Gemäß § 19 Abs. 2 StGB wird der Tagessatz mit 340 (dreihundertvierzig) Schilling bestimmt. Gemäß § 19 Abs. 3 StGB wird für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 15 (fünfzehn) Tagen festgesetzt.

Text

Gründe:

Mit dem am 28.August 1978 nach Durchführung der Hauptverhandlung in Abwesenheit des Beschuldigten gemäß § 459 StPO gefällten Urteil des Bezirksgerichts Saalfelden, GZ. U 114/78-9, wurde der am 22.Juli 1943 geborene Speditionskaufmann Rolf Georg A der Vergehen des Versicherungsmißbrauchs nach § 151 Abs. 1 (Z. 1) StGB und der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs. 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt. Inhaltlich des Schuldspruchs hat er am 8.Februar 1978 in Maria Alm mit dem Vorsatz, sich eine Versicherungsleistung zu verschaffen, eine gegen Diebstahl versicherte Sache, und zwar die ihm gehörigen und beim deutschen Schiverband gegen Diebstahl versicherten Schi der Marke Rossignol Salto samt Bindung, Schistopper und Parablacks im Gesamtwert von 770 DM beiseite geschafft und in der Folge diesen angeblichen Schidiebstahl einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Beamten des Gendarmeriepostens Maria Alm angezeigt, somit die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung wissentlich vorgetäuscht, und gleichzeitig um eine Anzeigebestätigung zwecks Vorlage an die Versicherung ersucht.

Nach den wesentlichen Urteilsannahmen (S. 35-37) hat Rolf Georg A, der vom 4.Februar 1978 bis 8.Februar 1978 in Schinking, Gemeinde Saalfelden (Land Salzburg), eine Schiurlaub verbracht hatte, am letzten Urlaubstag (8.Februar 1978) vor seiner Abreise beim Gendarmerieposten Maria Alm eine Diebstahlsanzeige erstattet und hiebei wahrheitswidrig behauptet, daß ihm ein Paar - gegen Diebstahl versicherte - Schi der Marke Rossignol Salto samt Bindung, Schistopper und Parablacks im Gesamtwert von 770 DM gestohlen worden seien. Gleichzeitig begehrte er beim Gendarmeriepostenkommando Maria Alm eine Anzeigebestätigung zwecks Vorlage bei der Versicherung. Bei einer kurze Zeit nach der Anzeigeerstattung vorgenommenen überprüfung wurden von dem Gendarmeriebeamten B die von Rolf Georg A als gestohlen gemeldeten Schi (samt Bindung, Schistopper und Parablacks) auf dem Dachträger seines auf dem Parkplatz der Talstation des Natrun-Schilifts in Maria Alm abgestellten Personenkraftwagens entdeckt. 'Offensichtlich' hatte A die Schi (samt Zubehör) in Verbindung mit dem (zur Anzeige gebrachten) vorgetäuschten Diebstahl 'verbracht'.

Die gegen dieses in Abwesenheit des Beschuldigten nach dessen gehöriger Vorladung zur Hauptverhandlung (§ 459 StPO) gefällte Urteil von A erhobene Berufung wurde infolge Versäumung der dreitägigen Anmeldefrist vom Landesgericht Salzburg als Berufungsgericht mit Beschluß vom 20.Juni 1979, Zl. 29 Bl 65/79, als verspätet zurückgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Bezirksgericht Saalfelden mit dem vorbezeichneten Urteil gefällte Schuldspruch des Rolf Georg A wegen des Vergehens des Versicherungsmißbrauchs nach § 151 Abs. 1 (Z. 1) StGB steht mit dem Gesetz nicht in Einklang:

Die dem Angeklagten vom Erstgericht angelastete, als 'offensichtliches Beiseiteschaffen' (der versicherten Schi) bezeichnete Tathandlung ist in rechtlicher Beziehung nicht als 'Beiseiteschaffen' im Sinn des § 151 Abs. 1 Z. 1 StGB aufzufassen. Eine solche Beurteilung setzt nämlich ein Verbringen der versicherten Sache, etwa durch Wegschaffen, Wegwerfen oder Verstecken derselben voraus, wodurch das Tatobjekt wenigstens in einer Phase eines möglicherweise weitläufigeren Täuschungsmanövers dem Zugriff Dritter entzogen und der Anschein erweckt wird, das versicherte Gut sei abhanden gekommen. Eine mängelfreie Urteilsgrundlage in einer dieser tatsächlichen Richtungen ist nicht gegeben. Sie könnte - wie sich aus dem Akteninhalt ergibt - auch in einem allfälligen zweiten Rechtsgang nicht geschaffen werden. Das sich allein in der wahrheitswidrigen Behauptung des Diebstahls der versicherten Sache erschöpfende Vortäuschen des Versicherungsfalls (nur dieses konnte vom Bezirksgericht Saalfelden einwandfrei, nämlich entsprechend den Vorschriften des § 270 Abs. 2 Z. 5 StPO, konstatiert werden) stellt noch kein Beiseiteschaffen in der Bedeutung des § 151 Abs. 1 Z. 1 StGB dar (Leukauf-Steininger2, RN. 9 und 11 zu § 151 StGB; Kienapfel BT. II, § 151 RN. 14 und 16). Die weiteren, im § 151 Abs. 1 Z. 1 StGB angeführten Begehungsformen scheiden von vornherein aus.

Der Schuldspruch des Rolf Georg A wegen des Vergehens des Versicherungsmißbrauchs nach § 151 Abs. 1 Z. 1 StGB ist daher gemäß § 468 Abs. 1 Z. 4 (§ 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a) StPO nichtig. Der von der Generalprokuratur nach § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Beschwerde war stattzugeben und gemäß § 292 StPO wie eingangs zu erkennen.

Bei der notwendig gewordenen Neubemessung der Geldstrafe war erschwerend nichts, mildernd war der bisherige ordentliche Lebenswandel des Täters. Die im Spruch ersichtliche Anzahl der Tagessätze trägt den im § 32 StGB normierten Grundsätzen für die Strafbemessung Rechnung und wird der Schuld des Angeklagten sowie dem Unrechtsgehalt der Tat gerecht. Der Tagessatz war im Hinblick auf die aktenkundigen persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Verurteilten im Zeitpunkt der Urteilsfällung in erster Instanz mit 340 S zu bestimmen. Die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe ergibt sich aus dem Gesetz.