JudikaturJustiz13Os2/23b

13Os2/23b – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. März 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. März 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz Hummel LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Richteramtsanwärter Mag. Lung im Verfahren zur Unterbringung der * D* in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 16. November 2022, GZ 16 Hv 93/22v 38.5, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde gemäß § 21 Abs 1 StGB die Unterbringung der * D* in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet.

[2] Danach hat sie am 7. März 2022 in L* unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad, nämlich einer schizoaffektiven Psychose, beruht, Dr. * H* durch Übermittlung eines Briefes, in dem sie wiederholt sinngemäß äußerte, „wir werden kommen“ um die Genannte zu verfolgen, zu massakrieren, zu vergewaltigen und abzuschlachten, sie, ihren Hund und ihre ganze Praxis zu massakrieren, abzuschlachten und auszurotten, sie und ihren Hund zu ermorden, sie würden sie überall verfolgen, gefährlich mit dem Tod bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und durch diese Tat das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 erster Fall StGB begangen.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Betroffenen.

[4] Die Verfahrensrüge (Z 4 [iVm Z 11 erster Fall]) wendet sich gegen die Abweisung des sowohl in der Hauptverhandlung am 14. September 2022 gestellten (ON 27.2 S 25 f), als auch am 16. November 2022 – unter Hinweis darauf, dass „die nach der letzten Hauptverhandlung offensichtlich stattgefundene Besprechung mit der Zeugin Dr. H* eine dem Gericht nicht zugängliche Beweisaufnahme“ sei und „daher dem Gutachten nicht zugrunde gelegt werden kann“, (ON 38.4 S 9) – wiederholten Antrags (ON 38.4 S 8  und 9 f) auf Einholung „eines weiteren medizinischen Sachverständigengutachtens aufgrund der [...] widersprüchlichen Angaben der Sachverständigen im gegenständlichen Verfahren“. Dieser Antrag wurde jeweils schon deshalb zu Recht abgewiesen (ON 27 .2 S 26 und ON 38.4 S 10), weil er kein Beweisthema nannte (§ 55 Abs 1 zweiter Satz StPO).

[5] Im Übrigen ist (soweit hier von Interesse) gemäß § 127 Abs 3 StPO ein weiterer Sachverständiger zur Verhandlung nur dann beizuziehen, wenn das Gutachten widersprüchlich oder sonst mangelhaft (vgl dazu RIS-Justiz RS0127942) ist und sich die Bedenken nicht durch Befragung der bestellten Sachverständigen beseitigen lassen (siehe dazu US 6; vgl auch RIS Justiz RS0097433).

[6] Durfte – wie hier (ON 38.4 S 8 ) – die Betroffene die Sachverständige in der Hauptverhandlung zu sämtlichen gegen ihr Gutachten erhobenen Kritikpunkten befragen und bezog diese auch Stellung, so bedarf es für einen Beweisantrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens der fundierten Darlegung, weshalb behauptete Bedenken nicht aufgeklärt wurden (RIS Justiz RS0102833 [T3]). Dieser Anforderung hat der in Rede stehende Antrag nicht im Ansatz entsprochen.

[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[8] Die Entscheidung über die (bloß angemeldete) Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).