JudikaturJustiz13Os199/78

13Os199/78 – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. Januar 1979

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Friedrich und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Loesch als Schriftführers in der Strafsache gegen Günther A und Helmut B wegen des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls nach den § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4 sowie 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten und die Berufung des Angeklagten A gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengerichtes vom 22.September 1978, GZ. 10 Vr 1483/78-28, I. nach Anhörung der Generalprokuratur den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Es werden die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Günther A, soweit ihr nicht teilweise Folge gegeben wird, und die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Helmut B zur Gänze zurückgewiesen.

II. mit Zustimmung der Generalprokuratur zu Recht erkannt:

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Günther A wird teilweise, und zwar soweit sie sich gegen den Schuldspruch, dieser Angeklagte habe am 21.April 1978

in Klagenfurt dem Reinhard C mit ca. 30.000 Lire (ca. 600 S) Bargeld, einen 20.000 Lire übersteigenden Lirebetrag mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern (teilweise Punkt A/I/2/a) des ihn betreffenden Schuldspruches), richtet, Folge gegeben, das angefochtene Urteil in diesem Schuldspruch, ferner in dem auch dem aufrecht gebliebenen Schuldspruch dieses Angeklagten zugrunde liegenden Ausspruch, daß der Wert der weggenommenen Sachen 5.000 S übersteige, und in der rechtlichen Beurteilung der ihm angelasteten Tat als das Vergehen des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls auch nach dem § 128 Abs. 1 Z. 4 StGB sowie in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Günther A auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen den beiden Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens, dem Angeklagten Günther A jedoch nur, soweit sie den erfolglosen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde betreffen, zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die beiden zuletzt beschäftigungslosen Günther A und Helmut B des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls nach den § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4 sowie 15 StGB, Helmut B überdies auch noch des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Soweit sich der Angeklagte A unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Schuldspruch wendet, wonach er anläßlich des am 21.April 1978 in Klagenfurt zum Nachteil des Reinhard C begangenen Diebstahls mit dem Geldbetrag von ca. 30.000 (italienischen) Lire (im - allerdings nach dem Tagesbriefkurs vom 21. April 1978

/1,78 S für 100 ital. Lire / überhöht angenommenen - Gegenwert von ca. 600 S) auch einen 20.000 Lire übersteigenden Lirebetrag gestohlen habe, kommt seiner Mängelrüge Berechtigung zu. Denn in den Urteilsgründen führte das Erstgericht zu diesem Schuldspruch zwar aus, daß die Verantwortung des Angeklagten A, bei jenem Diebstahl keinen Lirebetrag erbeutet zu haben, durch die glaubwürdige Aussage des Zeugen Reinhard C widerlegt sei (S. 165). Hingegen findet dieser als gestohlen angenommene Betrag von 30.000 Lire (allerdings nur) über den Betrag von 20.000 Lire hinaus in der Aussage dieses Zeugen keine für die Sicherheit von Entscheidungsgrundlagen eines Schuldspruches im Strafverfahren erforderliche zureichende Deckung:

nach einer ersten Angabe, es seien ihm 40.000 bis 60.000 Lire gestohlen worden, erklärte dieser Zeuge nämlich (in der Hauptverhandlung vernommen), er vermöge den Lirebetrag heute nicht ganz genau anzugeben, es habe sich um eine Summe von 20.000 bis 40.000 Lire gehandelt (S. 159). Auch in der (in der Hauptverhandlung gemäß dem § 252 Abs. 2 StPO verlesenen: S. 159) auf den Angaben des Bestohlenen beruhenden Anzeige ON. 11 ist nur von 20.000 Lire die Rede (S. 71;

auch S. 91). Der diesbezüglich gerügte Begründungsmangel liegt demnach, allerdings nur insoweit der gestohlene Lirebetrag mit mehr als 20.000 Lire angenommen wurde, vor.

Dieser Begründungsmangel ist für die Unterstellung der dem Angeklagten A angelasteten Tat als Vergehen des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls auch unter die Bestimmung des § 128 Abs. 1 Z. 4 StGB relevant, weil der betragsmäßig festgestellte Wert der (auch in mehreren weiteren Angriffen erzielten) Diebsbeute nach den Urteilskonstatierungen insgesamt 5.090 S beträgt und es daher unter der Annahme, daß dem Zeugen C nicht ein Betrag von 30.000 Lire, sondern nur ein solcher von 20.000 Lire gestohlen wurde, selbst unter Beachtung eines weiteren Diebstahlsversuches, zu dem eine betragsmäßige Feststellung des Wertes der beabsichtigten Diebsbeute unterblieb (Faktum B/I/ des Urteilssatzes), fraglich ist, ob diesfalls - auch unter Beachtung des richtigen Lirekurses - die Wertgrenze von 5.000 S immer noch überschritten wird. Es waren daher in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A nicht nur der Schuldspruch dieses Angeklagten wegen Diebstahls eines 20.000 Lire übersteigenden Lirebetrages, sondern auch der dem aufrecht gebliebenen Schuldspruch dieses Angeklagten zugrunde liegende Ausspruch, daß der Wert der weggenommenen Sachen 5.000 S übersteige und die rechtliche Beurteilung der ihm angelasteten Tat als das Vergehen des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls auch nach dem § 128 Abs. 1 Z. 4 StGB aufzuheben.

Hingegen konnte das Erstgericht die Wertannahme hinsichtlich des gleichfalls dem Zeugen C gestohlenen Weißgoldringes sehr wohl auf dessen Aussage (S. 159) gründen, ohne sich mit der vorgelegten Bestätigung eines Schmuckhändlers über die Preise von ihm gehandelter (anderer und schon darum keine verläßlichen Rückschlüsse auf den Wert des gestohlenen Weißgoldringes gestattender) Weißgoldringe auseinandersetzen zu müssen. Dieser Wertansatz wäre im Hinblick auf die Abweisung des Antrages auf Einholung eines Schätzungsgutachtens (S. 160) mit einer - allerdings nicht erhobenen - Verfahrensrüge als Nichtigkeit nach dem § 281 Abs. 1 Z. 4 StPO, nicht aber im Wege eines Begründungsmangels bekämpfbar gewesen. Die ziffernmäßig auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO gestützte Rechtsrüge des Angeklagten A richtet sich bloß gegen den Schuldspruch, wonach er und der Mitangeklagte Helmut B in Gesellschaft als Beteiligte Ende April 1978 Benützern der Garderobe in der Westschule (in Klagenfurt) Bargeld und Wertgegenstände zu stehlen versuchten, indem sie die Garderobe aufsuchten, diese aber wegen der vom Turnsaal aus gegebenen Beobachtungsmöglichkeiten wieder verließen (Punkt B/I/ des Urteilssatzes). Mit seiner Behauptung, er und sein Komplize hätten ihr Vorhaben bereits vor Betreten der Schule aufgegeben, diese daher ebensowenig wie die Garderobe des Turnsaales selbst betreten, sodaß mangels Ausführungsnähe ein strafbarer Versuch nicht vorliege, zumindest aber ein freiwilliger Rücktritt vom Versuch gegeben sei, geht der Beschwerdeführer nicht von den anderslautenden Urteilsfeststellungen aus und bringt damit seine Rechtsrüge nicht zu gesetzmäßiger Darstellung.

Der Angeklagte Helmut B ficht den gegen ihn ergangenen Schuldspruch lediglich unter ziffernmäßiger Anrufung des Nichtigkeitsgrundes der Z. 10 des § 281 Abs. 1

StPO mit Nichtigkeitsbeschwerde an, weil das Ersturteil die im Hinblick auf die Annahme der Rückfallstäterschaft im Sinne des § 39 StGB erforderliche Feststellung, 'wann er letztmalig aus der Haft entlassen wurde', unterlassen habe.

Die behauptete Nichtigkeit liegt nicht vor.

Denn mit der Verhängung einer Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten wurde die Strafe innerhalb des (bis zu drei Jahren reichenden) gesetzlichen Strafrahmens des zur Anwendung gelangten § 128 Abs. 1 StGB ausgemessen. Die im Urteilsspruch zum Ausdruck gebrachte Tatbegehung im Rückfall (S. 162) und die Zitierung des § 39 StGB in den Urteilsgründen (S. 165) belasten, weil diese letztgenannte Bestimmung bei der Strafbemessung tatsächlich nicht angewendet wurde, als (überflüssige) Aussprüche den Angeklagten nicht, dem es demnach insoweit an einem Beschwerdeinteresse fehlt (§ 282 StPO; siehe ÖJZ-LSK. 1975/166; 196).

Abgesehen von dem erfolgreichen, zur Teilaufhebung des Schuldspruches führenden Teil der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A waren daher sowohl dessen Nichtigkeitsbeschwerde im übrigen wie auch die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B zur Gänze teils als offenbar unbegründet gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z. 2 StPO, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach dem § 285 d Abs. 1 Z. 1 StPO in Verbindung mit dem § 285 a Z. 2 StPO bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Da sich zeigt, daß in dem von der Aufhebung betroffenen Teil des angefochtenen Urteils die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und diesbezüglich eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, war gemäß dem § 285 e StPO - mit Zustimmung der Generalprokuratur -

bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung hiezu wie im Spruche zu erkennen. Im erneuerten Verfahren wird das Erstgericht darzulegen haben, aus welchen Gründen es allenfalls zur Annahme gelangt, daß der gestohlene Lirebetrag 20.000 Lire übersteigt und ob nicht dessen ungeachtet unter Einbeziehung der beim versuchten Diebstahl (Faktum B/I/ des Urteilssatzes) auch nur beabsichtigten Diebsbeute deren Gesamtwert jedenfalls 5.000 S überschreitet und damit die Qualifikation der Tat auch nach dem § 128 Abs. 1 Z. 4 StGB hergestellt wird.

Die Aufhebung des den Angeklagten A betreffenden Strafausspruches ist eine zwangsläufige Folge der Teilaufhebung des ihn betreffenden Schuldspruches.

Mit seiner dadurch gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte A auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO