JudikaturJustiz13Os112/80

13Os112/80 – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. September 1980

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.September 1980

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Bernardini, Dr. Müller, Dr. Horak und Dr. Schneider als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Winter als Schriftführerin in der Strafsache gegen Silvia A wegen des Verbrechens nach § 6 SuchtgiftG. und einer anderen strafbaren Handlung über die von der Angeklagten Silvia A gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 6.März 1980, GZ. 6 a Vr 9942/79-48, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Plattner und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch der Silvia A wegen Vergehens nach § 9 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG. und in dem diese Angeklagte betreffenden Strafausspruch aufgehoben sowie gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst

erkannt:

Silvia A wird von der Anklage, zwischen 1975

und 1977 in Wien und anderen Orten wiederholt unberechtigt Suchtgifte erworben und in Besitz gehabt und hiedurch das Vergehen nach § 9 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG. begangen zu haben, gemäß § 259 Z. 3 StPO. freigesprochen.

Für das ihr weiterhin zur Last fallende Verbrechen wider die Volksgesundheit gemäß § 6 Abs. 1 SuchtgiftG.

wird Silvia A nach derselben Gesetzesstelle zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 14 (vierzehn) Monaten verurteilt.

Mit ihrer Berufung wird Silvia A auf diese Entscheidung verwiesen. Gemäß § 390 a StPO. fallen der Angeklagten Silvia A die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Das Schöffengericht erkannte die beschäftigungslose Datotypistin Silvia A des Verbrechens wider die Volksgesundheit nach § 6 Abs. 1 SuchtgiftG. und des Vergehens nach § 9 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG. schuldig. Im letzteren Punkt ficht sie das Urteil aus § 281 Abs. 1 Z. 5 und 9 lit. b StPO. an.

Die Rechtsrüge zielt auf Verjährung; sie schlägt durch. Inhaltlich des Urteilsspruchs (III) hat die Beschwerdeführerin zwischen 1975 und 1977 in Wien und in anderen Orten wiederholt unberechtigt Haschisch und Heroin erworben und besessen (siehe auch Urteilsfeststellung S. 300). Das urteilsmäßig angenommene, nicht qualifizierte Vergehen nach § 9 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG. ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bedroht. Seine Strafbarkeit verjährt gemäß § 57 Abs. 3 StGB. nach einem Jahr.

Die erste gerichtliche Verfolgungshandlung (§ 58 Abs. 3 Z. 2 StGB.) war die Erlassung des (freilich nur auf § 6 Abs. 1 SuchtgiftG. abgestellten) Haftbefehls am 16.November 1979 (ON. 7 S. 93); ihm folgte am 19.November 1979

der Beschluß auf Einleitung der Voruntersuchung gegen Silvia A wegen § 6 SuchtgiftG. unter Bedachtnahme auf § 9 SuchtgiftG. (ON. 1 S. 2 mit S. 1). Frühere gerichtliche Verfolgungshandlungen ergeben sich auch nicht aus dem einbezogenen Akt des Landesgerichts Innsbruck ON.

40.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 57 Abs. 2 StGB. beginnt die Verjährungsfrist, sobald die mit Strafe bedrohte Tätigkeit abgeschlossen ist oder das mit Strafe bedrohte Verhalten aufhört. Darnach hat die Frist für die Verfolgbarkeit des der Beschwerdeführerin angelasteten Vergehens nach § 9 Abs. 1 Z. 2

SuchtgiftG. spätestens mit Jahresende 1977 begonnen und ist spätestens mit Jahresende 1978 abgelaufen. Daß die Rechtsmittelwerberin während der Verjährungsfrist neuerlich eine mit Strafe bedrohte Handlung, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruht, begangen hätte (§ 58 Abs. 2 StGB.), ist gerichtsordnungsmäßig nicht festgestellt (denn die rechtliche Gewißheit der abermaligen Täterschaft muß in einem Richterspruch - Urteil oder Strafverfügung - verkörpert sein: KH. 2698, SSt. XXIX/1, JBl. 1966 S. 573; Marschall in ÖJZ. 1974 S. 431 unter Hinweis auf § 60 Abs. 1 StGB. - verbo 'erkannt' - und auf Art. 6 Abs. 3, gemeint Abs. 2 MRK., beifällig zitiert von Leukauf-Steininger2 S. 442). Das unter einem abgeurteilte Verbrechen wider die Volksgesundheit hat A im November 1979 verübt (C). Aus dem Gesagten folgt, daß die Strafbarkeit des von Silvia A zwischen 1975 und 1977 hergestellten Vergehens nach § 9 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG. spätestens am 31.Dezember 1978 verjährt und seither aufgehoben ist (allgemeiner Strafaufhebungsgrund). Das Urteil ist insoweit gemäß § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b StPO. nichtig. Der Beschwerde war daher schon aus diesem Grund stattzugeben und die Nichtigkeitswerberin von dem von ihr bekämpften Vorwurf freizusprechen, ohne daß auf ihre Mängelrüge eingegangen werden brauchte. In den Wortlaut des Freispruchs wurde der bezügliche Ausschnitt des Anklagesatzes (nicht derjenige des Urteils) übernommen, weil gemäß § 259, erster Satz, StPO. von der Anklage (und nicht vom angefochtenen Urteil) freizusprechen ist. Bei der infolge der Teilaufhebung des Ersturteils notwendig gewordenen Strafneubemessung konnte der Oberste Gerichtshof von den Strafzumessungserwägungen der ersten Instanz mit Ausnahme der Deliktskonkurrenz, die nunmehr als erschwerend entfällt, ausgehen. In Anbetracht dessen, daß die Angeklagte einschlägig noch nicht in Erscheinung getreten ist, konnte mit der Verhängung einer Freiheitsstrafe von vierzehn Monaten das Auslangen gefunden werden. Der Gewährung der Rechtswohltat der bedingten Strafnachsicht stehen die aktenkundige tiefe Verstrickung der A in die Suchtgiftszene und das hiedurch aktualisierte, im § 43 StGB. ausdrücklich verankerte Bedürfnis der Spezialprävention gebieterisch entgegen. Mit ihrer Berufung war die Rechtsmittelwerberin hierauf zu verweisen.