JudikaturJustiz12Os83/79

12Os83/79 – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. September 1979

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. September 1979

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Schneider als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Stach als Schriftführer in der Strafsache gegen Johanna A wegen des Vergehens nach dem § 1 Abs 1 lit b PornG über die von der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Jugendschöffengericht vom 15. März 1979, GZ 24 Vr 1144/77-18, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Georg Josef Reich, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 11. März 1931 geborene Schriftstellerin Johanna A des Vergehens nach § 1 Abs 1 lit b des Bundesgesetzes vom 31. März 1950, BGBl Nr. 97 (PornG) schuldig erkannt, weil sie am 26. März 1977 in Salzburg (mit dem Orientexpreß von München kommend) in gewinnsüchtiger Absicht unzüchtige Schriften und Abbildungen, und zwar 54 Exemplare der Druckschrift mit dem Titel 'Masturbation Nr. 1', 48 Exemplare der Druckschrift mit dem Titel 'Seventeen Nr. 1', und 55 Exemplare der Druckschrift mit dem Titel 'Kitzel Nr. 2' (nach Österreich) eingeführt und (auf österreichischem Staatsgebiet) befördert hat.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft die Angeklagte mit einer auf die Z 4 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die sich jedoch als nicht berechtigt erweist.

Unter dem erstangeführten Nichtigkeitsgrund rügt sie die Abweisung des durch ihren Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Einvernahme eines (informierten) Zeugen der Sex-Boutique in Freilassing, Dammstraße 2 (Bundesrepublik Deutschland), zum Beweis dafür, daß sämtliche von ihr (nur vorübergehend) in das Inland eingeführte Sexhefte zum Verkauf in dieser Boutique bestimmt waren (S 58 dA). Dadurch wäre eine nur zum Zweck der - straflosen - (entgeltlichen) Verbreitung in der Bundesrepublik Deutschland vorgenommene, wenn auch illegale Durchfuhr dieser Druckwerke (durch das Inland) nachgewiesen worden, die nach Meinung der Beschwerdeführerin nicht nach § 1 (Abs 1 lit b) PornG strafbar sein könne, weil ihre gewinnsüchtige Absicht 'nicht auf Österreich gemünzt' gewesen sei.

Entgegen dieser Auffassung wurde jedoch die Beschwerdeführerin durch die Abweisung dieses Beweisantrages in ihren Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt:

Nach § 1 Abs 1 lit b PornG ist die in gewinnsüchtiger Absicht erfolgte Einfuhr, ferner die Beförderung, aber auch die Ausfuhr von unzüchtigen Gegenständen als Vergehen strafbar. Aus dem Umstand, daß (auch) die in gewinnsüchtiger Absicht vorgenommene Ausfuhr unzüchtiger Gegenstände unter die vorerwähnte Strafbestimmung fällt, auch wenn die (entgeltliche) Verbreitung der pornographischen Werke in dem hiefür vorgesehenen Ausland nicht strafbar sein sollte, folgt, daß es für das in lit b des § 1 Abs 1 PornG als gleichwertige Begehungsformen angeführte und der Beschwerdeführerin nach dem Inhalt des von ihr bekämpften Schuldspruchs angelastete Einführen und Befördern solcher Gegenstände nicht darauf ankommt, ob die damit verbundene gewinnsüchtige Absicht im Inland oder im Ausland realisiert werden soll. So gesehen war das dem Beweisantrag der Beschwerdeführerin zugrundeliegende Beweisthema aber von vornherein nicht geeignet, eine andere (für sie günstigere) rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes herbeizuführen, sodaß durch das diesen Beweisantrag ablehnende Zwischenerkenntnis des Erstgerichtes (S 59 dA) eine Nichtigkeit im Sinne der Z 4

des § 281 Abs 1 StPO bewirkender Verfahrensmangel nicht begründet werden konnte.

Es schlagen aber auch die Beschwerdeausführungen zum geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nach der Z 9

lit a der vorgenannten Gesetzesstelle nicht durch, mit denen die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die von der inländischen Rechtsordnung abweichende Regelung in der Bundesrepublik Deutschland (vgl § 184 III dStGB) der Sache nach die Zuordnung der in den vom Schuldspruch erfaßten Druckwerken enthaltenen Darstellungen lesbischer Betätigung zum Begriff der (generellen) Unzüchtigkeit (demnach zur sogenannten 'harten Pornographie') verneint. Nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes im verstärkten Senat vom 6. Juni 1977, 13 Os 39/77

(= EvBl 1977/186 = RZ 1977/95) sind unter anderem pornographische, also auf sich selbst reduzierte und vom Zusammenhang mit anderen Lebensäußerungen losgelöste, anreißerisch verzerrte Darstellungen gleichgeschlechtlicher Unzuchtsakte entsprechend der heterosexuellen Orientierung der rechtlich geordneten Gesellschaft generell als unzüchtig anzusehen. Von dieser ständigen Judikatur (vgl auch 11 Os 130/77, 10 Os 30/78, 12 Os 71/78 und 13 Os 35/79) abzugehen, besteht auch unter Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin in ihrer Rechtsrüge vorgebrachten Argumente kein Anlaß. Denn wenn auch sexuelle Handlungen zwischen Frauen - weitergehend als zwischen Männern, vgl § 209 StGB - vom Gesetz nicht anders als heterosexuelles Verhalten behandelt werden, zeigen doch die in den §§ 220 und 221 StGB normierten Verbote der Propagierung und der organisierten Begünstigung gleichgeschlechtlicher Unzucht ohne Rücksicht darauf, ob die Unzuchtshandlungen selbst im Einzelfall strafbar sind oder nicht, daß Darstellungen gleichgeschlechtlicher Unzuchtsakte, die nach ihrer Aufmachung ausschließlich der sexuellen Erregung des Konsumenten dienen und deshalb propagandistisch wirken, dem Schutzzweck des Pornographiegesetzes ganz allgemein zuwiderlaufen und - als sogenannte harte Pornographie - von der (inländischen) Rechtsordnung absolut perhorresziert werden (13 Os 39/77, 13 Os 62/78, 10 Os 30/78 und 13 Os 35/79). Dabei ist allein die österreichische Rechtsordnung maßgebend, weshalb der Hinweis der Beschwerde auf die - von der österreichischen Rechtsordnung zum Teil abweichende - Regelung in der Bundesrepublik Deutschland (vgl § 184 III dStGB) von vornherein versagt.

Als solche von der österreichischen Rechtsordnung absolut perhorreszierte und damit straflose Pornographie hat aber das Erstgericht die inkriminierten Druckwerke beurteilt, indem es die darin enthaltenen Darstellungen gleichgeschlechtlicher und zwar lesbischer Betätigungen als 'harte Pornographie' wertete (S 68 dA), womit es zum Ausdruck brachte, daß diese Darstellungen dem Begriff der harten Pornographie im eben dargelegten Sinn entsprechen. Dieser Beurteilung haftet - entgegen dem Beschwerdevorbringen - ein Rechtsirrtum nicht an. Denn auch bei zurückhaltender Wertung nach den Maßstäben normal empfindender, sozial integrierter Durchschnittsmenschen und unter der Annahme, daß nicht jede Darstellung von Sexualkontakten (auch solche zwischen Frauen) schon pornographisch ist, sind nämlich die in den im Urteilssatz näher bezeichneten, den Gegenstand des vorliegenden Schuldspruchs bildenden Druckwerken enthaltenen, anreißerisch verzerrten, ausschließlich der sexuellen Erregung der Konsumenten dienenden und daher propagandistisch wirkenden Darstellungen intensiver (nach den abgebildeten Situationen ersichtlich länger währender und mit unmittelbarem Körperkontakt, wenngleich zum Teil unter Benützung technischer Hifsmittel vorgenommener) gleichgeschlechtlicher Unzucht zwischen Frauen geeignet, eine grobe Störung des Zusammenlebens in unserer Gesellschaft darzustellen, und somit als für sie untragbar zu bezeichnen.

Deren Beurteilung als generell unzüchtig und deren Zuordnung zur sogenannten 'harten Pornographie', die unabhängig vom Verbreitungsmodus und dem hiefür angesprochenen Personenkreis dem Unzüchtigkeitsbegriff des § 1 Abs 1 PornG entspricht, entspricht somit dem Gesetz.

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten waren sohin zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO

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