JudikaturJustiz12Os38/94

12Os38/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. Mai 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Mai 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Schindler, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Jannach als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Hubert W***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 25.Jänner 1994, GZ 36 Vr 3082/93-21, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Bassler, und des Verteidigers Dkfm.DDr.Grone, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die Unterbringung des Angeklagten Hubert W***** in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher gemäß § 22 Abs 1 StGB aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Hubert W***** wurde des Verbrechens des Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt und nach § 129 StGB zu 10 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Gemäß § 22 Abs 1 StGB wurde er über eigenen Antrag (136; 138) in eine Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher eingewiesen.

Der aus § 281 Abs 1 Z 11 (sachlich: Z 3) StPO allein gegen die Anordnung des Maßnahmenvollzuges gerichteten Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft kommt Berechtigung zu.

Gemäß § 439 Abs 2 StPO iVm § 429 Abs 2 Z 2 StPO darf die Unterbringung in einer Anstalt (auch) für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher bei sonstiger Nichtigkeit nur nach Beiziehung zumindest eines Sachverständigen aus dem Gebiet der Psychiatrie angeordnet werden, der den Betroffenen zu untersuchen hat. Diesem - für die Feststellung der in § 22 StGB normierten Grundvoraussetzungen des entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher betreffenden Maßnahmenvollzuges bedeutsamen, unter Nichtigkeitssanktion unverzichtbaren - Erfordernis wurde im Sinn der Beschwerdeargumentation im konkreten Fall nicht Rechnung getragen. Die Verlesung des - im Vorverfahren allein zur Abklärung des Grades der Täteralkoholisierung erstatteten (Blatt 2 des Antrags- und Verfügungsbogens; ON 13) - Gutachtens des Sachverständigen Univ.Prof.Dr.Werner Laubichler stellte aus der Sicht des § 439 Abs 2 StPO kein hinreichendes Äquivalent dar, weil der psychiatrische Sachverständige der Hauptverhandlung beizuziehen, gezielt zur Frage der Anordnung der jeweils in Rede stehenden vorbeugenden Maßnahme zu konsultieren und sein Gutachten der Erörterung durch die Prozeßparteien zugänglich zu machen ist (Foregger-Kodek StPO6 Erl I zu § 439). Die vom Erstgericht "zur Vermeidung weiterer Verzögerungen" bewußt unterlassene Beiziehung eines Sachverständigen zur Hauptverhandlung (150) verwirklicht den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 3 StPO, weshalb in Stattgebung der (grundsätzlich zum Vorteil des Angeklagten erhobenen - ua Mayerhofer-Rieder3 EGr 9 zu § 435 StPO) Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 288 Abs 2 Z 1 StPO mit spruchgemäßer Teilkassierung des angefochtenen Urteils zur partiellen Verfahrenserneuerung vorzugehen war.

Die (bloß) angemeldete, in der Folge nicht ausgeführte Berufung der Staatsanwaltschaft war mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung der dazu anfechtungsgegenständlichen Urteilspunkte gemäß § 294 Abs 2 StPO zurückzuweisen.