JudikaturJustiz12Os25/21z

12Os25/21z – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. April 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. April 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Oshidari, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski und Dr. Brenner und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Csencsits in der Strafsache gegen Milutin C***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 Abs 1 erster und zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Milutin C***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Jugendschöffengericht vom 15. Oktober 2020, GZ 144 Hv 71/20x 84, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten C***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier von Bedeutung – Milutin C***** jeweils eines Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 Abs 1 erster und zweiter Fall StGB (I./) und des Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 15, 127, 129 (richtig:) Abs 2 Z 1 (iVm Abs 1 Z 1), 130 Abs 3 (iVm Abs 1 zweiter Fall) StGB (II./) schuldig erkannt.

[2] Danach haben C***** und drei Mitangeklagte in W***** als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung Zdravko K***** Wertgegenstände und Bargeld, sohin fremde bewegliche Sachen, mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, wegzunehmen versucht, und zwar

I./ am 5. Juni 2020 mit Gewalt gegen eine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung von Waffen, indem nach dem gemeinsamen Tatplan C***** das Opfer schlagen und festhalten sowie mit einer CO 2 Pistole und/oder einem Messer bedrohen sollte, während die Mitangeklagten dem Opfer die Sachen wegnehmen und Aufpasserdienste leisten sollten, wobei sie wegen Reinigungsarbeiten am Tatort unfreiwillig von der Tatbegehung absahen;

II./ am 6. Juni 2020, indem sie beabsichtigten, in die Wohnstätte des K***** durch Aufbrechen der Wohnungstür zu gelangen, wobei sie die Tat nicht ausführten, weil der im Wissen aller angeworbene „Aufbrecher“ nicht am Tatort erschien.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten C*****, der keine Berechtigung zukommt.

[4] Voranzustellen ist, dass die Nichtigkeitsbeschwerde das Urteil zwar uneingeschränkt bekämpft, inhaltlich aber zum Schuldspruch II./ nicht argumentiert. In diesem Umfang war auf sie keine Rücksicht zu nehmen, weil auch bei ihrer Anmeldung Nichtigkeitsgründe nicht deutlich und bestimmt bezeichnet wurden (§ 285 Abs 1 zweiter Satz StPO).

[5] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) leitet nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab (vgl aber RIS Justiz RS0116565 ), weshalb die für den Beginn des Versuchsstadiums erforderliche Ausführungsnähe (§ 15 Abs 2 StGB) trotz gemeinschaftlichen Aufsuchens der (ausgehend vom üblicherweise in der Früh gewählten Weg des Opfers zum eigenen Fahrzeug) ausgekundschafteten Tatörtlichkeit und (rund 40 minütigen) Abpassens des K***** durch die zur Tatausführung entschlossenen Angeklagten (US 7) die Anwesenheit des Opfers am Tatort voraussetze (vgl Bauer/Plöchl in WK² StGB §§ 15, 16 Rz 41/1 mit Judikaturnachweisen; vgl unter dem Gesichtspunkt der Versuchstauglichkeit RIS Justiz RS0090105 und Bauer/Plöchl in WK² StGB §§ 15, 16 Rz 97).

[6] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[7] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten C***** (§ 285i StPO). Dieses wird dabei zu berücksichtigen haben, dass der Schuldspruch des Angeklagten wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 15, 127, 129 Abs 2 Z 1 (iVm Abs 1 Z 1), 130 Abs 3 (iVm Abs 1 zweiter Fall) StGB (II./) einen Subsumtionsfehler aufweist. Nach den Feststellungen war nämlich die kriminelle Vereinigung erkennbar auf die Begehung von Raubtaten ausgelegt (US 6). Für die Qualifikation nach § 130 Abs 3 StGB reicht eine solche Ausrichtung aber nicht aus, weil sie nach ihrem Telos (ähnlich den an die Gewerbsmäßigkeit anknüpfenden Diebstahlsqualifikationen [vgl ErläutRV 689 BlgNR 25. GP 23, wonach die „Begehung im Rahmen einer kriminellen Vereinigung und die erwerbsmäßige Begehung gleichwertig erscheinen“]) allein kriminelle Vereinigungen erfasst, die sich auf eine bestimmte Art qualifizierter Diebstähle festgelegt haben (vgl Stricker in WK² StGB § 130 Rz 60; vgl auch Kienapfel/Schmoller , BT II² § 130 Rz 50, wonach die Begehung entsprechend qualifizierter Diebstähle „miteinkalkuliert“ sein muss; vgl zu § 130 StGB idF vor BGBl I 2015/112 Salimi , SbgK § 130 Rz 48 ff; siehe auch ErläutRV 30 BlgNR 13. GP 278 [„Diebsbande“]). Demnach ist die Unterstellung der von Schuldspruch II./ erfassten Tat unter § 130 Abs 3 StGB verfehlt.

[8] Da sich dieser Subsumtionsfehler (Z 10) nicht auf den Strafrahmen auswirkte und auch sonst ohne erkennbare nachteilige Wirkung für den Angeklagten blieb, sah sich der Oberste Gerichtshof nicht zu amtswegiger Wahrnehmung (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) veranlasst. Aufgrund dieses Hinweises ist das Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung auch nicht an den Ausspruch des Erstgerichts über das anzuwendende Strafgesetz nach § 295 Abs 1 erster Satz StPO gebunden (RIS-Justiz RS0118870).

[9] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.