JudikaturJustiz12Os183/96

12Os183/96 – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. Februar 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.Februar 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Schindler, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Torpier als Schriftführer, in der Einziehungssache Bekir K***** wegen § 4 PornG über die von der Generalprokuratur zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 13.Juli 1995, AZ 13 a Bl 535/95 (GZ 11 U 425/94-17 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien), erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Weiß, des Vertreters der Einziehungsbeteiligten bzw der Mitbeteiligten, Dkfm.DDr.Grone, zu Recht erkannt:

Spruch

Das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 13.Juli 1995, AZ 13 a Bl 535/95 (GZ 11 U 425/94-17 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien), womit in (teilweiser) Stattgebung der Berufung der Einziehungsbeteiligten das auf Einziehung unzüchtiger Druckwerke im objektiven Einziehungsverfahren erkennende Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 30.März 1995, GZ 11 U 425/94-13, aufgehoben und die sachliche Unzuständigkeit des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien für den Einziehungsausspruch festgestellt wurde, verletzt das Gesetz in den Bestimmungen des § 9 Abs 1 Z 1 StPO iVm § 445 Abs 3 (= Abs 2 aF) StPO; § 1 Abs 3 PornG; § 41 Abs 2 MedienG.

Das bezeichnete Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien wird aufgehoben und es wird diesem Gericht die neuerliche Entscheidung über die verbleibenden Beschwerdepunkte in der Berufung der Einziehungsbeteiligten aufgetragen.

Text

Gründe:

Mit Urteil vom 30.März 1995, GZ 11 U 425/94-13 (Seiten 87 ff in ON 2 des Aktes 4 c E Vr 884/96 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien), zog das Bezirksgericht Innere Stadt Wien gemäß dem (in der Hauptverhandlung ausgedehnten) Antrag des Bezirksanwaltes vom 6. Februar 1995 in einem selbständigen Einziehungsverfahren "gemäß § 4 PornG" mehrere im Urteilsspruch genannte Bücher ein, weil sie pornographische bildliche "Tierdarstellungen" und "Beschreibungen lesbischer, sodomistischer oder gewalttätiger Szenen" enthalten.

Diese Bücher (richtig: 5 Bücher a 10 Stück und 1 Magazin zu 20 Stück) waren mit Beschluß desselben Gerichtes vom 8.April 1994 als Teil einer größeren, von der Firma O***** Versand GesmbH aus Deutschland an die Firma D***** GesmbH (Handelsbezeichnung: A*****GesmbH) gerichteten Sendung noch im Zolleigenlager der mit der Versendung beauftragten Spedition im Zollamt Wien beschlagnahmt worden. Der Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien hat sodann die Anzeige gegen den für den Wareneinkauf Verantwortlichen der Firma D***** GesmbH, Bekir K*****, der sich damit verantwortete, die fragliche Sendung nicht bestellt zu haben, gemäß § 90 Abs 1 StPO zurückgelegt (AS 3 a./verso sowie ON 2, 3, 8 und 9 im Akt 11 U 425/94 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien).

Das Landesgericht für Strafsachen Wien gab mit Urteil vom 13.Juli 1995, AZ 13 a Bl 535/95 (GZ 11 U 425/94-17), der (unter anderem) auf § 468 Abs 1 Z 2 StPO gestützten, von der O***** Versand GesmbH Co KG und der D***** GesmbHG als Einziehungsbeteiligte gegen das Einziehungserkenntnis erhobenen Berufung wegen Nichtigkeit Folge, hob das angefochtene Urteil auf und stellte die (sachliche) Unzuständigkeit des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien für den Einziehungsausspruch fest.

In dem sodann beim Landesgericht für Strafsachen Wien unter AZ 4 c E Vr 884/96 fortgeführten Verfahren gab die Staatsanwaltschaft Wien am 16. Februar 1996 die Erklärung ab, den (objektiven Einziehungs )Antrag des Bezirksanwaltes des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 6. Februar 1995 vollinhaltlich aufrecht zu erhalten (S 3 verso in AZ 4 c E Vr 884/96). Über diesen Einziehungsantrag hat der Einzelrichter des Landesgerichtes für Strafsachen Wien bisher nicht entschieden, einen Antrag der Einziehungsbeteiligten auf Ausfolgung der beschlagnahmten Druckwerke jedoch unter Hinweis auf die noch ausstehende meritorische Erledigung des Einziehungsantrages der Staatsanwaltschaft Wien mit Beschluß vom 22.März 1996, GZ 4 c E Vr 884/96-9, rechtskräftig (vgl ON 14 im Akt 4 c E Vr 884/96) abgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend geltend macht, steht das Berufungsurteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 13.Juli 1995, AZ 13 a Bl 535/95, mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Das Berufungsgericht hat wohl richtig erkannt, daß das Bezirksgericht Innere Stadt Wien sein (selbständiges) Einziehungserkenntnis zu Unrecht auf § 4 PornG stützte. Wurde nämlich ein Vergehen nach § 1 Abs 1 PornG (hier: Verdacht der in gewinnsüchtiger Absicht vorgenommenen versuchten Einfuhr unzüchtiger Schriften und Abbildungen - § 15 StGB, § 1 Abs 1 lit b PornG) mit Beziehung auf ein Druckwerk (§ 1 Abs 1 Z 4 MedienG) verübt, dann sind zufolge der Vorschrift des § 1 Abs 3 PornG die Einziehungsvorschriften des (§ 33) MedienG und die Verfahrensbestimmungen des MedienG dem Sinne nach anzuwenden.

Dies bedeutet aber entgegen der ersichtlich vom Berufungsgericht vertretenen Rechtsansicht nicht, daß im vorliegenden Fall auch die (vom Berufungsgericht noch in der vor der Novellierung vom 1.März 1993, BGBl 1993/91, in Geltung gestandenen Fassung zitierte) Zuständigkeitsregelung des § 41 Abs 2 MedienG Platz greift. Denn diese die Zuständigkeit eines Landesgerichtes begründende Sondervorschrift bezieht sich zufolge der Verweisung auf Abs 1 leg cit ausdrücklich nur auf Strafverfahren und selbständige Verfahren wegen eines Medieninhaltsdeliktes (§ 1 Abs 1 Z 12 MedienG). Die hier in Rede stehende Tat der versuchten Einfuhr unzüchtiger Druckwerke (§ 15 StGB, § 1 Abs 1 lit b PornG) wurde aber nicht - wie unter Umständen die Tathandlungen nach lit d und e des § 1 Abs 1 PornG - durch den Inhalt, sondern nur mit Beziehung auf Druckwerke begangen und ist daher kein Medieninhaltsdelikt (EvBl 1981/68).

Demgemäß kommt dem Bezirksgericht gemäß § 9 Abs 1 Z 1 StPO nicht nur die sachliche Zuständigkeit zur Führung des Strafverfahrens nach § 1 Abs 1 PornG zu (vgl OGH 10.1.1995 = EvBl 1995/46 = RZ 1996/55), sondern nach der sinngemäß für die vergleichbare Einziehung nach § 26 StGB geltenden allgemeinen Vorschrift des § 445 Abs 3 (= Abs 2 aF) StPO auch jene für das objektive Einziehungsverfahren unzüchtiger - nicht als Medieninhaltsdelikt verfahrensverfangener - Druckwerke im Sinn des § 33 MedienG, weil das Gesetz insoweit keine von der allgemeinen Regelung abweichende Sondernorm vorsieht.

Da nach Lage des Falles nicht ausgeschlossen werden kann, daß sich die gesetzwidrige Feststellung der Unzuständigkeit des Bezirksgerichtes zum Nachteil der Einziehungsbeteiligten ausgewirkt hat, weil über deren weitere Berufungseinwände nicht entschieden wurde, war in Stattgebung der von der Generalprokuratur zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde spruchgemäß zu erkennen.

Rechtssätze
4