JudikaturJustiz12Os154/23y

12Os154/23y – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. Februar 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Februar 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Oshidari, Dr. Brenner, Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart der Schriftführerin Mag. De Rijk in der Strafsache gegen * J* wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 3. Oktober 2023, GZ 37 Hv 36/23k 48.4, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche kommt dem Oberlandesgericht Wien zu.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier relevant – * J* des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 2 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 12. September 2022 in S* * Se*, die sich aufgrund eines Drogen- und Alkoholcocktails in einem Tiefschlaf befand, sohin eine wehrlose Person, unter Ausnutzung dieses Zustands dadurch missbraucht, dass er ohne ihr Einverständnis mit seinem entblößten Penis an ihrem nackten Gesäß rieb.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

[4] Feststellungen sind nur insoweit mit Mängelrüge bekämpfbar, als sie (für die Schuld oder die Subsumtionsfrage) entscheidende Tatsachen betreffen (RIS Justiz RS0117499). Daher verfehlt die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall, nominell auch fünfter Fall), soweit sie sich gegen die konstatierte Anfertigung eines Videos vom Tatgeschehen (US 4) richtet, den gesetzlichen Bezugspunkt des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes.

[5] Dass die Tatrichter aus den (eingehend erörterten) Aussagen der Zeuginnen * M* und * T* sowie des Opfers Se* dem Beschwerdevorbringen widerstreitende Schlüsse auf das (damalige) Vorhandensein eines solchen (inzwischen nicht mehr existierenden) Videos und davon ausgehend auf den Tathergang (US 6 ff) zogen, begründet keine Nichtigkeit (vgl RIS Justiz RS0098400 [insb T8 bis T11]).

[6] Soweit die Beschwerde diese Ausführungen hilfsweise auch auf § 281 Abs 1 Z 5a StPO stützt, vernachlässigt sie, dass die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 StPO voneinander wesensmäßig verschieden und daher gesondert auszuführen sind, wobei unter Beibehaltung dieser klaren Trennung deutlich und bestimmt jene Punkte zu bezeichnen sind, durch die sich der Nichtigkeitswerber beschwert erachtet (RIS Justiz RS0115902).

[7] Dem weiteren gegen die Feststellungen zum Tatgeschehen gerichteten Einwand der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider waren die Tatrichter nicht verhalten, sich mit Details der Aussage der Zeugin M* in der Hauptverhandlung auseinanderzusetzen, weil sie dieser – im Gegensatz zu jenen vor der Kriminalpolizei – den Beweiswert absprachen (US 6; vgl RIS Justiz RS0098642 [T2]).

[8] Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) ausgehend von eigenen Schlussfolgerungen aus der Aussage der Zeugin M* auf Basis urteilsfremder Sachverhaltsannahmen argumentiert, verfehlt sie den im Urteilssachverhalt gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (vgl RIS Justiz RS0099810).

[9] Daher waren – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285d Abs 1 StPO und die im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehene (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld gemäß § 296 Abs 2 iVm § 294 Abs 4 StPO bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen. Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche (§ 285i StPO).

[10] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.