JudikaturJustiz12Os153/14p

12Os153/14p – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. April 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. April 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Dr. Oshidari und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Moelle als Schriftführerin in der Strafsache gegen Andreas K***** wegen des Vergehens des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs nach § 148a Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen, AZ 8 HR 242/12w des Landesgerichts Klagenfurt, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss des genannten Gerichts vom 21. November 2012, GZ 8 HR 242/12w 6, und weitere Beschlüsse erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Leitner, und des Verteidigers Mag. Oberleitner zu Recht erkannt:

Spruch

Im Verfahren AZ 8 HR 242/12w des Landesgerichts Klagenfurt verletzen das Gesetz

1./ die Beschlüsse des Landesgerichts Klagenfurt vom 21. November 2012 und vom 3. Jänner 2013 in §§ 91 Abs 1, 105 Abs 1 und 119 Abs 1 StPO;

2./ der Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 21. November 2013 in §§ 91 Abs 1, 195 Abs 1 StPO.

Die Beschlüsse werden aufgehoben und es werden die Anträge der Staatsanwaltschaft Klagenfurt vom 16. November 2012 auf Bewilligung der Anordnung auf Durchsuchung gemäß §§ 117 Z 2 lit b, 119 Abs 1, 120 Abs 1 erster Satz StPO und vom 2. Jänner 2013 auf Verlängerung der hiefür gesetzten Frist sowie der Antrag der N***** S.A. vom 1. Oktober 2013 auf Fortführung des Ermittlungsverfahrens abgewiesen.

Text

Gründe:

Mit Schreiben vom 12. September 2012 ersuchte die Staatsanwaltschaft Verden (Deutschland) die Staatsanwaltschaft Klagenfurt um Übernahme der Strafverfolgung des Andreas K***** wegen „gewerbsmäßigen Computerbetruges, Ausspähens von Daten, Vorbereitens des Ausspähens und Abfangens von Daten, Verrats von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen sowie wegen unerlaubten Eingriffs in technische Schutzmaßnahmen und zur Rechtewahrnehmung erforderlicher Informationen“.

Der Genannte stehe in Verdacht, „den Aufbau von Verschlüsselungssystemen verschiedener Pay TV Smartcards ausgelesen“ und entweder den erlangten Code selbst oder die damit selbst hergestellten Smart-Karten verkauft zu haben, wodurch deren Erwerber Pay TV nutzen könnten, ohne dem jeweils Berechtigten Gebühren zahlen zu müssen.

Konkret werde der Genannte verdächtigt, den Quellcode der hergestellten Verschlüsselungssoftware der Smartcard des brasilianischen Pay TV Anbieters S***** B***** ausgelesen und an die 2000 damit selbst hergestellte Karten über einen Mittelsmann in Brasilien verkauft zu haben. Mit diesen Karten sei ein Empfang des S***** B***** Angebots auch ohne Abonnement beim Anbieter möglich.

Weiters stehe der Genannte in Verdacht, den Quellcode der Verschlüsselungssoftware des deutschen Anbieters S***** Deutschland GmbH Co KG sowie des spanischen Anbieters D***** der P***** SL auszulesen (ON 2 S 1 bis 5).

Mit Eingabe vom 16. Oktober 2012 erstattete die N***** S.A. eine gesonderte Anzeige wegen Eingriffs in das Recht auf Zugangskontrolle nach § 10 Abs 1 ZuKG, widerrechtlichen Zugriffs auf ein Computersystem nach § 118a Abs 1 StGB, Missbrauchs anvertrauter Vorlagen nach § 11 Abs 2 UWG, betrügerischen Datenverarbeitungs-missbrauchs nach § 148a StGB sowie wegen weiterer strafbarer Handlungen und begründete dies im Wesentlichen mit den selben Vorwürfen, die bereits die Staatsanwaltschaft Verden dargelegt hatte (ON 3). Nach dieser Anzeige bestünden die seit dem Jahr 2007 gesetzten Hacking Angriffe einerseits in der Herstellung von Duplikaten originaler Smart-Karten und andererseits in der Ermittlung der Struktur des Verschlüsselungssystems durch illegales Reverse Engineering und dessen Nachbau oder Imitierung durch eine eigene Software. Durch diese Handlungen entstünden bei den Pay TV Betreibern Einnahmeverluste aus entgangenen Abonnementverträgen und bei der Anzeigerin Einnahmeverluste aus unterbliebenem Erwerb von Originalkarten sowie ein aus entsprechenden Gegenmaßnahmen resultierender Aufwand.

Mit Beschluss vom 21. November 2012, GZ 8 HR 242/12w 6, bewilligte das Landesgericht Klagenfurt gemäß §§ 117 Z 2 lit b, 119 Abs 1, 120 Abs 1 erster Satz StPO die Anordnung der Staatsanwaltschaft Klagenfurt vom 16. November 2012 auf Durchsuchung der Wohnräumlichkeiten des Andreas K***** zum Zweck der Sicherstellung sämtlicher dort befindlicher Datenträger, Vorrichtungen zum Auslesen von Verschlüsselungssystemen sowie bezughabender schriftlicher Aufzeichnungen und befristete diese Bewilligung bis 1. Jänner 2013 (ON 6 S 4). Das Landesgericht verwies auf die Begründung der Anordnung der Staatsanwaltschaft, welche sich bei der Darstellung des Sachverhalts auf eine Wiederholung der Ausführungen der Staatsanwaltschaft Verden beschränkte (vgl ON 2) und daraus einen Verdacht nach § 148a Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB ableitete (ON 6 S 3).

Über Antrag der Staatsanwaltschaft Klagenfurt vom 2. Jänner 2013 (ON 1 S 3 iVm ON 8) verlängerte das Landesgericht Klagenfurt mit Beschluss vom 3. Jänner 2013 die Frist für die erwähnte Anordnung der Staatsanwaltschaft Klagenfurt vom 16. November 2012 bis zum 31. Jänner 2013 (ON 6 S 4 iVm ON 1 S 3).

Die solcherart bewilligte Durchsuchung wurde am 28. Jänner 2013 durchgeführt. Dabei stellte sich heraus, dass der Beschuldigte abgesehen von den anzeigegegenständlichen Vorwürfen auch zwischen 15 und 20 Personen den Konsum einiger Pay TV Programme über einen „D Link Smart Reader“ bzw durch Eintragung deren Adressen in seinen Receiver „aus Gründen der Kostenteilung“ ermöglicht hatte (ON 11 S 3 und S 141).

Am 16. August 2013 stellte die Staatsanwaltschaft Klagenfurt das zu ihrer AZ 1 St 102/12y geführte Verfahren gemäß § 190 Z 1 und Z 2 StPO ein (ON 1 S 9).

Auf Antrag der N***** S.A. vom 1. Oktober 2013 (ON 22) ordnete das Landesgericht Klagenfurt mit Beschluss vom 21. November 2013, AZ 7 Bl 209/13y, gemäß § 195 StPO die Fortführung des Verfahrens gegen Andreas K***** wegen „§ 148a Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB sowie weiterer Delikte“ an. Zum Gegenstand des Verfahrens hielt das Landesgericht fest, dass der Beschuldigte in Verdacht stehe, durch das Auslesen und Aufbereiten der Verschlüsselungssysteme verschiedener Pay TV Smartkarten das Ergebnis automationsunterstützter Datenverarbeitung durch Gestaltung der Programme, durch Eingabe, Veränderung, Löschung oder Unterdrückung von Daten oder sonst durch Einwirkung auf den Ablauf des Verarbeitungsvorgangs beeinflusst und „dadurch (aber auch nicht nur) zum Nachteil“ der N***** S.A. einen 50.000 Euro übersteigenden Schaden herbeigeführt zu haben. Weiters habe der Beschuldigte zugestanden, einigen befreundeten Personen den Empfang von Pay TV Programmen ohne den Erwerb originaler Smart-Karten ermöglicht zu haben.

Zur Begründung führte das Landesgericht aus, dass eine Verfolgung wegen des Vergehens nach § 10 ZuKG nicht in Betracht komme, weil es sich dabei um ein Privatanklagedelikt handle. Weiters könne das Vorgehen des Beschuldigten nicht unter das Vergehen der Erschleichung einer Leistung nach § 149 Abs 2 StGB subsumiert werden, weil ein illegaler Empfang von Fernsehsendungen nicht den Missbrauch eines Automaten darstelle (EvBl 1986/117). Demgegenüber stelle das „nach der Anzeige dem Beschuldigten vorgeworfene Verhalten, nämlich das Entschlüsseln von Geheimcodes durch Hacking“, jedoch jedenfalls eine „Input Manipulation“ (bzw einen Beitrag dazu) dar und sei somit als „Eingabe und Veränderung von Daten im Sinne des § 148a StGB zu begreifen“.

Nach Ansicht des Landesgerichts Klagenfurt habe die Fortführungswerberin, deren Opfereigenschaft im Sinn des § 65 Z 1 lit c StPO im Hinblick auf (aus unterbliebenen Verkäufen originaler Smart-Karten resultierende) Einnahmenverluste und den Aufwand für Gegenmaßnahmen nicht zu bezweifeln sei, zutreffend aufgezeigt, dass aktenkundige Ermittlungsansätze nicht ausgeschöpft worden seien, weil der Verantwortung des Beschuldigten, wonach er im Rahmen der ihn belastenden Skype Korrespondenz nur geprahlt habe, die Sicherstellung elektronischer Geräte und Smart-Karten gegenüberstehe, die auf gesteigerte Aktivitäten im Zusammenhang mit Satelliten Smartkarten hindeute. Da ein von der Fortführungswerberin gestellter Antrag auf weitere Auswertung der sichergestellten Gegenstände unbehandelt geblieben sei, sei die auf die Ansicht der Sicherheitsbehörden gestützte Verfahrenseinstellung verfrüht, wonach es sich offensichtlich um handelsübliche Geräte handle, sodass die Einholung eines Gutachtens zweckmäßig erscheine (ON 27).

In ihrer Nichtigkeitsbeschwerde

zur Wahrung des Gesetzes führt die Generalprokuratur aus:

„Die Beschlüsse des Landesgerichtes Klagenfurt vom 21. November 2012, vom 3. Jänner 2013 (GZ 8 HR 242/12w 6), sowie vom 21. November 2013, AZ 7 Bl 209/13y (ON 27) stehen mit dem Gesetz nicht in Einklang:

Gemäß § 91 Abs 1 StPO dient das Ermittlungsverfahren dazu, Sachverhalt und Tatverdacht durch Ermittlungen soweit zu klären, dass die Staatsanwaltschaft über Anklage, Rücktritt von der Verfolgung oder Einstellung des Verfahrens entscheiden kann. Ein Ermittlungsverfahren ist somit nur wegen von Amts wegen zu verfolgender Straftaten zu führen, nicht jedoch wegen strafbarer Handlungen, deren Begehung nur auf Verlangen des Opfers zu verfolgen sind (vgl §§ 2 Abs 1, 71 Abs 1 letzter Halbsatz StPO), weshalb die Staatsanwaltschaft auch nur jene Ermittlungsschritte setzen darf, die (zumindest auch) der Gewinnung von Informationen zur Aufklärung von Offizialdelikten dienen (§ 91 Abs 2 StPO). Demnach ist staatsanwaltschaftlichen Anträgen auf gerichtliche Bewilligung von Zwangsmitteln im Sinn des § 101 Abs 2 StPO, bei denen dies nicht der Fall ist, die gerichtliche Bewilligung gemäß § 105 Abs 1 StPO zu versagen. Dies gilt auch für die Entscheidung über eine staatsanwaltschaftliche Anordnung auf Durchsuchung von Orten gemäß § 119 Abs 1 StPO, wenn die gesuchte Person nicht eines Offizialdeliktes verdächtig oder die intendierte Sicherstellung oder Auswertung von Gegenständen oder Spuren gar nicht geeignet ist, die Beurteilung des Verdachtes einer von Amts wegen zu verfolgenden Straftat zu beeinflussen.

Auch eine Fortführung des Ermittlungsverfahrens nach § 195 Abs 1 StPO kommt nur in Bezug auf Offizialdelikte in Betracht.

Der Grundtatbestand des § 148a Abs 1 StGB erfasst vorsätzliches Beeinflussen des Ergebnisses einer automationsunterstützten Datenverarbeitung, wodurch es zu einem Vermögensschaden kommt, getragen vom erweiterten Vorsatz auf unrechtmäßige Bereicherung ( Kirchbacher/Presslauer in WK² § 148a Rz 3, 9). Dabei setzen Wortlaut und Sinn des § 148a StGB zur Deliktsverwirklichung voraus, dass der tatbestandsmäßige Vermögensschaden als unmittelbare Folge dieser Beeinflussung eintritt, sodass Folgeschäden keinen tatbildlichen Erfolg darstellen können (RIS Justiz RS0094395; 13 Os 61/11m; Komenda/Madl SbgK § 148a Rz 71).

Der mittels selbst (bzw von unbefugten Personen) hergestellter Smart-Karten vorgenommene widerrechtliche Zugriff auf durch elektronische Verschlüsselung zugangskontrollgeschützte Fernsehdienste kann eine solche von § 148a StGB vorausgesetzte unmittelbare Vermögensschädigung jedoch nicht bewirken, weil die hiebei erfolgende wenn auch 'täuschungsgleiche' Beeinflussung des jeweils verwendeten Receivers (bzw der 'Set Top Box') allein zur Entschlüsselung von Signalen führt, die weil unabhängig von der Fernsehberechtigung des einzelnen Konsumenten ausgesendet ohnehin bereits vorhanden sind, während der Schaden erst durch das daran anschließende, von der Decodierung jedoch zu unterscheidende Konsumieren der vermögenswerten Leistung 'Fernsehsendung' entsteht (vgl S 3 der Beilage zu ON 2 und ON 3 S 5; Reindl , E Commerce und Strafrecht, 185 f; Komenda/Madl SbgK § 148a Rz 112).

Den erwähnten Beschlüssen des Landesgerichtes Klagenfurt zuwider stellt daher auch der fallaktuell vorliegende, die widerrechtliche Nutzung zugangskontrollgeschützter Fernsehdienste durch Dritte erst ermöglichende Verkauf eines ausgelesenen Codes bzw damit hergestellter Smart-Karten wie auch das diesem Verkauf vorgelagerte Auslesen des Aufbaus eines derartigen Verschlüsselungssystems bzw das 'Hacken' des diesem System zugrunde liegenden Quellcodes keinen Beitrag zu einem betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauch nach §§ 12, 148a StGB dar.

Auch andere von Amts wegen zu verfolgende strafbare Handlungen vermag das den verfahrens-gegenständlichen Beschlüssen zugrunde liegende Tatgeschehen nicht zu begründen, weil ein Beitrag zur Erschleichung einer Leistung im Sinn des § 149 Abs 2 StGB mangels direktem Austausch von Entgelt und Leistung bei zugangskontrollgeschützten Fernsehdiensten nicht in Betracht kommt ( Reindl , E Commerce und Strafrecht, 178 f), eine vom Beschuldigten allenfalls ermöglichte Decodierung verschlüsselter Signale weder einem Zugriff auf ein Computersystem im Sinne des § 118a StGB gleichzusetzen ist ( Reindl , E Commerce und Strafrecht, 184) noch über eine Abhör- bzw Spionagevorrichtung im Sinn des § 119a StGB erfolgt ( Reindl Krauskopf in WK² § 119a Rz 3 f; Lewisch in WK² § 119 Rz 4 f), eine Datenbeschädigung nach § 126a StGB ausscheidet ( Reindl , E Commerce und Strafrecht, 173 FN 7, 181), eine allfällige Datenfälschung fallaktuell nicht der Beweisführung im Rechtsverkehr im Sinne des § 225a StGB dient ( Reindl , E Commerce und Strafrecht, 173 f) und solcherart auch die Herstellung bzw der Vertrieb des gehackten Codes nicht der Begehung einer der in § 126c Abs 1 Z 1 StGB genannten strafbaren Handlungen dient ( Reindl Krauskopf in WK² § 126c Rz 20).

Ob dieser Sachverhalt im Hinblick auf den Umstand, dass das Fälschen der dort genannten Smart-Karten das Herstellen einer Umgehungsvorrichtung im Sinn des § 2 Z 8 ZuKG darstellt, stattdessen geeignet wäre, den allerdings gewerbsmäßiges Handeln voraussetzenden - Tatbestand des Vergehens des Eingriffs in das Recht auf Zugangskontrolle nach § 10 ZuKG zu verwirklichen (vgl Reindl , E Commerce und Strafrecht, 175 f; Engin Deniz/Grünzweig , Pay TV Piraterie im Strafrecht, ecolex 2001, 587), kann dahingestellt bleiben, weil es sich dabei lediglich um ein Privatanklagedelikt handelt (Abs 5 leg cit). Gleiches gilt in Ansehung des Verdachtes des Auslesens des betreffenden Codes für das Vergehen der Auskundschaftung eines Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses nach § 123 StGB (vgl Engin Deniz/Grünzweig , Pay TV Piraterie im Strafrecht, ecolex 2001, 587).“

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:

Entgegen der Ansicht der Generalprokuratur, welche sich auf Reindl und Kommenda/Madl beruft, liegt bei der vorliegenden Sachverhaltskonstellation sehr wohl ein unmittelbarer Vermögensschaden vor. Dieser besteht im dem Betreiber entgangenen Entgelt.

Soweit die Generalprokuratur argumentiert, dass die Fernsehsignale ohnehin vorhanden sind, während der Schaden erst durch das Konsumieren der vermögenswerten Leistung „Fernsehsendung“ entstehe, ist ihr zu entgegnen, dass der Schaden schon mit der Schaffung eines Pay TV Zugangs (als vermögenswerte Leistung) ohne Entrichtung des Entgelts verwirklicht wird. Ob Fernsehsendungen konsumiert werden, ist dabei irrelevant. Es gilt für den Schadensbegriff nichts anderes als bei telefonischer (oder sonst mit Täuschung einer Person erfolgender) Bestellung eines Pay TV Zugangs mit dem Vorsatz, in der Folge das Entgelt nicht zu bezahlen. Sobald die Zugangsvoraussetzungen geschaffen wurden und das Entgelt nicht bezahlt wird, ist dem Betreiber ein Vermögensschaden im Sinn des § 146 StGB entstanden.

Ebenso ist bei § 149 Abs 1 zweiter Fall StGB (der bestimmte Fälle des Betrugs im Bagatellbereich privilegiert; vgl Kirchbacher/Presslauer in WK² StGB § 149 Rz 1, 5 f) der Vermögensschaden bereits mit dem Zutritt etwa zu einer Aufführung eingetreten, ohne dass es darauf ankäme, ob das Dargebotene in der Folge tatsächlich konsumiert wird. Auch hier wird der Vermögensschaden im entgangenen Entgelt gesehen, auch hier findet die Aufführung ohnehin statt.

Im Schrifttum wird teilweise für den vorliegenden Sachverhalt § 148a StGB verneint, weil keine EDV Einrichtung des Sendebetreibers beeinflusst werde, die daraufhin eine vermögenswerte Leistung zur Verfügung stellen würde (so Reindl , E Commerce und Strafrecht, 179 f; aA Engin Deniz/Grünzweig , Pay TV Piraterie im Strafrecht, ecolex 2001, 588 f; zur vergleichbaren Regelung des § 263a dStGB: Beucher/Engels , Harmonisierung des Rechtsschutzes verschlüsselter Pay TV Dienste gegen Piraterieakte, CR 1998, 101; Dressel , Strafbarkeit von Piraterie Angriffen gegen Zugangsberechtigungssysteme von Pay TV Anbietern, MMR 1999, 391; Scheffler , Einsatz einer Pay TV Piraten SmartCard strafrechtliche Würdigung, CR 2002, 152).

Diese Frage kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben, weil so man die Tatbestandsmäßigkeit nach § 148a StGB bejaht die genannte Bestimmung durch § 10 ZuKG verdrängt wird (Scheinkonkurrenz).

Nach § 10 Abs 1 ZuKG macht sich strafbar, wer gewerbsmäßig (§ 70 StGB) Umgehungsvorrichtungen (das sind gemäß § 2 Z 8 leg cit Geräte oder Computerprogramme, die dazu bestimmt oder angepasst sind, den Zugang zu einem geschützten Dienst in verständlicher Form ohne Erlaubnis des Diensteanbieters zu ermöglichen) vertreibt, verkauft, vermietet oder verpachtet. Abs 2 des § 10 ZuKG normiert dazu ein Vorbereitungsdelikt.

Mit dem ZuKG wird das Recht auf Zugangskontrolle als absolut geschütztes Rechtsgut anerkannt (EBRV BlgNR 99 21. GP Allgemeiner Teil 3.)

Vorliegend ist zwar kein Fall von Spezialität anzunehmen, weil die Bestimmungen zueinander nicht im Verhältnis von Gattung und Art stehen (vgl Ratz in WK² StGB Vor §§ 28 31 Rz 32 mwN). § 10 ZuKG erfordert nämlich anders als § 148a StGB nicht den Eintritt eines Vermögensschadens und ist somit nicht die speziellere Norm.

§ 148a StGB ist jedoch gegenüber § 10 ZuKG stillschweigend subsidiär (vgl Burgstaller , Die Scheinkonkurrenz im Strafrecht, JBl 1978, 398; Ratz in WK 2 StGB Vor §§ 28 31 Rz 36). Mit der Schaffung der Strafbestimmung im ZuKG hat der Gesetzgeber klar zu erkennen gegeben, dass Sachverhaltskonstellationen wie die gegenständliche ausschließlich von § 10 ZuKG erfasst werden sollen, und zwar mit der Konsequenz, dass nur gewerbsmäßiges Handeln strafbar ist, dass private Nutzer straffrei bleiben (Abs 3 leg cit) und der Täter nur auf Verlangen des in seinen Rechten verletzten Diensteanbieters zu verfolgen ist (Abs 5 leg cit; Privatanklagedelikt).

Da das den verfahrensgegenständlichen Beschlüssen zugrunde liegende Tatgeschehen aus den von der Generalprokuratur dargelegten Gründen auch sonst keine von Amts wegen zu verfolgende strafbare Handlung begründen kann, hätte in Ansehung des Antrags der Staatsanwaltschaft Klagenfurt vom 16. November 2012 auf Bewilligung der Anordnung der Durchsuchung gemäß §§ 117 Z 2 lit b, 119 Abs 1, 120 Abs 1 erster Satz StPO weder eine gerichtliche Bewilligung noch eine Verlängerung der in diesem Zusammenhang gesetzten Frist erfolgen dürfen. Die dennoch ergangenen Beschlüsse vom 21. November 2012 und vom 3. Jänner 2013 (ON 6) verletzten somit die §§ 91 Abs 1, 105 Abs 1 und 119 Abs 1 StPO.

Weiters verletzt weil aus demselben Grund auch eine Fortführung des Ermittlungsverfahrens nicht in Betracht kommt der Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 21. November 2013 (ON 27) die §§ 91 Abs 1, 195 Abs 1 StPO.

Sowohl die vorliegende Bewilligung eines Zwangsmittels und deren Verlängerung als auch der Beschluss auf Fortführung des Ermittlungsverfahrens wirkten sich konkret zum Nachteil des Beschuldigten aus. Der Oberste Gerichtshof sah sich daher veranlasst, der Feststellung der Gesetzesverletzungen gemäß § 292 letzter Satz StPO konkrete Wirkung zuzuerkennen und die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben sowie die Anträge der Staatsanwaltschaft Klagenfurt vom 16. November 2012 auf Bewilligung der Anordnung der Durchsuchung gemäß §§ 117 Z 2 lit b, 119 Abs 1, 120 Abs 1 erster Satz StPO (ON 6) und vom 2. Jänner 2013 auf Verlängerung der hiefür gesetzten Frist (ON 1 S 3 iVm ON 8) sowie den Antrag der N***** S.A. vom 1. Oktober 2013 auf Fortführung des Ermittlungsverfahrens (ON 22) abzuweisen.