JudikaturJustiz12Ns73/14b

12Ns73/14b – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. März 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. März 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Dr. Oshidari als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kaltenbrunner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Werner D***** wegen des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 59 Hv 21/14g des Landesgerichts Feldkirch, nach Einsichtnahme der Generalprokuratur in die Akten den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Oberste Gerichtshof ist zur Entscheidung betreffend die Übertragung der Strafsache an ein anderes Gericht nicht zuständig.

Die Akten werden dem Präsidenten des Oberlandesgerichts Innsbruck zurückgestellt.

Text

Gründe:

In der Strafsache gegen Werner D***** wegen des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen hat der Präsident des Oberlandesgerichts Innsbruck, nachdem das diesbezügliche Verfahren AZ 39 Hv 63/14k des Landesgerichts Innsbruck wegen Ausgeschlossenheit sämtlicher Strafrichter dieses Gerichts und fehlender Regelungen in der Geschäftsverteilung betreffend deren Vertretung durch nicht ausschließlich in Strafsachen tätige Richter (ON 29 iVm ON 30 S 3; vgl aber §§ 26 Abs 4, 33 Abs 1 GOG) an das Landesgericht Feldkirch (zu AZ 59 Hv 21/14g dieses Gerichts) übertragen worden war (ON 28, 32), alle Richter des Landesgerichts Feldkirch (einschließlich dessen Präsidenten) sowie die bei diesem Gericht verwendete Sprengelrichterin als ausgeschlossen erkannt (AZ 8 Ns 27/14m des Präsidenten des Oberlandesgerichts Innsbruck).

Im Hinblick darauf sprach er aus, dass „zufolge Ausschöpfung aller möglichen Vertreter im betroffenen Gerichtssprengel (…) der Oberste Gerichtshof als übergeordnetes Gericht jenes Gericht zu bezeichnen“ habe, dem die Sache übertragen wird.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:

Nach der Rechtsprechung kommt in Ausgeschlossenheitsfällen eine Kompetenz des übergeordneten Gerichts zur Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht in analoger Anwendung der die Gerichtsstruktur regelnden Bestimmungen der StPO (insb §§ 38, 39 Abs 1, 215 Abs 4 StPO; vgl 12 Ns 30/10y) nur dann in Betracht, wenn die Wahrnehmung der Bezeichnungspflicht im Sinn des § 45 Abs 2 dritter Satz StPO (allein) an der Ausgeschlossenheit der Richter des betroffenen Gerichts scheitert (vgl Lässig , WK StPO § 45 Rz 10; vgl auch die RIS Justiz RS0125943 zugrunde liegenden Fallkonstellationen).

Davon ist aber der (vorliegende) Fall zu unterscheiden, dass trotz Vorhandenseins weiterer nicht als ausgeschlossen erkannter Mitglieder des betroffenen Gerichts „der Richter (...), dem die Sache übertragen wird“, (nur) deshalb nicht bezeichnet werden kann, weil die maßgebliche Geschäftsverteilung hinter den gesetzlichen Vorgaben der Bestellung einer ausreichenden Zahl von Vertretern (§§ 26 Abs 4, 33 Abs 1 GOG; vgl auch Piska , B VG Art 87/3 Rz 24 mit Hinweis auf die bei gewöhnlichem Lauf der Dinge voraussehbaren Verhinderungen einzelner Richter) zurückbleibt. Insoweit kommt mit Blick auf Art 83 Abs 2 B VG und dem Erfordernis strikter Auslegung von Delegierungsbestimmungen (vgl Nordmeyer , WK StPO § 28 Rz 2; Oshidari , WK StPO § 39 Rz 3) eine Zuständigkeitsübertragung an ein anderes Gericht durch das übergeordnete Gericht nicht in Betracht. Vielmehr tritt an die Stelle der Bezeichnungspflicht des § 45 Abs 2 dritter Satz StPO (durch den auf Ausschließung Erkennenden) eine entsprechende Beschlussfassung durch den Personalsenat (vgl auch § 27a GOG).