JudikaturJustiz12Ns59/19a

12Ns59/19a – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Oktober 2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Oktober 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski, Dr. Brenner und Dr. Setz-Hummel in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Jukic als Schriftführerin in der Strafsache gegen Magarbi I***** wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB in dem zu AZ 7 U 180/19b, 211/19m des Bezirksgerichts Leopoldstadt und zu AZ 29 U 214/19k des Bezirksgerichts Salzburg geführten Zuständigkeitsstreit nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Zur Führung des Strafverfahrens ist das Bezirksgericht Salzburg zuständig.

Text

Gründe:

Mit am 5. Juli 2019 beim Bezirksgericht Leopoldstadt eingebrachtem Strafantrag (ON 1 S 2, ON 7) legte die Staatsanwaltschaft Linz Magarbi I***** ein als Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StPO subsumiertes Verhalten zur Last, welches er von 1. Dezember 2013 bis 31. Mai 2019 in Wien, Salzburg und Linz gesetzt haben soll.

Das Bezirksgericht Leopoldstadt erachtete sich als örtlich unzuständig und überwies das Verfahren mit dem Hinweis, der Angeklagte sei laut Auskunft aus dem Zentralen Melderegister seit 21. August 2017 in Salzburg wohnhaft, dem Bezirksgericht Salzburg (ON 1 S 2).

Dieses bezweifelte nach Durchführung ergänzender Aufenthaltserhebungen ebenfalls seine örtliche Zuständigkeit und verfügte – verfehlt (statt vieler 13 Ns 12/15s; Oshidari , WK-StPO § 38 Rz 18) – die „Rückabtretung“ des Verfahrens an das Bezirksgericht Leopoldstadt, weil der Angeklagte „in den Jahren 2013 bis 2015, damit auch zu Beginn des laut Strafantrag ON 7 inkriminierten Zeitraums, in Wien“ gewohnt habe (ON 1 S 5).

Das Bezirksgericht Leopoldstadt legte den Akt schließlich – zunächst verfehlt im Weg des Oberlandesgerichts Wien (vgl 14 Ns 67/17i uva; Oshidari , WK-StPO § 38 Rz 13) – dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den Zuständigkeitsstreit vor (§ 38 dritter Satz StPO).

Rechtliche Beurteilung

Dieser hat erwogen:

Für das Hauptverfahren ist gemäß § 36 Abs 3 erster Satz StPO primär das Gericht zuständig, in dessen Sprengel die Straftat ausgeführt wurde oder ausgeführt werden sollte. Beim Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB ist dies jener Ort, an dem der Unterhaltspflichtige die Unterhaltszahlungen leisten soll, demnach – soweit vorhanden – dessen Wohnsitz. Weil es sich bei diesem Vergehen um ein Dauerdelikt handelt, bewirkt jeder Wohnsitzwechsel innerhalb des Tatzeitraums eine Tatortzuständigkeit. In einem solchen Fall bildet aber das frühere kriminelle Handeln den aus dem Gesetz (§ 37 Abs 2 zweiter Satz StPO) ableitbaren Anknüpfungspunkt für die örtliche Zuständigkeit (vgl RIS-Justiz RS0091802 [T2, T3], RS00127231 [T2, T3]).

Nach der bisherigen Aktenlage ( Oshidari , WK StPO § 38 Rz 2/1) hat der Angeklagte von 2013 bis 2015 „in Wien“ gewohnt, wobei eine für die Zuordnung zu einem Bezirksgerichtssprengel in Wien erforderliche Adresse (zur mangelnden Anknüpfbarkeit bei einem „jedenfalls in Wien“ gelegenen Tatort vgl Oshidari , WK-StPO § 36 Rz 6) nicht bekannt ist. In den Jahren 2016 und 2017 habe sich Magarbi I***** seinen eigenen Angaben zufolge im Ausland aufgehalten; ab 21. August 2017 sei er wieder in Salzburg wohnhaft gewesen (vgl ON 3, ON 10 S 3).

Daraus ergibt sich, dass das früheste und einem bestimmten Tatort zuordenbare strafbare Verhalten im Sprengel des Bezirksgerichts Salzburg gesetzt wurde, sodass dieses Gericht – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – für die Führung des Strafverfahrens zuständig ist.

Bleibt nur der Vollständigkeit halber anzumerken, dass der (frühere) ausländische Wohnsitz des Angeklagten in den Jahren 2016 und 2017 für die Frage der örtlichen Zuständigkeit keine Rolle spielt. Ein solcher wäre nur dann von Relevanz, wenn er sich über den gesamten Tatzeitraum erstreckt hätte (vgl 14 Ns 67/17i).