JudikaturJustiz11Os27/04

11Os27/04 – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. Mai 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Mai 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Pröstler-Zehetmaier als Schriftführer, in der Strafsache gegen Ivanka O***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 27. November 2003, GZ 433 Hv 3/03x-80, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Ivanka O***** des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt, weil sie in der Nacht vom 9. auf den 10. Mai 2003 in Wien Djuro O***** dadurch getötet hat, dass sie mit einem schweren Bleikristallaschenbecher mehrmals auf seinen Kopf einschlug, ihn würgte, ihm den Mund zuhielt und ihm mehrere Fußtritte gegen Bauch- und Brustbereich versetzte.

Die Geschworenen bejahten die (anklagekonforme) Hauptfrage A nach dem Verbrechen des Mordes stimmenmehrheitlich; die Eventualfrage I nach dem Verbrechen des Totschlages (§ 76 StGB) blieb demgemäß unbeantwortet.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft die Angeklagte mit einer ausschließlich auf die Z 5 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch aus den in der Stellungnahme der Generalprokuratur zutreffend aufgezeigten Gründen, denen sich der Oberste Gerichtshof anschließt, keine Berechtigung zukommt:

Der Verfahrensrüge (Z 5) zuwider wurde der Antrag auf "Ergänzung des Sachverständigen-Gutachtens Prim. Dr. P***** unter Vorspielung des Videos" über eine am 26. Mai 2003 unter Beteiligung der Beschwerdeführerin vorgenommene Tatrekonstruktion (S 155/I), mit welcher der Beweis erbracht werden sollte, dass sie "in einer extremen zorn- und haßerfüllten Erregung war" (S 319 f/II), im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Dem Beweisantrag mangelt es an einer substantiierten Begründung, warum sich aus der Videoaufzeichnung, deren Beweiserheblichkeit durch die Angeklagte selbst relativiert wurde (S 313/II: "es war nicht alles so, ich habe nicht so viel geschlagen") für die hier thematisierten Feststellungen zur subjektiven Tatseite Wesentliches ergeben sollte. Eine entsprechende Begründung wäre im Besonderen deshalb geboten gewesen, weil zwischen den angelasteten Tathandlungen und deren Rekonstruktion eine Zeitspanne von 16-17 Tagen" (S 313 f/II) liegt und die Beschwerdeführerin auch noch angab, "nervös", "verloren" und "zornig" gewesen zu sein, als die Polizeibeamten sie "da hingebracht haben, damit ich ihnen das zeige" (S 313/II).

Im Übrigen verwiesen die Tatrichter in ihrem Zwischenerkenntnis (S 321) zutreffend darauf, dass der Sachverständige Dr. P***** in seinem Gutachten ohnehin eine "gewisse affektive Beeinträchtigung (zornmütige Erregung)" der Beschwerdeführer im Tatzeitpunkt bestätigte, diese aber ausgehend von einem mehr oder weniger ungetrübten Erinnerungsfeld an die inkriminierten Vorfälle nicht als gemütsmäßige Beeinträchtigung im Sinne einer seelischen Störung interpretierte, den Affekt als nicht besonders groß bezeichnete und das Vorliegen einer schweren Beeinträchtigung des Gemütszustandes sowie eine Veränderung der Steuerungsfähigkeit verneinte (S 49 iVm S 301 f/jeweils Band II). Bei der allgemeinen Begreiflichkeit eines Affekts hinwieder handelt es sich um eine von den Geschworenen zu lösende Rechtsfrage (Moos in WK2 § 76 Rz 26).

Die sonstigen in der Beschwerde nachgetragenen Erwägungen gehen fehl, weil bei Prüfung der Berechtigung des Antrages stets von der Verfahrenslage zum Zeitpunkt der Entscheidung darüber und den dazu vorgebrachten Gründen auszugehen ist.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.