JudikaturJustiz11Os136/00

11Os136/00 – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Januar 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Jänner 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krische als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Martin W***** wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 8. Mai 2000, GZ 40 Vr 1514/99-18, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Strafsache an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Martin W***** des Vergehens der pornographischen Darstellungen mit Unmündigen nach § 207a Abs 1 Z 1 erster Fall StGB schuldig erkannt, weil er im März 1999 in Hallein die bildliche Darstellung einer geschlechtlichen Handlung an einer unmündigen Person, nämlich ein Foto, auf dem seine am 24. Februar 1993 geborene Tochter Marlene Sch***** mit den Händen ihre Pobacken so auseinanderzieht, dass Anal- und Genitalbereich entblößt werden, hergestellt hat.

Dass der Angeklagte seine Tochter zu dieser Pose veranlasst hatte (oder selbst sexuell motiviert war), was ihm in der Anklage als Verbrechen des sexuellen Missbrauchs einer Unmündigen und des Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach §§ 207 Abs 1 und 212 Abs 1 StGB angelastet wurde, wurde vom Erstgericht verneint.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Schuldspruch richtet sich die auf die Gründe der Z 4, 5, 5a, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der auch den Strafausspruch mit Berufung bekämpft.

Schon der Rechtsrüge (Z 9 lit a) kommt Berechtigung zu.

Die mit der StGB-Novelle 1994 eingeführte und 1996 verschärfte Bestimmung des § 207a StGB zielt durch ein möglichst umfassendes Verbot der Herstellung und des Umgangs mit Kinderpornographie (und der dadurch angestrebten Eindämmung der Nachfrage) - ergänzend zu §§ 206 f StGB - auf den Schutz der sexuellen Integrität jener Unmündigen ab, welche als Darsteller in Betracht kommen (Kienapfel BT III § 207a RN 4). Demgemäß stellt § 207a StGB ua die Produktion der bildlichen Darstellung einer geschlechtlichen Handlung an einem Unmündigen oder einer unmündigen Person an sich selbst unter Strafe, wobei der sich aus den Umständen ergebende Eindruck eines realen (Missbrauchs )Geschehens ausreicht.

Eine geschlechtliche Handlung ist die nicht bloß flüchtige, sexualbezogene Berührung unmittelbar geschlechtsspezifischer Körperpartien des Opfers oder des Täters mit dem Körper des (jeweils) anderen (Kienapfel BT III Vorbem §§ 201 ff RN 28 ff mit Literatur- und Judikaturnachweis), einem Tier oder einem Gegenstand. Soweit, wie in § 207a Abs 1 StGB, von geschlechtlichen Handlungen am eigenen Körper (" ...an sich selbst") die Rede ist, liegt eine solche nicht schon bei einer Berührung des eigenen Geschlechtsteils, sondern erst bei einer sexual sinnbezogenen Manipulation an diesem (Masturbation) vor (vgl Kienapfel aaO RN 34).

Der Tatbestand des § 207a StGB erfordert, dass die bildliche Darstellung zumindest den Eindruck vermittelt, es sei bei ihrer Herstellung tatsächlich zum Missbrauch eines Unmündigen durch die Vornahme einer geschlechtlichen Handlung gekommen (wofür eine auch pornographische Nacktaufnahme nicht hinreicht). Ob dieser Eindruck erweckt wird, ist Tatfrage, für welche, sofern sich die geschlechtliche Handlung nicht unmittelbar aus der Darstellung selbst ergibt (zB Beischlaf), Feststellungen über die Art der geschlechtlichen Handlung nötig sind.

Vorliegendenfalls fehlt es an solchen Konstatierungen zur Gänze. Die unsubstantiierte Behauptung, dass es "bei Herstellung der Bilder zu einer geschlechtlichen Handlung an der Unmündigen gekommen ist" (US 3, 6), reicht dafür nicht hin. Der damit von der Beschwerde im Ergebnis zutreffend aufgezeigte Feststellungsmangel erzwingt die Aufhebung des Schuldspruchs und die Anordnung einer Verfahrenserneuerung.

Aber auch der Mängelrüge (Z 5) kommt, soweit sie eine fehlende Begründung zur subjektiven Tatseite reklamiert, Berechtigung zu.

Der Nichtigkeitsbeschwerde war daher, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war, bereits aus den aufgezeigten Gründen in nichtöffentlicher Sitzung Folge zu geben (§ 285e StPO) und wie im Spruch zu entscheiden.