JudikaturJustiz11Os126/05x

11Os126/05x – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. Dezember 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Dezember 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Eck als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Stefan G***** und andere Angeklagte wegen mehrerer Verbrechen der Schlepperei nach § 104 Abs 1, Abs 3 erster und zweiter Fall und Abs 5 FrG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Stefan G***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 8. September 2005, GZ 11 Hv 144/05f-237, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Stefan G***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch rechtskräftige Schuldsprüche anderer Angeklagter enthaltenden Urteil wurde Stefan G***** des Verbrechens der kriminellen Organisation nach § 278a StGB (I 1) sowie mehrerer Verbrechen der vollendeten und der versuchten Schlepperei nach § 104 Abs 1, Abs 3 erster und zweiter Fall und Abs 5 FrG und § 15 StGB (II 1) schuldig erkannt.

Danach hat er jedenfalls seit dem Jahresende 2003

I 1) sich an einer auf längere Zeit angelegten unternehmensähnlichen Verbindung einer größeren Zahl von Personen, die auf die wiederkehrende und geplante Begehung schwerwiegender strafbarer Handlungen im Bereich der Schlepperei ausgerichtet ist, die dadurch eine Bereicherung in großem Umfang anstrebt, die sich durch die Verwendung von Wertkartenmobiltelefonen sowie den ständigen Wechsel dieser und durch die Verwendung von sog Codenamen gegen Strafverfolgungsmaßnahmen abzuschirmen sucht und die streng hierarchisch gegliedert arbeitsteilig über Moldawien, Ungarn sowie die Slowakei in den Raum der Europäischen Union, insbesonders auch nach Österreich operativ tätig ist, durch die im Schuldspruch II dargestellten Tätigkeiten als Mitglied beteiligt und II 1) entlang der ungarisch/burgenländischen Grenze, in Wien sowie an anderen Orten fortgesetzt in mehrfachen - im Urteilstenor nach Tatzeiten und Anzahl der geschleppten Personen spezifizierten - Tathandlungen gewerbsmäßig die rechtswidrige Einreise vorwiegend aus Moldawien stammender Fremder in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union mit dem Vorsatz gefördert, dass dies gegen einen Vermögensvorteil zwischen 1.200 Euro und 3.500 Euro für die Verbringung von Moldawien nach Österreich sowie zusätzlich von 300 Euro bis 600 Euro für die Weiterverbringung in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union geschieht, indem er als Bereichsleiter für Österreich, sohin als führend tätiges Mitglied der zum Schuldspruch I beschriebenen kriminellen Organisation, die Übernahme der geschleppten Personen in Österreich und im weiteren Raum der Europäischen Union organisiert, für deren zwischenzeitige Unterbringung in Österreich gesorgt und die Auszahlung des Schlepperlohns für die ihm nachgeordneten Organisatoren veranlasst hat, wobei es in einem Teil der Fälle beim Versuch geblieben ist.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Stefan G***** geht fehl. Soweit die Mängelrüge (Z 5) mit Blick auf die Qualifikationsnorm des § 104 Abs 5 FrG die Feststellungen zur führenden Beteiligung des Beschwerdeführers an der kriminellen Organisation als in sich widersprüchlich bezeichnet, schlägt sie fehl, weil die Konstatierung, ein Organisator in gehobener Position habe pro geschleppter Person „bis zu" 500 Euro erhalten (US 9), der Feststellung, der Beschwerdeführer sei für derartige Tätigkeiten mit „ca" 200 Euro entlohnt worden (US 10), nicht widerspricht.

Der Einwand, die Bestimmung des § 104 Abs 5 FrG verlange eine „Anordnungsgewalt ohne Einschränkung" (inhaltlich Z 10) lässt die Ableitung aus dem Gesetz und solcherart die prozessordnungsgemäße Darstellung des (der Sache nach) herangezogenen Nichtigkeitsgrundes vermissen. Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass sich in einer Verbindung führend betätigt, wer anderen Mitgliedern gegenüber anordnungsbefugt ist (vgl Ebner in WK² § 33 Rz 16), wobei die Weisungskompetenz nicht umfassend sein muss, sondern auch auf einen Teilbereich beschränkt sein kann, sofern dieser - wie hier - in Relation zum Gesamtgefüge als maßgebend einzustufen ist (vgl Foregger in WK² § 246 Rz 11).

Mit dem Argument, die Unterbringung geschleppter Personen in der eigenen Wohnung sei ganz untypisch für einen iS des § 104 Abs 5 FrG führend Beteiligten, bekämpft die Beschwerde nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise die tatrichterliche Beweiswürdigung. Das Vorbringen, „aus dem Akteninhalt und den abgehörten Telefonaten" ergäbe sich, dass dem Beschwerdeführer innerhalb der Organisation nur eine untergeordnete Rolle zugekommen sei, entzieht sich mangels Bezugnahme auf konkrete Verfahrensergebnisse einer inhaltlichen Erwiderung.

Mit dem Einwand der Sanktionsrüge (Z 11), das Erstgericht habe den Milderungsgründen des § 34 Abs 1 Z 2 und Z 17 StGB zu wenig Gewicht beigemessen, wird eine aus Z 11 beachtliche Gesetzesverletzung inhaltlich nicht einmal behauptet.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.