JudikaturJustiz11Os124/85

11Os124/85 – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. September 1985

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23.September 1985 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Schneider (Berichterstatter), Dr. Friedrich und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Wolf als Schriftführerin in der Strafsache gegen Karl A wegen des Vergehens nach dem § 1 Abs 1 lit c PornG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Jugendschöffengerichtes vom 7.März 1985, GZ 4 Vr 3.565/84-8, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Kodek, und des Verteidigers Dr. Rath, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß die Anzahl der Tagessätze auf 60 (sechzig) und demgemäß die Ersatzfreiheitsstrafe auf 30 (dreißig) Tage herabgesetzt wird. Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 5.November 1941 geborene Kaffeehauspächter Karl A des Vergehens nach dem § 1 Abs 1 lit c PornG schuldig erkannt, weil er am 19.September 1984 in Graz im Cafe 'BACCARA' in gewinnsüchtiger Absicht unzüchtige Laufbilder, nämlich einen Videofilm 'Mary-Mary', der Darstellungen zweier Frauen, die sich gegenseitig die Geschlechtsteile betasten und mit der Zunge lecken, somit intensives gleichgeschlechtliches Unzuchtstreiben zeigte, Gästen des vorgenannten Lokals vorführte (richtig: vorführen ließ).

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 Z. 5 sowie 9 lit a und b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

In der Mängelrüge (Z. 5) bringt er zunächst vor, das angefochtene Urteil sei undeutlich, weil es nicht erkennen lasse, was Feststellung und was lediglich Wiedergabe der Verantwortung des Beschwerdeführers sei. Abgesehen davon, daß dieser Vorwurf schon deshalb versagt, weil in dem angefochtenen Urteil entgegen den Beschwerdebehauptungen die Feststellungen und die Wiedergabe der Verantwortung des Angeklagten - im Rahmen der Beweiswürdigung - deutlich getrennt sind, ist das darauf bezugnehmende Beschwerdevorbringen einer näheren Erörterung auch deswegen nicht zugänglich, weil ihm nicht zu entnehmen ist, welche entscheidenden Tatsachen der behauptete Mangel betreffen soll. Soweit sich jedoch der Beschwerdeführer dagegen wendet, daß das Schöffengericht seine - die Kenntnis des Inhalts des vorgeführten Films - leugnende Verantwortung auf Grund der Angaben der beiden zeugenschaftlich vernommenen Polizeibeamten (sie hätten ihn wiederholt über das Wesen 'harter Pornographie' aufgeklärt und dennoch immer wieder Mitteilungen erhalten, daß er derartige Filme vorführe) für widerlegt hielt, bekämpft er lediglich auf eine im Nichtigkeitsverfahren unzulässige Weise die Beweiswürdigung des Erstgerichtes. Dieses Gericht leitete nämlich im Einklang mit den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung aus den Bekundungen der beiden Zeugen über die wiederholte Belehrung ab, der Angeklagte habe entweder den Inhalt des Films gekannt oder zumindest eine überprüfung absichtlich unterlassen, dabei jedoch den unzüchtigen Inhalt für möglich gehalten und sich damit abgefunden (S. 49). In der (undifferenziert auf den § 281 Abs 1 Z. 9 StPO gestützten) Rechtsrüge spricht sich der Beschwerdeführer der Sache nach in Ausführung des Nichtigkeitsgrundes der Z. 9 lit a leg. cit. zunächst gegen die Beurteilung des vorgeführten Films als unzüchtig aus, weil der Begriff harter Pornographie im heutigen Verständnis, das von größerer Toleranz gegenüber Szenen gekennzeichnet sei, die früher als anstößig empfunden wurden, nicht die Darstellung weiblicher gleichgeschlechtlicher Betätigung umfasse. Dazu genügt es, auf die in der Entscheidung eines verstärkten

Senates des Obersten Gerichtshofes (LSK 1977/254, 255 =

EvBl 1977/186 = RZ 1977/95) vertretene und näher begründete

Rechtsansicht hinzuweisen, daß unter anderem auch (anreißerisch verzerrte, von Zusammenhängen mit anderen Lebensäußerungen gelöste, auf sich selbst reduzierte) Darstellungen gleichgeschlechtlicher Unzuchtsakte (seien es männliche oder weibliche) absolut unzüchtig (sogenannte harte Pornographie) sind: Daß der Gesetzgeber weibliche Homosexualität ungeachtet ihrer Straflosigkeit mißbilligt, kommt deutlich im Werbungsverbot d s § 220 StGB zum Ausdruck. Während aber zur Erfüllung dieses Tatbestandes Aufforderung oder Gutheißen dieser Art von Unzucht gefordert wird, ist eine propagandistische Wirkung im Sinn einer Massenbeeinflussung und der Eignung, eine zur gleichgeschlechtlichen Unzucht anregende Wirkung zu erzielen, wie sie der Beschwerdeführer verlangt, für das Vergehen nach § 1 PornG

nach herrschender Rechtsprechung nicht notwendig (SSt. 51/51 =

EvBl 1981/52 = LSK 1981/32 !verst. Senat).

Angesichts der Urteilsfeststellungen über den Inhalt des Films ist sohin der rechtlichen Beurteilung durch das Erstgericht als unzüchtig beizupflichten: Die Einstellung der Betrachter zum vorgeführten Film hat im Bereich absolut verpönter Pornographie für die Erfüllung des Tatbestands nichts zu besagen.

Zu Unrecht bestreitet der Beschwerdeführer aber auch die subjektive Tatseite des ihm angelasteten Vergehens mit der Begründung, daß er den Film von einer Verleihfirma gegen Entgelt bezogen habe und daher annehmen hätte können, nicht gegen gesetzliche Vorschriften zu verstoßen. Die Begehung der Tat auf eine Weise, die den gesetzlichen Merkmalen vorsätzlichen Handelns entspricht, wurde nämlich vom Erstgericht mängelfrei festgestellt, sodaß die dies negierenden Beschwerdeausführungen eine materielle Urteilsnichtigkeit nicht prozeßordnungsgemäß darstellen; unterlassen sie es doch, die Urteilsfeststellungen mit dem darauf anzuwendenden Gesetz zu vergleichen. Statt dessen ziehen sie willkürlich die eigene Verantwortung des Angeklagten als Argumentationsbasis heran. Wie das Erstgericht richtig erkannte, kann bedingter böser Vorsatz beim Delikt nach dem § 1 PornG auch schon darin zum Ausdruck kommen, daß der Täter die überprüfung der Ware vorsätzlich unterläßt, dabei jedoch mit ihrem unzüchtigen Charakter rechnet (Leukauf-Steininger a.a.O. ENr. 78, 79). Eben dies wurde im vorliegenden Fall als erwiesen angenommen.

Soweit derpneschwerdeführer der Sache nach in Ausführung des Nichtigkeitsgrundes nach dem § 281 Abs 1 Z. 9 lit b StPO schließlich die Meinung vertritt, es wäre der § 42 StGB hier anwendbar, ist ihm zu entgegnen, daß es an einer der Voraussetzungen der Z. 3 des § 42 Abs 1 StGB mangelt. Denn die festgestellte Mißachtung wiederholter Warnungen der Polizeibeamten vor Verstößen gegen das Pornographiegesetz zeigt, daß die Bestrafung des Angeklagten geboten ist, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher, dem Antrag der Generalprokuratur entsprechend, zu verwerfen.

Das Landesgericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 1 Abs 2 PornG unter Anwendung des § 37 StGB eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 200 S, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe von 45 Tagen. Es wertete bei der Strafbemessung die Unbescholtenheit des Angeklagten und die Tatbegehung nicht mit direktem, sondern (nur) mit bedingtem Vorsatz als mildernd; einen Erschwerungsumstand nahm das Erstgericht nicht an.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte unter Hinweis auf das Gewicht der Milderungsgründe die Reduzierung der Anzahl der Tagessätze und unter Bezugnahme auf die 'erstmalige Anklageerhebung' gegen ihn (ersichtlich gemeint: die erstmalige strafgerichtliche Verurteilung) die Gewährung bedingter Strafnachsicht an. Diesem Rechtsmittel kommt teilweise, nämlich insoweit Berechtigung zu, als der Rechtsmittelwerber auf die Reduzierung der Tagessätze abzielt.

Berücksichtigt man nämlich auf der Grundlage der vom Erstgericht zutreffend angenommenen Strafzumessungsgründe, daß den Gegenstand des Schuldspruches die Vorführung lediglich eines (einzigen) pornographischen Filmes bildet, erweist sich die Verhängung einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen als angemessen. In diesem Sinn wurde der Berufung Berechtigung zuerkannt. Damit reduziert sich die Ersatzfreiheitsstrafe auf 30 Tage (§ 19 Abs 3 StGB). Dem weiteren Begehren um Gewährung bedingter Strafnachsicht (§ 43 Abs 1 StGB) konnte nicht entsprochen werden, weil im vorliegenden Fall spezialpräventive Gründe gegen die Effizienz einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe sprechen.

Die Kostenentscheidung basiert auf der im Urteilsspruch zitierten Gesetzesstelle.

Rechtssätze
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