JudikaturJustiz11Os124/13i

11Os124/13i – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. November 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. November 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Ostojic als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Georg S***** und andere wegen des Verbrechens der kriminellen Organisation nach § 278a StGB, AZ 1 St 102/12z der Staatsanwaltschaft Graz, über die „Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes“ des Gerhard R***** und über dessen Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a Abs 1 StPO in Bezug auf den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 23. August 2013, AZ 18 Bl 2/13t, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die „Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes“ und der Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens werden zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 23. August 2013, AZ 18 Bl 2/13t, wurde der Antrag des Gerhard R***** auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung eines Fortführungsantrags in Bezug auf das von der Staatsanwaltschaft Graz am 15. Jänner 2013 gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellte Ermittlungsverfahren gegen Georg S***** und andere Beschuldigte zurückgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen „regt“ Gerhard R***** in einem direkt beim Obersten Gerichtshof eingebrachten Schriftsatz die Erhebung einer „Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes“ an und stellt gleichzeitig einen Antrag auf Erneuerung des Verfahrens, weil er in seinen Rechten nach Art 6 MRK beeinträchtigt worden sei.

Beide Eingaben waren als unzulässig zurückzuweisen.

Zur Erhebung einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes ist wie der Einschreiter selbst vorbringt ausschließlich die Generalprokuratur berechtigt (§ 23 Abs 1 StPO).

Ebenso wenig ist er als Opfer im Sinn des § 65 StPO in dieser Eigenschaft zu einer Antragstellung nach § 363a StPO legitimiert (RIS Justiz RS0126446).

Der Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens war somit in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, die im Übrigen weder zur Erhebung einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes noch zu einem Antrag auf außerordentliche Wiederaufnahme des Strafverfahrens Veranlassung sah, jedoch entgegen der hiezu von Gerhard R***** erstatteten Äußerung bereits bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 363b Abs 2 Z 2 StPO).

Die darüber hinaus begehrte Entscheidung über die Wiederaufnahme des Strafverfahrens oder eine Delegierung des Strafverfahrens an eine andere Staatsanwaltschaft fällt nicht in die Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs.

Rechtssätze
1
  • RS0126446OGH Rechtssatz

    29. September 2021·3 Entscheidungen

    Die von § 363b Abs 2 Z 1 StPO genannte, in der Unterschrift eines Verteidigers bestehende Zulässigkeitsvoraussetzung hat den Obersten Gerichtshof - mit Blick auf das bloß zwischen Anklägern und Beschuldigten (§ 38 Abs 3 StPO idF vor BGBl I 2004/19) differenzierende Verständnis des (von der Anpassungsgesetzgebung an das StPRefG unberührt gebliebenen) Erneuerungsverfahrens - dazu veranlasst, Grundrechtsschutz nach § 363a StPO unter dem Aspekt als verletzt reklamierter Anklägerinteressen zu verneinen. Ankläger (zu denen neben Privatanklägern, Subsidiaranklägern und Privatbeteiligten etwa auch Antragsteller nach §§ 6 bis 7c und 9 f MedienG zählen) sind nicht antragslegitimiert, weil diese sich selbst nach dem Verständnis des historischen Gesetzgebers (BGBl 1996/762) keines Verteidigers bedienen konnten (§ 39 StPO idF vor BGBl I 2004/19). Personen, die als Ankläger von einer Grundrechtsverletzung betroffen sind, sollte unter dem Aspekt innerstaatlicher Umsetzung von Urteilen des EGMR (Art 46 MRK; zur nachträglich erkannten Lücke aufgrund veränderter Normsituation vgl 13 Os 135/06m, EvBl 2007/154, 832) kein Recht auf Neudurchführung von strafgerichtlichen Verfahren eingeräumt werden (vgl RIS-Justiz RS0123644). Angesichts der vom historischen Gesetzgeber intendierten, weiterhin systemkonformen Schutzrichtung gilt nichts anderes für Opfer (§ 65 StPO) in dieser Eigenschaft. Deren Interesse wird durch die Zulässigkeit von Fortführungsanträgen (§ 195 StPO) ausreichend geschützt. Für andere von strafgerichtlicher Grundrechtsverletzung im vorstehend definierten Sinn Betroffene gelten diese Überlegungen jedoch nicht. Sie gelten auch nicht in Betreff des hier reklamierten Grundrechtsschutzes Dritter (vgl bereits 13 Os 162/07h, EvBl-LS 2008/31, 189; 14 Os 160/07x), für welche das Erfordernis der Verteidigerunterschrift demnach mit der Maßgabe gilt, dass von ihnen gestellte Anträge der Unterschrift einer im Sinn des § 48 Abs 1 Z 4 StPO zur Verteidigung befähigten Person bedürfen.