JudikaturJustiz10Os4/79

10Os4/79 – OGH Entscheidung

Entscheidung
31. Januar 1979

Kopf

Der Oberste Gerichshof hat am 31.Jänner 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Racek und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, Dr. Bernardini, Dr. Friedrich und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Brachtel als Schriftführerin in der Strafsache gegen Johann A wegen der Übertretung nach § 36 Abs 1 lit a WaffenG. über die von der Generalprokuratur gegen die Verfügungen des Strafbezirksgerichts Wien vom 16.Februar 1978 und 14.Juni 1978, AZ. 15 U 2502/73, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Karollus, zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache gegen Johann A wegen der Übertretung nach § 36 Abs 1 lit a WaffenG., AZ. 15 U 2502/73

des Strafbezirksgerichtes Wien, verletzen die am 16.Februar 1978 nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens durch Strafverfügung vom 18.Dezember 1973, GZ. 15 U 2502/73-2, ohne bezüglichen Verfallsausspruch getroffene Anordnung der Sicherstellung der in der Strafverfügung angeführten Faustfeuerwaffe und die zu Punkt 2 der Verfügung vom 14.Juni 1978, ohne daß auf Grund des auf Einziehung der Waffe gemäß § 26 StGB. lautenden Antrages des Bezirksanwalts beim Strafbezirksgericht Wien vom 29.März 1978 das im § 445 StPO. vorgesehene selbständige Verfahren eingeleitet und über diesen Antrag entschieden worden war, getroffene Anordnung der Versteigerung der Waffe samt Munition das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 408 Abs 1 und 445 StPO.

Die richterliche Verfügung vom 16.Februar 1978 und Punkt 2 der richterlichen Verfügung vom 14.Juni 1978 werden aufgehoben. Der Antrag des Bezirksanwalts beim Strafbezirksgericht Wien vom 29. März 1978 auf Einziehung der Waffe gemäß § 26 StGB. wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Mit Strafverfügung des Strafbezirksgerichts Wien vom 18.Dezember 1973, GZ. 15 U 2502/73-2, wurde der Vertragsbedienstete Johann A wegen der Übertretung nach § 36 Abs 1 lit a WaffenG., begangen durch den unbefugten Besitz einer Faustfeuerwaffe Marke 'Ortgies Patent' Kal. 7,65 mm, zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Passus 'Gemäß § 39 WaffenG. wird der Verfall von obgenannter Waffe ausgesprochen' war in der Urschrift der Strafverfügung vom Richter durchgestrichen worden, scheint aber infolge eines Versehens in der dem Beschuldigten Johann A zugestellten Ausfertigung der Strafverfügung auf (S. 65).

Die Waffe, die nicht in Beschlag genommen und nicht in behördlicher Verwahrung gewesen war, verblieb im Besitz des Johann A, der für die Pistole am 15.Mai 1974

von der Bundespolizeidirektion Wien eine Waffenbesitzkarte ausgestellt erhielt.

In einem Schreiben an den Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 21.November 1977 wies der Präsident des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien darauf hin, daß Johann A nach eigenen Angaben noch immer die seinerzeit für verfallen erklärte Pistole besitze. Eine Ablichtung dieses Schreibens wurde vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien am 24.November 1977 dem Strafbezirksgericht Wien mit dem Ersuchen um eheste weitere Veranlassung übermittelt, worauf der Richter des Strafbezirksgerichts Wien am 16.Februar 1978 die Sicherstellung der in der Strafverfügung angeführten Faustfeuerwaffe und deren Übergabe an die Verwahrungsstelle des Strafbezirksgerichts Wien verfügte.

Nachdem die Waffe und die dazugehärige Munition am 6.März 1978 polizeilich sichergestellt worden waren, beantragte am 29.März 1978 der Bezirksanwalt beim Strafbezirksgericht Wien die Einziehung der Waffe gemäß § 26

StGB. Ohne über diesen Antrag entschieden zu haben, ordnete der Richter mit Verfügung vom 14.Juni 1978 die Versteigerung der Depositen an. Am 9.Oktober 1978 wurden Waffe und Patronen in der Gerichtlichen Auktionshalle versteigert.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Strafbezirksgericht Wien getroffenen Anordnungen betreffend die Sicherstellung der in der Strafverfügung angeführten Faustfeuerwaffe und die Versteigerung der Pistole stehen mit dem Gesetz nicht in Einklang.

Zwar wäre gemäß § 39 Abs 1 lit a WaffenG. in der bis zur WaffenGNov. 1975 geltenden Fassung die den Gegenstand einer nach § 36 WaffenG. strafbaren Handlung bildende, dem Beschuldigten Johann A gehörende Pistole für verfallen zu erklären gewesen und es sind gemäß § 408 Abs 1 StPO Gegenstände, deren Verfall oder Einziehung ausgesprochen worden ist und die sich nicht bereits in gerichtlicher Verwahrung befinden, vom Verurteilten oder einem anderen Inhaber abzufordern, ihm nötigenfalls zwangsweise abzunehmen. Mangels eines bezüglichen Verfallserkenntnisses entbehrten jedoch die vorliegend vom Richter des Strafbezirksgerichts Wien am 16. Februar 1978 verfügte Sicherstellung und die am 14.Juni 1978 - ohne daß über den auf Einziehung der Waffe gemäß § 26 StGB lautenden Antrag des Bezirksanwalts vom 29.März 1978 das im § 445 StPO vorgesehene selbständige Verfahren eingeleitet und über diesen Antrag entschieden worden war - getroffene Anordnung der Versteigerung der Waffe (und Munition) einer rechtlichen Grundlage. Allerdings hätte eine Einziehung der Waffe gar nicht mehr stattfinden können, weil einer solchen Maßnahme die Rechtskraftwirkung der Strafverfügung entgegengestanden wäre und Johann A zudem im Jahre 1974 eine Waffenbesitzkarte ausgestellt erhalten hatte.

Die erwähnten Verfügungen des Strafbezirksgerichts Wien vom 16. Februar und vom 14.Juni 1978 verstoßen daher gegen die Bestimmungen der §§ 408 Abs 1 und 445 StPO., wobei die betreffenden Gesetzesverletzungen dem Verurteilten zum Nachteil gereichen. Der von der Generalprokuratur gemäß § 33 Abs 2 StPO. erhobenen Beschwerde war daher stattzugeben und gemäß § 292 StPO. wie eingangs zu erkennen.