JudikaturJustiz10ObS93/97t

10ObS93/97t – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. März 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer, Dr.Ehmayr sowie die fachkundigen Laienrichter Mag.Werner Dietschy aus dem Kreis der Arbeitgeber Dr.Anton Wladar aus dem Kreis der Arbeitnehmer als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Gerhard M*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Klaus Fürlinger, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, Gruberstraße 77, 4020 Linz, vertreten durch Mag.Markus Hager und Mag.Hans Teuchtmann, Rechtsanwälte in Linz, wegen Krankengeld, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5.Dezember 1996, GZ 11 Rs 197/96m-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 22.April 1996, GZ 11 Cgs 3/96p-4, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 4.058,88 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 676,48 S USt) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Da die Begründung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, ist auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG).

Gemäß § 143 Abs 1 Z 3 ASVG ruht der Anspruch auf Krankengeld solange der Versicherte aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Bestimmungen Anspruch auf Weiterleistung von mehr als 50 vH der vollen Geld- und Sachbezüge (§ 49 Abs 1) vor dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit hat; besteht ein Anspruch auf Weiterleistung von 50 vH dieser Bezüge, so ruht das Krankengeld zur Hälfte; Folgeprovisionen gelten nicht als weitergeleistete Bezüge.

Strittig ist im vorliegenden Fall, ob Abschlußprovisionen aus Geschäften, die dem als Versicherungsangestellten tätigen Kläger für vor Eintritt des Versicherungsfalles vermittelten Verträge zustanden, die jedoch erst nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit an ihn ausgezahlt wurden, dem Begriff der weitergeleisteten Bezüge im Sinne der oben zitierten Bestimmung zu unterstellen sind und damit zum Ruhen des Krankegeldes führen. Das Berufungsgericht hat dies zu Recht verneint.

Die beklagte Partei hält dem entgegen, daß im Rahmen der Novellierung des § 143 Abs 1 Z 3 ASVG durch die 51. ASVGNov eine Sonderregelung nur für Folgeprovisionen getroffen worden sei; daraus ergebe sich aber, daß im fraglichen Zeitraum ausgezahlte Abschlußprovisionen sehr wohl Teil des weitergezahlten Entgelts im Sinne der zitierten Bestimmung seien. Im übrigen sei die erwähnte Ausnahmeregelung nur für Provisionsvertreter mit geringem Fixum geschaffen worden; da der Kläger aber ein relativ hohes Fixum beziehe, gelange man bei einer durch den Gesetzeszweck gebotenen einschränkenden Interpretation zum Ergebnis, daß die Ausnahmeregelung des § 143 Abs 1 Z 3 letzter Halbsatz ASVG auf ihn überhaupt nicht anzuwenden sei.

Abgesehen davon, daß hier Folgeprovisionen nicht in Frage stehen, ist dem letztgenannten Argument entgegenzuhalten, daß für eine in dieser Weise einschränkende Auslegung der zitierten Norm keine Grundlage besteht. Mögen auch die Gesetzesmaterialien zum Ausdruck bringen, daß die Novellierung vor allem den Zweck verfolge, Provisionsvertreter mit geringem Fixum besser zu stellen, so findet dies doch im Gesetzeswortlaut keinen Ausdruck. Da hier generell angeordnet wird, daß Folgeprovisionen nicht als weitergeleistete Bezüge gelten, hat die Bestimmung immer Anwendung zu finden, wenn während der Zeit des Anspruches auf Krankengeld Folgeprovisionen zur Auszahlung kommen. Für eine unterschiedliche Behandlung von Fällen je nach der Höhe des Fixums besteht im Hinblick auf den klaren Gesetzeswortlaut kein Raum.

Der Oberste Gerichtshof hat in seinen Entscheidungen SSV-NF 1/59 sowie SSV-NF 5/27 (hier unter Auseinandersetzung mit der ablehnenden Besprechung Jaborneggs in ZAS 1988 zu der dort unter Nr 27 veröffentlichten erstgenannten Entscheidung) ausgehend von der Rechtslage vor der 51. ASVGNov ausgesprochen, daß Folgeprovisionen Teil der weitergezahlten Bezüge im Sinne des § 143 Abs 1 Z 3 ASVG seien; die Frage der Abschlußprovisionen wurde dabei nicht erörtert. Wenn dies in den Entscheidungen auch nicht ausdrücklich ausgesprochen wurde, lag doch der Grund für dieses Ergebnis darin, daß es sich bei den Folgeprovisionen um Entgeltteile handelt, die zeitlich nicht bestimmten Geschäftsabschlüssen zuzuordnen sind, sondern um Leistungen, die vom Dienstgeber aufgrund eines bestehenden Stockes von Versicherungsverträgen laufend an den Vertreter geleistet werden. Dies hebt auch Jabornegg in seiner kritischen Anmerkung (aaO, wenn auch unter Ablehnung des Ergebnisses) hervor: der Oberste Gerichtshof habe zum Ausdruck gebracht, daß die Folgeprovisionen zeitlich überhaupt nicht dem früher erfolgreich vermittelten Geschäftabschluß zuzuordnen seien, sondern erst dem Zeitpunkt, in dem sie zur Auszahlung kommen. Nur in diesem Sinne sind die Ausführungen in SSV-NF 1/59 zu verstehen, daß nicht dem Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages, sondern der Fälligkeit maßgebliche Bedeutung zukommt.

Bei Abschlußprovisionen handelt es sich hingegen um Ansprüche des Dienstnehmers, die (wenn auch allenfalls aufschiebend bedingt, durch die Annahme des Vertrages durch das Versicherungunternehmen, allenfalls auch durch Eingang der Prämie) im Zeitpunkt des erfolgreichen Abschlusses seiner Tätigkeit entstehen und die damit zeitlich eindeutig einordenbar sind. Mag auch die Fälligkeit zu einem späteren Zeitpunkt eintreten, handelt es sich dabei doch um ein Entgelt für die im Zeitpunkt der Aufnahme des Antrages auf Abschluß eines Versicherungsvertrages entfaltete verdienstliche Tätigkeit. Wird die Abschlußprovision für vor Eintritt des Versicherungsfalles vermittelte Verträge während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit ausgezahlt, so handelt es sich nicht um weitergeleistete Bezüge, sondern um ein Entgelt für früher erbrachte Leistungen. Wollte man diesbezüglich auf den Auszahlungszeitpunkt abstellen, so bliebe es je nach dem Zeitpunkt der Abrechnung durch den Dienstgeber dem Zufall überlassen, ob das Krankengeld zum Ruhen kommt oder nicht. Der Fall der Abschlußprovision ist daher mit dem der Folgeprovision nicht vergleichbar, weil zum Unterschied zu dieser eine eindeutige zeitliche Zuordnung des Entstehens des Anspruches möglich ist; für die hier strittige Frage ist aber auf diesen Zeitpunkt abzustellen. Da es sich bei Abschlußprovisionen, die vor dem Eintritt des Versicherungsfalles verdient, jedoch erst danach ausgezahlt werden, begrifflich nicht um eine Weiterleistung von Bezügen während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit handelt, bedurfte es auch keiner besonderen Regelung in § 143 Abs 1 Z 3 ASVG, so daß aus der Nichterwähnung der Abschlußprovisionen in dieser Bestimmung für den Standpunkt der beklagten Partei nichts abgeleitet werden kann.

Daß ausgehend von der Nichtberücksichtigung der im Mai 1995 ausgezahlten Abschlußprovisionen für in der Zeit davor vermittelte Verträge der Anspruch des Klägers zu Recht besteht, wird von der beklagten Partei nicht in Zweifel gezogen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 2 Z 1 lit a ASGG.