JudikaturJustiz10Ob73/15f

10Ob73/15f – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Oktober 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Fellinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte Univ. Prof. Dr. Neumayr, Dr. Schramm sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Mag. Korn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Parteien 1. R*****, 2. L*****, beide wohnhaft in *****, beide vertreten durch Dr. K. H. Plankel, Dr. H. Mayrhofer und Mag. S. Ganahl, Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Parteien R***** eGen, *****, vertreten durch Muhri Werschitz Partnerschaft von Rechtsanwälten GmbH in Graz, wegen 1. Herausgabe (Streitwert 10.000 EUR), 2. Feststellung (Streitwert 15.000 EUR) und 3. Leistung (Streitwert 5.000 EUR) und einstweiliger Verfügung (Streitwert 5.000 EUR), über den Revisionsrekurs der klagenden und gefährdeten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 9. Juni 2015, GZ 4 R 98/15m 21, womit der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 30. April 2015, GZ 34 Cg 42/15m 17, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit 819,02 EUR (darin enthalten 136,50 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Kläger und gefährdeten Parteien (in der Folge nur: „Kläger“) bewohnen eine in Slowenien gelegene Liegenschaft samt Haus, die im Alleineigentum der Zweitklägerin steht. Am 15. 12. 2003 hatten die Kläger mit der Beklagten und Gegnerin der gefährdeten Parteien (in der Folge nur „Beklagte“), deren Sitz im Sprengel des Erstgerichts liegt, einen Abstattungskreditvertrag in Höhe von 65.000 EUR zum Zweck des Ankaufs der Liegenschaft abgeschlossen. Als Sicherheit für den gewährten Kreditbetrag war am 12. 2. 2004 zugunsten der Beklagten ein vollstreckbarer Notariatsakt errichtet worden. In der Folge wurde zwischen den Parteien die Höhe des aus dem Kreditvertrag aushaftenden Saldos sowie dessen Fälligkeit strittig. Die Beklagte beantragte in Slowenien beim dort zuständigen Exekutionsgericht aufgrund des Notariatsakts die Einleitung eines Zwangsversteigerungsverfahrens über die Liegenschaft, welches derzeit anhängig ist. Ein Termin für die Zwangsversteigerung wurde noch nicht anberaumt.

Die Kläger begehrten mit ihrer am 23. 12. 2014 eingebrachten, zuletzt modifizierten Klage die Aushändigung eines aktuellen Kontoauszugs des Kreditverrechnungskontos (Punkt 1. des Klagebegehrens), weiters die Feststellung, dass sie der Beklagten aufgrund des Abstattungskreditvertrags den sich aus dem Kreditverrechnungskonto, in dem sämtliche kredittilgenden Zahlungen festgehalten sind, ergebenden Saldo schulden (Punkt 2. des Klagebegehrens). Weiters begehrte sie die Beklagte schuldig zu erkennen, das Exekutionsverfahren ob der Liegenschaft einstellen zu lassen (Punkt 3. des Klagebegehrens). Zugleich beantragten sie die Erlassung einer einstweiligen Verfügung des Inhalts, die Beklagte möge verpflichtet werden, mit der Versteigerung der Liegenschaft bis zur rechtskräftigen Beendigung dieses Verfahrens innezuhalten. Die Kläger brachten zusammengefasst vor, sie seien ihren Rückzahlungsverpflichtungen aus dem Abstattungskreditvertrag großteils nachgekommen. Insgesamt wären 116.870 EUR auf das Verrechnungskonto einbezahlt worden. Per 31. 12. 2013 sei nur mehr ein Betrag von 12.900 EUR ausständig gewesen. Dennoch habe die Beklagte in Slowenien ein Exekutionsverfahren über einen Betrag von 65.142,39 EUR eingeleitet. Dieser angebliche Saldo sei unrichtig. Die Beklagte habe vor Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens die geleisteten Rückzahlungsbeträge vom Verrechnungskonto auf ein separates Konto umgebucht. Es bestehe der (auch strafrechtliche) Verdacht, dass die Beklagte bzw deren vertretungsbefugtes Organ das Ziel verfolge, die Liegenschaft im Zuge des Exekutionsverfahrens selbst zu erwerben und anschließend gewinnbringend weiter zu veräußern. Bei Fortführung des Exekutionsverfahrens in Slowenien würden die Kläger ihr Zuhause verlieren und einen nicht wieder gut zu machenden Schaden erleiden. Sie hätten zwar bereits beim Exekutionsgericht in Slowenien einen Antrag auf Einschränkung auf den Betrag von 12.900 EUR gestellt. Dieser Antrag sei aber rechtskräftig zurückgewiesen worden, weil sie den vom slowenischen Exekutionsgericht geforderten Kontoauszug mangels Ausfolgung eines solchen durch die Beklagte nicht vorlegen konnten. Ohne Ausfolgung des Kontoauszugs sei es ihnen nicht möglich, die ihnen in Slowenien zustehenden Rechtsbehelfe auszuschöpfen. Da die Beklagte ihren Firmensitz im Sprengel des Erstgerichts habe, ergebe sich die Zuständigkeit des Erstgerichts bereits aus Art 2 Abs 1 EuGVVO. Das Hauptbegehren stelle nicht die einstweilige Verfügung dar, sondern die Herausgabe , Feststellungs und Leistungsklage. Für die Entscheidung über die einstweilige Verfügung sei das Erstgericht gemäß Art 31 EuGVVO zuständig.

Die Beklagte erhob vor Streiteinlassung hinsichtlich Punkt 3. des Klagebegehrens und der beantragten einstweiligen Verfügung die Einrede der mangelnden internationalen Zuständigkeit und der Unzulässigkeit des Rechtswegs. Gemäß Art 22 Nr 5 EuGVVO seien für Verfahren, welche die Zwangsvollstreckung als Entscheidungen zum Gegenstand haben, die Gerichte des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden solle oder durchgeführt worden sei, zuständig. Soweit die Kläger die Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens anstrebten, müssten sie daher ein derartiges Verfahren unmittelbar vor den zuständigen Gerichten in Slowenien einleiten und die dort vorgesehenen Rechtsbehelfe in Anspruch nehmen. Da keine rügelose Einlassung in das Hauptsacheverfahren (Punkt 3. des Klagebegehrens) erfolgt sei, könne sich die Zuständigkeit des Erstgerichts nur aus Art 31 EuGVVO in Verbindung mit dem autonomen Prozessrecht ergeben.

In der Sache selbst brachte die Beklagte vor, die Kläger hätten ihre Rückzahlungsverpflichtung von 180 monatlichen Pauschalraten ab 20. 12. 2003 bis einschließlich 20. 11. 2018 nicht eingehalten, worauf der Kredit fällig gestellt und die Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens beantragt worden sei. Nach Einleitung dieses Verfahrens habe eine dritte Person namens F***** ab 15. 9. 2008 einzelne größere Zahlungen geleistet. Über das Vermögen des F***** sei aber am 21. 11. 2011 das Insolvenzverfahren vor dem zuständigen Gericht in Marburg (Slowenien) eröffnet worden. Da nach der slowenischen Insolvenzordnung sämtliche Handlungen des Schuldners nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne Zustimmung des Insolvenzverwalters rechtsunwirksam seien, seien die von F***** geleisteten Zahlungen in Gesamthöhe von 94.970 EUR als nicht schuldtilgend auf ein Sonderkonto umgebucht worden.

Das Erstgericht wies Punkt 3. des Klagebegehrens sowie den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wegen internationaler Unzuständigkeit zurück. Rechtlich ging das Erstgericht mit ausführlicher Begründung zusammengefasst davon aus, Punkt 3. des Klagebegehrens, das ein in Slowenien geführtes Exekutionsverfahren betreffe, falle unter Art 22 Nr 5 EuGVVO. Sollte die Beklagte mit Urteil zur Einstellung des in Slowenien anhängigen Exekutionsverfahrens verpflichtet werden, würde damit gleichsam über die (Un )Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung für die Beklagte abgesprochen werden und wäre die Beklagte an der Ausübung ihres bereits in Slowenien geltend gemachten Zwangsvollstreckungsanspruchs aus dem Exekutionstitel gehindert. Damit wäre faktisch die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung im slowenischen Exekutionsverfahren ausgesprochen. Das Klagebegehren sei eher mit der vom EuGH zu C-220/84 behandelten prozessualen Gestaltungsklage nach deutschem Recht als mit der vom Obersten Gerichtshof zu 4 Ob 7/02m behandelten Feststellungsklage vergleichbar. Insbesondere wegen des engen Zusammenhangs mit dem slowenischen Exekutionsverfahren falle Punkt 3. des Klagebegehrens unter den Zwangsgerichtsstand des Art 22 Nr 5 EuGVVO, weshalb das Erstgericht international unzuständig sei. Dementsprechend liege auch keine Zuständigkeit des Erstgerichts zur Entscheidung über die begehrte einstweilige Verfügung aufgrund der Zuständigkeit in der Hauptsache vor, zumal die einstweilige Verfügung ausschließlich der Sicherung von Punkt 3. des Klagebegehrens diene. Eine Zuständigkeit zur Erlassung einstweiliger Maßnahmen nach Art 31 EuGVVO erfordere eine reale Verknüpfung zwischen dem Gegenstand der Maßnahme und der gebietsbezogenen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts, die hier ebenfalls nicht vorliege. Ungeachtet des § 387 Abs 2 EO sei das Erstgericht daher auch zur Entscheidung über die begehrte einstweilige Verfügung international unzuständig.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Kläger nicht Folge. Dabei schloss es sich nach Verwerfung der Mängelrüge im Wesentlichen der Ansicht des Erstgerichts an. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands sowohl hinsichtlich des Klagebegehrens gemäß Punkt 3. als auch hinsichtlich der begehrten einstweiligen Verfügung 30.000 EUR übersteige. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil der Oberste Gerichtshof bisher noch nicht zur Frage Stellung genommen habe, ob aufgrund des in Österreich gelegenen Sitzes der ein Exekutionsverfahren in Slowenien betreibenden Beklagten, das den Gegenstand der begehrten einstweiligen Maßnahme bilde, die für die Zuständigkeit der österreichischen Gerichte gemäß Art 31 EuGVVO erforderliche, „reale Verknüpfung“ bestehe, wenn der Gegner zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung im Ausland verpflichtet werden solle.

Dagegen richtet sich der (ordentliche) Revisionsrekurs der Kläger wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Begehren auf Abänderung im Sinne einer Bejahung der internationalen Zuständigkeit des Erstgerichts, hilfsweise auf Aufhebung und Zurückverweisung.

Die Beklagte beantragt, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

I. Zur internationalen Zuständigkeit des Erstgerichts für Punkt 3. des Klagebegehrens:

1.1 Auf das vorliegende vor dem 10. 1. 2015 eingeleitete Verfahren ist (noch) die VO (EG) Nr 2001/44 des Rates vom 22. 12. 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil und Handelssachen

(EuGVVO 2001) anzuwenden, weil die ihr nachfolgende VO (EU) Nr 1215/2012 des Europäischen Rates vom 12. 12. 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil und Handelssachen (

EuGVVO 2012) gemäß ihrem Art 66 nur auf Verfahren anzuwenden ist, die am 10. 1. 2015 oder danach eingeleitet worden sind.

1.2 Art 22 Nr 5 EuGVVO bestimmt für Verfahren, die die Zwangsvollstreckung zum Gegenstand haben, ohne Rücksicht auf den Wohnsitz die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll oder durchgeführt worden ist. Diese Bestimmung begründet eine internationale Zwangszuständigkeit. Sind die Gerichte eines Mitgliedstaats aufgrund von Art 22 EuGVVO ausschließlich zuständig, so verdrängt diese Zuständigkeit sowohl die Zuständigkeit der Gerichte im (Wohn )Sitzstaat des Beklagten (Art 2 EuGVVO) als auch die besonderen Zuständigkeiten (Art 5 ff EuGVVO). In den in den Art 22 EuGVVO geregelten Fällen liegt ein besonders enger Konnex zu einem bestimmten Mitgliedstaat vor, sodass die (Wohn )Sitzzuständigkeit zurücktreten muss. Art 22 Nr 5 EuGVVO trägt vor allem den Souveränitätsinteressen der einzelnen Mitgliedstaaten Rechnung ( Simotta in Fasching/Konecny 2 Art 22 EuGVVO Rz 2 und 157).

1.3 Der in Art 22 Nr 5 EuGVVO verwendete Begriff „Verfahren, welche die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen zum Gegenstand haben“ ist verordnungsautonom auszulegen. Darunter fallen Verfahren, die sich aus der Inanspruchnahme von Zwangsmitteln ergeben, insbesondere bei der Herausgabe oder Pfändung von beweglichen oder unbeweglichen Sachen im Hinblick auf die Vollstreckung von Entscheidungen oder Urkunden. Ebenfalls fallen Streitigkeiten, die sich bei diesen Verfahren ergeben, unter die ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts des Vollstreckungsorts (EuGH 26. 3. 1992, Rs C-261/90, Reichert ua/Dresdner Bank Rn 27). Einzubeziehen sind demnach nicht nur Durchsetzungsverfahren, sondern auch gegen die Zwangsvollstreckung als solche gerichtete Abwehrschritte des Vollstreckungsschuldners oder Dritter. Dahinter steht der Grundsatz, es solle ausschließlich Sache der Gerichte des Mitgliedstaats sein, in dessen Hoheitsgebiet die Vollstreckung durchgeführt werden soll oder wird, in diesem Gebiet die Vorschriften über die Tätigkeit der Vollstreckungsbehörden anzuwenden und seine eigenen Vollstreckungsorgane und seine eigenen Vollstreckungsverfahren zu kontrollieren ( Mankowski in Rauscher , Europäisches Zivilprozessrecht² Art 22 Brüssel I VO Rz 54; EuGH 26. 3. 1992, Rs C-261/90, Reichert ua/Dresdner Bank Rn 26; 5 Nd 515/97 = EvBl 1997/96).

1.4  In der Lehre wird für die Beurteilung, ob ein Verfahren unter Art 22 Nr 5 EuGVVO zu subsumieren ist, auf die „Vollstreckungsnähe“ abgestellt. Es muss sich daher um Verfahren handeln, die einen unmittelbaren Bezug zur Zwangsvollstreckung aufweisen (vgl Simotta in Fasching/Konecny 2 Art 22 EuGVVO Rz 160; Geroldinger in Burgstaller/Neumayr/Geroldinger/Schmaranzer , IZVR Art 22 EuGVVO Rz 150 jeweils mwN). Als geradezu typisch „vollstreckungsnah“ wurde in der Rechtsprechung bereits der Einwand des Verpflichteten beurteilt, er habe Zahlung geleistet (vgl § 40 EO 3 Ob 12/10a). Auch in der Lehre wird allgemein die Auffassung vertreten, dass ein Oppositionsgesuch gemäß § 40 EO in den Anwendungsbereich des Art 22 Nr 5 EuGVVO fällt (vgl Geroldinger in Burgstaller/Neumayr/Geroldinger/Schmaranzer , IZVR Art 22 EuGVVO Rz 152; Simotta in Fasching/Konecny 2 Art 22 EuGVVO Rz 163 jeweils mwN). Diese „Vollstreckungsnähe“ trifft zweifellos auch auf die von den Klägern begehrte Einstellung des Vollstreckungsverfahrens zu.

1.5 Auch im vorliegenden Fall behaupten die Verpflichteten (Revisionsrekurswerber), bereits Zahlung geleistet zu haben und streben mit ihrem Klagebegehren die Einstellung der Exekution an. Die Vollstreckungsnähe ergibt sich deutlich daraus, dass durch den Zahlungseinwand nicht der Titel (der vollstreckbare Notariatsakt) an sich berührt, sondern nur aufgrund der Zahlung das Erlöschen des im Zwangsversteigerungsverfahren betriebenen Anspruchs ausgesprochen werden soll. Das inländische Gericht hätte zwecks Feststellung des Bestehens des mit Punkt 3. des Klagebegehrens geltend gemachten Anspruchs die von F***** erfolgten Zahlungen und deren Rechtswirksamkeit bzw Anrechenbarkeit zu prüfen. In einem weiteren Schritt hätte es zu beurteilen, ob der Anspruch der Beklagten erloschen ist bzw ein Anspruch auf Beendigung des in Slowenien geführten Zwangsversteigerungsverfahrens besteht und das slowenische Exekutionsgericht dieses Verfahren einzustellen hätte. Nach der Intention des Verordnungsgebers soll es aber allein Sache des Exekutionsgerichts sein, in dessen Hoheitsgebiet die Zwangsversteigerung durchgeführt wird, in diesem Gebiet die Vorschriften über die Tätigkeit der Vollstreckungsbehörden anzuwenden. Nur das slowenische Exekutionsgericht soll daher über die Einstellung des Exekutionsverfahrens entscheiden, weshalb die Kläger ihren behaupteten Anspruch auf Beendigung der Exekution und Feststellung des Erlöschens des Anspruchs nicht erfolgreich vor das österreichische Gericht tragen können. Ob ein Verpflichteter unmittelbar den Ausspruch der Unzulässigkeit der Exekutionsführung begehrt oder sein Klagebegehren darauf richtet, den betreibenden Gläubiger zur Abgabe von Willenserklärungen zu verpflichten, die eine Einstellung der Exekution nach sich ziehen, macht für das Kriterium der „Vollstreckungsnähe“ keinen Unterschied.

2. Dass derartige mittelbare Eingriffe in die Zuständigkeit eines anderen Gerichts unzulässig sind, ergibt sich weiters aus der Rechtsprechung des EuGH zu den vor allem im angloamerikanischen Rechtsbereich gebräuchlichen „anti suit injunctions“, deren Klagebegehren darauf gerichtet ist, dass dem Beklagten die Fortführung eines in einem anderen Mitgliedstaat anhängigen (gerichtlichen) Verfahrens verboten werde. Nach der Rechtsprechung des EuGH bewirkt das von einem Gericht an eine Partei gerichtete Verbot, eine Klage bei einem ausländischen Gericht zu erheben oder ein dortiges Verfahren weiterzubetreiben, eine Beeinträchtigung dessen Zuständigkeit für die Entscheidung des Rechtsstreits, die mit der Systematik der EuGVVO unvereinbar ist. Dieser Eingriff kann auch nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass er nur mittelbar ist oder nur darauf abzielt, einen Verfahrensmissbrauch seitens des Beklagten des inländischen Verfahrens zu verhindern (EuGH 27. 4. 2004, Rs C-159/02, Turner Rn 27, 28). Auch nach der zur EuGVVO ergangenen Entscheidung des EuGH vom 10. 2. 2009, Rs C-185/07, Allianz SpA West Tankers , Rn 28, 29, soll jedes angerufene Gericht nach dem für dieses Gericht geltenden Recht selbst bestimmen, ob es für die Entscheidung über den bei ihm anhängig gemachten Rechtsstreit zuständig ist. Eine „anti suit injunction“, mit der einer Person die Einleitung oder Fortführung eines Verfahrens vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats mit der Begründung verboten wird, dass ein solches Verfahren gegen eine Schiedsvereinbarung verstoße, ist unzulässig.

3. Demnach ist die Ansicht der Vorinstanzen zutreffend, das unter Punkt 3. geltend gemachte Klagebegehren falle unter die ausschließliche Zuständigkeit nach Art 22 Nr 5 EuGVVO und verdränge den allgemeinen Gerichtsstand der beklagten Partei aufgrund ihres Sitzes in Österreich nach Art 2 EuGVVO, weshalb das Erstgericht für Punkt 3. des Klagebegehrens international unzuständig ist.

II. Zur internationalen Zuständigkeit für die einstweilige Verfügung:

1. Nach Art 31 EuGVVO können die im Recht eines Mitgliedstaats vorgesehenen einstweiligen Maßnahmen einschließlich solcher, die auf eine Sicherung gerichtet sind, bei den Gerichten dieses Staats auch dann beantragt werden, wenn für die Entscheidung in der Hauptsache das Gericht eines anderen Mitgliedstaats aufgrund dieser Verordnung zuständig ist. Art 31 EuGVVO verweist zur Frage der internationalen Zuständigkeit österreichischer Gerichte zum Erlass einstweiliger Maßnahmen somit auf das nationale österreichische Recht. Daneben kommt aber auch dem für die Hauptsache nach den Art 2 bis 24 EuGVVO zuständigen Gericht eine Zuständigkeit für die Anordnung einstweiliger oder sichernder Maßnahmen zu. Daher hat die gefährdete Partei insoweit ein Wahlrecht, ob sie einen von der EuGVVO oder vom österreichischen Recht zur Verfügung gestellten Gerichtsstand in Anspruch nehmen möchte (4 Ob 2/12s; 17 Ob 13/10a mwN). Es besteht ein zweispuriges Zuständigkeitssystem, nämlich das gemeinschaftsrechtlich autonome Zuständigkeitssystem des europäischen Hauptsachegerichts einerseits und das autonome Zuständigkeitssystem der Mitgliedstaaten andererseits ( Simotta in Fasching/Konecny 2 Art 31 EuGVVO Rz 2).

2. Zur Zuständigkeit des Erstgerichts als Hauptsachegericht:

2.1 Das Erstgericht wäre für die Erlassung der einstweiligen Verfügung zuständig, wenn es nach den Bestimmungen der EuGVVO auch für die Entscheidung in der Hauptsache zuständig wäre. In diesem Fall käme dem Erstgericht die Kompetenz zu, einstweilige Unterlassungsverfügungen auch mit extraterritorialem Geltungsanspruch zu erlassen. Solche einstweilige Verfügungen, die nach einem kontradiktorischen Verfahren ergangen sind, wären als Entscheidungen iSd Art 32 EuGVVO in den Mitgliedstaaten anzuerkennen und nach Maßgabe der Art 38 ff EuGVVO zu vollstrecken (RIS Justiz RS0121907; RS0123889). Wie bereits oben (siehe Punkt I.) dargelegt, ist das Erstgericht aber für das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, das Exekutionsverfahren ob der in Slowenien gelegenen Liegenschaft der Kläger einstellen zu lassen (Punkt 3. des Klagebegehrens), international unzuständig und somit nicht Hauptsachegericht iSd Art 31 EuGVVO.

2.2 Im Hinblick auf das Vorbringen der Revisionsrekurswerber, die begehrte einstweilige Verfügung diene auch der Sicherung der Punkte 1. und 2. des Klagebegehrens, sodass das Erstgericht doch Hauptsachegericht sei, ist auf den Begriff des Hauptsachegerichts bzw des Hauptsacheverfahrens einzugehen.

2.3 Als Hauptsacheverfahren ist das Verfahren zu bezeichnen, in dem endgültig über den zu sichernden Anspruch bzw das zu regelnde Rechtsverhältnis entschieden werden soll. Dieser Anspruch bzw dieses Rechtsverhältnis muss unmittelbarer Verfahrensgegenstand sein. Dass das Hauptsacheverfahren den zu sichernden oder zu regelnden Anspruch bloß mittelbar berührt, genügt nicht ( Simotta in Fasching/Konecny 2 Art 31 EuGVVO Rz 23 mwN).

2.4 Auch nach dem österreichischen Recht hat sich der mit einer während eines Rechtsstreits zu erlassenden einstweiligen Verfügung zu sichernde Anspruch im Rahmen des mit der Klage erhobenen Anspruchs zu halten (RIS Justiz RS0004815). Eine einstweilige Verfügung begründet keine selbstständigen Rechte, sondern kann nur zur Sicherung des konkret geltend gemachten Hauptanspruchs angeordnet werden (RIS Justiz RS0004815 [T2, T10]).

2.5 Im vorliegenden Fall ist der zu sichernde Anspruch auf Innehaltung des slowenischen Exekutionsverfahrens nicht unmittelbarer Verfahrensgegenstand der Klagebegehren auf Aushändigung eines Kontoauszugs (Punkt 1. des Klagebegehrens) oder der Feststellung der Höhe des aushaftenden Saldos (Punkt 2. des Klagebegehrens). Inwiefern das auf Innehaltung des Exekutionsverfahrens in Slowenien gerichtete Provisorialbegehren der Sicherung des Anspruchs auf Aushändigung eines Kontoauszugs (Punkt 1. des Klagebegehrens) oder der Feststellung der Höhe des aushaftenden Kreditsaldos (Punkt 2. des Klagebegehrens) dienen sollte, ist nicht ersichtlich. Allein mit dem Argument, die Vorlage eines aktuellen Kontoauszugs sei Erfolgsvoraussetzung für einen Antrag auf Einstellung des Exekutionsverfahrens, wird die erforderliche Deckung des Klagebegehrens mit der begehrten einstweiligen Verfügung nicht dargelegt. Das Erstgericht ist demnach auch im Hinblick auf die Punkte 1. und 2. des Klagebegehrens nicht als Hauptsachegericht iSd Art 31 EuGVVO anzusehen und als solches nicht für die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung zuständig.

3. Zur Zuständigkeit nach autonom innerstaatlichem Recht:

3.1 Nach dem nationalen Recht (§ 387 Abs 1 EO) ist für die Bewilligung einstweiliger Verfügungen in der Regel das Gericht zuständig, vor welchem der Prozess in der Hauptsache oder das Exekutionsverfahren, in Ansehung deren die Verfügung getroffen werden soll, zur Zeit des ersten Antrags anhängig ist. Nach österreichischem Recht begründet grundsätzlich schon die Anhängigkeit des Hauptverfahrens die internationale Zuständigkeit für das Sicherungsverfahren (RIS Justiz RS0102649; RS0005066). Ob das angerufene Gericht als Prozessgericht zuständig ist, hat in diesem Zusammenhang keine Bedeutung. § 387 Abs 1 EO soll gewährleisten, dass Anträge auf Bewilligung einstweiliger Verfügungen ohne Verzug behandelt werden (4 Ob 103/94). Eine einstweilige Verfügung ist daher aus Sicht des Unionsrechts auch unabhängig von der Hauptsachezuständigkeit möglich (RIS Justiz RS0102649 [T2]).

3.2 Ungeschriebene Voraussetzung für die Anordnung einstweiliger Maßnahmen nach Art 31 EuGVVO ist jedoch, dass zwischen dem Gerichtsstand der beantragten Maßnahmen und der gebietsbezogenen Zuständigkeit des Mitgliedstaats des angerufenen Gerichts eine „reale Verknüpfung“ besteht (EuGH 17. 11. 1998, Rs C-391/95, Van Uden/Deco Line Rn 39 f; RIS Justiz RS0123888). Der EuGH begründet diese Auffassung damit, dass das Gericht des Mitgliedstaats, in dem sich die von der beantragten Maßnahme betroffenen Vermögensgegenstände befinden, sicherlich am besten in der Lage ist, die Umstände zu beurteilen, auf die es für die Erlassung oder die Versagung der beantragten Maßnahmen ankommt. Bei einstweiligen Maßnahmen, die eine unbewegliche Sache betreffen, besteht die reale Verknüpfung zu dem Staat, in dessen Hoheitsgebiet sich die Sache befindet. Dagegen ist die erforderliche reale Verknüpfung nicht gegeben, wenn für die internationale Zuständigkeit gemäß § 387 Abs 2 Fall 1 EO iVm § 27a JN an den allgemeinen Gerichtsstand des Gegners der gefährdeten Partei in Österreich angeknüpft worden ist und sich die (bewegliche oder unbewegliche) Sache, in Ansehung derer die einstweilige Maßnahme getroffen werden soll, im Ausland befindet oder der Gegner der gefährdeten Partei zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung im Ausland verpflichtet werden soll ( Simotta in Fasching/Konecny 2 Art 31 EuGVVO Rz 130 und 135).

3.3 Im konkreten Fall ist Gegenstand der begehrten einstweiligen Verfügung ein vor einem slowenischen Gericht geführtes Exekutionsverfahren in eine in Slowenien gelegene Liegenschaft. Das Rekursgericht ist daher zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass für das Zwangsvollstreckungsverfahren auch für dessen Innehaltung (Aufschiebung) und für dessen Einstellung ausschließlich die slowenischen Gerichte zuständig sind, da der Sitz der Beklagten die erforderliche reale Verknüpfung mit Österreich nicht zu begründen vermag.

4. Der im Revisionrekurs gerügte angebliche Verfahrensmangel des erstinstanzlichen Verfahrens, dessen Vorliegen die zweite Instanz bereits verneint hat, kann mit Revisionsrekurs nicht mehr erfolgreich an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden (RIS Justiz RS0042963).

5. Die Kostenentscheidung im Zwischenstreit über die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO hinsichtlich der begehrten einstweiligen Verfügung überdies auch auf die §§ 78, 402 Abs 4 EO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen.