JudikaturDSB

K120.969/0002-DSK/2005 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
11. März 2005

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. MAIER und in Anwesenheit der Mitglieder Mag. HUTTERER, Dr. KOTSCHY, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ, Dr. STAUDIGL und Mag. ZIMMER sowie der Schriftführer Dr. KÖNIG und Fr. HAAS in ihrer Sitzung vom 11. März 2005 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

Über die Beschwerde des Dipl.Ing. Rudi D*** (Beschwerdeführer) aus U***, vertreten durch Dr. Arno E***, Rechtsanwalt in ***0 U***, G***straße *2*******, vom 10. Mai 2004, erweitert mit Schriftsatz vom 13. Juli 2004, gegen das Landesgendarmeriekommando für Niederösterreich (Beschwerdegegner) wegen Verletzung im Recht auf Löschung personenbezogener Daten durch Verweigerung der Löschung (Vernichtung) des Ermittlungsaktes (Kopienaktes) GZ: P**7/01, der entsprechenden Protokollbucheintragung und der Eintragung in der Indexkartei, jeweils des Gendarmeriepostens T***, mit Anträgen auf Löschung der Daten wie Feststellung der Rechtsverletzung sowie Eventualanträgen auf (Nummerierung des Beschwerdeführers) 2. b. Feststellung der Verletzung im Recht auf (sinngemäß) Richtigstellung durch Nichtvornahme der Anmerkung der 'mittlerweiligen Legalität' des Verhaltens des Beschwerdeführers sowie 2.c. Anordnung der Vornahme dieser Anmerkung, weiters zu 3. b. Feststellung der Verletzung im Recht auf Erhalt einer Mitteilung gemäß § 27 Abs 3 und 4 DSG 2000 und 3.c. Anordnung der Abgabe einer solchen Mitteilung wird gemäß §§ 1 Abs 3 Z 2, 27 Abs 1 Z 2, Abs 3 und 4, 58 Datenschutzgesetz 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr 165/1999 idF BGBl I Nr 136/2001 sowie §§ 10 Abs 2, 13 Sicherheitspolizeigesetz (SPG), BGBl Nr 566/1991, wie folgt entschieden:

B e g r ü n d u n g:

A) Verfahrensgang und Vorbringen der Beteiligten :

Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer wandte sich mit Beschwerdeschrift vom 10. Mai 2004 an die Datenschutzkommission und brachte folgendes vor (zusammengefasst und auf die Ausführungen zum Datenschutzproblem konzentriert):

Es sei gegen ihn Anfang 2001 vom Gendarmerieposten T*** zu GZ: P **7/01 ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts nach § 209 StGB geführt und am 23. Mai 2001 mit Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft U*** abgeschlossen worden. § 209 StGB sei inzwischen außer Kraft getreten, einvernehmliche sexuelle Kontakte zu männlichen Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 18 Jahren daher legal. Überhaupt sei das gesamte Strafverfahren hinsichtlich des Beschwerdeführers grundrechtswidrig gewesen. Die zur Person des Beschwerdeführers verarbeiteten Daten würden daher für Zwecke der Sicherheitspolizei nicht mehr benötigt und seien zu löschen. Beim Gendarmerieposten T*** würden solche Daten aber weiterhin in Form des Protokolls, in der Indexkartei und in Form der entsprechenden Erhebungsakten verarbeitet. Der Beschwerdegegner, an den ein entsprechendes Löschungsbegehren gerichtet worden sei, habe dies mit Schreiben vom 21. April 2004, GZ: 1*6*/15-TA4/04, aber unter Hinweis auf die Löschungs- bzw. Skartierungsfristen der Kanzleiordnung für die Bundesgendarmerie verweigert.

Der Beschwerdeführer erachtete sich dadurch im Recht auf Löschung gemäß §§ 1 Abs 3, 27 DSG 2000 als verletzt Er beantragte, nach einem entsprechenden Ermittlungsverfahren durch Bescheid diese Rechtsverletzung festzustellen und dem Beschwerdegegner die Löschung dieser Daten aufzutragen.

Mit Stellungnahme vom 13. Juli 2004 brachte der Beschwerdeführer vor, Kopienakten (= Erhebungsakten), Protokolleintragungen und Steckzettel (= Indexkartei) seien als Gesamtheit zu sehen. Der Dateibegriff in § 1 Abs 3 DSG 2000 sei verfassungsautonom am Prinzip der Grundrechtseffektivität auszulegen, umfasse daher auch die Kopienakten, die weitere Evidenthaltung solcher Daten verstoße auch gegen Art 8 EMRK (unter Zitierung einiger Urteile des EGMR). Die seinerzeitige strafrechtliche Verfolgung und Verurteilung des Beschwerdeführers sei, wie inzwischen durch den EGMR bestätigt, eine schwerwiegende Grundrechtsverletzung gewesen, deren Folgen nicht in Form von verarbeiteten Daten aufrecht bleiben dürften. Jedenfalls lägen die Voraussetzungen für die Richtigstellung gemäß § 27 Abs 3 2. Satz DSG 2000 vor, was die Beschwerdegegnerin unterlassen habe. Aus diesem Grund stellte der Beschwerdeführer die im Spruch zu 2. und 3. angeführten Eventualbegehren für den Fall, dass die Datenschutzkommission das Hauptbegehren zurück- oder abweisen wollte.

Der Beschwerdegegner, von der Datenschutzkommission mit Erledigung GZ K120.969/0002-DSK/2004 zur Stellungnahme aufgefordert, brachte unter Vorlage verschiedener Urkundenkopien (Protokollbucheintragung und Kopienakt GZ P **7/01 des Gendarmeriepostens T***) Folgendes vor:

Ein Papierakt wie der Kopienakt sei nach der einschlägigen ständigen Rechtsprechung der Datenschutzkommission (mit Zitaten) keine Datei, unterliege daher auch nicht dem Recht auf Löschung. Eine den Beschwerdeführer betreffende Karteikarte liege in der Indexkartei des Gendarmeriepostens T*** nicht mehr vor, wie entsprechende Erhebungen ergeben hätten. Eine Protokollbucheintragung betreffend das Verfahren sei dagegen dokumentiert, ebenso existiere der Kopienakt noch. Eine formale kanzleimäßige Dokumentation des Verwaltungshandelns sei datenschutzrechtlich nicht unzulässig. Somit lägen insbesondere gemäß § 27 Abs 3 DSG 2000 'die Voraussetzungen für die Löschung der Daten im Protokollbuch vor' (Widerspruch zu sonstigen Ausführungen, gemeint vermutlich: nicht vor). Der Beschwerdeführer sei auf Grund der erfolgten Anzeige vom Landesgericht U*** am 15. Jänner 2002 zu einer dreimonatigen bedingten Freiheitsstrafe (AZ: 2dE Hv 3**4/01, Probezeit drei Jahre, rechtskräftig seit 3. Dezember 2002) verurteilt worden.

B) im Ermittlungsverfahren verwendete Beweismittel :

Die Datenschutzkommission hat ein Ermittlungsverfahren durchgeführt und Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in die vom Beschwerdeführer und Beschwerdegegner vorgelegten Urkundenkopien sowie Einholung der Stellungnahme des Beschwerdegegners vom 28. Juni 2004, GZ: 1*6*/15-TA4/2004.

Dem Beschwerdeführer wurde, soweit die Beweismittel nicht von ihm selbst stammen, zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens Parteiengehör eingeräumt.

C) Sachverhaltsfeststellung samt Beweiswürdigung :

Die Datenschutzkommission stellt folgenden Sachverhalt fest:

Gegen den Beschwerdeführer wurde in der ersten Jahreshälfte 2001 vom Gendarmerieposten T*** zur Grundzahl P **7/01 Vorerhebungen im Dienste der Strafjustiz wegen Verdachts der 'Gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Personen unter 18 Jahren' nach dem damals noch in Geltung stehenden § 209 StGB idF vor BGBl I Nr 134/2002 geführt. Die betreffende Grundzahl wurde am 14. Februar 2001 ins Protokollbuch des Gendarmeriepostens eingetragen (Beginn des Verfahrens). Am 23. Mai 2001 wurde gegen den Beschwerdeführer Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft U*** erstattet. Der so genannte Kopienakt zu den durchgeführten Vorerhebungen (das 'Original' findet im Wege der Staatsanwaltschaft regelmäßig Eingang in den entsprechenden Gerichtsakt) wird weiterhin beim Gendarmerieposten T*** aufbewahrt. Bei diesem Akt handelt es sich um eine Sammlung von Urkunden unter einer bestimmten Grundzahl, er enthält:

Beim Inhalt dieses Kopienakts handelt es sich demnach im Wesentlichen um Fließtext, der keine äußere Ordnung aufweist, nach der die verschiedenen Arten von Daten in einer bestimmten räumlichen Verteilung auf dem oder den manuellen Datenträgern oder in einer bestimmten physikalischen oder logischen Struktur dargestellt sind. Darüber hinaus sind die im Kopienakt enthaltenen Daten nicht nach bestimmten Kriterien zugänglich, das heißt, es bestehen keine vereinfachten Möglichkeiten der inhaltlichen Erschließung, beispielsweise durch alphabetische oder chronologische Sortierung oder durch automatisierte Erschließungssysteme. Die einzelnen Aktenstücke haben keine zwingende chronologische Sortierung; die Angaben, die etwa der Beschwerdeführer als Verdächtiger, der weitere Verdächtige oder die Auskunftsperson zu bestimmten anderen Personen gemacht haben, können im Kopienakt, ohne ihn zu lesen oder zumindest durchzublättern, nicht vereinfacht erschlossen werden.

Im Protokollbuch des Gendarmeriepostens T*** bestehen betreffend dieses Verfahren folgende Eintragungen (im Original Spalten im Querformat):

Grundzahl: 0**7

Stelle, Datum und Geschäftszahl: ED [Anmerkung = eigene

Dienststelle]

Gegenstand: D*** Rudi Verg n § 209 StGB

Erledigung: 16.2.01 Stellungsanzeige LG U***

23.5. LG U*** angezeigt, Stat. erstellt

Anmerkung: [nicht ausgefüllte Stampiglie und Paraphen (schwer

leserlich)]

Beweiswürdigung : Diese Feststellungen gründen sich auf den Inhalt der zitierten Urkunden (Protokollbucheintragung und Kopienakt). Die 'Stellungsanzeige' bezieht sich offenkundig auf eine nicht mehr im Akt einliegende vorläufige Anzeige anlässlich der Einlieferung des in Verwahrungshaft genommenen Beschwerdeführers ins Landesgericht für Strafsachen Wien, die Erledigung vom 23. Mai 2001 auf die Strafanzeige (auch 'Vollanzeige'), gerichtet laut Akt an die Staatsanwaltschaft U***. Die Feststellungen zur Struktur des Kopienaktes ergeben sich aus dem Augenschein durch die im Sinne von § 36 Abs 2 DSG 2000 sachkundigen Mitglieder der Datenschutzkommission.

Eine Eintragung (Karteikarte) in der Indexkartei des Gendarmeriepostens T*** existiert nicht mehr.

Beweiswürdigung : Diese Feststellung stützt sich auf die glaubwürdige Darstellung durch den Beschwerdegegner in der Stellungnahme vom 28. Juni 2004, GZ: 1*6*/15-TA4/2004. Der Beschwerdeführer hat dazu Parteiengehör erhalten (GZ K120.969/0005-DSK/2004 vom 9. Juli 2004), sich aber in seiner darauf erfolgten Stellungnahme vom 13. Juli 2004 (protokolliert als GZ: K120.969/0006-DSK/2004) nicht zu dieser Frage geäußert. Die Datenschutzkommission folgt in dieser Sachverhaltsfrage der – unwidersprochenen - Darstellung des Beschwerdegegners nicht zuletzt deswegen, weil sie sich aus eigener Erfahrung in anderen Beschwerdesachen der Schwierigkeit bewusst ist, einen Beweis für die Nichtexistenz eines Objekts wie einer Karteikarte zu erbringen. Würde man dem Beschwerdegegner nicht vertrauen und ihm vorsätzlich irreführendes Verhalten oder gar absichtliche Unterdrückung von Beweismitteln unterstellen, wäre auch mit den weiteren in Frage kommenden Beweismethoden, etwa einer Einschau vor Ort, keine überzeugende Klärung der Frage möglich. Die Datenschutzkommission hält aus diesen Erwägungen die Darstellung des Beschwerdegegners für glaubwürdig.

Der Beschwerdeführer richtete am 5. April 2004 ein Löschungsbegehren (Schriftsatz 'Antrag') an den Beschwerdegegner, in dem er verlangte, sämtliche automationsunterstützt oder nicht automationsunterstützt verarbeiteten Daten betreffend das Verfahren Grundzahl P **7/01 des Gendarmeriepostens T***, insbesondere im Protokoll(buch), in der Indexkartei und in den entsprechenden Erhebungsakten zu löschen und den Beschwerdeführer davon zu verständigen.

Mit Erledigung vom 21. April 2004, GZ: 1*6*/15-TA4/04, hat der Beschwerdegegner dieses Begehren abgelehnt.

Beweiswürdigung : Diese Feststellungen stützen sich auf die vorliegenden Kopien der zitierten Urkunden, vorgelegt vom Beschwerdeführer als Beilagen zur Beschwerdeschrift vom 10. Mai 2004.

D) rechtliche Beurteilung :

1. anzuwendende Rechtsvorschriften :

Gemäß der Verfassungsbestimmung § 1 Abs 3 Z 2 DSG 2000 hat jedermann, soweit ihn betreffende Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuellen, d.h. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen das Recht auf Richtigstellung unrichtiger Daten und das Recht auf Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten (Hervorhebungen durch die Datenschutzkommission).

Gemäß § 4 Z 6 DSG 2000 ist eine Datei eine strukturierte Sammlung von Daten, die nach mindestens einem Suchkriterium zugänglich sind.

Gemäß § 27 Abs 1 DSG 2000, der einfachgesetzlichen Ausführungsbestimmung, nach deren Maßgabe das verfassungsgesetzlich eingeräumte Recht auf Löschung zu vollziehen ist, hat jeder Auftraggeber unrichtige oder entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verarbeitete Daten richtig zustellen oder zu löschen, und zwar aus eigenem (Z 1), sobald ihm die Unrichtigkeit von Daten oder die Unzulässigkeit ihrer Verarbeitung bekannt geworden ist, oder auf begründeten Antrag des Betroffenen (Z 2). Der Pflicht zur Richtigstellung nach Z 1 unterliegen nur solche Daten, deren Richtigkeit für den Zweck der Datenanwendung von Bedeutung ist. Die Unvollständigkeit verwendeter Daten bewirkt nur dann einen Berichtigungsanspruch, wenn sich aus der Unvollständigkeit im Hinblick auf den Zweck der Datenanwendung die Unrichtigkeit der Gesamtinformation ergibt. Sobald Daten für den Zweck der Datenanwendung nicht mehr benötigt werden, gelten sie als unzulässig verarbeitete Daten und sind zu löschen, es sei denn, dass ihre Archivierung rechtlich zulässig ist und dass der Zugang zu diesen Daten besonders geschützt ist.

Gemäß § 27 Abs 3 DSG 2000 ist eine Richtigstellung oder Löschung von Daten ausgeschlossen, soweit der Dokumentationszweck einer Datenanwendung nachträgliche Änderungen nicht zulässt. Die erforderlichen Richtigstellungen sind diesfalls durch entsprechende zusätzliche Anmerkungen zu bewirken.

Gemäß § 27 Abs 4 DSG 2000 ist Innerhalb von acht Wochen nach Einlangen eines Antrags auf Richtigstellung oder Löschung dem Antrag zu entsprechen und dem Betroffenen davon Mitteilung zu machen oder schriftlich zu begründen, warum die verlangte Löschung oder Richtigstellung nicht vorgenommen wird.

Gemäß § 58 DSG 2000 gelten manuell, das heißt ohne Automationsunterstützung geführte Dateien die für Zwecke solcher Angelegenheiten bestehen, in denen die Zuständigkeit zur Gesetzgebung Bundessache ist, als Datenanwendungen im Sinne des § 4 Z 7 DSG 2000.

Gemäß § 10 Abs 2 1. und 3. Satz SPG werden die Angelegenheiten des inneren Dienstes der Landes- und Bezirksgendarmeriekommanden von diesen selbst besorgt. Soweit sie für den inneren Dienst automationsunterstützt Daten verarbeiten, sind sie Auftraggeber (§ 3 Z 3 des Datenschutzgesetzes). Gemäß § 13 SPG ist die formale Behandlung der von der Bundesgendarmerie zu besorgenden Geschäfte vom Bundesminister für Inneres jeweils in einer einheitlichen Kanzleiordnung festzulegen.

2. Anwendung auf den Beschwerdefall :

Da sich aber bereits zwei Höchstgerichte (der OGH im vom VwGH zitierten Beschluss vom 28. Juni 2000, 6 Ob 148/00h, siehe auch den Bescheid der Datenschutzkommission vom 31. August 2000, GZ: 120.532/22-DSK/00, enthalten in der RIS-Datenbank der Datenschutzkommission, http://www.ris.bka.gv.at/dsk/) der Auffassung angeschlossen haben, besteht kein Grund, von der bisherigen Spruchpraxis abzugehen.

Die Beschwerde war daher betreffend den Kopienakt als unbegründet abzuweisen; es besteht kein Recht auf Löschung oder auf Feststellung, durch die nicht erfolgte Löschung in Datenschutzrechten verletzt zu sein.

a) b) Indexkartei

Hier hat das Ermittlungsverfahren ergeben, dass keine entsprechende Karteikarte mehr existiert. Durch nicht oder nicht mehr verarbeitete Daten in einer manuellen Datei kann der Beschwerdeführer nicht im Recht auf Löschung personenbezogener Daten verletzt sein.

Die Beschwerde war daher betreffend die Indexkartei als unbegründet abzuweisen; es besteht kein Recht auf Löschung oder auf Feststellung, durch die nicht erfolgte Löschung in Datenschutzrechten verletzt zu sein.

a) c) Protokollbuch

Auch auf das Protokollbuch sind nach gefestigter Entscheidungspraxis der Datenschutzkommission die Vorschriften über manuelle Dateien anzuwenden (so aus allerjüngster Zeit:

Bescheid der Datenschutzkommission vom 14. Jänner 2005, GZ: K120.849/0001-DSK/2005, enthalten in der RIS-Datenbank der Datenschutzkommission, http://www.ris.bka.gv.at/dsk/).

Eine Löschung, etwa in Form einer Schwärzung der Eintragung zur Grundzahl 0**7, ist allerdings nicht möglich. Wegen des noch nicht weggefallenen Dokumentationszwecks – der entsprechende Kopienakt wird ja ebenfalls noch aufbewahrt – ist hier § 27 Abs 3 DSG 2000 anzuwenden. Die Gesetzesmaterialien zum § 27 DSG 2000 (RV 1613 BlgNR XX GP) führen dazu aus: 'Abs. 3 trägt dem Umstand Rechnung, dass manche Datenanwendungen nach ihrem besonderen Zweck eine Löschung von Daten in der Form, dass die Daten nicht mehr sichtbar sind, nicht gestatten. Dies wird überall dort der Fall sein, wo die lückenlose Dokumentation eines Geschehens Gegenstand der Datenverarbeitung ist (z.B. bei der Führung von Krankengeschichten' (RV 1613 StenProt NR XX. GP, zu § 27). Die Rechtsgrundlage für Steckzettel und Protokolle ist § 13 SPG, der die 'formale Behandlung der von den Sicherheitsdirektionen, den Bundespolizeidirektionen und der Bundesgendarmerie zu besorgenden Geschäfte' regelt und vorgibt, dass diese formale Behandlung 'vom Bundesminister für Inneres jeweils in einer einheitlichen Kanzleiordnung festzulegen' ist.

Unter formaler Behandlung ist – im Gegensatz zur inhaltlichen, materiellen Behandlung – nur die kanzleimäßige, organisatorische Organisation und damit getrennt von der inhaltlichen Verwaltungstätigkeit die Interne Dokumentation der Verwaltungstätigkeit gemeint. In diesem Zusammenhang folgt § 13 SPG dem allgemeinen System der Kanzleiorganisation auf Ebene der Bundesverwaltung. So heißt es auch in § 12 Bundesministeriengesetz, BGBl. I Nr. 76/1986 idF BGBl. I Nr. 87/2001, dass 'die formale Behandlung der von den Bundesministerien zu besorgenden Geschäfte [...] von der Bundesregierung in einer für alle Bundesministerien einheitlichen Kanzleiordnung festzulegen' ist.

In diesem Sinn hat die Kanzleiorganisation auch eine gesetzliche Grundlage, die – gemessen an dem von ihr verfolgten Zweck – im Sinne der vom Beschwerdeführer angeführten Rechtssprechung des EGMR Amann gegen Schweiz ausreichend ist. So war im Fall Amann gegen Schweiz eine geheime Telefonabhörung (secret surveillance measure) durch den Schweizer Geheimdienst und die darüber gemachten Aufzeichnungen Gegenstand (vgl. Rn 8-15 des Urteiles des EGMR vom 16.2.2000) und deren ernster Eingriff in das Privatleben (serious interference) Grund für die Aussagen des EGMR zur gesetzlichen Grundlage (vgl. Rn 56 des Urteiles des EGMR vom 16.2.2000). Im vorliegenden Fall geht es im Gegensatz dazu um die rein aktenmäßige Protokollierung eines unwidersprochen stattgefundenen Verwaltungshandels, nämlich eines Ermittlungsverfahrens, nicht zur inhaltlichen Verwendung der Daten, sondern lediglich zur Dokumentation bzw. zur Wiederauffindung der entsprechenden Papierakte.

So lässt auch § 5 des Bundesarchivgesetzes (Bundesgesetz über die Sicherung, Aufbewahrung und Nutzung von Archivgut des Bundes, BGBl. Nr. 162/1999) erkennen, dass die Bundesdienststellen grundsätzlich verpflichtet sind, ihr Verwaltungshandeln zu dokumentieren.

In diesem Sinn dienen sowohl die Steckzettel der Indexkartei als auch Protokolleintragungen einem Dokumentationszweck, da sie eine Übersicht über ein erfolgtes Verwaltungshandeln ('Geschehen') vermitteln. Würde dieses Verwaltungshandeln – gerade im Bereich der Sicherheits- und der Kriminalpolizei – nicht dokumentiert, wäre es jeder zukünftigen rechtsstaatlichen Kontrolle auf seine Rechtmäßigkeit (Art 18 B-VG) entzogen oder würde eine solche wesentlich erschwert werden. Die Dokumentation und das Wiederauffinden eines erfolgten Verwaltungshandelns ist z.B. zur Gewährleistung von Schadenersatz für den Betroffenen im Falle der Rechtswidrigkeit (nach Artikel 23 B-VG) oder zur Sicherung der Rechnungs- und Gebarungskontrolle (nach dem 5. Hauptstück des B-VG) erforderlich.

Die im vorliegenden Fall maßgebliche manuelle Datei darf aber nur für den angeführten Dokumentationszweck benutzt werden:

Daher ist eine kanzleimäßige und damit 'formale' Dokumentation des Verwaltungshandelns datenschutzrechtlich nicht unzulässig. Somit liegen auch nicht die Voraussetzungen zur Löschung dieser Daten vor. Das bedeutet, dass jede Löschung oder Richtigstellung durch Inhaltsänderung ausscheidet, allerdings eine zusätzliche richtig stellende Anmerkung möglich wäre. Eine solche könnte in Form entsprechender Ergänzungen um Tatsachen (Anmerkung des – freisprechenden wie verurteilenden – Strafurteils, der Einstellung des Verfahrens, überhaupt sonstiger Verfahrensergebnisses, bis hin zu auf das Verfahren bezogenen Urteilen supranationaler Instanzen wie des EGMR) erfolgen. Der Beschwerdeführer hat allerdings klar zum Ausdruck gebracht, dass eine Richtigstellung etwa des Inhalts durch eine solche Anmerkung nicht in seinem Sinne wäre, seine Anträge lauten auf Löschung, in eventu auf weitere Anmerkungen, davon aber keine im Sinne einer Anmerkung des Verfahrensausgangs.

Da somit innerhalb der vom Beschwerdeführer gezogenen Grenzen seines Antrags dem Hauptbegehren auf Löschung nicht stattgegeben werden kann, war die Beschwerde auch hinsichtlich des Protokollbuchs im Hauptpunkt abzuweisen; es besteht kein Recht auf Löschung oder auf Feststellung, durch die nicht erfolgte Löschung in Datenschutzrechten verletzt zu sein.

b) Eventualanträge auf Anmerkung :

Der Beschwerdeführer stellte mit Stellungnahme vom 13. Juli 2004 Eventualanträge, die darauf gerichtet sind, weiter zu verarbeitende Daten durch Anmerkungen gemäß § 27 Abs 3 zweiter Satz DSG 2000 richtig zu stellen. Konkret soll das Außerkrafttreten von § 209 StGB und die 'mittlerweilige Legalität' des damaligen Verhaltens des Beschwerdeführers angemerkt werden.

Der Beschwerdeführer hat derartige Anträge erstmals an die Datenschutzkommission gerichtet, sein Begehren an den Auftraggeber lautete nur auf Löschung, Eventualbegehren hat der Beschwerdeführer im laut Sachverhaltsfeststellung vorgelegten Löschungsbegehren keine gestellt. Dem Beschwerdegegner wurde daher auch keine Gelegenheit geboten, sich mit dieser Frage auseinander zu setzen. Durch die Nichterfüllung eines nie gestellten und doch sehr individuellen Begehrens auf Richtigstellung von Daten, kann der Beschwerdeführer daher auch nicht im entsprechenden Recht verletzt worden sein. Die Datenschutzkommission erkennt gemäß § 31 Abs 2 DSG 2000 über behauptete Verletzungen eines Betroffenen im Recht (u.a.) auf Richtigstellung von Daten, was bei Anmerkungen gemäß § 27 Abs 3 zweiter Satz DSG 2000 jedenfalls logisch voraussetzt, dass der Betroffene das geltend gemachte Recht vorab beim Auftraggeber eingefordert hat, da der Inhalt einer solchen Anmerkung von einer Erklärung des Betroffenen abhängen würde. Im Übrigen kann zur Frage, warum die Anträge auf Anmerkung auch in der Sache unbegründet sind, auf die Ausführungen der Datenschutzkommission in der Begründung einer früheren Entscheidungen verwiesen werden (insbesondere Bescheid der Datenschutzkommission vom 14. Jänner 2005, GZ K120.849/0001-DSK/2005, enthalten in der RIS-Datenbank der Datenschutzkommission, http://www.ris.bka.gv.at/dsk/).

Die entsprechenden Eventualanträge waren daher als unbegründet abzuweisen.

c) Eventualanträge auf Feststellung der Rechtsverletzung durch 'Nichtvornahme der Mitteilung gemäß § 27 (4) iVm § 27 Abs 3 DSG 2000 bezüglich der konventionell verarbeiteten Daten' und Auftrag zur Abgabe der entsprechenden Mitteilung :

Der Begriff der 'konventionell verarbeiteten Daten' ist sowohl dem DSG 2000 als auch anderen Gesetzen, als auch der 'Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr' unbekannt. Aus zahlreichen durch den anwaltlichen Vertreter des Beschwerdeführers geführten Verfahren ist amtsbekannt, dass damit Daten außerhalb einer Datenanwendung oder manuellen Datei gemeint sind.

§ 27 Abs 4 DSG 2000 bezieht sich, wie bereits wiederholt ausgeführt, nur auf Daten, die in einer Datenanwendung oder manuellen Datei verwendet werden. Hinsichtlich anderer – im Sinne obiger Diktion: 'konventionell verarbeiteter' – Daten besteht keine Pflicht eines Auftragebers, von der Ablehnung der Löschung oder Richtigstellung Mitteilung zu machen. Die entsprechenden Eventualanträge waren daher als unbegründet abzuweisen.

Mit Erkenntnis vom 19. Dezember 2005, Zl. 2005/06/0140-8, hat der VwGH der Beschwerde gegen diesen Bescheid teilweise stattgegeben und den Bescheid „insoweit wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben, als er das Protokollbuch betrifft.“

Aus den Entscheidungsgründen:

Nach Darstellung des Verfahrensgangs, des Inhalts des angefochtenen Bescheids und des Vorbringens der Parteien hat der VwGH erwogen:

„Soweit die Beschwerdeausführungen dahin zu verstehen sein sollten, dass sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid auch in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten als verletzt erachtet, fiele dies in die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes und nicht des Verwaltungsgerichtshofes; im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist daher hierauf nicht weiter einzugehen.

Im Beschwerdeverfahren ist das Datenschutzgesetz 2000, BGBl. I Nr.165/1999 (DSG 2000), in der Fassung BGBl. I Nr.136/2001, anzuwenden.

Gemäß § 27 Abs.3 DSG 2000 ist eine Richtigstellung oder Löschung von Daten ausgeschlossen, soweit der Dokumentationszweck einer Datenanwendung nachträgliche Änderungen nicht zulässt (erster Satz). Die erforderlichen Richtigstellungen sind diesfalls durch entsprechende zusätzliche Anmerkungen zu bewirken (zweiter Satz).

§ 209 StGB lautete:

"Gleichgeschlechtliche Unzucht mit Personen

unter achtzehn Jahren

§ 209. Eine Person männlichen Geschlechtes, die nach Vollendung des neunzehnten Lebensjahres mit einer Person, die das vierzehnte, aber noch nicht das achtzehnte Lebensjahr vollende hat, gleichgeschlechtliche Unzucht treibt, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen."

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 21. Juni 2002, G 6/02, VfSlg. 16.565, wurde § 209 StGB als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die Aufhebung mit Ablauf des 28. Februar 2003 in Kraft trete und frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft träten. Die Aufhebung wurde in BGBl. I Nr.101/2002 kundgemacht.

Mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2002, BGBl. I Nr.134, wurde § 209 StGB mit Ablauf des 13. August 2002 aufgehoben (zugleich wurde allerdings der Straftatbestand des "sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen" gemäß § 207b StGB geschaffen).

Der Beschwerdeführer bezieht sich in seiner Argumentation u. a. auch auf die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr vom 24. Oktober 1995, 95/46/EG (EG-Datenschutzrichtlinie).

Gemäß ihrem Artikel 3 Abs.2 findet diese Richtlinie keine Anwendung auf die Verarbeitung personenbezogener Daten für die Ausübung näher beschriebener Tätigkeiten, "und auf keinen Fall auf Verarbeitungen betreffend die öffentliche Sicherheit [...] und die Tätigkeiten des Staates im strafrechtlichen Bereich".

Im Übrigen wurde die maßgebliche Rechtslage im Erkenntnis vom 21. Oktober 2004, Zl. 2004/06/0086, näher dargestellt, worauf verwiesen werden kann.

Der Beschwerdeführer verfolgt mit seiner Beschwerde das Ziel, die Vernichtung des beim GP befindlichen "Kopienaktes" bzw. "Papieraktes" (Zweitschrift der Anzeige) sowie die Löschung (Schwärzung) der fraglichen Eintragung im Protokollbuch zu erwirken.

Wie im genannten Erkenntnis vom 21. Oktober 2004, Zl. 2004/06/0086, näher ausgeführt, kommt ein solcher Löschungsanspruch nur dann in Betracht, wenn es sich beim fraglichen "Papierakt" (bzw."Kopienakt") sowie beim Protokollbuch um eine "manuelle Datei" im Sinne des § 1 Abs.3 bzw. des § 58 DSG 2000 handelt.

Zum "Kopienakt" hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis ausgeführt:

"Zu prüfen ist, ob es sich beim "Papierakt" bzw. "Kopienakt", um den es hier geht, im Sinne des § 4 Z 6 DSG 2000 um eine "strukturierte Sammlung von Daten, die nach mindestens einem Suchkriterium zugänglich sind", handelt. Behördliche oder gerichtliche "Akten" werden in Österreich typischerweise derart gebildet, dass die verschiedenen Geschäftsstücke, welche die Sache betreffen, entweder in einen Umschlag (Mappe, Ordner oder dergleichen) in der Regel in chronologischer Reihenfolge aufgenommen werden, oder aber auch (so etwa beispielsweise im Bereich der Bundesministerien) Geschäftsstücke nach dem Fortgang des Verfahrens jeweils in eigene Referatsbögen (mit eigenen Zahlen) eingelegt werden und daraus dann die die Sache betreffenden Aktenkonvolute gebildet werden. Zur Bestimmung des Begriffes "strukturierte Datei" bzw. zur Umschreibung des Begriffes "Datei" tritt der Verwaltungsgerichtshof den in der zuvor genannten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 28. Juni 2000, 6 Ob 148/00h, wiedergegebenen Erwägungen bei. Dieser hat, wie wiedergegeben, im Kern die Ansicht vertreten, dass die Struktur einer manuellen Datei als einer strukturierten Sammlung personenbezogener Daten im Sinne des § 1 Abs. 3 DSG 2000 iVm Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie dann zu bejahen ist, wenn sie – im Gegensatz zu einem Fließtext - eine äußere Ordnung aufweist, nach der die verschiedenen Arten von Daten in einer bestimmten räumlichen Verteilung auf dem oder den manuellen Datenträgern oder in einer bestimmten physikalischen oder logischen Struktur dargestellt sind. Darüber hinaus müssen die Daten nach bestimmten Kriterien zugänglich sein, d.h. es bestehen vereinfachte Möglichkeiten der inhaltlichen Erschließung, beispielsweise durch alphabetische oder chronologische Sortierung oder durch automatisierte Erschließungssysteme. Unter Datei sind daher Karteien und Listen, nicht aber Akten und Aktenkonvolute zu verstehen, wie dies auch der Erwägungsgrund 27 der Richtlinie zum Ausdruck bringt. Das Vorliegen einer manuellen Datei im Sinne des § 1 Abs. 3 DSG 2000 setzt daher voraus, dass sie sich durch den schon erwähnten bestimmten "Organisationsgrad" der "Akten" auszeichnen muss, um von einer Strukturierung im Sinne des DSG 2000 sprechen zu können, der aber beim vorliegenden "Papierakt" nicht gegeben ist.

Zusammenfassend ergibt sich im Beschwerdefall, dass der fragliche "Kopienakt" (Zweitschrift der an die Staatsanwaltschaft erstatteten Strafanzeige) betreffend den Beschwerdeführer mangels der erforderlichen Strukturierung nicht als "manuelle Datei" im Sinne des DSG 2000 anzusehen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof tritt auch nicht der in der Beschwerde (zumindest der Tendenz nach) vertretenen Auffassung bei, der "Kopienakt" bilde mit den korrespondierenden Geschäftsbehelfen (Protokollbuch, Indexkarte - eine solche betreffend den Beschwerdeführer gibt es im Übrigen, wie die belangte Behörde festgestellt hat, nicht oder nicht mehr) eine Art untrennbare Einheit, womit erkennbar das erforderlich Maß an Strukturierung erreicht werden soll. Abgesehen davon, dass eine solche untrennbare Einheit schon faktisch nicht gegeben ist, dienen die Geschäftsbehelfe der Auffindung des Aktes und nicht seiner inneren Strukturierung.

Dieses Ergebnis steht auch nicht im Widerspruch mit dem im Erwägungsgrund 27 der Richtlinie dargelegten Schutzzweck, weil aus technischer Sicht (sieht man von entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen ab) ein Zugriff auf personenbezogene Daten, die automationsunterstützt verarbeitet sind, in der Regel leichter erfolgen kann als auf solche, die in einem "Papierakt" (im Sinne des oben dargelegten Verständnisses) enthalten sind (weil er hiezu nicht elektronisch durchsucht, sondern grundsätzlich Seite für Seite gelesen werden muss). Um Missverständnissen vorzubeugen, ist darauf hinzuweisen, dass es im Beschwerdefall nicht um das Grundrecht auf Geheimhaltung von Daten geht (§ 1 Abs. 1 DSG 2000), sondern (im hier relevanten Zusammenhang) "nur" um das Recht auf Löschung (siehe § 1 Abs. 3 leg. cit.)."

Der Beschwerdefall gibt keinen Anlass, von dieser Beurteilung abzugehen.

Der Beschwerdeführer beantragt zwar die Einholung einer Vorabentscheidung durch den Europäischen Gerichtshof gemäß Art.234 EGV zu folgenden Fragen:

1."Handelt es sich bei einem polizeilichen ‘Papierakt’ bzw. ‘Kopienakt’ (Zweitschrift der an die Staatsanwaltschaft erstatteten Anzeige, die auch sensible Daten enthält), der nach personenbezogenen Daten in einem Protokollbuch bzw. einer Indexkartei auffindbar und somit nach mindestens einem Kriterium zugänglich ist, um eine Datei im Sinne des Art.2 lit.c. der Datenschutzrichtlinie (RL 95/46/EG)?"

2."Handelt es sich bei einem polizeilichen ‘Papierakt’ bzw. ‘Kopienakt’ (Zweitschrift der an die Staatsanwaltschaft erstatteten Anzeige, die auch sensible Daten enthält), der nach personenbezogenen Daten in einem Protokollbuch bzw. einer Indexkartei auffindbar und somit nach mindestens einem Kriterium zugänglich ist, um einen Teil einer Datei im Sinne des Art.2 lit.c. der Datenschutzrichtlinie (RL 95/46/EG)?"

Dem ist aber zu entgegnen, dass es sich bei diesem Akt um Tätigkeiten des Staates im strafrechtlichen Bereich (allenfalls betreffend die öffentliche Sicherheit) handelt, wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend hervorhebt, die von vornherein vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie (gemäß ihrem Art.3 Abs.2) ausgenommen sind. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher nicht veranlasst, dem Ersuchen zu entsprechen. Auch das Vorbringen des Beschwerdeführers in seinem weiteren Schriftsatz vom 1.

Dezember 2005 (mit Hinweisen auf Schima in Mayer, Kom. EUV,

EGV, Rz 129-131, 134, zu Art.234 EGV, und auch [richtig]

Kucsko-Stadlmayer in Mayer, aaO, Rz 45 zu Art.12 EGV) vermag

daran nichts zu ändern. Es ist zwar richtig, dass das DSG 2000

der EG-Datenschutzrichtlinie nachgebildet ist. Ein Bereich,

der ausdrücklich vom Geltungsbereich dieser Richtlinie

ausgenommen ist, kann aber begrifflich von der Richtlinie

nicht geregelt sein. In diesem Bereich kommt daher eine

bindende Auslegung der Richtlinie durch den EuGH im Wege eines

Vorabentscheidungsersuchens nicht in Betracht.

Was nun die Eintragungen im Protokollbuch anlangt, hat der

Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 29. November

2005, Zl. 2005/06/0169, betreffend einen insofern ähnlich gelagerten Fall (aber mit dem wesentlichen Unterschied, dass die Eintragungen im Protokollbuch keine unmittelbaren Hinweise auf sensible Daten enthielten) näher (auch unter Darstellung der betreffenden Bestimmungen der Kanzleiordnung für die Bundesgendarmerie) dargelegt, dass es sich bei diesem Protokollbuch um eine "manuelle Datei" handelt (auf die Ausführungen in diesem Erkenntnis kann daher gemäß § 43 Abs.2 zweiter Satz VwGG verwiesen werden). Der Verwaltungsgerichtshof kam in jenem Beschwerdefall zum Ergebnis, dass der von der belangten Behörde dargelegte Dokumentationszweck (argumentiert wurde, so wie hier, mit der Notwendigkeit einer Dokumentation zur Gewährleistung von Schadenersatz für den Betroffenen im Fall von Amtshaftungsansprüchen oder auch zur Sicherung der Rechnungs- und Gebarungskontrolle nach dem 5. Hauptstück des B-VG) dem Löschungsanspruch des (damaligen) Beschwerdeführers entgegenstehe. Weiters wurde ausgeführt:

"Im Beschwerdefall ist im Übrigen mangels Indexkarte ein Auffinden des Aktes oder auch der Eintragung im Protokollbuch dann, wen die Aktenzahl nicht bekannt sein sollte, ohnedies nur mit einigem Aufwand möglich, weil dazu entweder alle Protokollbücher in dem in Betracht kommenden Zeitraum durchgesehen werden müssen, um die Zahl zu ermitteln (und so den abgelegten Akt zu finden) oder aber der Bestand an abgelegten Akten. Das Protokoll dient allein der Auffindung des Aktes, das ist der Zweck der Anwendung. Nur für diesen Zweck wird es benötigt, nicht aber für eine weitere Verarbeitung. Dieser Dokumentationszweck lässt die begehrte Löschung nicht zu.

Auch aus dem Blickwinkel des im Datenschutz bestehenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sind die den Beschwerdeführer betreffenden fraglichen Eintragungen im Protokollbuch (die im Übrigen gemäß der mit dem angefochtenen Bescheid erfolgten Anordnung der belangten Behörde durch Anmerkung des erfolgten Freispruchs zu ergänzen sind) nicht so beschaffen, dass dennoch ein Löschungsanspruch zu bejahen wäre. Ob dies allenfalls anders zu beurteilen wäre, wenn das Protokollbuch unmittelbar Hinweise auf sensible Daten enthielte, kann dahingestellt blieben, weil dies hier nicht der Fall ist."

In diesem Beschwerdefall ist der Sachverhalt aber insoweit anders gelagert, als das Protokollbuch durch den Hinweis auf die strafbare Handlung (§ 209 StGB) unmittelbar einen Hinweis auf sensible Daten enthält. Der Beschwerdeführer verweist auch nicht zu Unrecht darauf, dass § 209 StGB vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig und sodann auch vom Gesetzgeber (BGBl. I Nr.134/2002, mit früherer Wirksamkeit) aufgehoben wurde und somit eine Strafbarkeit nach dieser Norm nicht mehr in Betracht kommt, und nicht zuletzt darauf, dass eben wegen dieser strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers ein verurteilendes Erkenntnis des EGMR ergangen ist. Vor diesem Hintergrund ist der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung, dass bei der gegebenen Verfahrenslage aus dem Blickwinkel des zuvor schon angeführten, im Datenschutz bestehenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. § 1 Abs.2 DSG 2000 iVm Art.8 Abs.2 EMRK), die Argumente, die für eine Löschung sprechen, gewichtiger erscheinen als die Gründe, auf die die belangte Behörde den von ihr angenommenen Dokumentationszweck gestützt hat. In Betracht käme demnach die Löschung (Schwärzung) des Namens des Beschwerdeführers in dieser Eintragung im Protokollbuch, womit die Verknüpfung der Eintragung mit der Person des Beschwerdeführers unterbrochen wird. Die Löschung der gesamten Eintragung erscheint demnach nicht geboten.

Dadurch, dass die belangte Behörde die aufgezeigten Umstände verkannte, belastet sie den angefochtenen Bescheid (insofern) mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er (insofern) also betreffend das Protokollbuch, gemäß § 42 Abs.2 Z 1 VwGG aufzuheben war. Im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs.1 VwGG als unbegründet abzuweisen.“

[Begründung der Kostenentscheidung nicht wiedergegeben]

Mit Erkenntnis vom 27. Juni 2006, Zl. B 482/05-10, hat der VfGH nach Kenntnisnahme vom oben zitierten Erkenntnis des VwGH das Verfahren über die parallel erhobenen Beschwerde teils wegen Klaglosstellung des Beschwerdeführers eingestellt , teils die Beschwerde als unbegründet abgewiesen .

Aus den Entscheidungsgründen:

Nach Darstellung des Verfahrensgangs, des Inhalts des angefochtenen Bescheids und des Vorbringens der Parteien (ausführliche Zitierung der Beschwerde und der Gegenschrift) führt der VfGH aus:

„2. Der Verfassungsgerichtshof hat über die — zulässige - Beschwerde erwogen:

2.1. Den hier bekämpften, auch im Verfahren Z 2005/06/0140 vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid hat dieser mit Erkenntnis vom 19.12.2005 “insoweit wegen seines Inhalts aufgehoben, als er das Protokollbuch betrifft“. Insoweit ist vor dem Verfassungsgerichtshof der Beschwerdegegenstand weggefallen. Dies ist den in § 19 Abs. 3 Z 3 VfGG genannten Einstellungsgründen gleichzuhalten (vgl. etwa VfGH 11.3.2005, B 1194/04).

Das Verfahren war daher insoweit einzustellen.

2.2. Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde dem Löschungsbegehren des Beschwerdeführers auch hinsichtlich des sogenannten Kopienakts keine Folge gegeben. Damit ist die Datenschutzkommission allerdings im Recht. Wie der Verfassungsgerichtshof nämlich schon in seinem Erkenntnis vom 15.12.2005, B 1590/03 — auf das verwiesen wird - erkannt hat, ist unter einer Datei iSd § 4 Z 6 DSG nur eine “strukturierte Sammlung von Daten, die nach mindestens einem Suchkriterium zugänglich sind“, zu verstehen. Dem genügt ein nicht personenbezogen strukturierter Papierakt nicht (vgl. § 4 Z 1 DSG)

Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich qewährleisteter Rechte hat demgemäß allein schon deshalb nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher im Übrigen abzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung gründet auf § 88 VfGG.

Diese Gesetzesstelle sieht bei Einstellung des Verfahrens wegen Klaglosstellung - und daher auch wegen eines gleich zu haltenden Einstellungsgrundes — einen Kostenersatz an den Beschwerdeführer nur dann vor, wenn dieser von einer Partei klaglos gestellt wurde; ein solcher Fall liegt bei der Aufhebung des angefochtenen Bescheids durch den Verwaltungsgerichtshof nicht vor (vgl. etwa VfSlg. 15.909/2000).

Kosten an die belangte Behörde als teilweiser Ersatz des Schriftsatzaufwands waren deshalb nicht zuzusprechen, weil dies im VfGG nicht vorgesehen ist und eine sinngemäße Anwendung des § 48 Abs. 2 Z 2 VwGG im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof nicht in Betracht kommt (s. etwa VfGH 26.1.2006, B 1325/04).

4. Dies konnte gemäß § 19 Abs. 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.“

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