GZ: 2025-0.746.087 vom 17. September 2025 (Verfahrenszahl: DSB-D124.3276/25)
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BESCHEID
SPRUCH
Die Datenschutzbehörde entscheidet über die Datenschutzbeschwerde der A*** Reinigungs KG (Beschwerdeführerin) vom 13. September 2025 gegen die österreichische Finanzpolizei, Bundesministerium für Finanzen (Beschwerdegegnerin) wegen behaupteter Verletzung im Recht auf Geheimhaltung sowie im Recht auf Information wie folgt:
1. Die Beschwerde wegen behaupteter Verletzung im Recht auf Geheimhaltung wird als unbegründet abgewiesen .
2. Die Beschwerde wegen behaupteter Verletzung im Recht auf Information wird zurückgewiesen .
Rechtsgrundlagen: Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 sowie Art. 2 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung, im Folgenden: DSGVO), ABl. Nr. L 119 vom 4.5.2016 S. 1; §§ 1, 18 Abs. 1 sowie 24 Abs. 1 und Abs. 5 des Datenschutzgesetzes (DSG), BGBl. I Nr. 165/1999 idgF.
BEGRÜNDUNG
A. Vorbringen der Parteien und Verfahrensgang
Mit verfahrenseinleitender Eingabe vom 13. September 2025 brachte die Beschwerdeführerin vor, dass sie in eigenem Namen Beschwerde erhebe, da Mitarbeiter*innen der Beschwerdegegnerin unzulässige Fotoaufnahmen erstellt hätten. Im Rahmen einer finanzrechtlichen Kontrolle seien ohne vorherige Information und ohne Einwilligung Fotos von zwei Mitarbeitern der Beschwerdeführerin sowie von den Betriebsräumlichkeiten angefertigt worden. Die Beschwerdeführerin erachte sich dadurch im Recht auf Information gemäß Art. 13 DSGVO verletzt und sei das Vorgehen entgegen Art. 5 und Art. 6 DSGVO erfolgt.
B. Beschwerdegegenstand
Beschwerdegegenstand ist die Frage, ob die Beschwerdegegnerin die Beschwerdeführerin dadurch im Recht auf Information und im Recht auf Geheimhaltung verletzt hat, indem Mitarbeiter*innen der Beschwerdegegnerin im Rahmen einer finanzrechtlichen Kontrolle Lichtbilder von Mitarbeitern und Betriebsräumlichkeiten angefertigt haben.
C. Sachverhaltsfeststellungen
Die Datenschutzbehörde legt das Vorbringen unter Punkt A ihren Sachverhaltsfeststellungen zugrunde.
Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine im österreichischen Firmenbuch eingetragene Kommanditgesellschaft.
Beweiswürdigung : Die Feststellungen beruhen auf der Eingabe der Beschwerdeführerin vom 13. September 2025 sowie einer amtswegigen Abfrage des Firmenbuches, abgefragt am 17. September 2025.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
D1. Vorbemerkungen
Die Beschwerdeführerin monierte im Rahmen der Beschwerde eine Verletzung von Art. 13 DSGVO sowie Verstöße gegen Art. 5 und Art. 6 DSGVO.
Auch wenn die Beschwerdeführerin eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung nicht explizit behauptete, so war das Vorbringen hinsichtlich der Verstöße gegen Art. 5 und Art. 6 DSGVO im Sinne einer höchstmöglichen Betroffenenfreundlichkeit als behauptete Verletzung von § 1 Abs. 1 DSG auszulegen.
Der VwGH hat wiederholt ausgesprochen, dass für die Beurteilung des Charakters eines Anbringens sein wesentlicher Inhalt, der sich aus dem gestellten Antrag erkennen lässt, maßgeblich ist und es nicht auf Bezeichnungen und zufällige Verbalformen ankommt, sondern auf das erkennbare oder zu erschließende Ziel eines Parteischrittes, wobei Parteierklärungen im Zweifel so auszulegen sind, dass die diese abgebende Partei nicht um ihren Rechtsschutz gebracht wird (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 15.6.2004, 2003/18/0321).
Zur Unterlassung der Durchführung eines (weiteren) Ermittlungsverfahrens ist festzuhalten, dass im vorliegenden Fall Feststellungen insbesondere dahingehend, ob sich der von der Beschwerdeführerin monierte Sachverhalt – nämlich die Erstellung von Lichtbildern durch die Mitarbeiter*innen der Beschwerdegegnerin – tatsächlich (in der von der Beschwerdeführerin geschilderten Form) ereignet hat, aufgrund der rechtlichen Unbegründetheit (siehe hierzu Punkt D.2.) unterbleiben konnten.
Laut VwGH kann in solchen Fällen mittels „ Wahrunterstellung " vorgegangen werden:
Das Wesen einer sogenannten „Wahrunterstellung" - deren Vornahme nach der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als zulässig angesehen wurde - liegt darin, dass das sachverhaltsbezogene Vorbringen einer Verfahrenspartei - regelmäßig jenes des Antragstellers [hier: Beschwerdeführerin] - gerade nicht als tatsächlich gegeben festgestellt wird. Vielmehr wird im Rahmen einer Wahrunterstellung geprüft, ob im Fall der hypothetischen Richtigkeit des Vorbringens zum Sachverhalt aus den geltend gemachten Tatsachen - allenfalls in Verbindung mit bereits feststehenden Sachverhaltselementen - der behauptete Rechtsanspruch überhaupt begründet werden kann. Ist dies nicht der Fall, bedarf es keiner Ermittlungen und Feststellungenzur Richtigkeit des (allenfalls: übrigen, noch keinen Feststellungen unterworfenen) sachverhaltsbezogenen Vorbringens, weil sich die behaupteten tatsächlichen Vorgänge aus rechtlichen Gründen nicht (mehr) als im Sinn des § 37 AVG maßgeblich darstellen (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0069).
D2. Zur Beschwerde
Zum Recht auf Information (Spruchpunkt 2)
Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, handelt es sich bei der Beschwerdeführerin um eine juristische Person , welche vom Schutzbereich der DSGVO ausdrücklich nicht mitumfasst ist.
Gemäß Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 DSGVO enthält die Verordnung Vorschriften zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Verkehr solcher Daten. Sie schützt die Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen und insbesondere deren Recht auf Schutz personenbezogener Daten.
Laut ErwG 14 der DSGVO gilt dies nicht für die Verarbeitung personenbezogener Daten juristischer Personen und insbesondere als juristische Person gegründeter Unternehmen, einschließlich Name, Rechtsform oder Kontaktdaten der juristischen Person.
Somit war die Beschwerde in diesem Punkt mangels Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführerin zurückzuweisen .
Der Vollständigkeit halber ist noch darauf hinzuweisen, dass Art. 13 DSGVO entsprechende Informationsrechte auch in § 1 Abs. 3 DSG - auf welchen sich juristische Personen allenfalls stützen könnten - nicht vorgesehen wären.
Zum Recht auf Geheimhaltung (Spruchpunkt 1)
Nach § 1 Abs. 1 DSG hat jedermann Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
Die Datenschutzbehörde hat zwar ausgesprochen, dass auch juristische Personen dem Schutzbereich des § 1 DSG – im Unterschied zur DSGVO - unterliegen und zur Geltendmachung ihrer darin gewährten Rechte auch zur Erhebung einer Beschwerde gemäß § 24 DSG legitimiert sind (vgl. dazu ausführlich der Bescheid der Datenschutzbehörde vom 25. Mai 2020, GZ: D124.1182, 2020-0.191.240).
Die Verletzung einer juristischen Person im Recht auf Geheimhaltung durch die Vornahme einer Videoüberwachung ist jedoch mangels tatsächlicher Erfassungs- und damit Datenverarbeitungsmöglichkeit denkunmöglich(vgl. hierzu den Bescheid der DSB vom 13. September 2018, GZ: DSB-D216.713/0006-DSB/2018, abrufbar im RIS).
Folglich war die Beschwerde in diesem Punkt gemäß § 24 Abs. 5 DSG abzuweisen .
Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass Daten natürlicher Personen, die der Beschwerdeführerin allenfalls zugerechnet werden (wie verfahrensgegenständlich die Mitarbeiter), nicht ipso facto als Daten der Beschwerdeführerin angesehen werden können, da es sich bei den Rechten nach der DSGVO und dem DSG um höchstpersönliche Rechtehandelt, die dadurch gekennzeichnet sind, dass ihr Inhalt durch die Person des Berechtigten bestimmt wird (vgl. etwa den Bescheid der DSB vom 13.9.2018, DSB-D216.713/0006-DSB/2018).
Sollten sich die Mitarbeiter daher in ihren Rechten nach der DSGVO oder des DSG als verletzt erachten, steht ihnen die persönliche Beschwerdeerhebung offen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Rückverweise