IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin XXXX , Erziehungsberechtigte der am XXXX geborenen Zweitbeschwerdeführerin XXXX , gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Steiermark vom 18. August 2025, Zl. 601202/186-2025, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
1. Verfahrensgang
1. Am 14. August 2025 (Datum des Einlangens) zeigte die Erstbeschwerdeführerin die Teilnahme der Zweitbeschwerdeführerin an häuslichem Unterricht für das Schuljahr 2025/2026 an.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Anzeige gemäß § 11 Abs. 3 Schulpflichtgesetz (SchPflG) i.V.m. §2 Abs. 2 und 3 Steiermärkisches Schulzeit-Ausführungsgesetz als verspätet zurück.
Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, die Anzeige des häuslichen Unterrichts hätte spätestens am Freitag, den 11. Juli 2025, bei der belangten Behörde einlangen müssen. Die vorliegende Anzeige sei jedoch erst am 14. August 2025 und damit verspätet bei der belangten Behörde eingelangt.
3. Dagegen erhob die Erstbeschwerdeführerin die vorliegende Beschwerde, in der sie zusammengefasst vorbringt:
Die belangte Behörde hätte keinen Bescheid erlassen dürfen, weil der häusliche Unterricht nach Art. 17 Abs. 3 StGG ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Grundrecht ohne Gesetzesvorbehalt sei und im privaten Schutzbereich liege, in den der Staat nicht eingreifen dürfe. Ein einfaches Gesetz wie das Schulpflichtgesetz könne dieses Grundrecht nicht beschränken. Mangels gesetzlicher Eingriffsermächtigung liege ein Verstoß gegen das rechtsstaatliche Prinzip vor. Art. 14 Abs. 7a B-VG könne den Schutzbereich des Grundrechts nicht einschränken, da dies nur durch Volksabstimmung zulässig wäre. Da die Bildungspflicht der Zweitbeschwerdeführerin durch häuslichen Unterricht erfüllt werde, bestehe keine Schulpflicht; die Anwendung des Schulpflichtgesetzes sei daher rechtswidrig.
4. Am 14. Oktober 2025 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Die am XXXX geborene Zweitbeschwerdeführerin hält sich in Österreich dauernd auf.
Erst am 14. August 2025 zeigte die Erstbeschwerdeführerin die Teilnahme der Zweitbeschwerdeführerin an häuslichem Unterricht für das Schuljahr 2025/2026 an.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt; sie sind unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt A)
3.1.1. Vorab ist festzuhalten, dass der äußerste Rahmen für die Prüfbefugnis des Verwaltungsgerichts die „Sache“ des bekämpften Bescheides im Sinne des § 27 VwGVG ist (vgl. etwa VwGH 24.04.2018, Ra 2017/17/0895, m.w.H.). Wenn also die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen hat, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (vgl. etwa VwGH 29.09.2022, Ra 2021/15/0052, m.w.N.).
Verfahrensgegenstand ist somit ausschließlich die Frage, ob die belangte Behörde die Anzeige über die Teilnahme der Zweitbeschwerdeführerin an häuslichem Unterricht für das Schuljahr 2025/2026 zu Recht als verspätet zurückgewiesen hat.
3.1.2. Gemäß § 1 Abs. 1 SchPflG besteht für alle Kinder, die sich in Österreich dauernd aufhalten, allgemeine Schulpflicht nach Maßgabe dieses Abschnittes.
Gemäß § 2 SchPflG beginnt die allgemeine Schulpflicht mit dem auf die Vollendung des sechsten Lebensjahres folgenden 1. September.
Gemäß § 3 SchPflG dauert die allgemeine Schulpflicht neun Jahre.
Gemäß § 5 Abs. 1 SchPflG ist die allgemeine Schulpflicht durch den Besuch von allgemein bildenden Pflichtschulen sowie von mittleren oder höheren Schulen zu erfüllen.
Gemäß § 11 Abs. 1 SchPflG kann die allgemeine Schulpflicht – unbeschadet des § 12 – auch durch die Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule mindestens gleichwertig ist.
Gemäß § 11 Abs. 2 leg. cit. kann die allgemeine Schulpflicht ferner durch die Teilnahme an häuslichem Unterricht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer in § 5 genannten Schule mindestens gleichwertig ist.
Gemäß § 11 Abs. 3 Z 1 SchPflG haben die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten (unter anderem) die Teilnahme ihres Kindes an häuslichem Unterricht der Bildungsdirektion anzuzeigen. Diese Anzeige hat bis eine Woche nach dem Ende des vorhergehenden Unterrichtsjahres zu erfolgen.
§ 2 Abs. 1 bis 3 Steiermärkisches Schulzeit-Ausführungsgesetz 1999 lautet:
„§ 2
Schuljahr
(1) Das Schuljahr beginnt am zweiten Montag im September und dauert bis zum Beginn des nächsten Schuljahres.
(2) Das Schuljahr besteht aus dem Unterrichtsjahr und den Hauptferien. Das Unterrichtsjahr beginnt mit dem Schuljahr und endet mit dem Beginn der Hauptferien. Es besteht aus zwei Semestern.
(3) Die Hauptferien beginnen an dem Samstag, der frühestens am 5. Juli und spätestens am 11. Juli liegt; sie enden mit dem Beginn des nächsten Schuljahres.“
3.1.2. Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes beschränkt die Freiheit des häuslichen Unterrichts gemäß Art. 17 Abs. 3 StGG nicht die in Art. 14 Abs. 7a B-VG verankerte Schulpflicht und kann daher entsprechenden Regelungen, die der Sicherung des Ausbildungserfolges von schulpflichtigen Schülern dienen, nicht entgegengehalten werden (vgl. etwa VfGH 29.11.2022, E 2766/2022; VfGH 25.06.2024, G 3494/2023, jeweils m.w.H.).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Freiheit, häuslichen Unterricht zu erteilen (Art 17 StGG), von der Frage zu unterscheiden, ob damit die Schulpflicht erfüllt wird; Letzteres regelt das Schulpflichtgesetz (vgl. sinngemäß VwGH 29.01.2009, 2008/10/0332; 24.04.2025, Ro 2024/10/0019).
Der nach § 11 Abs. 3 SchPflG relevante Zeitpunkt der Anzeige der Teilnahme des Kindes am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht oder an häuslichem Unterricht ist mit dem Einlangen dieser Anzeige bei der Schulbehörde gleichzusetzen (vgl. etwa VwGH 18.05.2022, Ra 2022/10/0044, m.w.N.).
Bei der Frist des § 11 Abs. 3 SchPflG handelt es sich um eine gesetzliche Frist, die von der Behörde nicht verändert – insbesondere nicht erstreckt – werden kann (siehe Hengstschläger/Leeb, AVG I [2. Ausgabe 2014] § 33 Rz 11 mit zahlreichen Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
§ 11 Abs. 3 SchPflG räumt den Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten gerade keine Frist ein, sondern verlangt, dass die Anzeige „bis zum Ende des vorhergehenden Unterrichtsjahres“ erfolgt, wodurch das Gesetz einen Termin bestimmt (vgl. wieder VwGH 18.05.2022, Ra 2022/10/0044).
Eine verspätete Anzeige ist daher zurückzuweisen (siehe Jonak/Kövesi, Das Österreichische Schulrecht, 14. Auflage 2015, FN 6a zu § 11 SchPflG mit Hinweis auf VwGH 28.09.1992, 92/10/0160; siehe zusätzlich VwGH 20.06.1994, 94/10/0061).
3.1.3. Für den vorliegenden Fall bedeutet das:
Zunächst ist nochmals zum Beschwerdevorbringen festzuhalten, dass staatliche Kontrollen bzw. Anforderungen, die der Sicherung des Ausbildungserfolgs dienen, zulässig sind (vgl. wieder die oben wiedergegebene Judikatur des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes). Folglich kommt – entgegen dem Beschwerdevorbringen – das Schulpflichtgesetz sehr wohl zur Anwendung.
Gemäß § 1 Abs. 1 SchPflG ist die am XXXX geborene und sich in Österreich dauernd aufhältige Zweitbeschwerdeführerin im Schuljahr 2025/2026 schulpflichtig. Davon scheint im Ergebnis auch die Beschwerdeführerin auszugehen, andernfalls hätte sie nicht die Teilnahme der Zweitbeschwerdeführerin an häuslichem Unterricht für das Schuljahr 2025/2026 bei der belangten Behörde angezeigt.
Weiters endete das Unterrichtsjahr 2024/2025 in der Steiermark am 4. Juli 2025 (vgl. § 2 Abs. 1 bis 3 Steiermärkisches Schulzeit-Ausführungsgesetz 1999).
Wie sich aus § 11 Abs. 3 Z 1 SchPflG zwingend ergibt, ist die Teilnahme eines Kindes an häuslichem Unterricht der zuständigen Schulbehörde bis eine Woche nach dem Ende des vorhergehenden Unterrichtsjahres anzuzeigen.
Die Anzeige der Teilnahme an häuslichem Unterricht für das Schuljahr 2025/2026 wäre daher nur dann rechtzeitig erfolgt, wenn diese spätestens am Freitag, den 11. Juli 2025, bei der belangten Behörde eingelangt wäre.
Die Anzeige erfolgte unstrittig jedoch erst am 14. August 2025 und somit i.S.d. § 11 Abs. 3 Z 1 SchPflG verspätet.
Die belangte Behörde hat daher zutreffend die Anzeige als verspätet zurückgewiesen, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen ist.
Eine Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen (vgl. etwa Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2. Auflage [2018] § 24 VwGVG Anm. 7 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes). Außerdem ist das Schulrecht nicht von Art. 6 EMRK und auch nicht von Art. 47 GRC erfasst (siehe VfGH 10.03.2015, E 1993/2014, sowie VwGH 23.05.2017, Ra 2015/10/0127; 27.03.2019, Ra 2019/10/0017, jeweils m.w.N.).
3.2. Zu Spruchpunkt B)
3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.2.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass hier die Anzeige über die Teilnahme an häuslichem Unterricht als verspätet zurückzuweisen war, ergibt sich aus der oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.
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