JudikaturBVwG

W164 2280067-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
25. September 2025

Spruch

W164 2280067-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Martin EGGER (aus dem Kreis der Arbeitgeber:innen) und Mag. Reinhold WIPFEL (aus dem Kreis der Arbeitnehmer:innen) als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice vom 28.08.2023, Zl. VSNR. XXXX , AMS 969-Wien Wagramer Straße, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 11.10.2023, GZ: WF 2023-0566-9-031748, nach Durchführung mündlicher Verhandlungen und nicht öffentlicher Beratungen vom 23.04.2025 und 18.09.2025 zu Recht erkannt:

A)

Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs 1, Abs 2 und Abs 5 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 28.08.2023 sprach das Arbeitsmarktservice (im Folgenden: belangte Behörde, AMS) aus, dass der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) gemäß § 38 iVm § 10 AlVG den Anspruch auf Notstandshilfe für den Zeitraum 09.08.2023 bis 19.09.2023 verloren habe. Der angeführte Zeitraum verlängere sich um die in ihm liegenden Zeiträume des Krankengeldbezugs. Begründend wurde ausgeführt, der BF habe das Zustandekommen einer vom AMS zugewiesenen Beschäftigung als Transitarbeitskraft beim sozialökonomischen Betrieb XXXX in 1150 Wien, ohne triftigen Grund vereitelt. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen würden nicht vorliegen bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde und gab zusammengefasst an, es habe nie ein reales Jobangebot gegeben, nur viele Vorschläge. Der BF habe damals Interesse an einem Job als Coach im 2. Bezirk bekundet. Im Laufe des Beschwerdevorverfahrens machte der BF weitere Einwendungen betreffend seine gesundheitlichen Einschränkungen, die einen Arbeitsweg nach 1150 Wien unzumutbar machen würden. Jedoch habe der BF nicht gewusst, dass er diesen Job hätte antreten können.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 11.10.2023, GZ: WF 2023-0566-9-031748, wies das AMS die Beschwerde ab und führte zur Begründung aus, dem BF habe sich die Möglichkeit geboten, eine Beschäftigung als Transitarbeitskraft im Inneneinsatz als Coach beim genannten sozialökonomischen Betrieb im 15. Bezirk aufzunehmen. Die erforderlichen Vorstellungsgespräche hätten am Standort im 2. Bezirk stattgefunden. Der BF habe dem potentiellen Dienstgeber in weiterer Folge mitgeteilt, dass er Interesse an einer Anstellung hätte, aber nur im 2. Bezirk. Der BF habe die Annahme der Beschäftigung vereitelt, da er die Beschäftigung im 15. Bezirk wegen des Arbeitsweges abgelehnt habe. Der tägliche Arbeitsweg hätte mit öffentlichen Verkehrsmittel in eine Richtung ca. 54 Minuten betragen und wäre dem BF zumutbar gewesen.

Dagegen erhob der BF fristgerecht einen Vorlageantrag und brachte vor, er würde den Job sofort antreten.

Das AMS legte die Beschwerde samt dem Bezug habenden Akt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

Am 23.04.2025 wurde beim Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung abgehalten, an der der BF und ein Vertreter des AMS als Parteien teilnahmen. Jener Mitarbeiter des genannten sozialökonomischen Betriebes, der den BF im Rahmen der dort absolvierten Beratungsphase betreute, XXXX ,(im Folgenden Z1) , ebenso wie jener Mitarbeiter des genannten sozialökonomischen Betriebes, mit dem der BF aktenkundig am 05.06.2022 ein Vorstellungsgespräch führte, XXXX ,(im Folgenden Z2) wurden als Zeugen befragt.

Der BF machte zusammengefasst die folgenden Angaben:

Er habe beim genannten sozialökonomischen Betrieb zunächst einen Potenzial-Check gemacht. Dies sei eine Schulung gewesen mit Vorträgen etwa bezüglich des Erstellens von Bewerbungen. Nach dieser Phase habe er Kontakt mit dem Z1 gehabt. Ein Vorstellungsgespräch habe der BF mit dem Z2 im zweiten Bezirk in Wien gehabt. Dort sei ihm das Arbeitsverhältnis beschrieben worden. Die Lokalität hätte im 2. Bezirk sein sollen. Der BF habe dieses Gespräch als ausführlich und positiv in Erinnerung. Ein zweites Vorstellungsgespräch habe es nicht gegeben. Der BF habe sich im Anschluss an das genannte erste Vorstellungsgespräch um den Job in der XXXX straße bemüht, etwa ein Jahr lang. Die nachfolgenden weiteren Gespräche mit dem Z1 seien unkonkret gewesen und hätten zu nichts geführt. Der BF habe den Eindruck gehabt, dass nur junge Leute genommen wurden. Der Z1 habe dem BF gezeigt, für was er in Frage kommen würde. Für die freie Stelle als Coach habe sich der BF beworben. Es sei da primär um den zweiten Bezirk gegangen. Bezüglich einer Arbeit in 1150 Wien habe der BF damals Bedenken gehabt, wegen seiner gesundheitlichen Einschränkungen. Wenn dieses Jobangebot aber konkret gewesen wäre, hätte der BF zugesagt. Seine Sorgen bezüglich des U-Bahnfahrens wären zu bewältigen gewesen. Wenn ihm der Job angeboten worden wäre, hätte er ihn genommen. Zu einem zweiten Vorstellungsgespräch am 13.06.2022 sei der BF aber nicht eingeladen worden.

Dass der BF auf eine Stelle in 1020 Wien warten könnte, habe ihm der Z1 gesagt. Der BF habe mehrmals nachgefragt und die Antwort erhalten, dass man da noch warten müsse, dass dies noch nicht spruchreif sei. Etwa ein Jahr später habe der BF beim Z2 nachgefragt wegen dieses Jobs als Coach. Da mit dem Transitarbeitsplatz nie etwas wurde, habe sich der BF als unbefristeter Coach beworben.

Der Z1 machte nach Wahrheitserinnerung gem § 50 AVG die folgenden Angaben:

Er sei in der fraglichen Zeit im genannten sozialökonomischen Betrieb Berater des BF gewesen und habe diesen bei der Jobsuche unterstützt. Der Z1 könne sich auf keine Unterlagen mehr stützen. Die Daten seien nach sechs Monaten gelöscht worden. Der Z1 könne sich an den BF noch vage erinnern. Der Vorschlag, beim genannten sozialökonomischen Betrieb als Bewerbungscoach zu arbeiten, sei vom Z1 gekommen. Der Z1 habe mit dem BF über die Stelle gesprochen und sei mit ihm gemeinsam das Stelleninserat durchgegangen. Ob der Z1 den BF je zu einem Vorstellungsgespräch geschickt habe, wisse er nicht mehr. Wenn eine Person Interesse zeige, schicke der Z1 den Lebenslauf an den Z2, damit dieser sich die Person ansehe und mit der Person spreche. Der Z1 biete Jobs an, die Entscheidung treffe aber der Z2.

Wenn ein Teilnehmer während oder am Ende der Beratungsphase sage, er habe kein Interesse an einer Beschäftigung als Transitarbeitskraft, bespreche der Z1 dies noch einmal mit der Person, nehme es so an und protokolliere es. Der Z1 schreibe dann einen Bericht an das AMS, um zu erklären, warum es zu keinem Job gekommen sei.

Bezogen auf den BF erinnere sich der Z1 vage, dass der Z2 ein konkretes Angebot für den BF hatte. Der Z1 habe diesbezüglich aber keine klaren Erinnerungen mehr. Der Z1 habe mit dem BF immer wieder besprochen, in welche Richtung es gehen könnte. Ihm sei bei diesen Gesprächen wichtig gewesen, dass die beratene Person mit der Stelle zufrieden sein würde. Soweit erinnerlich sei der BF an einer Stelle als Coach damals sehr interessiert gewesen.

Wenn ein Bewerber sage, „ich bin interessiert“ und der Z2 eine Zusage gebe, werde die Person einem Team zugeteilt. Der genannte sozialökonomische Betrieb konzentriere sich bewusst auf die Generation 50+. Im Fall des BF habe es keine Ablehnungsgründe gegeben. Deshalb habe der Z1 ihn an den Z2 empfohlen, damit dieser ihn kennen lernen sollte. Es sei zu einem konkreten Vorstellungsgespräch zwischen dem Z2 und dem BF gekommen. Der Z2 habe dieses gemäß der Erinnerung des Z1 positiv bewertet. Ob es zu einem zweiten Termin kam, sei dem Z1 nicht mit Sicherheit bekannt. Dies könnte sein, der Z1 sei sich aber nicht sicher.

Der Z1 habe noch in Erinnerung, dass er nach dem Vorstellungsgespräch mit dem Z2 einen weiteren Gesprächstermin mit dem BF gehabt habe. Der Z1 habe in Erinnerung, dass es dabei um das Gehalt und um den Standort ging und dass der BF erwähnt habe, dass die Stelle für ihn nichts wäre. Den Bericht an das AMS habe der Z1 nach dem Ende der Beratungsphase geschrieben.

Der BF gab an, niemals mit dem Teamleiter XXXX gesprochen oder korrespondiert zu haben. Der BF sei auch niemals am Standort in 1150 Wien gewesen. Der BF widersprach ferner der Aussage des Z1, wonach er gesagt hätte, dass die Stelle nichts für ihn wäre und merkte an, er sei wegen des Standortes lediglich überrascht gewesen. Er hätte den Job wollen, das Gehalt sei kein Thema gewesen. .

Der Zeuge 2 machte nach Wahrheitserinnerung gem. § 50 AVG zusammengefasst die folgenden Angaben:

Er könne sich an den BF erinnern. Dieser habe bei ihm einen Vorstellungstermin gehabt. Der Z2 wisse noch, dass er mit dem BF die Rahmenbedingungen des Jobs als Bewerbungscoach durchgegangen sei, Arbeitszeit und Gehalt. Der Z2 treffe die Vorauswahl. Von ihm gebe es keine Einstellzusage. Vielmehr schicke der Z2 die Bewerbung bei positivem Ausgang des Erstvorstellungsgesprächs an einen Teamleiter weiter.

Im Fall des BF habe der Z2 in Erinnerung, dass es kein Interesse gegeben habe. Der Z2 wisse aber nicht mehr, von welcher Seite das fehlende Interesse ausging. Ob der Teamleiter XXXX den BF zu einem weiteren Vorstellungsgespräch eingeladen habe, wisse der Z2 nicht. Üblicherweise halte der Z2 mit dem Teamleiter telefonisch Rücksprache. Er habe die den BF betreffenden Telefonate aber nicht mehr in Erinnerung. Die Unterlagen seien gelöscht. Der Z2 leite regelmäßig viele Bewerbungen weiter. Wenn danach keine weiteren Infos bei ihm einlangen, gehe er davon aus, dass kein Interesse bestand. Der Z2 erhalte nicht bezüglich jedes weitergeleiteten Kandidaten eine Rückmeldung. Vom Teamleiter erhalte der Z2 eine Information darüber, wer zum nächsten Gespräch eingeladen wurde. Ob es beim BF einen weiteren Gesprächstermin gab, wisse der Z2 nicht. Dass der BF für das Team zu alt gewesen wäre, könne der Z2 nicht bestätigen. 60+ sei absolut kein Ausschließungsgrund.

Zu der in der eAMS-Nachricht des Z1 vom 17.08.2023 enthaltenen Passage „der 2. Vorstellungstermin war am 13.06.2023 beim Teamleiter für das Team XXXX in unserem Standort [..] im 15.Bezirk. Dort gab Herr [BF] an, dass wenn nur der Standort in der XXXX straße in Frage kommen würde, da es näher ist.“ gab der Z1 in der mündlichen Verhandlung an, er gehe davon aus, dass er damals mit dem Teamleiter XXXX telefoniert habe. Er könne sich aber nicht erinnern jemals direkt vom Teamleiter Rückmeldungen erhalten zu haben. Es sei nicht üblich, dass der Z1 direkt vom Teamleiter Rückmeldungen erhalte. Rückmeldungen erhalte der Z1 üblicherweise vom Z2.

Befragt zu der im Akt enthaltene e-AMS-Nachricht vom 28.08.2023, wonach sich der BF vom Bewerbungsprozess zurückgezogen habe, da dieser am Standort in 1150 nicht interessiert gewesen wäre, gab der Z2 an, diese Nachricht habe er geschrieben. Soweit erinnerlich habe damals der Z1 dem Z2 mitgeteilt, dass sich der BF vom Bewerbungsprozess zurückgezogen habe. Der Z2 habe den BF für geeignet gehalten und an die Teamleitung weitergegeben. Die Bewerbung sei also bei der Teamleitung gelandet. Wenn der Teamleiter auch Interesse habe, komme es zu einem zweiten Vorstellungsgespräch. Das Vorstellungsgespräch beim Z2 bedeute dies noch nicht.

Seitens des AMS wurde die Befragung des Teamleiters XXXX beantragt.

Am 18.09.2025 wurde erneut beim Bundesverwaltungsgericht unter Beibehaltung der Senatsbesetzung eine öffentliche mündliche Verhandlung abgehalten, an der der BF und ein Vertreter des AMS als Parteien teilnahmen und der genannte Teamleiter XXXX (im Folgenden Z3) als Zeuge befragt wurde.

Dieser machte zusammengefasst die folgenden Angaben:

Er sei im Jahr 2023 Teamleiter des Projects XXXX gewesen, bei dem es darum ging, arbeitssuchende Personen in Zusammenhang mit Bewerbungen zu coachen. In diesem Projekt hätten auch solche Personen mitgearbeitet, die vorher selbst vom genannten sozialökonomischen Betrieb betreut wurden. Befragt, ob der Z2 den BF als potentiellen Mitarbeiter an den Z3 weitergeleitet habe gab der Z3 an, er habe dazu keine Erinnerungen und habe auch keine Unterlagen mehr aus dieser Zeit. Er habe in der Datenbank nach dem Namen des BF gesucht, diesen aber nicht gefunden. Aufzeichnungen seien aus Datenschutzgründen bereits gelöscht worden. Es gebe bei XXXX eine Position für Bewerbungscoach. Es wäre denkbar, dass der Z2 dem Z3 den BF angeboten hätte. Jedoch könne sich der Z3 nicht an den BF erinnern, auch nicht an sein Gesicht. An ein Vorstellungsgespräch vom 13.06.2023 erinnere sich der Z3 nicht. Den Z1 kenne der Z3 als Kollegen von Firmenevents und Weihnachtsfeiern. Dieser arbeite an einem anderen Standort. Beide hätten unterschiedliche Funktionen und daher sonst keinen Kontakt. Bewerber habe der Z2 an den Z3 weitergeleitet. Wenn der Z3 ein Vorstellungsgespräch geführt habe, habe er nachher mit dem Z2 telefoniert. Dies sei der Standard gewesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF war vor dem verfahrensgegenständlichen Zeitraum zuletzt von 30.10.2018 bis 15.03.2020 vollversicherungspflichtig beschäftigt. Ab 16.03.2020 stand er im Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.

Der BF befand sich von 31.01.2023 bis 30.07.2023 im Beratungs-Projekt XXXX der sozialökonomischen Einrichtung XXXX . Sein Betreuer in der dort absolvierten Beratungsphase war der Z1, der mit dem BF laufend auszuloten hatte, welche Jobs für den BF in Frage kommen würden und der den BF bei Interesse und Eignung an den Z2 weiterzuleiten hatte.

Der Z2 war für erste Vorstellungsgespräche und für die Vorauswahl zuständig. Die Entscheidung über eine Einstellung hätte gemäß der internen Arbeitsorganisation beim genannten sozialökonomischen Betrieb der zuständige Teamleiter, Z3, nach einem zweiten Vorstellungsgespräch getroffen.

Der BF führte im Juni 2023, nachdem ihn der Z1 an den Z2 vermittelt hatte, ein Erstvorstellungsgespräch mit dem Z2. Dieser empfahl ihn an den Teamleiter, Z3, weiter, der nun zu entscheiden hatte, ob der mit dem BF ein weiteres Vorstellungsgespräch führen bzw. diesen einstellen würde. Der BF wurde jedoch zu keinem Vorstellungsgespräch mit dem Z3 eingeladen.

Der BF verfasste am 08.08.2023, nach dem Ende der Beratungsphase des BF, einen Abschlussbericht über den Verlauf der Beratungsphase und notierte, dass dem BF eine Jobmöglichkeit als Bewerbungscoach angeboten wurde, dass er diese jedoch abgelehnt habe. Es sei eine Stelle im 15. Bezirk frei gewesen und sei dafür ein Vorstellungsgespräch organisiert worden, jedoch hätte der BF lieber im 2. Bezirk gearbeitet. Da dort nichts frei war, sei die Stelle für den BF aufgrund der Befristung und die Bezahlung nicht mehr in Frage gekommen.

Am 17.08.2025 teilte der Z1 dem AMS per eAMS mit, dass der BF am 13.06.2023 ein Vorstellungsgespräch beim Z3 in 1150 Wien gehabt hätte, jedoch habe der BF dort angegeben, dass „wenn nur der Standort in der XXXX straße in Frage kommen würde, da es näher ist“.

Der Z2 hielt auf Nachfrage durch das AMS Rücksprache mit dem Z1 und berichtetedem AMS am 28.08.2023 auf Basis dieser mit dem Z1 gehaltenen Rücksprache dass sich der BF, da er am Standort in 1150 Wien nicht interessiert gewesen wäre, vom Bewerbungsprozess zurückgezogen habe.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in die Daten des Dachverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger und durch Abhaltung der beiden mündlichen Verhandlungen vom 23.04.2025 und 18.09.2025. Die beiden Verhandlungen ergaben insgesamt, dass nicht als erwiesen angenommen werden kann, dass der BF ein ihm konkret angebotenes zweites Vorstellungsgespräch mit dem Z3 absolviert oder auch abgelehnt hätte:

Die diesbezügliche Passage im Auskunftsschreiben vom 17.08.2023 „Der zweite Termin war beim Teamleiter für das Team XXXX für unseren Standort […] im 15. Bezirk. Dort gab Herr [BF] an, dass wenn nur der Standort in der XXXX straße in Frage kommen würde, da es näher ist“ ist weder inhaltlich eindeutig formuliert, noch konnte der Z1 in der mündlichen Verhandlung erklären, was genau ihn veranlasst hatte, im Fall des BF dem AMS von einem zweiten Vorstellungstermin zu berichten. Ein direkter Kontakt zwischen Z1 und Z3 war unstrittig in der Arbeitsorganisation des genannten sozialökonomischen Betriebes nicht vorgesehen, sodass gegenständlich nicht als naheliegend angenommen werden kann, dass der Z1 diese Information durch den Z3 erhalten hätte. Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Z1 den die Betreuung des BF betreffenden Abschlussbericht, erst nach dem Ende der Beratungsphase und ohne Rücksprache mit dem BF verfasste, sodass nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Z1 aus der Erinnerung an die Betreuung des BF der irrigen Meinung war, es hätte ein zweites Vorstellungsgespräch beim Z3 gegeben.

Der Z2, dessen Zuständigkeit den Kontakt mit dem Z3 beinhaltet hätte, gab in der mündlichen Verhandlung vom 23.04.2023 zu Protokoll, sein an das AMS gerichtetes Schreiben vom 28.08.2023, demzufolge sich der BF aus dem Bewerbungsprozess zurückgezogen habe, da er nur im 02. Wiener Gemeindebezirk hätte arbeiten wollen, nach Rücksprache mit dem Z1 verfasst zu haben. Von einem diesbezüglichen Gespräch mit dem Z3 hat der Z2 nicht berichtet. Seine Aussage im Rahmen der mündlichen Verhandlung zeigte ferner auf, dass der Z2 seitens der Teamleitung nicht über den Ausgang jeder weitergeleiteten Bewerbung informiert wurde. Daraus ist für den vorliegenden Fall zu schließen, dass der Z2 jene Informationen, die er vom Z1 erhielt, am 28.08.2023 ungeprüft an das AMS berichtete.

Die Befragung des Z3 ergab, dass dieser keine Erinnerung an ein Vorstellungsgespräch bzw. eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch mit dem BF hatte.

Unstrittig hat der BF im Zuge der mit dem Z1 geführten Beratungsgespräche Zweifel über den als zu weit empfundenen Arbeitsweg in den 15. Wiener Gemeindebezirk geäußert. Unstrittig hat er andererseits die Vorauswahl mein Z2 positiv absolviert. Dass dem BF seitens des Z3 ein zweites Vorstellungsgespräch angeboten wurde und der BF dieses ausgeschlagen hätte oder sich anlässlich eines Vorstellungsgesprächs beim Z3 in einer Weise verhalten hätte, die zu seiner Ablehnung geführt hätte, ist aufgrund der nun vorliegenden Zeugenaussagen aller drei vernommenen Zeugen nicht als erwiesen anzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Im vorliegenden Fall war daher Senatszuständigkeit gegeben.

Zu A)

Die im vorliegenden Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) lauten:

Arbeitslosengeld

Voraussetzungen des Anspruches

§ 7. (1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, wer

1. der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht,

2. die Anwartschaft erfüllt und

3. die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat.

(2) Der Arbeitsvermittlung steht zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs. 3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist.

(3) – (8) (...)

Arbeitswilligkeit

§ 9. (1) Arbeitswillig ist, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.

(2) Eine Beschäftigung ist zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. Die zumutbare tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg beträgt jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar.

(3) - (8) (…)

§ 10. (1) Wenn die arbeitslose Person

1. sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, oder

2. sich ohne wichtigen Grund weigert, einem Auftrag zur Nach(Um)schulung zu entsprechen oder durch ihr Verschulden den Erfolg der Nach(Um)schulung vereitelt, oder

3. ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder den Erfolg der Maßnahme vereitelt, oder

4. auf Aufforderung durch die regionale Geschäftsstelle nicht bereit oder in der Lage ist, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung nachzuweisen,

so verliert sie für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde.

(2) – (4) (…)

Während § 9 AlVG den Begriff der Arbeitswilligkeit definiert und Kriterien für die Bestimmung der Zumutbarkeit einer durch das Arbeitsmarktservice bzw. einen von diesem beauftragten Arbeitsvermittler vermittelten Beschäftigung bzw. Nach(Um)schulung oder Wiedereingliederungsmaßnahme enthält, sanktioniert § 10 AlVG durch befristeten Leistungsausschluss das Verhalten desjenigen, der die Beendigung des Zustandes der Arbeitslosigkeit schuldhaft zu vereiteln sucht.

Unter dem Begriff der "Vereitelung" im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein auf das zugewiesene Beschäftigungsverhältnis bezogenes Verhalten des Vermittelten zu verstehen, das - bei gegebener Zumutbarkeit der Beschäftigung - das Nichtzustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses herbeiführt. Das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses muss nicht nur in der Sphäre des Vermittelten, sondern darüber hinaus in einem auf das Nichtzustandekommen gerichteten oder dies zumindest in Kauf nehmenden Tun des Vermittelten seinen Grund haben. Die Vereitelung verlangt daher ein vorsätzliches Handeln des Vermittelten, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung dieses Tatbestandes hingegen nicht hin. Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung zu qualifizieren ist, kommt es demnach zunächst darauf an, ob dieses Verhalten überhaupt für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte im Sinne der obigen Ausführungen vorsätzlich gehandelt hat (VwGH 92/08/0042 vom 20.10.1992).

Um sich in den Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices vermittelte, zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichteten (und daher unverzüglich zu entfaltenden) aktiven Handelns des Arbeitslosen, andererseits aber auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisse kann vom Arbeitslosen - abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen - somit auf zwei Wege verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wege, vereitelt werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassung der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach der allgemeinen Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichtemacht (vgl. VwGH 26.10.2010, 2008/08/0017 und 2008/08/0244 sowie VwGH 29.01.2014, 2013/08/0265).

Im vorliegenden Fall führte der BF zwar ein Erstvorstellungsgespräch mit dem für die Vorauswahl zuständigen Z2 über die in Rede stehende Beschäftigung als Transitarbeitskraft (Bewerbungscoach). Dieser empfahl den BF an den Teamleiter, Z3. Zu einem zweiten Vorstellungsgespräch mit dem Teamleiter Z3 wurde der BF jedoch nicht eingeladen. Das Nicht Zustandekommen der verfahrensgegenständlichen Beschäftigung lag im vorliegenden Fall nicht in der Sphäre des BF. Sein lediglich im Zuge der Beratung beim Z1 geäußertes Vorbringen dahingehend, dass er den Anfahrtsweg in den 15. Bezirk scheue, ist ihm im vorliegenden Gesamtzusammenhang nicht als Vereitelungshandlung zur Last zu legen.

Der Tatbestand des § 10 Abs 1 AlVG ist mangels Kausalität nicht erfüllt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.