JudikaturBVwG

W231 2314345-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
01. September 2025

Spruch

W231 2314345-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Birgit Havranek als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch ihren Vater XXXX und ihre Mutter XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.05.2025, Zl. 1433654705/250579016, beschlossen:

A) Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

I.1. Die minderjährige Beschwerdeführerin (BF), eine afghanische Staatsangehörige, stellte als ein in Österreich nachgeborenes Kind einer Asylberechtigten am 28.04.2025 einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 in Verbindung mit § 17 Abs. 3 AsylG.

I.2. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid wurde diesem Antrag gem. § 3 iVm § 34 Abs. 2 AsylG stattgegeben und ihr der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass der BF damit kraft Gesetztes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Begründend führte das BFA aus, dass die BF das minderjährige, ledige Kind der Bezugsperson (Mutter) XXXX sei. Dieser sei mit Bescheid des BFA vom 28.04.2025, Zl. 1099951206/250375046, der Status der Asylberechtigten zuerkannt worden. Aufgrund des Akteninhaltes der Bezugsperson der BF, in Verbindung mit dem entscheidungsrelevanten Vorbringen, sei die Eigenschaft als Familienangehörige einer Asylberechtigten glaubwürdig. Eine Straffälligkeit liege nicht vor, ebenso wenig sei gegen die Bezugsperson ein Aberkennungsverfahren eingeleitet. Weiters gibt das BFA an, dass die gesetzliche Vertretung der BF keine eigenen Fluchtgründe für die BF vorgebracht habe, sondern sich auf die Angehörigeneigenschaft gestützt habe.

I.3. Mit dem Schriftsatz vom 29.05.2025 erhob die BF Beschwerde. Als afghanisches Mädchen habe die BF eigene, individuelle Fluchtgründe und sie habe daher Anspruch auf einen „originären“ Schutzstatus. Leider sei das Asylverfahren der BF ohne persönliche Anhörung abgeschlossen worden, und habe die BF lediglich einen „abgeleiteten“ Schutzstatus im Familienverfahren erhalten. Es werde daher dringend darum gebeten, dass der Antrag der BF gesondert behandelt und ihr eine persönliche Einvernahme ermöglicht werde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

Die BF trägt den Namen XXXX , geboren am XXXX in Österreich und ist Staatsangehörige von Afghanistan. Sie ist die leibliche Tochter von XXXX und XXXX und lebt mit ihren Eltern im gemeinsamen Haushalt.

Der Mutter der BF wurde vom BFA mit Bescheid vom 28.04.2025, Zl. 1099951206/250375046, der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gegen die Mutter ist kein Aberkennungsverfahren eingeleitet.

Der BF wurde mit Bescheid vom 09.05.2025 gem. § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG der Status der Asylberechtigten, abgeleitet im Familienverfahren nach der Mutter, zuerkannt.

II.2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Identität der BF bzw. ihrer Eltern ergeben sich aus den Angaben der gesetzlichen Vertreter der BF vor dem BFA und im Beschwerdeverfahren. Die Identität der BF steht auf Grund der vorgelegten Geburtsurkunde fest. Die Feststellungen zu den Eltern der BF und deren Aufenthaltsstatus ergeben sich aus dem angefochtenen Bescheid.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes – BFA-VG entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das Bundesverwaltungsgericht.

Gem. § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

A) Zur Zurückweisung der Beschwerde

II.3.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Gemäß § 34 Abs. 4 AsylG hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.

Die BF begehrt in der gegenständlichen Beschwerde die „originäre Zuerkennung“ des Asylstatus und führt aus, dass sie einen Anspruch auf gesonderte Prüfung ihres Antrages auf internationalen Schutz habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu allerdings erkannt, dass kein Recht auf originäre Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG besteht. Weder kennt das Gesetz einen "originären" Status des Asylberechtigten, noch spricht das Gesetz in § 34 Abs. 4 AsylG davon, dass im Familienverfahren ein anderer, nur "abgeleiteter" Status zuzuerkennen ist. § 34 AsylG dient der Beschleunigung der Asylverfahren von Asylwerbern im Familienverband. Ist einem Familienangehörigen - aus welchen Gründen auch immer - ohnedies der Status des Asylberechtigten zu gewähren, so kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, er habe darüber hinaus vorgesehen, dass auch in diesem Fall eigene Fluchtgründe zu prüfen wären. Dies würde der vom Gesetzgeber ausdrücklich angeführten Beschleunigung der Asylverfahren von Asylwerbern im Familienverband entgegenstehen (VwGH 30.4.2018, Ra 2017/01/0418). Der Verwaltungsgerichtshof führte in dem zitierten Erkenntnis dazu konkret Folgendes aus: „Der Revisionswerber konnte im geltend gemachten "Recht auf originäre Zuerkennung des Status des Asylberechtigten" gemäß § 3 AsylG (sowie auf gesonderte Prüfung seines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 4 AsylG) nicht verletzt werden, weil ein solches Recht aufgrund nachstehender Erwägungen nicht besteht.“

Das Gesetz differenziert beim Status des Asylberechtigten nicht. Weder kennt das Gesetz einen "originären" Status des Asylberechtigten, noch spricht das Gesetz in § 34 Abs. 4 AsylG davon, dass im Familienverfahren ein anderer, nur "abgeleiteter" Status zuzuerkennen ist. Im Gegenteil spricht der zweite Satz des § 34 Abs. 4 AsylG ausdrücklich davon, dass "der" Status des Asylberechtigten zuzuerkennen ist, was nur bedeuten kann, dass der Status des Asylberechtigten an sich (ohne weitere Differenzierung) zuzuerkennen ist. Im Übrigen lässt sich auch der Status-Richtlinie 2011/95/EU eine solche Differenzierung bei der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht entnehmen (vgl. insbesondere deren Art. 13) (VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0059).

Der VwGH führte im Erkenntnis vom 30.04.2018 zudem aus, dass „eine Differenzierung in der vorliegenden Rechtssache zunächst in der Formulierung des Spruches des angefochtenen Erkenntnisses erfolgte. Dort wurde der Status des Asylberechtigten "iVm 34 Abs. 2 AsylG " zuerkannt. Eine solche Differenzierung ist wie ausgeführt vom Gesetz nicht vorgesehen und daher rechtlich unbeachtlich.“

Sofern sich eine Differenzierung aus der Begründung des Bescheides ergibt, wo näher ausgeführt wird, dass der Status der Asylberechtigten im Familienverfahren zuerkannt wurde, muss in diesem Zusammenhand auf die Entscheidung des VwGH vom 19.01.2016, Ra 2015/01/0070, hingewiesen werden: "Was Gegenstand eines in Rechtskraft erwachsenen Bescheides einer Behörde ist, bestimmt sich ausschließlich nach dem Inhalt des Spruches des Bescheides. Nur er erlangt rechtliche Geltung (Verbindlichkeit) und legt dadurch die Grenzen der Rechtskraft fest. Die Bescheidbegründung spielt nur insoweit eine Rolle, als (auch) sie zu der (nach den für Gesetze maßgebenden Regeln vorzunehmenden) Auslegung (Deutung), nicht aber zur Ergänzung eines in sich unklaren Spruches heranzuziehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. November 2014, Zl. 2012/08/0138, mwN).“

Das Gleiche gilt im vorliegenden Zusammenhang für die Gewährung des Status des Asylberechtigten: Eine rechtskräftige Gewährung dieses Status ist als solche zu beachten. Aus welchen näheren Gründen der Status des Asylberechtigten gewährt wurde, ist jedoch Gegenstand der Begründung, die für sich keine Bindungswirkung entfaltet (VwGH 30.04.2018, Ra 2017/01/0418).

Die BF konnte daher durch das angefochtene Erkenntnis, mit dem ihr der Status der Asylberechtigten nach § 3 AsylG zuerkannt wurde, im geltend gemachten "Recht auf originäre Zuerkennung des Status des Asylberechtigten" gemäß § 3 AsylG (sowie auf gesonderte Prüfung ihres Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 4 AsylG nicht verletzt werden. Ein solches Recht besteht nicht (vgl. VwGH 30.04.2018, Ra 2017/01/0418).

II.3.2. Die Beschwerdelegitimation ist eine Prozessvoraussetzung, die vorliegen muss, damit das Bundesverwaltungsgericht in der Hauptsache erkennen kann. Hierzu muss es unstrittig einen für die BF belastenden Verwaltungsakt geben. Jede Beschwerde setzt eine beschwerdeführende Partei und deren „Beschwer“ begrifflich voraus. Das Rechtsschutzbedürfnis der beschwerdeführenden Partei besteht bei der Bescheidbeschwerde im objektiven Interesse der beschwerdeführenden Partei an der Beseitigung des angefochtenen, sie beschwerenden Veraltungsaktes.

Parteibeschwerde kann nach ständiger Rechtsprechung nur erheben, wer noch im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung durch den angefochtenen Bescheid in einem subjektiven Recht verletzt worden sein kann (vgl. VwSlg 4127 A/1956, 7618/ A/1969, 9802 A/1979, 10.511 A/1981, 13.558 A/1991; vgl. zB VfSlg 3669/1959, 4101/1961). Diese Möglichkeit einer Verletzung in einem subjektiven Recht ist zu verneinen, wenn es für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied macht, ob der angefochtene Bescheid dem Rechtsbestand weiter angehört oder nicht (zB VwSlg 9304 A/1977, 10.903 A/1982, 11.568 A/1984, 13.373 A/1991).

Da nach dem Vorgesagten (II.3.1). ein Recht auf „originäre Zuerkennung“ der Status der Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG nicht besteht, und der BF mit dem angefochtenen Bescheid der Status der Asylberechtigten gem. § 3 AsylG iVm § 34 Abs. 4 AsylG zuerkannt wurde, ist ihre Beschwerdelegitimation im konkreten Fall zu verneinen.

Die Beschwerde war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG war von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung aufgrund der Zurückweisung der Beschwerde abzusehen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.