JudikaturBVwG

W166 2280783-2 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
27. August 2025

Spruch

W166 2280783-2/

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Carmen LOIBNER-PERGER als Vorsitzende und die Richterin Mag.a Ivona GRUBESIC sowie den fachkundigen Laienrichter Gerhard PALL als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch EHM METZ MÖDLAGL Rechtsanwälte, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 30.08.2024, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben.

Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung“ in den Behindertenpass liegen vor.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin ist seit 26.05.2015 im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung (GdB) im Ausmaß von 50 v.H. und stellte am 28.12.2022 einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung“ in den Behindertenpass. Mit dem Antrag legte die Beschwerdeführerin diverse psychiatrische Beweismittel vor.

Seitens der belangten Behörde wurde daraufhin ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie vom 03.07.2023 - basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin - eingeholt, in welchem zur beatragten Zusatzeintragung auszugsweise Nachfolgendes ausgeführt wurde:

„(…)

Derzeitige Beschwerden:

sie kann nicht alleine außer Haus gehen, da sie da mit Panikattacken und Ängsten reagiert, deshalb ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ihr auch nicht mehr möglich. Außer Haus gehen ist kaum möglich, einkaufen alleine ist nicht möglich, enge Räume und Menschen nicht möglich. Sie ist in psychiatrischer Betreuung im Krankenhaus Hietzing, dort bekommt sie auch Psychotherapie. Die laufende Ketamin-Therapie (seit April 2022) würde keine wirkliche Wirkung zeigen.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Medikation:

- Ritalin 20 mg 0-1-1-0

- Concerta 54 mg 1-0-0-0

- Efectin 150 mg 2-0-0-0

- Efectin 75 mg 1-0-0-0

- Aripiprazol 10 mg 1-0-0-0

- Pregabalin 100 mg 1-1-0-0

- Alprazolam bei Bedarf

- Temesta bei Bedarf

- Praxiten bei Bedarf

- Sirdalud bei Bedarf

- Spravato 3x 28 mg /Woche im Spital AKH

eine Elektrokrampftherapie wird diskutiert

(…)

Gesamtmobilität – Gangbild:

Stand und Gang: unauffällig

Status Psychicus:

AW klar, wach, orientiert, Duktus nachvollziehbar, inhaltlich etwas entleert, wirkt genau, jedoch langsam, wirkt belastet, keine produktive Symptomatik oder wahnhafte Verarbeitung, Angabe von Selbstverletzung durch Schneiden an den Handgelenken 11/22 (lt. AW Hilfeschrei, sich spüren, keine SM Absicht), Stimmung deutlich depressiv entleert, in beiden Skalenbereichen eingeschränkt affizierbar, Anhedonie, Realitätssinn erhalten, Auffassung, Konzentration eingeschränkt, psychomotorisch verlangsamt (…)

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

keine; es besteht ein unauffälliges Gangbild, die AW kann kurze Wegstrecken (300-400m) selbständig zurücklegen, das Ein- und Aussteigen sowie die sichere Beförderung in öffentlichen Verkehrsmittel ist nicht maßgeblich beeinträchtigt, das festgestellte und dokumentierte Leiden 1 ist in Art und Ausprägung nicht derart vorhanden, um maßgebliche Behinderung bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ausreichend zu begründen. Klaustrophobie, Sozialphobie und phobische Angst vor Kontrollverlust nicht als führende Bestandteile des beantragten Leidens dokumentiert. Die Orientierung und Gefahreneinschätzung im öffentlichen Raum ist ausreichend vorhanden.“

Als Funktionseinschränkung wurde eine Depression vor dem Hintergrund einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung, Panikattacken diagnostiziert.

Die belangte Behörde brachte der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 07.07.2023 das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis und räumte ihr in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit ein, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme abzugeben. Eine Stellungnahme wurde nicht eingebracht.

Mit Bescheid vom 14.08.2023 hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass abgewiesen und stützte sich in der Begründung auf das von der belangten Behörde eingeholte fachärztliche Sachverständigengutachten vom 03.07.2023, welches in der Beilage zum Bescheid an die Beschwerdeführerin übermittelt wurde.

Gegen diesen Bescheid erhob die nunmehr rechtsanwaltlich vertretene Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde. In Erledigung der Beschwerde wurde der Bescheid ho. mit Zl. W166 2280783-1/5E aufgehoben und an die belangte Behörde zurückverwiesen.

Von der belangten Behörde wurde sodann ein weiteres Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 22.07.2024 eingeholt, in welchem zur beantragten Zusatzeintragung auszugsweise Nachfolgendes ausgeführt wurde:

„(…) Derzeitige Beschwerden:

Sie könne seit 3 Jahren nicht in die öffentlichen Verkehrsmittel einsteigen, habe es auch mit Begleitperson versucht. Sie bekomme Panikattacken, habe Luftnot, es recke sie und sie erbreche, es komme bis zur Ohnmacht.

Es trete 90 % bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf. Sie bekomme es aber auch bei der Benützung von Aufzügen, es sei ihr zu eng. Sie könne auch nirgends hingehen wo viele Menschen sind wie ein Shoppingcenter oder die Mariahilferstraße. Die Panikattacken kommen aber auch aus dem Blitzblauen ohne Ursache.

Einkäufe erledige der Gatte.

Sie habe Schmerzen am ganzen Körper, sei massiv müde und antriebslos.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Efectin 375 1-0-0

Brintelix 20 1-0-0

Pregabalin 200 1-0-0

Aripiprazol 20 1-0-0

Medikinet 20 1-0-0

Ketamin wöchentlich 4 Stück

wöchentlich AKH Ambulanz zur Ketamineinnahme

Psychotherapie 1x/Monat

(…)

Gesamtmobilität – Gangbild:

Kommt frei gehend zur Untersuchung, wird vom Gatten begleitet

Status Psychicus:

Kooperativ und freundlich, gut auskunftsfähig, bewußtseinsklar, voll orientiert, kein kognitiv- mnestisches Defizit, Gedankenductus: geordnet, kohärent; Konzentration und Antrieb in der Untersuchung unauffällig; Stimmungslage leicht- mäßig gedrückt, stabil, bds, affizierbar, im Positiven wenig affizierbar; Affekte: angepasst, keine produktive Symptomatik

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? Keine. Es liegen keine erheblichen Einschränkungen der Extremitäten vor. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke und das Überwinden üblicher Niveauunterschiede sind zumutbar, der sichere Transport ist möglich. Es liegen auch keine erheblichen Einschränkungen der psychischen oder intellektuellen Funktionen vor, die die Benützung der ÖVM erheblich erschweren würden. Die Gefahrenabschätzung im öffentlichen Raum ist gegeben. Insbesondere liegen auch keine psychiatrischen Krankheitsbilder, die nach den Vorgaben der Einschätzungsverordnung im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung ÖVM zu bewerten wären, als Hauptdiagnose vor. Es ist keine Klaustrophobie, Soziophobie, phobische Angststörung vor Kontrollverlust im Rahmen einer Kinesiophobie als langjährige Hauptdiagnose oder als entsprechend gewichtiges Element in einer anderen Diagnose nach ICD 10 dokumentiert. Erstmalig wurde nach Befundlage eine Agoraphobie 7/23 erwähnt. Insbesondere ist auch eine spezifische erhebliche Erschwernis in Zusammenhang mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel durch die angegebenen auch situationsunabhängigen Panikattacken nicht nachvollziehbar.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt ein Immundefekt vor im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte wie atypische Pneumonien auftreten? Nein“

Als Funktionseinschränkung wurde nunmehr eine Majordepressio, instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline Typ, ADHS, Panikattacken, Agoraphobie, bipolare affektive Erkrankung, dissoziative Erregungszustände diagnostiziert.

Zu dem dazu seitens der belangten gewährten Parteiengehör vom 29.07.2024 brachte die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin eine Stellungnahme vom 07.08.2024 ein und legte einen psychiatrischen Befundbericht vom 06.08.2024 vor.

In der dazu von der belangten Behörde eingeholten ergänzenden psychiatrischen Stellungnahme vom 29.08.2024 wurde Nachfolgendes ausgeführt:

„Die Einschätzung der aktuellen, objektivierbaren, behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen hat unter Einbeziehung der Anamnese, der vorliegenden Befunde und Therapie und der aktuellen Untersuchung nach der Einschätzungsverordnung zu erfolgen. Ebenso ist die Beurteilung der Zusatzeintragungen nach der Einschätzungsverordnung durchzuführen.

Die AW leidet unter einer komplexen psychiatrischen Symptomatik, die 2015 eine Behinderteneinstufung mit GdB 50% ergab.

Jahrelang wurden eine Depression, emotional instabile Persönlichkeitsstörung, Panikstörung im Vordergrund stehend dokumentiert, weiters die Diagnose eines ADHS, einer bipolaren affektiven Erkrankung und dissoziative Erregungszustände und 2023 im weiteren auch eine Agoraphobie beschrieben.

Diese Diagnosen ergeben keine Voraussetzungen für die geforderte Zusatzeintragung, wie auch im gegenständlichen Gutachten vom 22 07 2024 ausführlich begründet.

Im aktuell vorgelegten Befund (Klinik Hietzing Psychiatrie) vom 06 08 2024 wird nun die Diagnose "spezifische (isolierte) Phobie" erstmalig erwähnt und als Erstdiagnose gereiht.

Diese Diagnose findet sich im den 6 psychiatrischen Diagnosen im psychiatrischen Befund Dr. XXXX vom 30 07 2024 nicht und ebenso sind keine diesbezüglichen Beschwerden in der Anamnese oder im psychiatrischen Status dokumentiert.

Die nun neue Diagnose der isolierten Phobie ergibt somit keine neuen Aspekte, da die Entwicklung des Krankheitsbildes lt. Einschätzungsverordnung bei Ausschöpfen aller therapeutischen Möglichkeiten abgewartet werden muss.“

Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 30.08.2024 hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass abgewiesen.

Gegen den angefochtenen Bescheid erhob die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin das Rechtsmittel der Beschwerde und legte wiederholt ihre gesundheitlichen Beschwerden dar. Insbesondere verwies sie darauf, dass sie trotz langjähriger Therapie nach wie vor unter Klaustrophobie, Soziophobie und phobischer Angststörung leide und ihr die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht möglich sei.

Die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 18.10.2024 vorgelegt.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichts wurde sodann ein weiteres Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 03.07.2025 eingeholt, in welchem zur beantragten Zusatzeintragung auszugsweise Nachfolgendes ausgeführt wurde:

„Psychiatrische Voranamnese:

Depressionen bestehen seit 2015, seither laufend, es war damals eine schlechte Zeit und die Krankheit ist einfach ausgebrochen. Damals hatte sie ein Trauma, daher erhielt sie auch eine Traumatherapie bei einer Psychotherapeutin - 4 Jahre lang. Weiters mehrmals stationärer Aufenthalt an einer Psychiatrie, zuletzt 2022. Bisher keine psychische Rehab, das schafft sie ohne Begleitung nicht, sie war aber in einer Tagesklinik. (…)

Anamnese:

Es geht ihr seit Jahren psychisch schlecht. In den Öffis bekommt sie sofort eine Panikattacke, es wird eng in der Brust, sie würgt dann, ringt nach Luft, sie hat sich auch schon mehrmals in den Öffis übergeben, danach geht es ihr den ganzen Tag nur schlecht, sie erfängt sich dann nur langsam. Auch die Bedarfstherapie hilft ihr nicht wirklich, sie sei immer sehr antriebslos, oft sei sie tagelang nur im Bett und kann sich oft kaum bewegen. 2-3 x im Jahr brauche sie einen Krankenstand. Manchmal höre sie auch Stimmen, sie schlaft auch schlecht ein und schlecht durch. Die Stimmen im Kopf sind oft sehr unangenehm. Sie kann auch nicht einkaufen, da bekommt sie gleich Panikattacken, auch den Haushalt und das Kochen schafft sie dzt nicht. Wenn es ihr sehr schlecht geht, kann es auch sein, dass sie sich selbst verletzt.

Therapie und Hilfsmittel:

Reagila, Elvanse, Brintellix, Efectin, Buronil, Lorazepam Nasenspray Pychotherapie 1 x pro Woche, Ketamintherapie seit 2023 (…)

Untersuchungsbefund:

49-jährige BF in ausreichendem AZ und leicht adipösen EZ, keine Zyanose, keine Dyspnoe, ausreichend gepflegtes Auftreten, etwas eingeschränkt kontaktfähig.

Eine eingehende neurologische Untersuchung wurde nicht durchgeführt, es bestehen keine offensichtlichen Paresen, es werden keine sensiblen Ausfälle angegeben. Der Gang ist sicher und stabil.

Psychischer Status:

Bewusstseinslage: klar

Orientierung: soweit beurteilbar in allen Qualitäten erhalten

Aufmerksamkeit, Auffassung und Konzentration: reduziert

Merkfähigkeit und Gedächtnisleistung: reduziert

Ductus: kohärent, keine formalen und inhaltlichen Denkstörungen Tempo: etwas langsam

Intelligenz: soweit beurteilbar durchschnittlich

Keine funktionellen Abbauzeichen

Wahnphänomene und Sinnestäuschungen sind explorierbar, hört manchmal Stimmen Ich Störungen nicht explorierbar

Stimmung: bedrückt, depressiv, etwas affektlabil; Befindlichkeit: negativ getönt

Affzierbarkeit: mehr im negativen Bereich, affektiv verflacht Antrieb: reduziert

Krankheitseinsicht und Kritikfähigkeit: soweit beurteilbar erhalten

Biorhythmusstörungen: Schlaf schlecht

Suizidalität: keine

Persönlichkeitsmerkmale: umständlich, ängstlich, rez Panikattacken, angespannt, unsicher, rez Erschöpfungssymptome, Somatisierungsneigung, emotional instabil, Anpassungsprobleme, Grübelneigung, soziale Rückzug, starke Ängste unter Menschenansammlungen

Beantwortung der Fragen/ Beurteilung und Stellungnahme

I. Liegen erhebliche Einschränkungen neurologischer/psychischer/intellektueller Fähigkeiten oder Funktionen vor?

Aus neurologischer Sicht bestehen keine maßgebenden Einschränkungen, es liegt auch keine Gangstörung vor.

Aus psychiatrischer Sicht bestehen erhebliche Einschränkungen betreffend die soziale Kontaktfähigkeit, es finden sich Hinweise für eine Soziale Phobie (F40.9). Es liegt auch eine schwere Angst- und Panikstörung nach ICD10 vor, (i.e. F41.0, F41.1), ebenso besteht glaubhaft eine Agoraphobie. Die BF ist auch bei der Untersuchung extrem verunsichert und ängstlich.

II. Es wird um Stellungnahme zu den vorgelegten im Akt aufliegenden medizinischen Beweismitteln ersucht, insbesondere zu den vorgelegten Befunden (Dr. XXXX . Klinik Hietzing, AKH)

Aus allen 3 Befunden geht klar hervor, dass bei der BF eine maßgebende Angst- und Panikstörung sowie eine Depression besteht, welche auch bereits über Jahre ohne maßgebenden Erfolg behandelt wurde.

III. Es wird ersucht zum Vorbringen in der Beschwerde und in der Stellungnahme vom 7.8. 2024 Stellung zu nehmen, insbesondere zu den nachfolgenden Vorbringen.

• Die Befunde belegen, dass die BF bereits seit Jahren an Klaustrophobie, Soziophobie und einer phobischen Angststörung leidet.

• Die Befunde belegen weiters, dass jahrelang adäquate Therapien in Anspruch genommen wurden. Anamnestisch ist auch über 4 Jahre eine Traumatherapie erfolgt, ein diesbezüglicher Befund liegt allerdings nicht vor.

• Auch eine Ketamin-Therapie wurde versucht, war jedoch auch ohne Wirkung.

• Aufgrund der jahrelang bestehenden Erkrankung ist nachvollziehbar, dass der BF die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht möglich ist. Dies wird auch psychiatrischerseits in den Befunden bestätigt.

• Die Angabe der BF, dass sie beim Einsteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel Panikattacken bekommt ist in Anbetracht der langen Vorgeschichte glaubhaft.

IV. Ergibt sich eine vom bisherigen Ergebnis abweichende Beurteilung betreffend die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel?

Ja. Anhand der vorgelegten Befunde und auch der aktuell erfolgten Anamnese ist ableitbar, dass eine schwere und therapieresistente Angst- und Panikstörung sowie Sozialphobie besteht. Es wurden auch bereits alle zumutbaren therapeutischen Optionen in Anspruch genommen. Diese haben aber zu keiner ausreichenden Verbesserung geführt. Es wird daher der Eintrag öffentliche Verkehrsmittel unzumutbar befürwortet.“

Das ho. Gericht brachte der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 20.08.2025 das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis und räumte ihr in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit ein, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme abzugeben.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 22.08.2025 wurde um Ausfertigung der Entscheidung ersucht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung im Ausmaß von 50 v.H.

Die Beschwerdeführerin leidet aktuell an einer Sozialen Phobie (F40.9 nach ICD-10), einer schweren Angst- und Panikstörung (F41.0, F41.1 nach ICD-10), einer Agoraphobie (F40.0) und einer Depression.

Es wurden alle zumutbaren therapeutischen Optionen in Anspruch genommen, die psychischen Erkrankungen sind therapieresistent.

Bei der Beschwerdeführerin liegen erhebliche Einschränkungen psychischer Fähigkeiten vor.

Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist der Beschwerdeführerin nicht zumutbar.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung zum Behindertenpass und der Antragstellung ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zur Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ergeben sich aus dem medizinischen Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 03.07.2025.

In diesem Gutachten hat sich die fachärztliche Sachverständige nachvollziehbar mit der Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auseinandergesetzt.

Unter Zugrundelegung der vorgelegten medizinischen Beweismittel und auf Basis der am 03.07.2025 durchgeführten persönlichen Untersuchung hat die fachärztliche Sachverständige ausgeführt, dass aus allen vorgelegten Befunden klar hervorgehe, dass die Beschwerdeführerin bereits seit Jahren an einer schweren Angst- und Panikstörung, einer sozialen Phobie, einer Agoraphobie und einer Depression leide. Von der Beschwerdeführerin würden bereits seit Jahren diverse adäquate Therapien - auch eine Ketamin Therapie - in Anspruch genommen, jedoch ohne Erfolg.

Die fachärztliche Sachverständige führte weiters auch, dass die Angaben der Beschwerdeführerin, wonach sie beim Einsteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel Panikattacken bekomme, in Anbetracht der langen Vorgeschichte glaubhaft seien.

Zusammenfassend bestünden aus psychiatrischer Sicht erhebliche Einschränkungen aufgrund der vorliegenden psychischen Erkrankungen und auch der sozialen Kontaktfähigkeit.

Im Ergebnis geht aus dem fachärztlichen Sachverständigengutachten aktuell die Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel durch die Beschwerdeführerin hervor.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vom ho. Gericht eingeholten Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 03.07.2025 und wird dieses daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs 3 BBG hat in Verfahren auf Antragstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch Senat zu erfolgen.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Zu Spruchpunkt A):

Gemäß § 42 Abs 1 BBG ist der Behindertenpass ein amtlicher Lichtbildausweis und hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des Menschen mit Behinderungen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 leg. cit. nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs 3) der Behindertenpass gemäß § 43 Abs 1 oder der Parkausweis für Menschen mit Behinderungen gemäß § 43 Abs 1a eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. Der Behindertenpass ist kein Nachweis im Sinne des § 14 Abs 1 des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG), BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung.

Zuständige Stelle ist:

der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947)

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

In allen übrigen Fällen sowie beim Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Arten das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; diese hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung diese Bestimmungen ergangen Bescheid zu erstellen.

Gemäß § 35 Abs. 1 EStG steht dem Steuerpflichtigen, der außergewöhnliche Belastungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung hat und weder der Steuerpflichtige nach sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) erhält, ein Freibetrag gemäß Abs. 3 leg. cit. zu.

Gemäß § 35 Abs. 2 EStG bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hierfür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 162/2010, die die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständige Stelle nachzuweisen.

Gemäß § 1 Abs 1 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013 idF BGBl. II 263/2016 wird der Behindertenpass als Karte aus Polyvinylchlorid hergestellt. Seine Gesamtabmessungen haben 53,98 mm in der Höhe und 85,60 mm in der Breite zu betragen. Gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen hat der Behindertenpass auf der Vorderseite zu enthalten:

1. die Bezeichnung „Behindertenpass“ in deutscher, englischer und französischer Sprache;

2. den Familien- oder Nachnamen, den Vornamen(n), akademischen Grad oder Standesbezeichnung des Menschen mit Behinderung;

3. das Geburtsdatum;

4. den Verfahrensordnungsbegriff;

5. den Grad der Behinderung oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit;

6. das Antragsdatum;

7. das Ausstellungsdatum;

8. die ausstellende Behörde;

9. eine allfällige Befristung;

10. eine Braillezeile mit dem Ausdruck „Behindertenpass“;

11. ein Hologramm in Form des Bundeswappens mit dem Schriftzug „Sozialministeriumservice“ im Hintergrund;

12. das Logo des Sozialministeriumservice;

13. einen QR-Code, mit dem auf der Homepage des Sozialministeriumservice nähere Informationen zum Behindertenpass und den einzelnen Zusatzeintragungen abgerufen werden können sowie

14. ein der Bestimmung des § 4 der Passgesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 223/2006, entsprechendes Lichtbild.

Gemäß § 1 Abs. 4 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen:

[...]

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

Entscheidend für die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist, wie sich eine bestehende Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH vom 20.10.2011, Zl. 2009/11/0032).

Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

In den Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (nunmehr § 1 Abs. 4 Z 3) wird ausgeführt:

„Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

[...]

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapiefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.

Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden

Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:

- Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,

- hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,

- schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,

- nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.

Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen, kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.

Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.

Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.

Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:

- vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,

- laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,

- Kleinwuchs,

- gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwasser noch zu Geruchsbelästigungen. Lediglich bei ungünstiger Lokalisation und deswegen permanent undichter Versorgung ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar,

- bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar."

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).

Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hierbei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).

Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 m bis 400 m ausgeht. (ua VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).

Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 m bis 400 m ausgeht. (ua VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).

Wie bereits ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das vom Bundesverwaltungsgericht als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei gewertete fachärztliche Sachverständigengutachten vom 03.07.2025 zugrunde gelegt, in welchem die psychiatrischen Gesundheitsschädigungen der Beschwerdeführerin und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt wurden und plausibel, wie ebenfalls bereits dargelegt, ausgeführt wird, dass auf Grund der bei der Beschwerdeführerin vorliegenden erheblichen psychiatrischen Einschränkungen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar ist.

Aus diesen Gründen ist der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar, und sind die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung“ im Fall der Beschwerdeführerin erfüllt.

Daher war spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

3. wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall wurde zur Klärung des Sachverhaltes ein fachärztliches Sachverständigengutachten vom 03.07.2025 eingeholt und die Beschwerdeführerin wurde am selben Tag persönlich untersucht. Das Sachverständigengutachten ist schlüssig, den Einwendungen der Beschwerdeführerin konnte gefolgt werden, und der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist als geklärt anzusehen. Die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin hat zu dem ihr gewährten Parteiengehör mit Stellungnahme vom 22.08.2025 um Ausfertigung der Entscheidung ersucht. Sohin war im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.