JudikaturBVwG

L523 2303251-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
25. August 2025

Spruch

L523 2303251-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Dr.in Tanja DANNINGER-SIMADER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichterinnen Mag.a Dr.in Claudia WOLFSGRUBER-ECKER und Nina ABRAHAM als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , SVNr. XXXX , vertreten durch Mag.a Dr.in Jasmine SENK, Rechtsanwältin in Linz, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX , betreffend den Anspruchsverlust der Notstandshilfe vom 19.08.2024 bis 29.09.2024, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 09.09.2024 sprach das AMS (belangte Behörde) den Anspruchsverlust der Notstandshilfe ab 19.08.2024 für 42 Tage aus. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe eine mögliche Arbeitsaufnahme bei der Firma XXXX (potentielle Dienstgeberin) vereitelt. Gründe für eine Nachsicht würden nicht vorliegen bzw. berücksichtigt werden können.

2. Mit Schreiben vom 08.10.2024 erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid vom 09.09.2024. Sie führte zusammengefasst aus, sie habe ordnungsgemäß eine Bewerbung geschickt und ein telefonisches Vorstellungsgespräch gehabt. Da in der Firma Arbeitszeiten herrschen, welche nicht mit ihrer Kinderbetreuung zusammenpassen würden, sei sie für die Stelle nicht geeignet gewesen. Die potentielle Dienstgeberin habe ebenso beim AMS angegeben, dass die Beschwerdeführerin nicht zum Stellenprofil passe.

3. Mit Schreiben vom 21.10.2024 informierte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin über die bisherigen Ermittlungsergebnisse sowie die Rechtslage und räumte ihr die Möglichkeit zur Stellungnahme ein.

3.1. Eine Stellungnahme der Beschwerdeführerin langte nicht ein.

4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 05.11.2024 wies die belangte Behörde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 09.09.2024 ab. Begründet wurde dies zusammengefasst damit, dass die Beschwerdeführerin sich nicht unverzüglich auf die verbindlich angebotene Stelle beworben und damit eine Vereitelungshandlung gesetzt habe.

5. Mit Antrag vom 18.11.2024 verlangte die Beschwerdeführerin fristgerecht die Vorlage der Beschwerde an das erkennende Gericht.

6. Mit vorbereitendem Schriftsatz vom 26.02.2025 brachte die Beschwerdeführerin ergänzend vor, dass die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung von einem falschen Sachverhalt ausgehe. Die Beschwerdeführerin habe bereits am 09.08.2024 ihre Bewerbung per E-Mail an die potentielle Dienstgeberin gesendet. Am 19.08.2024 habe ein telefonisches Gespräch stattgefunden, in welchem der Beschwerdeführerin bekanntgegeben worden wäre, dass sie aufgrund ihrer Vorstellungen bezüglich Arbeitszeiten nicht für die Stelle in Frage komme. Dennoch habe die Beschwerdeführerin darum gebeten, ihre Bewerbungsunterlagen noch einmal vorbeibringen oder per Post schicken zu dürfen. Bei der postalischen Zustellung habe es offenbar Probleme gegeben, was jedoch nicht die Beschwerdeführerin zu verantworten habe. Dies stehe auch in Einklang mit der E-Mail der potentiellen Dienstgeberin vom 01.09.2024, in welcher diese bei der Beschwerdeführerin nachgefragt habe, ob sie noch Interesse an der offenen Stelle habe, wie auch mit der E-Mail, vom 17.09.2024, in der die potentielle Dienstgeberin angebe, sie habe beim AMS gar nichts gesagt, außer dass sich die Beschwerdeführerin vorgestellt habe und nicht zum Stellenprofil passe. Mit diesen E-Mails bekräftige die potentielle Dienstgeberin die Aussagen der Beschwerdeführerin, Kontakt aufgenommen zu haben. Weiters sei die Beschwerdeführerin als Mutter von zwei kleinen Kindern gesetzlich dazu verpflichtet, diese zu betreuen. Die ihr bekanntgegebenen Arbeitszeiten bei der potentiellen Dienstgeberin hätten sie an der Ausübung dieser Betreuungspflicht gehindert, weshalb der Beschwerdeführerin das Arbeitsverhältnis nicht zumutbar gewesen wäre.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin steht im Bezug von Notstandshilfe.

Die Beschwerdeführerin ist verheiratet und hat zwei Kinder im Alter von drei und sieben Jahren. Die Kinderbetreuung ist von Montag bis Freitag von 08:30 bis 12:30 Uhr gesichert. Zu diesen Zeiten könnte die Beschwerdeführerin einer Erwerbstätigkeit nachgehen.

Der Beschwerdeführerin wurde seitens der belangten Behörde am 07.08.2024 eine Beschäftigung als XXXX bei der Firma XXXX verbindlich angeboten.

Die Beschwerdeführerin hat sich (zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt) nach dem 19.08.2024 und vor dem 16.09.2024 auf das Stellenangebot bei der potentiellen Dienstgeberin beworben bzw. zu ihr Kontakt aufgenommen. Es fand ein Telefongespräch statt.

Dass die Bewerbung nicht unverzüglich nach Übermittlung des Stellenangebots am 07.08.2024 erfolgte, war nicht ausschlaggebend für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses.

Das Beschäftigungsverhältnis kam nicht zustande, weil die Beschwerdeführerin (aufgrund der Arbeitszeiten) nicht zum Stellenprofil passte.

2. Beweiswürdigung:

Anhand der vorliegenden Aktenlage ist das Bundesverwaltungsgericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

Sämtliche Feststellungen ergeben sich unmittelbar aus dem Akteninhalt.

Der Bezug der Notstandshilfe ergibt sich aus dem Versicherungsverlauf.

Dass die Beschwerdeführerin verheiratet ist und zwei Kinder im Alter von sieben und drei Jahren hat, ergibt sich unstrittig aus dem gesamten Verwaltungsakt. Dass die Kinderbetreuung von Montag bis Freitag von 08:30 bis 12:30 Uhr gesichert ist, ergibt sich aus dem im Akt befindlichen Kinderbetreuungsformular.

Die Übermittlung des verbindlichen Stellenangebots ergibt sich aus dem im Akt befindlichen Vermittlungsvorschlag.

Die Feststellung, dass sich die Beschwerdeführerin (zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt) auf die vermittelte Stelle beworben bzw. diesbezüglich mit der potentiellen Dienstgeberin Kontakt aufgenommen hat, ergibt sich aus einer Zusammenschau der Angaben der Beschwerdeführerin und der potentiellen Dienstgeberin im gesamten Verfahren erster Instanz.

Richtig ist, dass sich die Beschwerdeführerin nicht unverzüglich nach der Übermittlung des Stellenangebots am 07.08.2024 beworben hat. Wie die belangte Behörde richtigerweise feststellte, meldete die potentielle Dienstgeberin dem AMS am 19.08.2024, dass sich die Beschwerdeführerin überhaupt nicht beworben habe (vgl. Meldung zu ADG-Nummer 16173726: „Arbeitswilligkeit,Nicht vorgestellt niemand hat sich vorgestellt nicht mal ang (sic!)“). Wenn die Beschwerdeführerin in einer Mitteilung an die belangte Behörde am 03.09.2024 sowie im vorbereitenden Schriftsatz vom 26.02.2024 behauptet, dass sie sich bereits am 09.08.2024 per E-Mail auf die vermittelte Stelle beworben, diese Bewerbung jedoch aus irgendeinem Grund nicht geklappt habe, ist dem entgegenzuhalten, dass die Beschwerdeführerin im gesamten Verfahren keinerlei Beweise für die angeblich getätigte E-Mail-Bewerbung vorlegte, obwohl es ein Leichtes wäre, einen Screenshot von der gesendeten E-Mail anzufertigen und der belangten Behörde oder dem erkennenden Gericht zu übermitteln. Dass die Beschwerdeführerin sich tatsächlich schon am 09.08.2024 per E-Mail beworben hat, erscheint für das erkennende Gericht daher nicht glaubhaft. Wie jedoch aus einer im Akt befindlichen E-Mail der potentiellen Dienstgeberin an die Beschwerdeführerin vom 01.09.2024, in der sie nachfragt, ob die Beschwerdeführerin noch Interesse an der offenen Stelle als Kellnerin habe (vgl. E-Mail vom 01.09.2024: „Hallo Frau XXXX , Sie sind auf meiner Bewerberliste vom AMS für die offene Stelle als Kellnerin, darf ich fragen ob Sie noch Interesse haben??“), ersichtlich ist, stellte die nicht unverzüglich erfolgte Bewerbung für die potentielle Dienstgeberin keinen Grund dar, die Beschwerdeführerin nicht einstellen zu wollen. Wie in der rechtlichen Beurteilung noch näher ausgeführt wird, stellt das Verhalten der Beschwerdeführerin somit zwar eine Vereitelungshandlung dar, jedoch war diese offensichtlich nicht kausal für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses.

Die Feststellungen zur erfolgten Bewerbung bzw. Kontaktaufnahme der Beschwerdeführerin mit der potentiellen Dienstgeberin zwischen 19.08.2024 und 16.09.2024 beruhen auf den Angaben der Beschwerdeführerin in der Beschwerde und im vorbereitenden Schriftsatz, den E-Mails der potentiellen Dienstgeberin an die Beschwerdeführerin und den Angaben der potentiellen Dienstgeberin gegenüber der belangten Behörde. So antwortete die potentielle Dienstgeberin in einer E-Mail an die Beschwerdeführerin, dass sie der belangten Behörde gesagt habe, dass sie sich vorgestellt habe und nicht zum Stellenprofil passe (vgl. E-Mail vom 17.09.2024: „Sehr geehrte Frau XXXX , ich habe beim AMS gar nichts gesagt, außer dass sie sich vorgestellt haben und nicht zum Stellenprofil passen.“). Weiters gab die potentielle Dienstgeberin gegenüber der belangten Behörde an, sie könne sich nicht vorstellen, in der Rückmeldung an das AMS etwas Anderes geschrieben zu haben, außer dass die Arbeitszeiten nicht passen oder die Beschwerdeführerin sich zum damaligen Zeitpunkt noch nicht beworben hatte (vgl. E-Mail der potentiellen Dienstgeberin an die belangte Behörde vom 18.10.2024: „Laut meinem Verlauf ist das der gesamte chatverlauf, ich habe sicher über ams online auch Angaben gemacht, aber ich kann mir nicht vorstellen, etwas anderes geschrieben zu haben, außer dass Arbeitszeiten nicht passen, oder sie sich damals noch nicht beworben hat – in dieses Portal habe ich keinen Einblick mehr.“). Als die belangte Behörde bei der potentiellen Dienstgeberin am 21.10.2024 nachfragte, wieso die Beschwerdeführerin für die angebotene Stelle nicht infrage kam, gab diese an, dass sie den genauen Grund nicht mehr wisse (vgl. E-Mail der potentiellen Dienstgeberin an die belangte Behörde vom 21.10.2024: „Was genau der Grund war warum Frau XXXX nicht anfangen konnte, weiß ich nicht mehr konkret, aber ich habe es wahrscheinlich in meinem Portal ausgefüllt, da habe ich aber keinen Zugang mehr.“). Alle eben zitierten Angaben der potentiellen Dienstgeberin implizieren, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Bewerbung bzw. Kontaktaufnahme erfolgte und ein Telefonat/Bewerbungsgespräch tatsächlich stattgefunden hat. Aus Sicht des erkennenden Gerichts sind die Feststellungen der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin habe sich überhaupt nicht auf die vermittelte Stelle beworben, daher nicht haltbar. Im Kern stimmen die Angaben der Beschwerdeführerin (vgl. Beschwerde vom 08.10.2024: „Ich habe ordnungsgemäß eine Bewerbung geschickt und ein Vorstellungsgespräch über ein Telefonat gehabt. Da in der Firma Arbeitszeiten herrschen, die mit meiner Kinderbetreuung nicht zusammen passen, bin ich nicht geeignet gewesen für die oben genannte Stelle. Frau XXXX hat ebenso beim AMS angegeben, dass ich nicht zum Stellenprofil passe.“) somit mit den Angaben der potentiellen Dienstgeberin überein und geht das erkennende Gericht daher davon aus, dass das Beschäftigungsverhältnis nicht zustande kam, weil die Beschwerdeführerin (aufgrund der Arbeitszeiten) nicht zum Stellenprofil passte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt gemäß § 56 Abs. 2 AlVG Senatszuständigkeit vor.

Zu A) Stattgabe der Beschwerde

Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977, idgF, lauten auszugsweise:

Arbeitswilligkeit

§ 9.

(1) Arbeitswillig ist, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.

(2) Eine Beschäftigung ist zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. Die zumutbare tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg beträgt jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar.

[…]

§ 10.

(1) Wenn die arbeitslose Person

1. sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, oder

[…]

so verliert sie für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde.

[…]

(3) Der Verlust des Anspruches gemäß Abs. 1 ist in berücksichtigungswürdigen Fällen wie zB bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.

[…]

Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen – abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen – somit auf zwei Wegen verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wegen vereitelt werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichtemacht (vgl. VwGH 16.03.2016, Ra 2015/08/0100).

Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Es ist dabei nicht Voraussetzung, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne die Vereitelungshandlung in jedem Fall zustande gekommen wäre. Vielmehr ist Kausalität dann gegeben, wenn die Chancen für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses aufgrund der Vereitelungshandlung jedenfalls verringert wurden (vgl. VwGH 18.06.2014, 2012/08/0187). Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht hin (vgl. VwGH 19.10.2011, 2008/08/0251, uva).

Lässt ein Notstandshilfebezieher einen Zeitraum von mehr als zwei Wochen zwischen Stellenzuweisung und Vorstellungsgespräch ohne konkrete und schlüssige Erklärung dafür verstreichen, kann auf einen Mangel an Arbeitswilligkeit geschlossen werden, was den temporären Verlust des Leistungsanspruchs gem § 10 Abs 1 AlVG zur Folge hat (VwGH 26. 5. 2000, 2000/02/0013; zur Teilnahme an einer Vorauswahl VwGH 25. 5. 2005, 2004/08/0237). Auch die telefonische Kontaktaufnahme eine Woche nach Zuweisung der Stellenausschreibung stellt keine unverzügliche Handlung zur Erlangung des Arbeitsplatzes dar (VwGH 7. 9. 2005, 2002/08/0193). Ist die verspätete Bewerbung jedoch nicht kausal für das Nichtzustandekommen einer Beschäftigung, ist mangels Kausalität keine Sperre zu verhängen (BVwG 10. 9. 2019, W228 2219162-1).

Wie in der Beweiswürdigung bereits ausgeführt, hat sich die Beschwerdeführerin nicht unverzüglich auf die vermittelte Stelle beworben und dadurch eine Vereitelungshandlung gesetzt.

Diese Vereitelungshandlung war im gegenständlichen Fall jedoch nicht kausal für das Nichtzustandekommen der vermittelten Beschäftigung. Dies ergibt sich für das erkennende Gericht daraus, dass die potentielle Dienstgeberin die Beschwerdeführerin – obwohl sich diese nicht unverzüglich für die vermittelte Stelle beworben hat – von sich aus am 01.09.2024 kontaktierte und nachfragte, ob sie noch Interesse an der ausgeschriebenen Stelle als Kellnerin hat. Dieses Verhalten der potentiellen Dienstgeberin zeigt, dass die unterlassene unverzügliche Bewerbung für sie kein Einstellungshindernis darstellte und die Chancen für das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses dadurch nicht verringert wurden.

Die Beschwerdeführerin hat in weiterer Folge mit der potentiellen Dienstgeberin telefonisch Kontakt aufgenommen bzw. sich bei dieser beworben. Aufgrund der im Kern übereinstimmenden Angaben der potentiellen Dienstgeberin und der Beschwerdeführerin geht das erkennende Gericht davon aus, dass das Beschäftigungsverhältnis nicht zustande kam, weil die Beschwerdeführerin (aufgrund der Arbeitszeiten) nicht zum Stellenprofil passte.

Die Beschwerdeführerin setzte – abgesehen von der nicht unverzüglich erfolgten Bewerbung, welche zwar eine Vereitelungshandlung darstellt, aber für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses nicht kausal war – keine kausale Vereitelungshandlung.

Der Tatbestand des § 10 AlVG ist somit nicht erfüllt und war der Beschwerde folglich stattzugeben.

Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung:

Von einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden, da die Akten erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

Der Sachverhalt ist entsprechend der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt war damit weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht vorgetragen und es liegt keine Rechtsfrage von besonderen Komplexität vor.

All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.