Spruch
W116 2282541-1/20E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Mario DRAGONI über den Antrag des XXXX , vertreten durch XXXX auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgericht Krems an der Donau vom 16.10.2023, 201 Jv 1388/23g-33 beschlossen:
A)
Der Antrag auf Verfahrenshilfe wird gemäß § 8a VwGVG abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts Krems an der Donau vom 16.10.2023, 201 Jv 1388/23g-33, wurde festgestellt, dass im Grundbuchsverfahren 48 Cg 24/21d Gebühren/Kosten in Höhe von € 3.582,25 angefallen seien, für die der Antragsteller zahlungspflichtig sei. Begründend wurde ausgeführt, der Antragsteller habe mit Eingabe vom 28.06.2021, eingelangt am 29.06.2021, Klage beim Landesgericht Krems an der Donau erhoben und die Zahlung von € 841.162,23 s.A. begehrt. Gleichzeitig habe er einen Verfahrenshilfeantrag in vollem Umfang gestellt. Der Antrag auf Verfahrenshilfe sei rechtskräftig abgelehnt worden. Daher bestehe die Zahlungspflicht für die Pauschalgebühr nach TP 1 GGG. Diese reduziere sich auf ein Viertel aufgrund Zurückweisung der Klage. Es ergebe sich eine Pauschalgebühr von € 3.574,25, sowie eine Einhebungsgebühr von € 8,00--, weil der Antragsteller die Gebühr nicht sofort entrichtet habe.
2. Mit Schreiben vom 04.12.2023 beantragte der Antragsteller für die Erhebung eines Rechtsmittels gegen den Bescheid vom 16.10.2023 Verfahrenshilfe. Der Antragsteller beantragte darüber hinaus mit Schreiben vom 21.11.2023 und 04.12.2023 Verfahrenshilfe für die Erhebung von Beschwerden gegen die Bescheide des Präsidenten des LG Krems an der Donau vom 09.10.2023, 18.10.2023 und 16.10.2023, mit welchen ihm im Grundbuchsverfahren angefallene Gebühren/Kosten vorgeschrieben wurden, bzw. eine Vorstellung gegen einen Zahlungsauftrag zurückgewiesen wurde.
2. Mit Beschlüssen vom 09.01.2024, W116 2282325-1/2E, W116 2282541-1/2E, W116 2282327-1/2E wurden der gegenständliche und zwei weitere Verfahrenshilfeanträge des Antragstellers vom Bundesverwaltungsgericht abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass laut § 8a VwGVG Voraussetzung für die Gewährung von Verfahrenshilfe sei, dass diese auf Grund des Art 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) oder des Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) geboten sei und dass die Eintreibung von Gerichtsgebühren weder in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK noch des Art. 47 GRC falle, weshalb die Voraussetzungen für die Gewährung von Verfahrenshilfe hier nicht erfüllt seien.
3. Mit Erkenntnis vom 03.10.2024, G 3504/2023, hob der Verfassungsgerichtshof in § 8a Abs. 1 VwGVG die Wort- und Zeichenfolge "dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist,", als verfassungswidrig auf.
4. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 11.12.2024, E 779/2024-18 wurden in der Folge auch die Beschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.01.2024, W116 2282325-1/2E, W116 2282541-1/2E, W116 2282327-1/2E aufgehoben. Da zum Zeitpunkt des Beginns der nichtöffentlichen Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren bereits ein Verfahrenshilfeantrag des Antragstellers beim Verfassungsgerichtshof anhängig gewesen sei, wäre der Beschwerdefall einem Anlassfall gleichzuhalten und habe die Aufhebung der Wortfolge auf den Beschwerdefall zurückgewirkt.
5. Der Verwaltungsakt wurde an das Bundesverwaltungsgericht zur neuerlichen Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag rückübermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der unter Punkt I. dargelegte Verfahrensgang wird festgestellt.
1.2. Der Antragsteller brachte am 28.01.2021, Klage beim Landesgericht Krems an der Donau wegen € 841.162,23 s.A. ein. Gleichzeitig stellte er einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im vollen Umfang. Der Antrag auf Verfahrenshilfe wurde rechtskräftig abgewiesen.
1.3. Mit Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 05.10.2022, 48 Cg 14/21d-25, wurde die Klage zurückgewiesen.
1.4. Mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 21.08.2023, 48 Cg 24/21d - G - VNR 2, wurden dem Antragsteller Gebühren in Höhe von € 7.156,50 vorgeschrieben, wogegen der Antragsteller Vorstellung erhob und vorbrachte, man habe ihm nicht mitgeteilt, dass die Pauschalgebühr jedenfalls zu zahlen sei. Der Richter hätte statt die Klage zurückzuweisen beschließen sollen, dass für den Fall, dass der Kläger keine anwaltliche Unterschrift beibringen könne, die Klage als zurückgezogen betrachtet werde. Aufgrund der rechtzeitigen Vorstellung trat der Mandatsbescheid außer Kraft und wurden mit Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts Krems an der Donau vom 16.10.2023, 201 Jv 1388/23g-33, festgestellt, dass im Grundbuchsverfahren 48 Cg 24/21d Gebühren/Kosten in Höhe von € 3.582,25 angefallen seien, für die der Antragsteller zahlungspflichtig sei.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zum Verfahrensgang konnten unmittelbar aufgrund der eindeutigen Aktenlage erfolgen.
2.2. Die Feststellungen zu 1.2. und 1.3. ergeben sich aus einer Nachschau in den genannten Aktenteilen des Grundverfahrens zu 48 Cg 14/21d. Dass die Verfahrenshilfe rechtskräftig abgewiesen wurde ergibt sich aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 26.08.2022, 13 R 129/22v, mit welchem dem Rekurs gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 14.06.2022, 48 Cg 24/21d-17, betreffend Abweisung der Verfahrenshilfe, nicht Folge gegeben wurde.
2.3. Die Feststellungen zu 1.4. ergeben sich aus der eindeutigen Aktenlage, konkret dem Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) samt Zustellnachweis, der Vorstellung des Antragstellers vom 07.09.2023 und dem beschwerdegegenständlichen Bescheid.
3. Rechtliche Beurteilung: Gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG war einer Partei, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies aufgrund des Art 6 Abs. 1 EMRK oder des Art 47 GRC geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Mit Erkenntnis vom 03.10.2024, G 3504/2023, hob der Verfassungsgerichtshof in § 8a Abs. 1 VwGVG die Wort- und Zeichenfolge "dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist,", als verfassungswidrig auf.
Gemäß Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG sind vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Gesetzes- bzw. Verordnungsbestimmungen im Anlassfall nicht mehr anzuwenden. Dem in Art. 140 Abs. 7 B-VG genannten Anlassfall (im engeren Sinn), anlässlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren. Im Fall einer Beschwerde gegen eine Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes, der ein auf Antrag eingeleitetes Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist, muss dieser verfahrenseinleitende Antrag überdies vor Bekanntmachung des zugrundeliegenden Prüfungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes eingebracht worden sein (vgl. VfGH 26.11.2018, E3711/2017). Die Aufhebung tritt zwar erst mit 31.03.2026 in Kraft. Da es sich bei gegenständlichem Fall aber um einen Quasi-Anlassfall handelt – wie vom VfGH in seiner Entscheidung vom 11.12.2024, E 779/2024-18 ausgeführt hat – ist auf den gegenständlichen Verfahrenshilfeantrag bereits die bereinigte Rechtslage anzuwenden. Dem Antrag ist daher stattzugeben soweit die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Der gegenständliche Verfahrenshilfeantrag scheitert jedoch an der Aussichtlosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung. Der Antragsteller beantragte Verfahrenshilfe, um Beschwerde gegen den Bescheid zu erheben, mit welchem ihm die Pauschalgebühr und die Einhebungsgebühr zur Zahlung vorgeschrieben wurden. Der Antragsteller hat mit Eingabe vom 28.06.2021 beim Landesgericht Krems an der Donau eine Klage mit einem Streitwert von € 841.162,23 erhoben. Gemäß § 2 Z 1 lit. a GGG wird der Anspruch des Bundes auf die Pauschalgebühr bei zivilgerichtliche Verfahren erster Instanz mit Überreichung der Klage begründet. Nach TP 1 GGG ergibt sich eine Pauschalgebühr € 14.296,97 (1,2% des Streitwerts zuzüglich € 4.203,00). Diese reduziert sich gemäß Anmerkung 3 zu TP 1 GGG auf ein Viertel wenn die Klage von vornherein zurückgewiesen wird. Der Antragsteller beantragte zugleich mit Einbringung der Klage Verfahrenshilfe. Wenn sie bewilligt worden wäre, wäre die Gebührenfreiheit rückwirkend mit dem Tag eingetreten, an dem die Verfahrenshilfe beantragt worden ist. Somit hätte sich diese auch auf die mit Überreichung der Klage entstandene Pauschalgebühr erstreckt. Nur dann, wenn letzten Endes überhaupt die Verfahrenshilfe bewilligt wird, tritt gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 GGG die Verfahrenshilfe rückwirkend mit dem Tag ein, an dem sie beantragt wurde (VwGH 11.11.2004, 2003/16/0144). Wird mit der Überreichung einer Klage auch ein Verfahrenshilfeantrag gestellt und dieser in der Folge abgewiesen, so ist die Überreichung der Klage gebührenpflichtig (VwGH 11.07.2000, 2000/16/0374). Da dem Antragsteller die Verfahrenshilfe im Grundverfahren nicht bewilligt wurde, konnte auch keine Gebührenbefreiung hinsichtlich der Pauschalgebühr eintreten. Sofern der Antragsteller vermeint, die Klage hätte durch Nichtbeibringung der anwaltlichen Unterschrift als zurückgezogen betrachtet werden sollen, statt diese zurückzuweisen, ist dieser darauf hinzuweisen, dass eine Zurückziehung der Klage ebenfalls lediglich die Reduzierung der Pauschalgebühr auf ein Viertel gemäß Anmerkung 3 zu TP 1 GGG zur Folge gehabt und auch nicht zu einer Erlöschung der entstandenen Gebührenpflicht geführt hätte. Bei den neben der Pauschalgebühr vorgeschriebenen € 8,00 handelt es sich um die Einhebungsgebühr nach § 6a Abs. 1 GEG. Diese ist vorgeschrieben, wenn die Beträge nicht sogleich entrichtet werden. Insgesamt ist eine Rechtswidrigkeit des Bescheides, mit welchem dem Antragsteller die Pauschalgebühr für die von ihm erhobene Klage plus der Einhebungsgebühr nach § 6a Abs. 1 GEG vorgeschrieben wird, nicht zu erkennen. Da einer Beschwerde dagegen somit jegliche Erfolgsaussicht fehlt, war der Antrag auf Verfahrenshilfe abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision: Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich an der unter A) zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes orientiert und diese seiner Entscheidung zu Grunde gelegt, daher ist keine offene Rechtsfrage zu sehen. Die Revision ist daher unzulässig.