JudikaturBVwG

W116 2282327-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
17. Juli 2025

Spruch

W116 2282327-1/21E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Mario DRAGONI über den Anträge des XXXX vertreten durch XXXX , auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgericht Krems an der Donau vom 18.10.2023, 201 Jv 1513/23i-33, beschlossen:

A)

Der Antrag auf Verfahrenshilfe wird gemäß § 8a VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Der Antragsteller beantragte mit Schreiben vom 21.11.2023 und 04.12.2023 Verfahrenshilfe in vollem Umfang unter anderem für die Erhebung einer Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid vom 18.10.2023, mit dem seine Vorstellung gegen einen Zahlungsauftrag zurückgewiesen wurde.

2. Mit Beschlüssen vom 09.01.2024, W116 2282325-1/2E, W116 2282541-1/2E, W116 2282327-1/2E wurden dieser und zwei weitere Verfahrenshilfeanträge des Antragstellers vom Bundesverwaltungsgericht abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass laut § 8a VwGVG Voraussetzung für die Gewährung von Verfahrenshilfe sei, dass diese nach auf Grund des Art 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), oder des Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) geboten ist und dass die Eintreibung von Gerichtsgebühren weder in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK noch des Art. 47 GRC falle, weshalb die Voraussetzungen für die Gewährung von Verfahrenshilfe nicht gegeben seien.

3. Mit Erkenntnis vom 03.10.2024, G 3504/2023, hob der Verfassungsgerichtshof die Wort- und Zeichenfolge "dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist," in § 8a Abs. 1 VwGVG, als verfassungswidrig auf.

4. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 11.12.2024, E 779/2024-18 wurden die Beschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.01.2024, W116 2282325-1/2E, W116 2282541-1/2E, W116 2282327-1/2E aufgehoben. Da zum Zeitpunkt des Beginns der nichtöffentlichen Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren bereits ein Verfahrenshilfeantrag des Antragstellers beim Verfassungsgerichtshof anhängig gewesen sei, sei der Beschwerdefall einem Anlassfall gleichzuhalten und wirke die Aufhebung der Wortfolge auf den Beschwerdefall zurück.

5. Der Verwaltungsakt wurde an das Bundesverwaltungsgericht zur neuerlichen Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag rückübermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) des Präsidenten des Landesgerichts Krems an der Donau vom 19.06.2023, 121 TZ 7594/2022-VNR 1, wurde dem Antragsteller die Zahlung von im genannten Verfahren angefallenen Gebühren in Höhe von € 74,00 vorgeschrieben. Die Zustellung des Zahlungsauftrags erfolgte an den im Grundbuchsverfahren ausgewiesenen Vertreter des Antragsstellers am 20.06.2023.

1.2. Mit Eingabe vom 08.09.2023, brachte der Antragsteller eine Vorstellung ein und führte aus, er habe erst durch Mahnschreiben vom 31.08.2023 vom Zahlungsauftrag erfahren, dieser sei ihm bislang nicht rechtswirksam zugestellt worden.

2. Beweiswürdigung:

2.1 Die Feststellungen zu 1.1. ergeben aus dem Zahlungsauftrag und dem Zustellnachweis. Dass es sich bei dem Rechtsvertreter, an den die Zustellung erfolgt ist, um den im Grundbuchsverfahren ausgewiesenen Vertreter des Antragsstellers handelt, ergibt sich aus dem im Grundbuchsverfahren ergangenen Rekurs vom 16.01.2023, worin der Rechtsvertreter als bestellter Verfahrenshelfer für den Antragsteller ausgewiesen wurde.

2.2. Die Feststellung zu 2.1. ergibt sich aus dem Schreiben des Antragsstellers vom 08.09.2023.

3. Rechtliche Beurteilung: Gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG war einer Partei, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies aufgrund des Art 6 Abs. 1 EMRK oder des Art 47 GRC geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Mit Erkenntnis vom 03.10.2024, G 3504/2023, hob der Verfassungsgerichtshof in § 8a Abs. 1 VwGVG die Wort- und Zeichenfolge "dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist," als verfassungswidrig auf. Gemäß Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG sind vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Gesetzes- bzw. Verordnungsbestimmungen im Anlassfall nicht mehr anzuwenden. Dem in Art. 140 Abs. 7 B-VG genannten Anlassfall (im engeren Sinn), anlässlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren. Im Fall einer Beschwerde gegen eine Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes, der ein auf Antrag eingeleitetes Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist, muss dieser verfahrenseinleitende Antrag überdies vor Bekanntmachung des zugrundeliegenden Prüfungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes eingebracht worden sein (vgl. VfGH 26.11.2018, E3711/2017). Die Aufhebung tritt zwar erst mit 31.03.2026 in Kraft. Da es sich beim gegenständlichen Fall aber um einen Quasi-Anlassfall handelt – wie vom VfGH in seiner Entscheidung vom 11.12.2024, E 779/2024-18 ausgeführt hat – ist auf den gegenständlichen Verfahrenshilfeantrag bereits die bereinigte Rechtslage anzuwenden. Dem Antrag ist daher stattzugeben soweit die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Der gegenständliche Verfahrenshilfeantrag scheitert jedoch an der Aussichtlosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung. Der Antragsteller beantragte Verfahrenshilfe um Beschwerde gegen den Bescheid zu erheben, mit welchem seine Vorstellung gegen den Zahlungsauftrag vom 19.06.2023 zurückgewiesen wurde. Gegen Zahlungsaufträge nach § 6 Abs. 2 GEG kann gemäß § 7 Abs. 1 GEG binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Verspätete und unzulässige Vorstellungen sind gemäß § 7 Abs. 2 GEG zurückzuweisen. Wie festgestellt, erfolgte die Zustellung des Zahlungsauftrags am 20.06.2023 wirksam an den im Grundbuchsverfahren ausgewiesenen Rechtsvertreter des Antragstellers. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schließt eine allgemeine Vertretungsbefugnis eine Zustellungsbevollmächtigung mit ein (VwGH 26.06.2024, Ra 2023/15/0015). Die Frist für die Erhebung einer Vorstellung endete somit bereits mit Ablauf des 04.07.2023. Da die am 08.09.2023 erhobene Vorstellung damit aber jedenfalls bereits verspätet war, ist keine Rechtwidrigkeit in der Zurückweisung durch die Behörde zu erkennen. Damit fehlt einer Beschwerde dagegen aber jegliche Aussicht zum Erfolg. Der Verfahrenshilfeantrag war sohin abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision: Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich an der unter A) zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes orientiert und diese seiner Entscheidung zu Grunde gelegt, daher ist keine offene Rechtsfrage zu sehen. Die Revision ist daher unzulässig.

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