JudikaturBVwG

W200 2305128-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
10. Juli 2025

Spruch

W200 2305128-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SCHERZ als Vorsitzende und die Richterin Mag. TAURER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. HALBAUER als Beisitzende über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (SMS), vom 11.11.2024, OB: 69046198800097, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid wie folgt abgeändert:

Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses bis zum 31.05.2029 liegen auf Grund des in Höhe von fünfzig (50) von Hundert (vH) festgestellten Grades der Behinderung (GdB) vor.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer war im Besitz eines bis zum 29.02.2024 befristeten Behindertenpasses. Noch vor Ende der Befristung beantragte der Beschwerdeführer am 13.11.2023 die Verlängerung des Behindertenpasses. Zu diesem Zeitpunkt gehörte er schon seit mehreren Jahren dem Kreis der begünstigten Behinderten nach dem BEinstG zu.

Im Zuge des Verfahrens des Sozialministeriumservice (im Folgenden: SMS; belangte Behörde) wurde ein Gutachten eines Facharztes für Psychiatrie vom 07.03.2024, basierend auf einer Untersuchung des Beschwerdeführers am 15.02.2024, nach dem BBG im Verfahren betreffend den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses, eingeholt, welches einen Grad der Behinderung von 40 vH ergab. Das einzige Leiden „Asperger Syndrom“ wurde unter Positionsnummer 03.04.01 mit einem GdB von 40 vH nach dem oberen Rahmensatz eingestuft, da eine mäßig andauernde Beeinträchtigung gegeben sei, eine Störung der kognitiven Leistungsfähigkeit liege nicht vor.

Aufgrund dieses Gutachtens teilte das SMS dem Beschwerdeführer mit Parteiengehör vom 08.03.2024 im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Neufestsetzung des Grades der Behinderung mit, dass mit einem GdB von 40 vH die Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten nicht mehr vorlägen. Dazu brachte der Beschwerdeführer – nach Fristverlängerung – mit E-Mail vom 29.04.2024 eine Stellungnahme mit neuen (medizinischen) Unterlagen ein. Dies ergibt sich aus dem Verwaltungsakt zum – ebenfalls bei der zuständigen Gerichtsabteilung anhängigen –Verfahren nach dem BEinstG zu W200 2300418-1, in dem eine gesonderte Entscheidung ergeht.

Im Verwaltungsakt zum vorliegenden Verfahren liegt eine Stellungnahme des Sachverständigen vom 17.06.2024 ein, darin ist das „BEinstG“ als Rechtsgebiet im „Nachuntersuchungsverfahren“ genannt. Der Sachverständige blieb darin nach Nennung der mit E-Mail vom 29.04.2024 nachgereichten medizinischen Unterlagen/Befunde des Beschwerdeführers bei seiner Einschätzung. Auf die übrigen vorgelegten Unterlagen wurde nicht eingegangen.

Mit dem nicht verfahrensgegenständlichen Bescheid (ebenso) vom 17.06.2024 wurde von Amts wegen wie folgt entschieden: „Mit einem Grad der Behinderung von 40 vom Hundert erfüllen Sie die Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten nicht mehr. Es wird daher festgestellt, dass Sie mit Ablauf des Monats, der auf die Zustellung dieses Bescheides folgt, nicht mehr zum Kreis der begünstigten Behinderten gehören.“ Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

Im Rahmen des zum Gutachten und zur Stellungnahme des Sachverständigen gewährten Parteiengehörs brachte der Beschwerdeführer mit E-Mail vom 30.07.2024 auch im Verfahren nach dem BBG eine Stellungnahme mit denselben (medizinischen) Unterlagen, die er auch im (amtswegig geführten) Verfahren nach dem BEinstG dem SMS übermittelt hatte, ein und wies explizit auf das Parteiengehör betreffend die Ausstellung eines Behindertenpasses mit der entsprechenden Zahl hin.

Das SMS holte aufgrund der beabsichtigten Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung im BEinstG-Verfahren ein Akten-Gutachten des mit dem Fall des Beschwerdeführers befassten Sachverständigen vom 04.10.2024 ein, der erneut einen Gesamtgrad bzw. Grad der Behinderung von 40 vH feststellte. Das einzige Leiden wurde nun bezeichnet als „Asperger Syndrom, rez. depressive Störung“ gleich wie im Vorgutachten eingestuft. Zusätzlich sei nun die rezidivierende depressive Störung berücksichtigt worden. Im Gutachten wird auch explizit das „BEinstG“ als Rechtsgebiet genannt.

Mit gegenständlichem Bescheid vom 11.11.2024 wies das SMS den Antrag des Beschwerdeführers mangels Vorliegens der Voraussetzungen ab. Der GdB betrage 40 Prozent. Begründend wurde auf das Gutachten vom 07.03.2024 und die Stellungnahme des Sachverständigen vom 17.06.2024 verwiesen, die dem Bescheid auch beigelegt waren. Das Akten-Gutachten vom 04.10.2024 wurde darin nicht erwähnt.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Im Wesentlichen wiederholte er das mit E-Mail vom 30.07.2024 erstattete Vorbringen.

Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Akt vor. Diese langten am 02.01.2025 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Das Bundesverwaltungsgericht holte aufgrund der Beschwerden sowohl im Verfahren nach dem BEinstG als auch im gegenständlichen Verfahren ein Gutachten einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 22.05.2025 (mit Untersuchung am selben Tag) ein. Daraus ergibt sich ein Grad der Behinderung von 50 vH:

„Der Beschwerdeführer (BF) kommt selbständig gehend ohne Unterstützung pünktlich in Begleitung seiner Arbeitsassistenz zur Untersuchung. […]

Allgemeine Angaben:

Behandelnde Ärzte:

Hausarzt: Dr. […]

Psychiater: Dr. […], zuletzt vor 1 Woche

Psychotherapie: 1 x pro Woche

Sozialanamnese:

Ledig, lebt alleine in einer Wohnung. Er hat die Lehre zum Applikationsentwickler abgeschlossen, hat im Beruf gearbeitet, er hatte immer viele Krankenstände, musste daher auch die Firma wechseln, er ist dzt vollzeitig beschäftigt; es war ein geschützter Arbeitsplatz, nun aber nicht mehr, er hat auch eine Arbeitsassistenz.

Psychiatrische Voranamnese:

Psychische Probleme bestehen seit der Kindheit, mit 15 Jahren bekam er die Diagnose Angststörung, später auch eine Autismusdiagnose. Seit der Volksschule hatte er schon eine psychologische Begleitung. Stationär auf einer Psychiatrie war er bisher nie, bisher keine psychische Rehab, Tagesklinik. Ambulante Betreuung am Rosenhügel vor einigen Jahren.

Andere Vorerkrankungen und Krankenhausaufenthalte:

Fußfehlstellung, geht mit etwas nach innen gedrehten Füßen- dies war bisher aber nie relevant.

Es werden keine anderen Vorerkrankungen angeführt.

Anamnese:

Man habe seinen Behindertengrad neuerlich von 50 auf 40 vH reduziert, es habe sich aber nichts geändert, daher kann er das auch nicht nachvollziehen. Es habe ihn sehr irritiert und Ängste ausgelöst, es stresste ihn extrem, weil dadurch auch die Sicherung am Arbeitsplatz wegfällt. Er hatte schon immer starke soziale Ängste, geht nur ungern hinaus, mit 16 Jahren musste er deshalb auch die Schule abbrechen, er bekam davor immer Panikattacken. Die Lehre sei nur mit Unterstützung möglich gewesen, er hatte immer viele Krankenstände. Weiterhin gehe es ihm nicht gut, er hat nur einen Freund, den er selten trifft, gebessert hat sich nichts. Er sei auch oft depressiv und schlafe schlecht. Panikattacken habe er v.a. situationsabhängig, wenn er hinausgehen müsse, auch in den Öffis zu fahren ist eine Herausforderung.

Da er den Haushalt alleine nur schwer schafft, wird auch ein betreutes Wohnen überlegt. Dzt helfen ihm die Eltern sehr viel.

In der Arbeit sei der Chef sehr verständnisvoll, er müsse zB nicht zu Meetings gehen, er habe nun Angst, weil ein neuer Chef kommen werde.

Therapie:

Sertralin, Quetialan, Xanor bei Bedarf, Pregabalin

Relevante Befunde:

2025-05-14 Arztbrief Dr. XXXX , Psychiater, Wien: Sozialphobie, Panikstörung, atypischer Autismus

2024-04-16 Bestätigung Psychotherapie, Mag. XXXX

ÖGK, Krankenstandsbestätigungen

2024-04-22 Arztbrief Dr. XXXX , Psychiater, Wien: atypischer Autismus,

Panikattacken, Angstzustände, depressive Störung

Untersuchungsbefund:

23-jähriger BF in ausreichendem AZ und EZ, keine Zyanose, keine Dyspnoe, ausreichend gepflegtes Auftreten, wirkt sehr angespannt, nervös, unruhig, zittrig, nimmt wenig Blickkontakt im Gespräch auf

Neurologisch:

Nicht untersucht, keine offensichtlichen Paresen, Gang sicher und stabil.

Psychisch:

Bewusstseinsstörungen: keine

Orientierung: in allen Qualitäten ausreichend

Auffassung: ausreichend

Konzentration: ztw etwas reduziert

Gedächtnis: normal

Merkfähigkeit: ausreichend

Formale Denkstörungen: keine

Patholog. Ängste: sind deutlich vorhanden, oft Panikattacken

Zwänge: keine, nur muss er immer etwas in der Hand halten

Wahn: nein

Sinnesstäuschungen (inkl. Halluzinationen): keine

ICH Störungen: keine

Stimmung/Affekt/Affizierbarkeit: dysthym, bedrückt, mehr im negativen Bereich schwingungsfähig

Insuffizienzgefühle: nicht vorhanden

Antrieb/psychomotorische Störungen: dzt ausreichend

Schlaf und circadiane Störungen: auch mit Medikamenten reduziert

Soziales Verhalten: reduziert, fast keine Kontakte

Selbstgefährdung (SMG, SMV, Selbstverletzung): dzt keine

Fremdgefährdung: nein

Appetit: gut

Medikamentencompliance: laut glaubhafter Angabe gut

Krankheitseinsicht: erscheint voll erhalten

Krankheitsgefühl: dzt ausgeprägt

Weitere Beschwerden: psychosomatisch: -

Persönlichkeitsbeschreibung: unsicher, ängstlich-vermeidend, sozialer Rückzug

Beantwortung der Fragen/ Beurteilung und Stellungnahme

I. Grad der Behinderung, Richtsatzposition, Rahmensatzwert

GS1. Autismusspektrumstörung 030402 50vH

Unterer RSW entsprechend der Unsicherheit, der eingeschränkten Kontaktfähigkeit, der rez depressiven Episoden und der verminderten Belastbarkeit

II. Gesamtgrad der Behinderung: 50vH

Der GdB ergibt sich führend durch die GS1.

III. Ist eine Änderung zu den psychiatrischen GA vom 7.3.2024 (Abl. 22-27) und 4.10.2024 (Abl. 68-70) feststellbar? Worin liegt diese?

Ja, es ist eine Veränderung feststellbar, die GS1 wurde daher um 1 Stufe von 40 auf 50 vH angehoben. Diese Änderung wird wie folgt begründet:

Es besteht eine nachgewiesene autistische Störung, die auch bei der Untersuchung im Verhalten und der eingeschränkten Kontaktfähigkeit des BF klar zum Ausdruck kommt. Er ist stark unsicher, nimmt wenig Blickkontakt auf, wirkt depressiv und angespannt und ängstlich. Er legt auch Befunde vor, die eine erforderliche psychiatrische Betreuung belegen. Er ist dzt arbeitsfähig, braucht aber zur Unterstützung eine Arbeitsassistenz und auch viel Rücksichtnahme am Arbeitsplatz.

Die begleitende Depression muss auch medikamentös mit einer Kombinationstherapie behandelt werden.

All dies rechtfertigt eine Einschätzung des GdB von 50vH.

VI. Eine Nachuntersuchung wird in 4 Jahren empfohlen, da eine Besserung unter Therapie noch möglich ist.“

Im Rahmen des Parteiengehörs wurde sowohl dem Beschwerdeführer als auch dem SMS (nachweislich) die Möglichkeit gewährt, eine Stellungnahme zum eingeholten Gutachten abzugeben. Eine solche langte jedoch innerhalb der gewährten Frist nicht beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1.: Der Beschwerdeführer erfüllt die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Grad der Behinderung beträgt 50 vH.

1.2.: Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung:

Relevanter Status:

Psychisch:

Bewusstseinsstörungen: keine

Orientierung: in allen Qualitäten ausreichend

Auffassung: ausreichend

Konzentration: ztw. etwas reduziert

Gedächtnis: normal

Merkfähigkeit: ausreichend

Formale Denkstörungen: keine

Patholog. Ängste: sind deutlich vorhanden, oft Panikattacken

Zwänge: keine, nur muss er immer etwas in der Hand halten

Wahn: nein

Sinnesstäuschungen (inkl. Halluzinationen): keine

ICH Störungen: keine

Stimmung/Affekt/Affizierbarkeit: dysthym, bedrückt, mehr im negativen Bereich schwingungsfähig

Insuffizienzgefühle: nicht vorhanden

Antrieb/psychomotorische Störungen: dzt. ausreichend

Schlaf und circadiane Störungen: auch mit Medikamenten reduziert

Soziales Verhalten: reduziert, fast keine Kontakte

Selbstgefährdung (SMG, SMV, Selbstverletzung): dzt. keine

Fremdgefährdung: nein

Appetit: gut

Medikamentencompliance: laut glaubhafter Angabe gut

Krankheitseinsicht: erscheint voll erhalten

Krankheitsgefühl: dzt. ausgeprägt

Weitere Beschwerden: psychosomatisch: -

Persönlichkeitsbeschreibung: unsicher, ängstlich-vermeidend, sozialer Rückzug

1.3.: Beurteilung der Funktionseinschränkung:

Verglichen zu den vom SMS zuletzt eingeholten Vorgutachten wurde das einzige Leiden (GS1) um eine Stufe von 40 auf 50 vH angehoben. Diese Änderung ergibt sich aus folgender Begründung:

Es besteht eine nachgewiesene autistische Störung, die auch bei der Untersuchung im Verhalten und der eingeschränkten Kontaktfähigkeit des Beschwerdeführers klar zum Ausdruck kommt. Er ist stark unsicher, nimmt wenig Blickkontakt auf, wirkt depressiv und angespannt und ängstlich. Er legt auch Befunde vor, die eine erforderliche psychiatrische Betreuung belegen. Er ist derzeit arbeitsfähig, braucht aber zur Unterstützung eine Arbeitsassistenz und auch viel Rücksichtnahme am Arbeitsplatz. Die begleitende Depression muss auch medikamentös mit einer Kombinationstherapie behandelt werden.

Nachuntersuchung: Eine Nachuntersuchung ist in vier Jahren erforderlich, da eine Besserung unter Therapie noch möglich ist.

2. Beweiswürdigung:

Aufgrund der Beschwerde holte das Bundesverwaltungsgericht ein Gutachten einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 22.05.2025, basierend auf einer Untersuchung am selben Tag, ein. Der insbesondere auf Grundlage dieses Gutachtens festgestellten Funktionseinschränkung wurde letztlich nicht mehr entgegengetreten.

Die Gutachterin begründete nachvollziehbar, weshalb sie zur letztlich höheren Einschätzung im Vergleich zu den psychiatrischen Vorgutachten – darin wurde ein GdB von 40 Prozent festgestellt – kam.

Das einzige Leiden (Gesundheitsschädigung) 1 wurde nunmehr bezeichnet als „Autismusspektrumstörung“ nachvollziehbar unter Positionsnummer 03.04.02 (Persönlichkeits-Verhaltensstörung mit maßgeblichen sozialen Beeinträchtigungen, 50-70 Prozent) mit einem Grad der Behinderung von 50 Prozent nach dem unteren Rahmensatz entsprechend der Unsicherheit, der eingeschränkten Kontaktfähigkeit, der rezidivierenden depressiven Episoden und der verminderten Belastbarkeit eingestuft.

Die nunmehrige Erhöhung des GdB auf 50 Prozent begründet die Gutachterin nachvollziehbar damit, dass eine nachgewiesene autistische Störung vorliegt, die auch bei der Untersuchung im Verhalten und der eingeschränkten Kontaktfähigkeit des Beschwerdeführers klar zum Ausdruck kommt. Er ist stark unsicher, nimmt wenig Blickkontakt auf, wirkt depressiv und angespannt und ängstlich. Er legt auch Befunde vor, die eine erforderliche psychiatrische Betreuung belegen. Er ist derzeit arbeitsfähig, braucht aber zur Unterstützung eine Arbeitsassistenz und auch viel Rücksichtnahme am Arbeitsplatz. Die begleitende Depression muss auch medikamentös mit einer Kombinationstherapie behandelt werden. All dies rechtfertigt (nachvollziehbar) eine Einschätzung des GdB von 50 Prozent.

Angemerkt wird an dieser Stelle, dass eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung im vorliegenden Fall nicht vorzunehmen ist, da nicht mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen (vgl. § 3 Abs. 1 Einschätzungsverordnung).

Die Gutachterin ist auf Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung ausreichend eingegangen und die Beeinträchtigung wurde im Sinne der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft. Dieser Einschätzung wurde auch nicht mehr entgegengetreten.

Das Gutachten steht mit den allgemeinen Gesetzen der Logik im Einklang, ist schlüssig und vollständig und ihm wurde nicht entgegengetreten. Aus diesen Gründen legt der erkennende Senat dieses Gutachten vom 22.05.2025 unter freier Beweiswürdigung seiner Entscheidung zu Grunde.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichts bestehen in Gesamtbetrachtung keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des eingeholten Sachverständigengutachtens.

Der Inhalt des Gutachtens wurde im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis genommen und nicht beeinsprucht.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Vorliegend ist somit Senatszuständigkeit gegeben.

Zu A) Stattgabe der Beschwerde

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten (§ 1 Abs. 2 BBG).

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören

(§ 40 Abs. 1 BBG).

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt

(§ 41 Abs. 1 BBG).

Der Behindertenpass ist ein amtlicher Lichtbildausweis und hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum und den festgestellten Grad der Behinderung zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des Menschen mit Behinderungen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen (§ 42 Abs. 1 BBG).

Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist (§ 42 Abs. 2 BBG).

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG).

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3), der Behindertenpass gemäß § 43 Abs. 1 oder der Parkausweis für Menschen mit Behinderungen gemäß § 43 Abs. 1a eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu (§ 45 Abs. 2 BBG, auszugsweise).

In dem vom Bundesverwaltungsgericht nach Beschwerdeerhebung eingeholten fachärztlichen Sachverständigengutachten vom 22.05.2025, basierend auf einer Untersuchung, wurde ein Grad der Behinderung von 50 Prozent festgestellt. Festgehalten wurde, dass sich verglichen zu den Vorgutachten somit eine Erhöhung des Behinderungsgrades der beschwerdeführenden Partei ergibt. Das angeführte Sachverständigengutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie ist schlüssig und nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Es wurde auf Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung ausführlich eingegangen.

Das Ergebnis dieses Sachverständigengutachtens wurde der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde gelegt.

Da ein Grad der Behinderung von 50 Prozent festgestellt wurde und dieser Feststellung im Rahmen des Parteiengehörs nicht widersprochen wurde, war spruchgemäß zu entscheiden.

Aufgrund der im Gutachten empfohlenen Nachuntersuchung in vier Jahren („Besserung unter Therapie noch möglich“), liegen die Voraussetzungen für die Ausstellung des Behindertenpasses bis zum 31.05.2029 vor.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG).

Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG).

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden (§ 24 Abs. 3 VwGVG).

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen (§ 24 Abs. 4 VwGVG).

Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden (§ 24 Abs. 5 VwGVG).

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (vgl. VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Grad der Behinderung sind Art und Schwere der bei der beschwerdeführenden Partei festgestellten Funktionsbeeinträchtigung.

Zur Klärung des Sachverhaltes holte das Bundesverwaltungsgericht nach Beschwerdeerhebung bzw. –vorlage ein fachärztliches Sachverständigengutachten ein. In diesem Gutachten wurde der Zustand des Beschwerdeführers im Detail dargelegt.

Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurde das Sachverständigengutachten als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt, dem Bundesverwaltungsgericht liegt kein Beschwerdevorbringen, das mit der beschwerdeführenden Partei mündlich zu erörtern gewesen wäre, vor. Das SMS brachte zudem keine Stellungnahme zum Gutachten ein. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die vorliegende Entscheidung hängt von Tatsachenfragen ab. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung.