Spruch
W133 2311647-1/16E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Natascha GRUBER als Vorsitzende und die fachkundige Laienrichterin Dr.in Barbara HOLZER, den fachkundigen Laienrichter Mag. Harald STELZER, die fachkundige Laienrichterin Mag.a Christa MARISCHKA und den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des beim Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX , errichteten Behindertenausschusses vom 21.02.2025, betreffend die Nichterteilung der Zustimmung zur zukünftig noch auszusprechenden Kündigung nach dem Behinderteneinstellungsgesetz, mitbeteiligte Partei: XXXX , vertreten durch den XXXX , zu Recht erkannt:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid aufgrund der Antragszurückziehung gemäß § 28 Abs. 1 und 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit Schriftsatz vom 16.05.2023, eingelangt am 17.05.2023, richtete die beschwerdeführende Verfahrenspartei XXXX , vertreten durch XXXX (in weiterer Folge als „Dienstgeberin“ bezeichnet), einen Antrag auf Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung der begünstigt behinderten Dienstnehmerin XXXX , geb. XXXX , (in weiterer Folge als „Dienstnehmerin“ bezeichnet) gemäß § 8 des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) an den Behindertenausschuss beim Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX (in weiterer Folge als „belangte Behörde“ bezeichnet).
Nach Durchführung eines umfangreichen Ermittlungsverfahrens gab die belangte Behörde schließlich mit Bescheid vom 21.02.2025 dem Antrag der Dienstgeberin auf Zustimmung zur Kündigung gemäß § 8 Abs. 2 BEinstG nicht statt und erteilte die Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung der Dienstnehmerin nicht.
Gegen diesen Bescheid erhob die anwaltlich vertretene Dienstgeberin am 04.04.2025 fristgerecht Beschwerde.
Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht am 25.04.2025 die Beschwerde samt Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.
Das Bundesverwaltungsgericht beraumte – nach erfolgter Mitteilung der Beschwerde gemäß § 10 VwGVG – für den 03.07.2025 eine öffentliche mündliche Verhandlung an.
Mit Schriftsatz der anwaltlichen Vertretung vom 26.06.2025 gab die Dienstgeberin bekannt, dass zwischen der Dienstnehmerin und der Dienstgeberin eine Einigung in Form einer einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses erzielt worden sei und der Antrag auf Erteilung der Zustimmung zur Kündigung sohin mangels weiterer Relevanz zurückgezogen werde.
Aus diesem Grund beraumte das Bundesverwaltungsgericht die für den 03.07.2025 ausgeschriebene Verhandlung am 26.06.2025 wieder ab.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der oben unter Punkt I. dargelegte Verfahrensgang/Sachverhalt, sohin insbesondere die Zurückziehung des Antrages auf Erteilung der Zustimmung zur Kündigung der Dienstnehmerin durch die Dienstgeberin im Beschwerdestadium des Verfahrens mit Schriftsatz der anwaltlichen Vertretung vom 26.06.2025 wird festgestellt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus den Verwaltungs- und Gerichtsakten, insbesondere aus dem Schriftsatz vom 26.06.2025, womit die Dienstgeberin im Wege ihrer bevollmächtigten anwaltlichen Rechtsvertretung aus freien Stücken die Zurückziehung des Antrages auf Erteilung der Zustimmung zur Kündigung der Dienstnehmerin zweifelsfrei erklärte. Es liegt eine ausdrückliche, unmissverständliche sowie frei von Willensmängeln erfolgte Zurücknahme des Antrages auf Erteilung der Zustimmung zur Kündigung in einem offenen Beschwerdeverfahren vor.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes – BEinstG, BGBl. Nr. 22/1970, idF BGBl. I. Nr. 98/2024, lauten auszugsweise:
„Kündigung
§ 8. (1) Das Dienstverhältnis eines begünstigten Behinderten darf vom Dienstgeber, sofern keine längere Kündigungsfrist einzuhalten ist, nur unter Einhaltung einer Frist von vier Wochen gekündigt werden. Ein auf Probe vereinbartes Dienstverhältnis kann während des ersten Monates von beiden Teilen jederzeit gelöst werden.
(2) Die Kündigung eines begünstigten Behinderten (§ 2) darf von einem Dienstgeber erst dann ausgesprochen werden, wenn der Behindertenausschuss (§ 12) nach Anhörung des Betriebsrates, der Behindertenvertrauensperson (Stellvertreter) oder der Personalvertretung im Sinne des Bundes-Personalvertretungsgesetzes bzw. der entsprechenden landesgesetzlichen Vorschriften zugestimmt hat; dem Dienstnehmer kommt in diesem Verfahren Parteistellung zu. Eine Kündigung ohne vorherige Zustimmung des Behindertenausschusses ist rechtsunwirksam, wenn nicht in Ausnahmefällen nachträglich die Zustimmung erteilt wird. Diese Zustimmung ist nicht zu erteilen, wenn die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten die Folge eines Arbeitsunfalles gemäß § 175f des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955 ist. Ein Ausnahmefall, der die Zustimmung zu einer bereits ausgesprochenen Kündigung rechtfertigt, ist dann gegeben, wenn dem Dienstgeber zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung nicht bekannt war und auch nicht bekannt sein musste, dass der Dienstnehmer dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des § 2 angehört. Abs. 4 und 4a sind anzuwenden.
(3) Der Behindertenausschuss hat bei seiner Entscheidung über die Zustimmung zur Kündigung eines begünstigten Behinderten die besondere Schutzbedürftigkeit des Dienstnehmers zu berücksichtigen und unter Beachtung des § 6 zu prüfen, ob dem Dienstnehmer der Verlust seines Arbeitsplatzes zugemutet werden kann.
(4) Die Fortsetzung des Dienstverhältnisses wird dem Dienstgeber insbesondere dann nicht zugemutet werden können, wenn a) der Tätigkeitsbereich des begünstigten Behinderten entfällt und der Dienstgeber nachweist, dass der begünstigte Behinderte trotz seiner Zustimmung an einem anderen geeigneten Arbeitsplatz ohne erheblichen Schaden nicht weiterbeschäftigt werden kann; b) der begünstigte Behinderte unfähig wird, die im Dienstvertrag vereinbarte Arbeit zu leisten, sofern in absehbarer Zeit eine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit nicht zu erwarten ist und der Dienstgeber nachweist, dass der begünstigte Behinderte trotz seiner Zustimmung an einem anderen geeigneten Arbeitsplatz ohne erheblichen Schaden nicht weiterbeschäftigt werden kann; c) der begünstigte Behinderte die ihm auf Grund des Dienstverhältnisses obliegenden Pflichten beharrlich verletzt und der Weiterbeschäftigung Gründe der Arbeitsdisziplin entgegenstehen.
(4a) Bei der Entscheidung über die Zustimmung zur Kündigung eines begünstigten Behinderten ist auch das Diskriminierungsverbot des § 7b Abs. 1 zu berücksichtigen.
(5) Gesetzliche Bestimmungen, die die Beendigung des Dienstverhältnisses an zusätzliche Voraussetzungen knüpfen, bleiben unberührt. Finden auf die Kündigung eines begünstigten Behinderten die Abs. 2 bis 4 Anwendung, gelten die Bestimmungen des § 105 Abs. 2 bis 6 des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1974, bzw. die im Sinne des Landarbeitsgesetzes 2021, BGBl. I Nr. 78/2021, für land- und forstwirtschaftliche Arbeiter und Angestellte erlassenen Vorschriften nicht.
(6) Abs. 2 bis 4 finden auf das Dienstverhältnis keine Anwendung, a) wenn dem Behinderten als Mitglied des Betriebsrates (Jugendvertrauensrates) bzw. als Personalvertreter der besondere Kündigungsschutz auf Grund der §§ 120 und 121 des Arbeitsverfassungsgesetzes bzw. der im Sinne des Landarbeitsgesetzes 2021, BGBl. I Nr. 78/2021, für land- und forstwirtschaftliche Arbeiter und Angestellte erlassenen Vorschriften oder des § 27 Abs. 2 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes und ähnlicher landesrechtlicher Vorschriften zusteht;
b) wenn das Dienstverhältnis zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung noch nicht länger als vier Jahre bestanden hat, es sei denn die Feststellung der Begünstigteneigenschaft erfolgt innerhalb dieses Zeitraumes, wobei während der ersten sechs Monate nur die Feststellung der Begünstigteneigenschaft infolge eines Arbeitsunfalles diese Rechtsfolge auslöst, oder es erfolgt ein Arbeitsplatzwechsel innerhalb eines Konzerns.“
§ 28 VwGVG BGBl. I. Nr. 33/2013, idF BGBl. I. Nr. 147/2024 lautet auszugsweise:
„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.“
Im vorliegenden Beschwerdefall steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne von § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG fest.
Wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. in seinem Erkenntnis vom 23.01.2014, Zl. 2013/07/0235, ausgeführt hat, bewirkt - wenn der verfahrenseinleitende Antrag im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht eine wesentliche Änderung erfährt und der Antragsteller damit eindeutig zu erkennen gibt, dass er seinen ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrag nicht mehr aufrechterhält - die (konkludente) Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrags den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung des Bescheides und damit (nachträglich) dessen Rechtswidrigkeit. Das Verwaltungsgericht ist somit gehalten, den bekämpften Bescheid (ersatzlos) zu beheben (vgl. VwGH E 19. November 2014, Ra 2014/22/0016; E 23. Jänner 2014, 2013/07/0235).
Im gegenständlichen Fall einer - noch offenen - Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht hat die beschwerdeführende Dienstgeberin im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ihren ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrag auf Zustimmung zur künftig noch auszusprechenden Kündigung der Dienstnehmerin ausdrücklich und unmissverständlich zurückgezogen. Der bekämpfte Bescheid war somit spruchgemäß in Erledigung der Beschwerde ersatzlos zu beheben.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Im gegenständlichen Fall ist der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt und liegt ein Fall des § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG vor, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Eine mündliche Verhandlung konnte daher entfallen.
Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu die oben im Rahmen der rechtlichen Beurteilung genannten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes) bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.