JudikaturBVwG

W261 2313170-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
26. Juni 2025

Spruch

W261 2313170-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Karin GASTINGER, MAS als Vorsitzende und die Richterin Mag.a Karin RETTENHABER-LAGLER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr.in Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Mag. Hubert WAGNER, LLM, Rechtsanwalt in 1130 Wien, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 31.03.2025 betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin stellte am 17.10.2024 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses samt Zusatzeintragung „„Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (auch Sozialministeriumservice, in der Folge belangte Behörde) und legte ein Konvolut an medizinischen Befunden bei.

2. Die belangte Behörde holte zur Überprüfung des Antrages ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin ein. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 02.12.2024 erstatteten Gutachten vom selben Tag (vidiert am 03.12.2024) stellte die medizinische Sachverständige bei der Beschwerdeführerin die Funktionseinschränkungen „Abnützungserscheinungen des Stütz- und Bewegungsapparates, Position 02.02.01 der Anlage der Einschätzungsverordnung (EVO), Grad der Behinderung (GdB) 20 %“ und einen Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 20 von Hundert (in der Folge v.H.) fest.

3. Die belangte Behörde holte auch ein medizinisches Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie ein. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 20.02.2025 erstatteten Gutachten vom selben Tag stellte die medizinische Sachverständige bei der Beschwerdeführerin die Funktionseinschränkungen „Chronisches Schmerzsyndrom, Position 04.11.01 der Anlage der EVO, GdB 10 %“ und einen Gesamtgrad der Behinderung von 10 % fest.

4. In der von der befassten medizinischen Sachverständigen aus dem Fachbereich der Unfallchirurgie erstellten Gesamtbeurteilung vom 24.02.2025 stellt diese fest, dass bei der Beschwerdeführerin folgende Leiden und Funktionseinschränkungen bestehen würden:

1. Abnützungserscheinungen des Stütz- und Bewegungsapparates, Position 02.02.01 der Anlage der Einschätzungsverordnung (EVO), Grad der Behinderung (GdB) 20 %

2. Chronisches Schmerzsyndrom, Position 04.11.01 der Anlage der EVO, GdB 10 %

Der Gesamtgrad der Behinderung würde 20 v.H. betragen. Das Leiden 1 werde durch das Leiden 2 nicht erhöht, da kein maßgebliches ungünstiges Zusammenwirken bestehen würde.

5. Die belangte Behörde übermittelte der Beschwerdeführerin dieses Sachverständigengutachten mit Schreiben vom 28.02.2025 im Rahmen des Parteiengehörs und räumte dieser eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme ein. Die Beschwerdeführerin gab keine Stellungnahme ab.

6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 31.03.2025 wies die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab und stellte einen Grad der Behinderung in Höhe von 20 v.H. fest. Die belangte Behörde legte dem Bescheid die eingeholten Sachverständigengutachten in Kopie bei.

7. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin durch ihren anwaltlichen Vertreter fristgerecht Beschwerde und brachte zusammengefasst vor, dass der Bescheid vollinhaltlich angefochten werde. Geltend gemacht würden unrichtige rechtliche Beurteilung und das Vorliegen erheblicher Verfahrensmängel. Die medizinischen Sachverständigengutachten seinen inhaltlich unrichtig, da festgestellt worden sei, dass der Grad der Behinderung geringer als 50 % sei, deswegen werde der Bescheid angefochten. Es werde beantragt inhaltlich richtige Gutachten einzuholen, dass alle Beschwerden der Beschwerdeführerin ausreichend berücksichtigt werden würden. Es werde als Beweis die Einvernahme der Beschwerdeführerin und von namhaft zu machenden Zeugen und vorzulegende Urkunden angeboten. Es werde beantragt, eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass der beantragte Behindertenausweis ausgestellt werde, in eventu, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und der belangten Behörde die neuerliche Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens aufzutragen. Die Beschwerdeführerin legte der Beschwerde keine ärztlichen Befunde bei.

8. Die belangte Behörde legte den Aktenvorgang dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 22.05.2025 vor, wo dieser am 23.05.2025 einlangte.

9. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 23.05.2025 eine Abfrage im Zentralen Melderegister durch, wonach die Beschwerdeführerin österreichische Staatsbürgerin ist und ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hat.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses langte am 17.10.2024 bei der belangten Behörde ein.

Die Beschwerdeführerin erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz im Inland.

Ausmaß der Funktionseinschränkungen:

Anamnese bei der Untersuchung am 02.12.2024:

Cervikalsyndrom Discusprolaps L4/5 links. Mittelgradig depressive Episode mit somatischem Syndrom V.a. anhaltende Schmerzstörung. Hyperkinetische Bewegungsstörung in Abklärung. Arterielle Hypertonie.

Anamnese bei der Untersuchung am 20.02.2025

Antragsdiagnose: „Behinderung durch langzeitige Corona". Hyperkinetische Bewegungsstörung in Abklärung DD funktionell Depression.

Derzeitige Beschwerden

Bei der Untersuchung am 02.12.2024:

„Seit der Corona Impfung 2020 bzw. 2021/22 nach der 3. Corona Impfung und gleichzeitig Grippeimpfung, habe ich Kopfschmerzen, Schmerzen in Händen Füßen, LWS, Halsseitensymptomatik links, Long Covid seit 2020."

Bei der Untersuchung am 20.02.2025

Die Beschwerdeführerin kommt gehend mit Rollator in Begleitung des Mannes, sie seien mit dem Auto gekommen. Sie leide unter Schmerzen halbseitig links, die linke Hand und der linke Fuß würden zittern. Sie hätte einen Schlaganfall erlitten. Die linke Seite sei blockiert, die Zehen links seien verbogen. Mit der linken Hand könne sie nichts halten. Sie sei sehr vergesslich und sehr nervös. Eine psychiatrische Vorstellung sei geplant (Überweisung wird vorgelegt: Diagnose: Bitte um FAB bei stark psychisch belasteter Pat, bisher ungeklärter Bewegungsstörung DD funktionell und optischen Halluzinationen). Sie hätte Angst, wenn sie alleine in der Wohnung wäre-sie hätte starke Depressionen und würde weinen. Antidepressiv sei sie nicht eingestellt. Sie schreie laut Gatten in der Nacht sehr laut. Seit 3 Jahren verwende sie den Rollator-sie hätte Long Covid, auch die Lunge sei betroffen. In der Wohnung benütze sie einen Stock. Sie sei neurologisch in der Ordination Dr. XXXX in Betreuung, die letzte Kontrolle sei im Februar 2025 gewesen. Empfohlen hätte man ihr eine Kontrolle in der Bewegungsstörungsambulanz (Überweisung wird vorgelegt: Diagnose: Bitte um FÄB bei Pat. mit Vd. a. funktionelle hyperkinetische Bewegungsstörung, HSZ li und MMSE 18 Pkt. (Abklärung in Klinik XXXX 01/2024 inkl. LP erfolgt)) und eine psychiatrische Kontrolle. Befunde werden vorgelegt. Im ADL Bereich sei sie auf Fremdhilfe angewiesen. Den Haushalt führe der Gatte. Es bestehe keine SW, auch kein PG Bezug (dies sei 3x abgelehnt worden).

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Medikamente: Lioresal, Prosicca, Ezerosu, Magnoslov, Maxi Kalz, Foster, Volatern gel, Trimbow, Psychopax Tropfen 10 gttt 3x1 (dies laut eigenen Angaben), Lasix, Seractil, Tramal, Amlodipin, Montelukastin, Pantoprazol, Gerovit laut ärztlicher Liste 04.12.2024. Allergie: 0 Nikotin: 0. Hilfsmittel: Rollator, Gehstock. Laufende Therapie bei Hausarzt Dr. XXXX , 1120.

Sozialanamnese:

Verheiratet, 1 Tochter, lebt in Wohnung im Erdgeschoß, 4 Stufen. Berufsanamnese: Bedienerin bis 2020. AMS.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Ordination Dr. XXXX , Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, 18.02.2025: Anamnese: Die Pat. kommt im Beisein des Ehemanns und der Tochter zur Kontrolle. Wiederum werden ungeordnet Befunde vorgelegt, anamnestisch Vorstellung in Neurologie Klinik XXXX erfolgt (kein Befund vorliegend), scheinbar seien ein MR Schädel und HWS empfohlen worden und eine Kontrolle im niedergelassenen Bereich. Eine Vorstellung in Spezialambulanz ist leider nicht erfolgt. Gemäß Tochter würde die Pat. auch teilweise Dinge sehen, Angst wäre verstärkt, sieht Mann oder Frau am Fenster. Die Pat. würde im Schlaf auch um sich schlagen und schreien.

Röntgen, Dr. XXXX , 13.02.2025: Sonographie der Schilddrüse. Der rechte Schilddrüsenlappen misst 5 x 2,1 x 1,9 cm und zeigt ein Volumen von 10,07 ml. Der linke Schilddrüsenlappen misst 4 x 2,2 x 1,9 cm und zeigt ein Volumen von 8,58 ml. Beide Schilddrüsenlappen sind scharf begrenzt, homogen, zeigen eine unauffällige Durchblutung in der Farbdopplersonographie.

MR Schädel 01/2025: einzelne Gliosespots, sonst unauffällig.

MR HWS 01/2025: degenerative Veränderungen, keine Myelonkompression. Diagnose: Hyperkinetische Bewegungsstörung in Abklärung, Depressio, Chron. Schmerzsyndrom, aHTN, Therapie Quetialan 25 mg Filmtabl. S: 0-0-0-'/2| nach einer Woche 0-0-0-1. Zusammenfassend bietet die Pat. in der heutigen Untersuchung einen gleichbleibenden Befund. Als neues Symptom werden optische Halluzinationen angegeben, möglicherweise auch eine REM- Schlafverhaltensstörung. Weiterhin besteht ein unklares neurolog. Erscheinungsbild, einerseits finden sich Zeichen einer beinbetonten Hemiparese li, andererseits zeigt sich auch eine spastische Tonuserhöhung. Die beobachtbare hyperkinetische Bewegungsstörung wechselnd vorhanden und tlw. ablenkbar. Die Pat. sicherlich psychisch sehr belastet. Die Arbeitsfähigkeit ist aus neurolog. Sicht sicherlich zum jetzigen Zeitpunkt nicht gegeben. In den erhobenen Zusatzuntersuchungen findet sich bei einem MMSE 18 Pkt. eine relevante kognitive Einschränkung. Procedere: Vorstellung Bewegungsstörungsambulanz empfohlen -Kontrolle bei FÄ Psychiatrie dringend empfohlen. Beginn mit Quetiapin 25mg 0-0-1/2, nach einer Woche 0-0-1.

DZ XXXX , 07.01.2025, MRT HWS: Chondrosis intervertebralis und deformierende Spondylose C3-C7, ohne Hinweis auf Markraumödem. Zarte, submarginale Osteophyten C3-C7 mit minimaler Duralsackalteration. Gering- bis mittelgradige Intervertebralarthrosen. Unauffällige Darstellung des cervicalen Myelons.

Sowie MRT Gehirn und MRA, 03.01.2025: Einzelne mikrovaskulär bedingte Gliosespots sonst regelrechte MRT des Schädels. Unauffällige MR-Angiographie des Schädels.

Röntgen gesamte Wirbelsäule, 14.10.2024: Hyperlordose der HWS. Die HWK von normaler Höhe. Mittelgradige bis deutliche Bandscheibenverschmälerung Geringe s-förmige BWS-Skoliose. Die BWK regulär hoch. Mäßige Bandscheibenverschmälerung im gesamten BWS-Verlauf. Incipiente rechtskonvexe LWS- Skoliose. Die LWK und Bandscheibenräume normal hoch. Geringe Bogengelenksarthrosen L5/S1. Fraglich herabgesetzte Knochendichte. Beckenübersicht: Das Beckenskelett asymmetrisch. Soweit in einer Ebene beurteilbar minimale Coxarthrose beidseits.

Dr. XXXX , Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, 18.09.2024: Hyperkinetische Bewegungsstörung in Abklärung, Depressio, Chron. Schmerzsyndrom. Anamnese: Die Patientin kommt in Begleitung ihrer Tochter und Schwiegertochter. Die Anamnese ist bei Sprachbarriere erschwert, es werden unterschiedliche Angaben zum Symptombeginn gemacht. Soweit erhebbar sei die Pat. vor drei Jahren noch sehr fit gewesen, kurz nach einer COVID-Impfung (3. Impfung von Pfizer parallel mit Influenza-Impfung) sei es eher plötzlich zu einem Zittern der Beine gekommen, auch einem subjektiven Kältegefühl, hierbei vorwiegend li. OE und UE betroffen Die Pat. ist sehr eingeengt darauf, dass die Impfung verantwortlich für ihre Symptomatik sei. Im weiteren Verlauf dann innere Unruhe, kann nicht länger sitzen. Seit ca. zwei Jahren geht Pat. am Rollator, es werden auch Sturzereignisse angegeben. Mittlerweile würde der Ehemann der Pat. sich vollständig um den Haushalt kümmern. Es werden zahlreiche Befunde (leider tlw. unvollständig) vorgelegt, soweit erhebbar fand Ende 2023/Anfang 2024 auch eine neurolog. Abklärung in Klinik XXXX inkl. LP und cMRT statt, gemäß Brief wurde eine funktionelle Bewegungsstörung vermutet bei jedoch auch spastischer Tonuserhöhung und Knips. Diagnose: Hyperkinetische Bewegungsstörung in Abklärung, Depressio, Chron. Schmerzsyndrom, aHTN. Therapie. Zusammenfassend bietet die Pat. in der heutigen Untersuchung ein unklares neurolog. Erscheinungsbild, einerseits finden sich Zeichen einer beinbetonten Hemiparese li, andererseits zeigt sich auch eine spastische Tonuserhöhung. Die beobachtbare hyperkinetische Bewegungsstörung wechselnd vorhanden und tlw. ablenkbar. Die Pat. sicherlich psychisch sehr belastet. Die Arbeitsfähigkeit ist aus neurolog. Sicht sicherlich zum jetzigen Zeitpunkt nicht gegeben. Proc: MMSE, Duplexsonographie MR Schädel wiederholen mit KM. Kontrolle mit Befunden, dann evtl. Zuweisung Ambulanz (Bewegungsstörungsambulanz?).

Klinik XXXX 2.Medizinische Abteilung, 05.07.2024: Chronisches Schmerzsyndrom (Cephalea und Lumboischialgie), Aortensklerose, Chronische Gastritis, Athetose, UE bds. bei Veda. psychogene Bewegungsstörung, Veda. Somatisierungsstörung, Facettengelenksarthrose L5/S1, Gewichtsabnahme unklarer Genese, Rez. depressive Störung, Belastungsreaktion COPD Nikotin-Abusus, St. p. COVID Infekt 03.22. Wiedervorstellung Neurologie XXXX nach ambulanter Physiotherapie. Regelmäßige psychiatrische Kontrollen im niedergelassenen Bereich. Zusammenfassung des Aufenthalts: Die stationäre Aufnahme von Frau XXXX erfolgt auf Grund von aggravierten Ganzkörperschmerzen und Husten bei bekannter COPD. ... Bezüglich der Schmerzproblematik behandeln wir Frau XXXX symptomatisch und intensivierten die analgetische Therapie. Zusätzlich erhielt die Patientin eine intensive Physiotherapie. Auch ein psychologisches Entlastungsgespräch wurde durchgeführt. Zur weiteren Abklärung der diffusen Ganzkörperschmerzen empfehlen wir eine Wiedervorstellung der betreuenden Abteilung (Neurologische Ambulanz Klinik XXXX ). Bei einem ausgeprägten chronischen Schmerzsyndrom konnte während des Aufenthaltes nur eine minimale Besserung erzielt werden. Während des Aufenthaltes und auch schon bei der ambulanten Begutachtung davor, ergab sich kein Hinweis für ein Fibromyalgie-Syndrom, die typischen Tender-points sind nicht druckdolent. Somit kann eine entz.-rheumatische Erkrankung als Ursache der Beschwerden ausgeschlossen werden. Aufgrund weiterer Beschwerdesymptomatik haben wir die Therapie mit Saroten bei guter Verträglichkeit wiederbegonnen.

DZ XXXX , MRT Gehirn mit KHBW, 31.05.2024: Nachweis von vereinzelten punktförmigen Hypertensitäten, im periventr. und supravent. Marklager. Ergebnis: Unverändertes cMRT im Vergleich zur Voruntersuchung.

Orthopädicum-GP Dr. XXXX , Dr. XXXX , Dr. XXXX , Fachärzte für Orthopädie, mit den Dauerdiagnosen: Sensomotorische Halbseitensymptomatik li., Komplexes Schmerzsyndrom, Lumboischialgie, letzter Eintrag vom 02.02.2024 (Arztbrief neu...).

Klinik XXXX , Neuro Ambulanz, 21.02.2024: Anamnese: Pat kommt heute zur Kontrolle und Befundbesprechung: Schmerzen sind idem wie ad Station, LWS-Hüfte links re und Kopfschmerzen holocephal. Magenschmerzen von vielen Medikamenten, RR hoch – Med. gleich wie zum Entlassungszeitpunkt, außer Tramal ex, stattdessen Hydal 2 x 2 mg, neu seit 25.01.24. Darunter jedoch nur leichte Besserung der Beschwerden. Bisher eingelangte Befunde nach Entlassung/LP: Autoimmundiagnostik negativ.

Gruppenpraxis Dr. XXXX , 31.01.2024: Coxarthrose bds, Cervikalsyndrom, Spastische Parese untere Extremitäten Sensomotorische Halbseitensymptomatik li., Komplexes Schmerzsyndrom, Discusprolaps L4/5 li, Lumboischialgie li, Facettenarthrose C3-7 bds, Vorfußheberschwäche li Kraftgrad I choreatische Bewegungsstörung.

MedUni XXXX , Neuropathologie, 31.01.2024: Begutachtung: Die Untersuchung der Serum- und Liquorprobe zeigt keinen Hinweis auf Vorliegen gut charakterisierter onkoneuronaler Antikörper (Hu, Yo, Ri, Tr, CV2, ...). PKCgamma, CARPVII, ARHGAP26 oder bestimmter tumorassoziierter (SOX1) bzw. nicht tumorassoziierter Antikörper.

Klinik XXXX , Abt. für Neurologie, 17.01.2024: Chronische Lumboischialgie links bei Discusprotrusio mit NF-Stenose L4 links, Facettengelenksarthrose L5/S1 Chronisches Schmerzsyndro. (Cephalea und Lumboischialgie) Veda. Somatisierungsstörung Athetose, UE bds, bei Veda. psychogene Bewegungsstörung, Gewichtsabnahme unklarer Genese, Rez. depressive Störung, Belastungsreaktion chronische Gastritis COPD Nikotin-Abusus St. p. COVID Infekt 03.22, 4 Etagen EMG UE, CT Abdomen mit KM + Thorax, MRT BWS/HWS mit KM, Lumbalpunktion, pulmolog Konsil, Physiotherapie, Quantiferontest.

Orthopädicum Dr. XXXX , 06.12.2023: Komplexes Schmerzsyndrom, Lumboischialgie Spastische Parese untere Exträrnität.

MRT der Lendenwirbelsäule, 24.11.2023: Im Vergleich zur Voruntersuchung im Wesentlichen unveränderte, breitbasige, lateral links minimal exzentrische, geringgradige Bandscheibenvorwölbung L4/L5 mit neu aufgetretenen intraforaminal links gelegenen, partiellen Anulus fibrosus-Einriss, keine Nervenwurzelkompression nachweisbar. Minimale Chondrosis intervertebralis L2-S1 mit deformierender Spondylose, kein Markraumodern. Keine signifikanten weiteren Bandscheibenvorwölbungen nachweisbar. 4 Normale Weite der knöchernen Foramina und des knöchernen Spinalkanals, keine ossären Stenosen. 5. Der Conus medullaris an orthotoper Stelle gelegen und normal konfiguriert. 6. Nierenzyste rechts.

Neuropsychologischer Befund, 15.11.2023: Hemichorea nach COVID-Impfung - cMRT unauff., Labor unauff. DD M. Huntington (allerdings FA neg., Klinik untypisch. Mittelgradig depressive Episode mit somatischen Syndrom V.a. anhaltende Schmerzstörung.

Röntgen Beckenübersicht, beide Hüften axial, 15.11.2023: Minimale Sacroiliacalarthrosen bds., nur minimale Coxarthrose rechts.

Klinik XXXX , neuropsychologischer Befund, 15.11.2023: Auf Basis der Informationen aus dem klinischen Eindruck, dem Selbstbeurteilungsfragebogen des Anamnesegesprächs sowie des Befundstudiums ist bei der Patientin von mittelgradig depressive Episode mit somatischen Syndrom und V.a. anhaltende Schmerzstörung auszugehen. Procedere: Eine psychotherapeutische Behandlung ist dringend indiziert.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand: gut, 54 a. Ernährungszustand: gut.

Größe: 152,00 cm Gewicht: 50,00 kg

Klinischer Status - Fachstatus:

Untersuchung am 02.12.2024

Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen, sichtbare Schleimhautpartien unauffällig, Pupillen rund, isocor. Halsvenen nicht gestaut. Thorax: symmetrisch. Atemexkursion seitengleich, VA. HAT rein, rhythmisch. Keine Dyspnoe, keine Zyanose. Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar. Integument: unauffällig.

Neurologischer Status bei der Untersuchung am 20.02.2025:

Wach, voll orientiert, kein Meningismus. Caput: HN II-XII unauffällig.

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Untersuchung am 02.12.2024

Rechtshänderin. Der Schultergürtel steht horizontal, seitengleich mittelkräftig entwickelte Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird links als ungestört angegeben. Schulter links geringgradig verkürzt, Bewegungsschmerzen Tonus links geringgradig erhöht. Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig. Aktive Beweglichkeit: Schultern rechts frei, links endlagig eingeschränkt, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig. Kraft, Tonus und Trophik unauffällig. Nacken- und Schürzengriff sind rechts frei, links endlagig eingeschränkt durchführbar.

Untersuchung 20.02.2025

Rechtshändigkeit, Trophik unauffällig, Tonus unauffällig, keine maßgeblichen Paresen, Vorhalteversuch der Arme: unauffällig, Finger-Nase-Versuch: keine Ataxie, MER (RPR, BSR, TSR) seitengleich mittellebhaft auslösbar, Bradydiadochokinese links wird demonstriert, Knips links rechts positiv.

Becken und beide unteren Extremitäten:

Untersuchung am 02.12.2024

Freies Stehen möglich, links Belastung eingeschränkt und etwas unsicher. Zehenballen-, Fersen- und Einbeinstand mit Anhalten kurz möglich, links unsicher. Die Beinachse ist im Lot. Seitengleich mittelkräftig entwickelte Muskelverhältnisse. Beinlänge ident. Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine trophischen Störungen, die Sensibilität wird links als ungestört angegeben. Kniegelenk links: ggr. Umfangsvermehrung, keine Überwärmung, diffus Druckschmerzen, endlagig Beugeschmerzen, stabil. Sprunggelenk rechts: Bewegungsschmerzen sonst unauffällig Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig. Aktive Beweglichkeit: Hüften S 0/120, R 10/0/30, Knie rechts 0/0/130, links 0/0/120, Sprunggelenke rechts endlagig eingeschränkt, links frei, Zehen sind seitengleich frei beweglich. Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.

Untersuchung am 20.02.2025

Spur Beinödeme beidseits, fragliche Tonus links erhöht DD Gegenhalten, Angabe von Schmerzen in der Leiste links, grobe Kraft proximal und distal 5/5 rechts, links schmerzbedingt reduzierte Kraft, aber im Positionsversuch der Beine: einzeln kurzgehalten, Knie-Hacke-Versuch: keine Ataxie, MER (PSR, ASR) seitengleich mittellebhaft auslösbar, Pyramidenzeichen negativ. Sensibilität: intakte Angabe. Sprache: unauffällig. Vibration Sternum: nur im linken Bein verspürt. Romberg: unauffällig. Unterberger: nicht demonstriert. Zehen- und Fersenstand: nicht demonstriert. Wippt im Stehen gelegentlich auf und ab (steht auch während der Anamneseerhebung auf und wippt).

Wirbelsäule:

Untersuchung am 02.12.2024

Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Mäßig Hartspann. Klopfschmerz über der gesamten LWS. Aktive Beweglichkeit: HWS: in allen Ebenen frei beweglich BWS/LWS: FBA: 30 cm, F und R 20°. Lasegue bds. negativ.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Untersuchung am 02.12.2024

Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen mit Rollator, das Gangbild ist mit Anhalten links hinkend, ataktisch. Bewegungsabläufe beim Hinlegen auf die Untersuchungsliege und Aufstehen leicht eingeschränkt. Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.

Untersuchung am 20.02.2025

Mobilitätsstatus: Gangbild: ausreichend sicher ohne Hilfsmittel mit Aufsetzen am linken Zehenballen (links kein Fersenkontakt) mit schmerzbedingtem Abstützen des linken Arms seitlich und Hauptbelastung rechts. Unbeobachtet besseres Aufsetzen des linken Fußes. Standvermögen: sicher, adäquater Lagewechsel. Kein Führerschein vorhanden.

Status Psychicus:

Untersuchung am 02.12.2024

Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage verzagt.

Untersuchung am 20.02.2025

Wach, in allen Qualitäten orientiert, Duktus kohärent, Denkziel wird erreicht, Aufmerksamkeit unauffällig, keine kognitiven Defizite, Affekt negativ getönt, Stimmungslage depressiv, Antrieb unauffällig, Konzentration reduziert, keine produktive Symptomatik, Schlaf schlecht.

Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1. Abnützungserscheinungen des Stütz- und Bewegungsapparates

2. Chronisches Schmerzsyndrom

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 20 v.H.

Leiden 1 wird durch Leiden 2 nicht erhöht, da kein maßgebliches ungünstiges Zusammenwirken vorliegt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen hinsichtlich der Antragsstellung basieren auf dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland basieren auf dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

Der Gesamtgrad der Behinderung gründet sich auf die seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 02.12.2024 beruhend auf einer Untersuchung am selben Tag und einer Ärztin für Neurologie vom 20.02.2025, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am selben Tag und der Gesamtbeurteilung vom 28.02.2025, erstellt von der befassten unfallchirurgischen Sachverständigen.

Darin wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die medizinischen Gutachterinnen setzen sich auch umfassend und nachvollziehbar aus jeweils fachlicher Sicht mit den vorgelegten Befunden sowie mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussungen und dem Zusammenwirken der zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen auseinander. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befunden, entsprechen auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen; die Gesundheitsschädigungen sind nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.

Die Beschwerdeführerin gab zu diesen Gutachten im Rahmen des Parteiengehörs keine Stellungnahme ab. In ihrer Beschwerde bringt ihr anwaltlicher Vertreter undifferenziert vor, dass „inhaltlich unrichtige Gutachten vorliegen würden, weswegen der Grad der Behinderung geringer als 50 % festgestellt worden sei.“ Es werde beantragt „ein inhaltlich richtiges Gutachten einzuholen, das alle Beschwerden der Beschwerdeführerin ausreichend berücksichtigen würde“. Mit der Beschwerde wurden keine neuen medizinischen Befunde vorgelegt.

Es ist für den erkennenden Senat nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen die von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Gutachten „unrichtig“ sein sollen. Es wird weder ausgeführt, welche Leiden oder Funktionseinschränkungen oder „Beschwerden“, wie der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin diese nennt, die medizinischen Sachverständigen nicht berücksichtigt hätten, noch welche Einschätzung der Leiden konkret unrichtig sei. Die Beschwerdeführerin übersieht bei dieser Argumentation auch, dass es nicht Aufgabe der medizinischen Sachverständigen ist, subjektive „Beschwerden“ der Beschwerdeführerin zu beurteilen, sondern festzustellen, welche Leiden und Funktionseinschränkungen bei der Beschwerdeführerin medizinisch objektivierbar sind. Diesem Auftrag der belangten Behörde sind die beiden medizinischen Sachverständigen in deren Sachverständigengutachten richtigerweise nachgekommen.

Die Beschwerdeführerin ist damit den Ausführungen der beiden medizinischen Sachverständigen nicht und damit insbesondere auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es der Antragstellerin, so sie der Auffassung ist, dass ihre Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgericht bestehen jedenfalls keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Schlüssigkeit der vorliegenden Sachverständigengutachten. Diese werden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:

„§ 40 (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41 (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

§ 42 (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

§ 45 (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. Der Behindertenpass ist kein Nachweis im Sinne des § 14 Abs. 1 des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG), BGBl Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

§ 46 Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung der Beschwerdevorentscheidung beträgt 12 Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.“

Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung, BGBl. II. Nr. 261/2010 idgF BGBl II. Nr. 251/2012) lauten auszugsweise wie folgt:

"Behinderung

§ 1 Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Grad der Behinderung

§ 2 (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gesamtgrad der Behinderung

§ 3 (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht. Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Grundlage der Einschätzung

§ 4 (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen. (2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

...“

Zunächst ist rechtlich festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war, was im Verfahren auch unbestritten geblieben ist.

Beim Leiden 1 der Beschwerdeführerin handelt es sich Abnützungserscheinungen des Stütz- und Bewegungsapparates, welches die medizinische Sachverständige richtig im oberen Rahmensatz der Position 02.02.01 der Anlage der EVO mit einem GdB von 20 % einstufte. Es liegen geringgradige funktionelle Einschränkungen vor.

Das Leiden 2 ist das chronische Schmerzsyndrom, welche die medizinische Sachverständige richtig im unteren Rahmensatz der Position 04.11.01 der Anlage der EVO mit einem GdB von 10 % einstufte. Die Beschwerdeführerin nimmt Analgetika der WHO Klasse I ein, die bei leichten bis mäßigen Schmerzen eingesetzt werden.

Die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung hat bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen nicht im Wege der Addition der einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen zu erfolgen, sondern es ist bei Zusammentreffen mehrerer Leiden zunächst von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für welche der höchste Wert festgestellt wurde, und dann ist zu prüfen, ob und inwieweit durch das Zusammenwirken aller zu berücksichtigenden Funktionsbeeinträchtigungen eine höhere Einschätzung des Grades der Behinderung gerechtfertigt ist (vgl. den eindeutigen Wortlaut des § 3 der Einschätzungsverordnung, sowie die auf diese Rechtslage übertragbare Rechtsprechung, VwGH 17.07.2009, 2007/11/0088; 22.01.2013, 2011/11/0209 mwN).

Wie oben unter Punkt 2. (Beweiswürdigung) ausgeführt, werden der gegenständlichen Entscheidung die seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin und einer Fachärztin für Neurologie und die Gesamtbeurteilung vom 24.02.2025 zu Grunde gelegt.

Die medizinische Sachverständige aus dem Fachbereich der Unfallchirurgie stellt in dieser Gesamtbeurteilung fest, dass das Leiden 1 durch das Leiden 2 nicht erhöht wird, da kein maßgebliches ungünstiges Zusammenwirkung vorliegt, woraus sich ein Gesamtgrad der Behinderung von 20 v.H. ergibt.

Die von der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerde vorgebrachten Beschwerdegründe waren nicht geeignet, die durch die medizinischen Sachverständigen getroffenen Beurteilungen zu widerlegen oder zusätzliche Dauerleiden bzw. eine zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung des Zustandes zu belegen.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 20 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell nicht erfüllt.

Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und insbesondere auf die von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten, welche jeweils auf einer persönlichen Untersuchung beruhen, auf alle Einwände und die im Verfahren vorgelegten Atteste der Beschwerdeführerin in fachlicher Hinsicht eingehen, und welchen die Beschwerdeführerin nicht substantiiert entgegengetreten ist. Die Beschwerdeführerin brachte in ihrer Beschwerde keine konkreten Beschwerdegründe vor, welche es notwendig machen würden, diese in einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zu erörtern. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.