Spruch
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Isabella ZOPF über den Antrag von XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch RAe Mag. Gernot Strobl, Dr. Oskar Wagner LLB.oec., auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.01.2018, L519 1414615-2/12E, abgeschlossenen Verfahrens beschlossen:
A)
Der Antrag auf Wiederaufnahme wird gemäß § 32 Abs. 2 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.01.2018, Zl. L519 1414615-2/12E, wurde die Beschwerde des Antragstellers (in der Folge „AS“), einem irakischen Staatsangehörigen, gemäß § 57, § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 1 Z 1 und Abs. 9 FPG, § 46 FPG und § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG 2005 mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz von Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides zu lauten hat: "Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt."
Mit Schreiben vom 26.03.2025, stellte der AS den Antrag, dieses Verfahren wiederaufzunehmen und in Stattgabe des Wiederaufnahmeantrages die Entscheidung, mit der eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie ein 10-jähriges Einreiseverbot verhängt wurde, ersatzlos zu beheben. Er brachte im Wesentlichen vor, dass er nunmehr zwei minderjährige Kinder in Österreich habe. Dies sei bei Erlassung der ersten Entscheidung nicht der Fall gewesen.
Den Antrag auf Wiederaufnahme richtete der Rechtsvertreter des AS an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg, wo er am 27.03.2025 per E-Mail eingegangen ist. Das BFA leitete den Antrag auf Wiederaufnahme mit Schreiben vom 31.03.2025 zuständigkeitshalber an das Bundesverwaltungsgericht weiter, wo der Antrag letztlich am 31.03.2025 eingelangt ist.
Dem Antragsteller wurde mit Schreiben vom 08.04.2025 ein Verspätungsvorhalt mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme binnen 2 Wochen übermittelt. Eine Stellungnahme zum Verspätungsvorhalt ist nicht erfolgt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.01.2018, Zl. L519 1414615-2/12E, wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des AS gegen den Bescheid des BFA vom 14.09.2017 wegen Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot in der Dauer von 10 Jahren als unbegründet ab.
Am 19.02.2025 erlangte der AS Kenntnis vom Wiederaufnahmegrund.
Der Wiederaufnahmeantrag wurde am 27.03.2025 per E-Mail an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Regionaldirektion Salzburg, gerichtet.
Am 31.03.2025 wurde der Wiederaufnahmeantrag vom BFA an das Bundesverwaltungsgericht weitergeleitet.
2. Beweiswürdigung:
Aus dem vorliegenden Verwaltungsakt geht hervor, dass der AS den Antrag auf Wiederaufnahme nach 7 Jahren und 2 Monaten nach Erlassung des Erkenntnisses vom 09.01.2018 gestellt hat. Das Erkenntnis wurde am 11.01.2018 dem damaligen Rechtsvertreter des AS zugestellt und erwuchs somit in Rechtskraft.
Mit Schreiben vom 26.03.2025, stellte der Antragsteller den ggst. Antrag, dieses Verfahren wiederaufzunehmen:
Demnach hätten sich die relevanten Umstände seit Erlassung und Rechtskraft der Entscheidung nachhaltig und entscheidend verändert. So wurde nach dieser Entscheidung am 26.05.2019 der Sohn des AS in Österreich geboren. Der AS habe nun zwei minderjährige Kinder in Österreich. Dies sei im Entscheidungszeitpunkt vom 09.01.2018 im Verfahren L519 1414615-2/12E nicht der Fall gewesen. Ferner würden der AS und seine Partnerin planen, wieder eine Lebensgemeinschaft einzugehen. Die getroffene Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot stelle einen unverhältnismäßigen und rechtswidrigen Eingriff in das verfassungsgesetzliche gewährleistete Recht auf das Privat- und Familienleben des AS dar und würde auf das Protokoll vom 19.02.2025 verwiesen.
Der Antrag auf Wiederaufnahme ging am 27.03.2025 per E-Mail beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg, ein. Dieses leitete mit Schreiben vom 31.03.2025 den Antrag auf Wiederaufnahme zuständigkeitshalber an das Bundesverwaltungsgericht weiter.
Der AS stützte die Wiederaufnahme des Verfahrens auf das behördliche Verfahren zu VZ: 161053576, welches im damaligen Verfahren in zweiter Instanz vor dem BVwG zu L519 1414615-2/12E entschieden wurde. Seine Wiederaufnahmegründe stützte er auf die Angaben eines Protokolls vom 19.02.2025. Die Feststellung, dass der AS bereits spätestens am 19.02.2025 Kenntnis des die Wiederaufnahme begründenden Sachverhalts hatte, beruht auf seinen Angaben in der Stellungnahme vom 26.03.2025. Der AS hatte bereits spätestens am 19.02.2025 und damit mehr als 14 Tage vor Einbringung des Wiederaufnahmeantrags Kenntnis des die Wiederaufnahme begründenden Sachverhalts.
Dem Antragsteller wurde mit Schreiben vom 08.04.2025 ein Verspätungsvorhalt zur Stellungnahme übermittelt. Der Antragsteller gab keine Stellungnahme zum Verspätungsvorhalt ab.
3. Rechtliche Beurteilung:
Ad A) Zurückweisung des Antrages auf Wiederaufnahme:
Folgende Rechtslage ist als entscheidungswesentlich zu betrachten:
§ 32 VwGVG lautet samt Überschrift:
„Wiederaufnahme des Verfahrens
§ 32. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn
1. das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder
3. das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder
4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.
(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.
(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.
(4) Das Verwaltungsgericht hat die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens von der Wiederaufnahme des Verfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen.
(5) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind die für seine Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.“
§ 69 Abs. 1 und Abs. 2 AVG sowie § 32 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG räumen der Partei das Recht ein, einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu stellen, über den die Behörde bzw. das VwG zu entscheiden hat und dem stattzugeben ist, wenn die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens erfüllt sind (Hengstschläger/Leeb, AVG § 70 (Stand 1.1.2020, rdb.at) Rz 49).
Voraussetzung für die Stellung eines Wiederaufnahmeantrages ist gemäß § 32 Abs. 1 VwGVG die Parteistellung im wiederaufzunehmenden Verfahren. Der Antragsteller hatte als seinerzeitig Beschwerdeführer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Parteistellung, sodass er zur Stellung eines Wiederaufnahmeantrages berechtigt ist.
Dabei muss ein Antrag auf Wiederaufnahme eines Verfahrens zunächst konkret bezeichnen, welches mit Bescheid der Verwaltungsbehörde oder mit Erkenntnis/Beschluss des Verwaltungsgerichts abgeschlossene Verfahren wiederaufgenommen werden soll. Zumindest muss aus dem Inhalt des Antrags hervorgehen, auf welchen in Rechtskraft erwachsenen Bescheid bzw. auf welches Erkenntnis (welchen Beschluss) des VwG er sich bezieht (Hengstschläger/Leeb, AVG § 70 (Stand 1.1.2020, rdb.at), Rz 54). Auch hat aus dem Antrag hervorzugehen, dass er die Wiederaufnahme eines bestimmten, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren begehrt.
Gegenständlich begehrt der AS die Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.01.2018, GZ. L519 1414615-2/12E, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens.
Der Antrag muss alle für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit – dh der Einhaltung der subjektiven und objektiven Frist – maßgeblichen Angaben enthalten. Ein Wiederaufnahmeantrag nach § 32 VwGVG ist – wie ein solcher nach § 69 AVG – fristgebunden: er ist binnen zwei Wochen ab Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes (subjektive Frist) und binnen 3 Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses (objektive Frist) einzubringen. Der Antrag muss alle für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit maßgeblichen Angaben enthalten, der AS trägt die Beweislast für die Rechtzeitigkeit seines Antrags (Hengstschläger/Leeb, AVG § 70 (Stand 1.1.2020, rdb.at), Rz 55; VwGH 2005/02/0040). Die bloße Behauptung der Rechtzeitigkeit vermag eine Bescheinigung nicht zu ersetzen (VwGH 97/12/0146, 2003/08/0256).
Zusätzlich zur zweiwöchigen subjektiven Frist ordnet § 32 Abs. 2 dritter Satz VwGVG an, dass ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nach Ablauf der „objektiven“ Frist von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses nicht mehr gestellt werden kann. Die objektive Frist von drei Jahren beginnt in jenem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Bescheid mündlich verkündet oder zugestellt (vgl. VwGH 15.9.2004, 2004/09/0131) bzw. ausgefolgt wurde.
Der gegenständliche Wiederaufnahmeantrag erfolgte am 26.03.2025. Die objektive Frist (drei Jahre nach Erlassung des Erkenntnisses) für die Stellung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens L519 1414615-2/12E vom 09.01.2018 war zum Zeitpunkt seiner Einbringung bereits abgelaufen. Der Antrag auf Wiederaufnahme wurde daher nicht rechtzeitig innerhalb der in § 32 Abs. 2 dritter Satz VwGVG normierten dreijährigen „objektiven“ Frist eingebracht.
Weiter hatte der AS spätestens am 19.02.2025 und damit mehr als 14 Tage vor Einbringung des Wiederaufnahmeantrags Kenntnis des seiner Meinung nach die Wiederaufnahme begründenden Sachverhaltes. In Anbetracht der eingebrachten Stellungnahme der Rechtsvertretung am 27.03.2025 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg, und der Weiterleitung der Stellungnahme an das Bundesverwaltungsgericht durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg, am 31.03.2025 zeigt sich, dass der Antrag auf Wiederaufnahme auch nicht rechtzeitig innerhalb der in § 32 Abs. 2 erster Satz VwGVG normierten zweiwöchigen "subjektiven" Frist (nach Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes durch den Vertreter der AS) beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht wurde.
Wird der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nicht innerhalb der im Gesetz bestimmten Frist gestellt, so ist er als verspätet zurückzuweisen (VwGH vom 23.06.1995, Zl. 95/17/0149).
Da die formellen Voraussetzungen fehlen, war der Antrag des Antragsstellers somit als verspätet zurückzuweisen.
Ad B)
Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.