Spruch
W164 2279298-1/15E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Vorsitzende sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Melanie WEIGERSTORFER (aus dem Kreis der Arbeitgeber:innen) als Beisitzerin und den fachkundigen Laienrichter Phillip KUHLMANN (aus dem Kreis der Arbeitnehmer:innen) als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter ZAWODSKY, Wien, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice vom 20.06.2023, Zl. XXXX , AMS 326-St. Pölten, nach Beschwerdevorentscheidung vom 20.09.2023, GZ: WF 2023-0566-3-011180, nach Durchführung mündlicher Verhandlungen und nicht öffentlicher Beratungen vom 08.04.2025 und 07.05.2025 zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird Folge gegeben: Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs 1, Abs 2 und Abs 5 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20.06.2023, Zl. XXXX , AMS 326-St. Pölten, sprach das Arbeitsmarktservice (im Folgenden: belangte Behörde, AMS) aus, dass der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) gemäß § 38 iVm § 10 AlVG den Anspruch auf Notstandshilfe für den Zeitraum 05.06.2023 bis 30.07.2023 verloren habe. Der angeführte Zeitraum verlängere sich um die in ihm liegenden Zeiträume des Krankengeldbezugs. Begründend wurde ausgeführt, der BF habe die Arbeitsaufnahme als Hilfsarbeiter bei der XXXX GmbH (im Folgenden X-GmbH) verweigert. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen würden nicht vorliegen bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.
Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde und führte zusammengefasst aus, er habe sich am 01.06.2023, wie im Vermittlungsvorschlag vorgesehen, persönlich bei der X-GmbH (Anm.: einer Arbeitskräfteüberlasserin) beworben. Man habe ihm mitgeteilt, dass in der XXXX -Zentrale (im Folgenden Y-Zentrale) in XXXX eine Stelle frei sei. Der BF habe den Bewerbungsbogen der X-GmbH zum Ausfüllen erhalten. Diesen habe er ausgefüllt, unterschrieben und dem Mitarbeiter der X-GmbH abgegeben. Der Mitarbeiter habe dem BF den Bewerbungsbogen wieder zurückgeschoben und angemerkt, dass „die beiden Punkte nicht angekreuzt“ seien. Gemeint gewesen sei die Einverständniserklärung in die Datenweitergabe an potentielle Beschäftigerbetriebe und die Datenspeicherung für drei Jahre. Der BF habe darauf hingewiesen, dass er laut gültiger DGSVO die beiden Punkte nicht ankreuzen müsse, da er sich für eine konkrete Beschäftigung beworben habe und er durch die Abgabe seiner Bewerbung der Weitergabe seiner Daten an den konkreten Beschäftigerbetrieb bereits zugestimmt habe. Eine darüber hinausgehende Einverständniserklärung sei nicht erforderlich. Die anwesende Mitarbeiterin der X-GmbH habe sich daraufhin erinnert, dass der BF sich bereits einmal beworben habe und habe entgegnet, sie wolle darüber nicht mehr diskutieren. Der BF habe die beiden Punkte schließlich doch angekreuzt, habe den Bewerbungsbogen erneut abgegeben und habe um Einsichtnahme in die Datenschutzerklärung der X-GmbH ersucht –diese sei dem Bewerbungsbogen nicht angeschlossen gewesen und auch nicht offen aufgelegen. Die Mitarbeiterin habe entgegnet, ihr gefalle seine Art nicht; sie werde das AMS um telefonische Kontaktaufnahme ersuchen, „damit die mich nicht wieder herschicken“ und „ich will Sie hier nicht wieder sehen“. Dann habe ihm die Dame wortlos die Eingangstür aufgehalten und habe ihn böse angesehen. Der BF habe seine Unterlagen genommen und den Raum verlassen. Hinter ihm habe die Dame sogleich die Tür geschlossen. Zu Hause habe der BF erfolglos versucht, die Datenschutzerklärung der X-GmbH online einzusehen, da dieser auch bei online-Bewerbungen zugestimmt werden müsse. Der BF habe die Datenschutzerklärung der X-GmbH jedoch auch online nicht einsehen können.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 20.09.2023, GZ: WF 2023-0566-3-011180, wies das AMS diese Beschwerde ab. Zur Begründung stützte sich das AMS auf eine Rückmeldung der X-GmbH (Frau XXXX , im Folgenden Z2) vom 02.06.2023 wonach der BF beim gegenständlichen Bewerbungsgespräch extrem provoziert hätte. Die Z2 hätte ihn deshalb „rausgeschmissen“ ihm Hausverbot erteilt. Das AMS habe im Zuge des Beschwerdevorverfahrens erneut Kontakt mit der Z2 aufgenommen und habe diese angegeben, dass der BF für die angebotene Stelle im Personalfragebogen eine Gehaltsvorstellung von EUR 3.000 notiert hätte und im Zuge des Bewerbungsgesprächs neuerlich eine Diskussion über die Datenschutzerklärung begonnen hätte. Die Z2 habe den Eindruck gehabt, dass sich der BF so verhalten habe, um nicht eingestellt zu werden. Das AMS folgte den Ausführungen der potentiellen Dienstgeberin und stellte fest, dass der BF durch sein Verhalten während des Vorstellungsgespräches die angebotene Beschäftigung als Hilfsarbeiter vereitelt habe. Da bereits am 04.05.2023 eine Sanktion nach § 10 AlVG ausgesprochen wurde, sei gegenständlich eine Ausschlussfrist von 8 Wochen zu verhängen. Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht würden nicht vorliegen.
Dagegen erhob der BF fristgerecht einen Vorlageantrag und brachte ergänzend vor, er habe im Rahmen der gegenständlichen Bewerbung zu keiner Zeit eine Gehaltsvorstellung von EUR 3.000,- geäußert und er sei auch nicht nach seinen Gehaltsvorstellungen gefragt worden. Er sei bislang zwei Mal bei der X-GmbH vorstellig gewesen, er habe jedoch weder provoziert noch in der Absicht nicht aufgenommen werden zu wollen, ein darauf abzielendes Verhalten an den Tag gelegt. Der BF beantrage die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Das AMS legte die Beschwerde samt dem Bezug habenden Akt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
Am 08.04.2025 wurde beim Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung abgehalten, an der der BF in Begleitung seines Rechtsvertreters und eine Vertreterin des AMS als Parteien teilnahmen und der der Zeuge XXXX (im Folgenden Z1) von der X-GmbH als Zeuge befragt wurde. Auch die Z2 war als Zeugin geladen worden. Von dieser Ladung wurde Abstand genommen, nachdem die Z2 telefonisch bekannt gegeben hatte, dass sie nicht mit dem BF gesprochen habe sondern lediglich die fragliche E-Mail vom 14.09.2023 an das AMS geschrieben und abgesendet habe.
Der BF machte zusammengefasst die folgenden Angaben:
Er sei bereits zum zweiten Mal bei der X-GmbH vorstellig gewesen. Der BF sei hineingegangen und habe gesagt, dass ihm das AMS eine Stelle zugewiesen habe. Dann habe man ihm gesagt, dass bei der Firma Y im Zentrallager eine Stelle frei sei. Dies sei im Vermittlungsvorschlag nicht gestanden. Der BF habe geäußert, er kenne dieses Zentrallager der Firma Y nicht. In XXXX kenne er nur den XXXX und den XXXX . Auch die angegebene Gasse kenne er nicht. Der BF benutze kein Smartphone. Später habe er über Google die Adresse ermittelt. Der BF könne nicht nachvollziehen, dass die dort anwesende Dame (gemeint war, wie sich im Laufe der Verhaltung zeigte die Z2) dies als provokant aufgefasst habe, sein Eindruck sei eher der gewesen, dass die Z2 ihn nicht mochte.
Befragt ob er zur Z2 gesagt habe „Ich habe noch nie in einem Schichtbetrieb gearbeitet; wenn Sie sich meinen Lebenslauf durchgelesen hätten wüssten Sie das“ verneinte der BF: er habe so etwas nicht zur Z2 gesagt.
Den Bewerbungsbogen der X-GmbH habe der BF diesmal bereits gekannt. Die Bestimmungen über den Datenschutz habe er zunächst nicht ankreuzen wollen. Er sei damit nicht einverstanden gewesen. Später habe er im Verfahren beim BVwG mit dieser Ansicht Recht bekommen. Das habe er aber beim gegenständlichen Vorstellungsgespräch noch nicht gewusst. Er habe also den Bewerbungsbogen ausgefüllt und der Z1 habe den Lebenslauf, das Anschreiben und den Führerschein kopiert. Den Bewerbungsbogen habe ihm der Z1 wegen der fehlenden Einverständniserklärung betreffend Datenspeicherung und Datenweitergabe zurückgegeben.
Die Z2 habe daraufhin gesagt, „Wir kennen uns schon“. Der BF habe dann die beiden Punkte betreffend den Datenschutz schnell am Bewerbungsbogen angekreuzt, habe aber vorgebracht, dass er die gültige Datenschutzbestimmung der Firma lesen möchte. Die Z2 sei daraufhin böse geworden, sei aufgestanden und habe ihm die Tür aufgehalten. Dies sei kurz vor 16:00 Uhr gewesen. Der BF habe nicht gewusst, was los sei und sie habe ihn aufgefordert zu gehen. Von der Eskalation sei der BF überrascht gewesen. Er hätte sich eine Antwort erwartet. Damit, dass das Gespräch abgebrochen werde und er hinausgeschmissen würde, habe er nicht gerechnet. Im Nachhinein betrachtet glaube er, die Dame habe auf eine Gelegenheit gewartet, um ihn hinauszuschmeißen. Anlässlich der Niederschriftsaufnahme beim AMS habe der BF erfahren, dass er nun Hausverbot habe. Im ersten Moment habe er gedacht, dass er nicht mehr zum AMS gehen dürfe. Dass man ihm die Gehaltsvorstellung von € 3000,-- vorhielt, habe er im Bescheid gelesen. Ob es ihm vorher gesagt wurde, habe er nicht in Erinnerung.
Befragt, ob er in den Bewerbungsbogen € 3000,00 als Gehaltsvorstellung eingetragen habe, verneinte der BF. Er habe bei der Frage nach dem Gehaltswunsch gar nichts eingetragen. Die Stelle sei für ca. € 2000,-- ausgeschrieben gewesen. Wenn es zu einem Gespräch über das Gehalt gekommen wäre, hätte ihn interessiert wie es mit den Chancen auf Überzahlung sei und in diesem Zusammenhang etwa ob man bereits im ersten Jahr für den Schichtdienst ab 18 Uhr eingeteilt werden könne, der – so habe es der BF vom Hörensagen gekannt – eine Zulage eingebracht hätte. Soweit sei es aber nicht gekommen.
Auf Nachfrage gab der BF an, der Z1 habe ihm seine gesamten Unterlagen zurückgegeben. Der BF legte den von ihm 01.06.2023 unterschriebenen Bewerbungsbogen der W- GmbH vor. Dieser wies im Abschnitt „Verdienstvorstellung“ keine Eintragung auf.
Die Frage, ob er die Beschäftigung gern angetreten hätte, bejahte der BF – noch lieber hätte er direkt bei der Fa. Y ohne Zwischenschaltung eines Arbeitskräfteüberlassers - gearbeitet. Er habe sich auch schon direkt bei der Firma Y beworben, sei aber leider nicht genommen worden.
Vom AMS damit konfrontiert, dass er im Bewerbungsbogen der X-GmbH nicht alle Fragen beantwortet habe – diese wurden verlesen: „haben Sie einen Behindertenbescheid“, Antwort: Nein. „Haben Sie Alkoholprobleme oder chronische Krankheiten“, keine Antwort. „Nehmen Sie Medikamente ein“, keine Antwort. „Haben Sie einen Herzschrittmacher“, Antwort: Nein. „Sind Sie schwindelfrei“, Antwort: Nein. „Ist eine Montagbereitschaft gegeben“, keine Antwort. „Sind Sie Raucher“, Antwort: Nein. – gab der BF an, er erachtete sich nicht verpflichtet, jede allgemein gehaltene Fragen nach gesundheitlichen Problemen zu beantworten. Er habe auch die Frage nach der Religionszugehörigkeit nicht beantwortet. Die Frage nach Montagebereitschaft habe mit der in Aussicht stehenden Stelle nichts zu tun gehabt. Wären die Fragen im Gespräch konkretisiert worden, hätte er konkret Stellung genommen. Vom AMS damit konfrontiert, dass er im Bewerbungsbogen angegeben habe, bis 2011 eine höherqualifizierte Tätigkeit ausgeübt zu haben, entgegnete der BF, „warum soll ich das verschweigen“. Auf Nachfrage gab er an, er passe seine Bewerbungen sehr wohl an die in Aussicht stehende Tätigkeit an; er versuche dann darzulegen, dass er für die Stelle besonders geeignet sei.
Der Zeuge Z1 gab nach Wahrheitserinnerung an, er sei in der fraglichen Zeit bei der X-GmbH als Recruiter eingesetzt gewesen. Er habe Bewerbungsbögen und Lebensläufe entgegengenommen, kopiert und an die Kollegen im Haus weitergegeben. Anlässlich der vorliegenden Bewerbungsgesprächs habe der BF mit der Kollegin Z2 gesprochen, nicht mit dem Z1. Der BF sei insgesamt zwei Mal bei der X-GmbH gewesen.
Bei der gegenständlichen bereits zweiten Bewerbung habe der Z1 vom Bewerbungsbogen nicht viel gesehen. Da sei es darum gegangen, wo die Zentrale der Firma Y sei. Dann habe die Kollegin den BF hinausgeschmissen, weil der BF aus einer Frage viele Fragen gemacht habe. Der BF habe immer wieder wissen wollen, wo das ist, welcher Y und welchen Y er kenne. Das sei der Kollegin vermutlich zu viel geworden. Die Möglichkeit, einen Bewerber mit dem man nicht klarkommt, einem Vorgesetzten weiterzuleiten, bestehe, jedoch sei damals niemand von den Kollegen mehr da gewesen. Es sei kurz vor Dienstschluss gewesen. Welche Rückmeldungen seine Kollegin an das AMS sende, könne der Z1 nicht einsehen. An einen Ausspruch der BF, „Wenn Sie sich meinen Lebenslauf durchgelesen hätten wüssten Sie das“ könne sich der Z1 nicht erinnern. Auch über die Gehaltsvorstellungen des BF habe der Z1 keine Erinnerungen oder Notizen. Dass beim genannten Gespräch geschimpft wurde, habe der Z1 nicht wahrgenommen. Es komme vor, dass die X-GmbH Leute des Hauses verweise. Normalerweise seien die Vorgesetzten bei solchen Vorfällen dabei.
Die Frage wo das Lager der Firma Y sei, sei dem BF beantwortet worden. Er habe dann aber gefragt, wo die XXXX -Gasse sei und es seien immer wieder Fragen dazugekommen. Der Z habe den Eindruck gehabt, dass der BF nicht arbeiten wolle, da dieser noch und noch Fragen stellte, die schon mehrfach beantwortet wurden. Dass er nicht arbeiten wolle, habe der BF nicht gesagt.
Auch Nachfrage durch den BFV: Weder der Z noch seine Kollegin hätten sich dem BF vorgestellt. Der BF habe – bei diesem zweiten Mal - auch nicht nach dem Namen gefragt. Der Z1 nehme im Unternehmen den selben Rang ein wie seine Kollegin. Diese arbeite aber schon länger dort. Das Bewerbungsgespräch führe, wer Zeit hat. Beim gegenständlichen Gespräch sei der Z1 anwesend gewesen, habe aber nebenbei andere Sachen erledigt. Das Hausverbot habe die Kollegin erteilt. Sie dürfe das grundsätzlich.
Seitens des AMS wurde eine ergänzende Befragung der Z2 beantragt.
Am 07.05.2025 wurde beim Bundesverwaltungsgericht erneut eine mündliche Verhandlung abgehalten, an der der BF im Beisein seines Rechtsvertreters und eine Vertreterin des AMS als Parteien teilnahmen und die vom AMS beantragte Z2 befragt wurde.
Diese machte nach Wahrheitserinnerung gem. § 50 AVG die folgenden Angaben:
Sie habe den BF nicht hinausgeschmissen, sondern habe ihn ersucht, das Geschäftslokal zu verlassen. Sie selbst sei damals bei der X-GmbH Recruiterin für Personalwesen gewesen. Dass der BF ein Gehalt von € 3000,---- verlangt hätte, habe sie lt Mail vom 14.09.2023 – diese sei ihr noch verfügbar - nicht geschrieben.
Seitens des AMS wurde dazu ausgeführt, man habe sich diesbezüglich auf einen elektronischen Aktenvermerk einer AMS-Mitarbeiterin vom 19.06.2023 gestützt, den diese nach einem Telefonat mit der Z2 angefertigt hatte.
Die Z2 gab weiter an, sie könne sich nicht an das genannte Telefonat erinnern. Die X- GmbH verfüge über keinen Bewerbungsbogen des BF. Er habe diesen wieder mitgenommen.
Zu ihrer aktenkundigen E-Mail, der zufolge der BF „wie immer“ unfreundlich ins Büro gekommen sei und gesagt habe, dass er sich vom AMS für diese Stelle bewerben müsse und befragt, woraus Sie geschlossen habe, dass der BF unfreundlich war, gab die BF an, dies merke sie schon, wenn jemand hereinkommt, denn sie sei nicht unfreundlich zu irgendwem. Die Z2 habe den Eindruck gehabt, dass der BF das Team schon kenne und Stress vorbereitet habe. Bewerber, die einen Job wollen, würden nicht unfreundlich ins Büro kommen.
Befragt wie oft die Z2 mit dem BF zu tun gehabt habe, gab sie an, dieser sei normaler Weise zum Z1 gekommen. Dieses Mal hätten sie ihn zu zweit betreut. Gesehen habe die Z2 den BF schon vorher. Gesprochen habe sie nur im Rahmen der vorliegenden Bewerbung mit ihm.
Befragt zu ihrer E-Mail Auskunft vom 14.09.2023, wonach sich der BF gut dumm anstellen könne, bis man als Gegenüber die Nerven verliere, gab die Z2 an, der BF stellt viele Fragen und zerlege eine Frage in 100 Fragen. Die Z2 sei der Meinung, dass dies geplant und mit Absicht gewesen sei. Die Z2 habe viele Bewerber, auch Bewerber die nicht Deutsch sprechen. Die Z2 stehe auf dem Standpunkt, dass solche Bewerber schneller verstehen würden, was ein Lager sei und nicht so viele Fragen stellen würden. Beispielsweise habe sie dem BF erklärt, „Es ist der Y“ und er habe entgegnet, „Ich kenne nur den XXXX und XXXX .“ Dies habe die Z2 Nerven gekostet. Nach Rückfrage: dies sei nicht der Grund gewesen, ihn hinauszuschmeißen. Vielmehr habe der BF gesagt, er wolle den Job nicht machen, er habe im Büro gearbeitet. Daraufhin habe ihm die Z2 gesagt, dass er hier nicht erwünscht sei.
Dazu befragt dass in der E-Mail vom 14.09.2023 nicht erwähnt werde, dass der BF gesagt hätte: „Ich will das nicht machen“ bzw. „Ich war im Büro“ bzw. woraus die Z2 ihre diesbezügliche Erinnerung beziehe, gab diese an, der BF habe gesagt, dass er noch nie im Lager gearbeitet habe. Dieser Eintrag finde sich in der E-Mail. Dazu befragt, dass dies anders klinge, als der Satz: „Ich will nicht im Lager arbeiten“ und ob die Z2 mit diesem Satz habe sagen wollen, dass der BF den Job nicht wollte, bejahte diese, sie habe den BF gefragt, warum er zur X-GmbH komme, wenn er den Job nicht machen wolle. So habe sie dann auch laut E-Mail berichtet. Der BF wisse dies sicher auch.
Dazu befragt, inwiefern sie es als provokant empfunden habe, dass sich der BF nach Arbeitsort und Arbeitszeit erkundigt habe, gab die Z2 an, man habe dem BF erklärt, dass es in der XXXX -Gasse nur einen Y gebe. Wenn der BF dann sage, er kenne nur den XXXX und den XXXX und die Frage noch weiter zerlege, dann sei dies – nach Meinung der Z2 – provokant. Das Y-Lager sei bekannt. Sogar Bewerber aus Wien würden sich dafür bewerben.
Befragt, ob sich die Z2 sicher sei, dass der BF nach seiner Frage, wie das mit den Schichten sei, und seiner Anmerkung, er habe noch nie noch nie im Schichtbetrieb gearbeitet, gesagt hätte, dies wüssten die Z2 und ihr Kollege, wenn in den Lebenslauf des BF geschaut hätten, gab diese an, sie wisse dies nicht mehr. Sie habe es so in die E-Mail geschrieben. Die Z2 gehe davon aus, dass dem BF die Schichten erklärt wurden, nämlich dass es eine Vormittags- und eine Nachmittagsschicht gebe. Sie habe es detailliert in die E-Mail geschrieben, damit es keine Probleme geben würde. Befragt, ob es Sie gestört habe, dass der BF genaueres über den Schichtdienst erfahren wollte, verneinte die Z2. Solche Dinge zu erklären sei ihre Aufgabe. Die Fragen, was er bei den Schichten und bei der Kommissionierung tun würde, habe die Z2 dem BF gemeinsam mit dem Z1 erklärt. Sie hätten jedoch bemerkt, dass dies keinen Sinn mache und er dies nicht wolle.
Befragt dazu, dass der Z1 keine Erinnerung an ein Schimpfen hatte, gab die Z2 an, der BF habe nicht geschimpft, aber seine Art, zu sprechen, sei aggressiv gewesen. Befragt zu ihrer schriftlichen Erwähnung, der BF habe auf ihren Vorhalt, was das solle und was er damit erreichen wolle wieder unfreundlich werden wollen, und woran sie dies bemerkt habe, gab die Z2 an, dies merke man. Der BF könne dies sehr gut. Die Z2 habe intern die Befugnis gehabt, jemanden, der bedroht oder schlägt, hinauszuschmeißen, dies gelte auch wenn jemand, wie der BF komme, wenn beim Gespräch nichts herauskomme, auch dann sei ihr dies erlaubt, damit dann nicht zu viel Zeit investiert werde. Sie habe nicht versucht einen Vorgesetzten zu kontaktieren. Dies wäre nicht erforderlich gewesen.
Befragt, ob es einen Punkt gab, ab dem es ihr zu viel wurde gab die Z2 an, sie hätten den Eindruck gehabt, dass der BF das nicht machen will. Die Z2 habe seine Bemerkung, dass er noch nie im Lager gearbeitet habe so verstanden, dass er nicht im Lager arbeiten wolle.
Befragt dazu, warum Sie anlässlich der ersten Ladung angegeben habe, dass sie nicht mit dem BF gesprochen habe, gab die Z2 an, der BF sei eigentlich nicht bei ihr gewesen, sondern beim Z1. Die Z2 habe nur geholfen. Die schriftlichen Stellungnahmen mache prinzipiell sie. Tatsächlich hätten sie beide mit dem BF gesprochen an diesem Tag. Vorher sei er immer nur beim Kollegen vorstellen gewesen. Deshalb sei die Z2 der Meinung gewesen, dass sie nicht zu Gericht kommen müsse.
Befragt durch das AMS gab die Z2 an, sie sei seit 2016 bei der X-GmbH beschäftigt. Sie habe bisher nur zwei Mal Hausverbot erteilt, einmal, als ein Bewerber mit der Waffe gekommen sei und im Fall des BF.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF bezieht seit 2012 mit Unterbrechungen Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.
Am 10.10.2022 wurde dem BF ein – hier nicht verfahrensgegenständlicher – Vermittlungsvorschlag als Lagerarbeiter bei der Dienstgeberin X-GmbH für den Arbeitsort XXXX zugewiesen. Im Zuge des Bewerbungsgespräches verweigerte der BF seine Zustimmung zu den datenschutzrechtlichen Bedingungen, welche auf dem ausgegebenen Bewerbungsbogen formuliert waren. Es folgte eine Diskussion darüber, ob die von der potentiellen Dienstgeberin formulierten Bestimmungen den rechtlichen Vorgaben im Datenschutz entsprechen.
Mit Bescheid vom 04.05.2023 wurde eine Sperre des Bezuges der Notstandshilfe für die Zeit vom 18.10.2022 bis 28.11.2022 (6 Wochen) verhängt, da das AMS das Verhalten des BF im Rahmen des Bewerbungsverfahrens als Vereitelung wertete. Der BF erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde und der das BVwG mit seiner Entscheidung zur GZ W269 2277315-1 am Bundesverwaltungsgericht Folge gegeben hat.
Am 24.05.2023 wies das AMS dem BF den verfahrensgegenständlichen Vermittlungsvorschlag als Hilfsarbeiter bei der Dienstgeberin X-GmbH, einem Personalbereitstellungsunternehmen, für den Arbeitsort XXXX zu.
Der BF hat sich entsprechend der Stellenzuweisung am 01.06.2023 persönlich bei der X-GmbH beworben. Dort erfuhr er, bei welchem konkreten Beschäftigerbetrieb eine Beschäftigung in Aussicht stehe. Der BF kannte weder die genaue Bezeichnung dieses Betriebes (Y- Zentrallager) noch die angegebene Adresse XXXX -Gasse. Er kannte im Beschäftigungsort lediglich zwei Filialen des Konzerns und nannte diese.
Da sich der BF beim genannten Konzern auch schon direkt beworben hatte und vom Hörensagen wusste, dass dort für Spätschichten attraktive Zulagen bezahlt werden, fragte er auch sogleich nach, wie das mit den Schichten sei – er habe noch nie im Schichtbetrieb gearbeitet. Der BF hoffte, so zu erfahren, ob er von Beginn die Möglichkeit haben würde, zu Spätschichten eingeteilt zu werden.
Der BF erhielt dann den Bewerbungsbogen zum Ausfüllen. Den Platz zur Beantwortung der Frage nach dem Gehaltswunsch ließ er leer, da bereits in der Stellenzuweisung ein Gehalt genannt war. Die Einverständniserklärungen zur Datenspeicherung und Datenweitergabe hat der BF nicht angekreuzt. Diese lauteten:
„Punkt 1: Ich stimme zu, dass meine oben von mir angegebenen Daten schon vor Abschluss eines Arbeitsvertrages an potenzielle Beschäftigungsbetriebe weitergegeben werden können, die diesbezüglich Interesse bei der XXXX GmbH bekundet haben.
Punkt 2: Ich stimme zu, dass meine oben von mir angegebenen Daten für einen Zeitraum von 3 Jahren ab Unterfertigung von der Fa. XXXX GmbH zum Zwecke eines potenziellen Abschlusses eines Arbeitsvertrages in Evidenz behalten werden dürfen.“
Der BF wurde von der potentiellen Dienstgeberin darauf hingewiesen, dass er diese Punkte ankreuzen müsse, was er in der Folge tat, jedoch gleichzeitig Einsicht in die Datenschutzerklärung des Unternehmens verlangte.
Die Z2 forderte den BF auf, das Büro zu verlassen.
Dem AMS teilte die X-GmbH mit, dass dem BF aufgrund seines provokanten Verhaltens im Rahmen des Bewerbungsgespräches ein Hausverbot erteilt worden sei. Auf Nachfrage berichtete die Z2 mit E-Mail vom 14.09.2023 an das AMS, der BF sei wie immer unfreundlich ins Büro gekommen und habe gesagt, dass er sich vom AMS für diese Stelle bewerben müsse. Da die Z2 und ihr Kollege ihn bereits gekannt hätten, hätten sie genau gewusst, dass er wieder so provozieren würde und dass er nicht aufgenommen werden würde. Der BF könne dies nämlich sehr gut, sich dumm anstellen, sodass man die Nerven verliere, sogar nach 15 Jahren in diesem Job. Der Z1 habe dem BF dann den Bewerbungsbogen gegeben, den dieser bitte ausfüllen solle. Der BF habe ewig gebraucht, aber ja, einer braucht länger, der andere kürzer, und als er fertig war, habe er den Datenschutz wieder nicht angekreuzt und habe die Z2 und den Z1 über den Datenschutz belehren wollen. Die Z2 und der Z1 hätten nur gesagt, dass sie das brauchen, sonst könnten sie keinen Lebenslauf an die Firma schicken. So dann fing es nach der ganzen Diskussion an, welche Arbeit das sei und wo die Arbeit sei und was er dort machen müsse, welche Schichten. Der BF habe jede Frage in 10 Fragen zerlegt, wie z.B. wo ist der Y. Wir sagten ihm in der XXXX -Gasse in der Zentrale; er wieder: wo in der XXXX -Gasse ist der Y? - weil er dort keinen Y kennt; dann wieder: wie sind die Schichten? Das kennt er nicht; Was muss er als Kommissionierer arbeiten; er hat noch nie im Lager gearbeitet. Wenn wir seinen Lebenslauf angeschaut hätten, dann sehen wir, dass er nur im Büro tätig war und er habe ja die Stelle vom AMS vermittelt bekommen. Die Z2 habe ihn am Schluss gefragt, was das solle: er komme jedes Mal und provoziere sie. Die Z2 habe ihn gefragt, was er damit erreichen wolle – dass er nicht aufgenommen werde?
Der BF habe dann wieder unfreundlich werden wollen wo die Z2 ihm gesagt habe „es reicht, bitte verlassen Sie das Büro und kommen Sie nie wieder“ (...)
Das in Aussicht genommene Beschäftigungsverhältnis kam nicht zu Stande.
Der BF hat bislang keine vollversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, und Abhaltung der mündlichen Verhandlungen vom 08.04.2025 und 07.05.2025. Einsicht wurde ferner genommen in den Gerichtsakt zur GZ W269 2277315-1, der die Frage der Vereitelung im Zuge einer Stellenausschreibung als Lagerarbeiter beim Personalbereitsteller X-GmbH für den Arbeitsort XXXX zum Gegenstand hatte. Der BF hatte im Zuge des dort gegenständlichen Bewerbungsgespräches seine Zustimmung zu den datenschutzrechtlichen Bedingungen lt. Bewerbungsbogen abgelehnt und eine Diskussion darüber begonnen, ob die von der potentiellen Dienstgeberin formulierten Bestimmungen den rechtlichen Vorgaben im Datenschutz entsprechen. Die beiden Absätze im Bewerbungsbogen hätten eine Datenweitergabe an jegliche Unternehmen zu Folge gehabt, die einen Arbeitskräftebedarf an W melden, ferner eine dreijährige Speicherung der Daten. Das Bundesverwaltungsgericht kam in seiner Entscheidung W269 2277315-1 zu dem Schluss, dass dem BF da ihm eine konkrete Stelle und nicht die Aufnahme in den Personalpool zugewiesen wurde die Möglichkeit offen stehen hätte müssen, lediglich der Weitergabe seiner Daten an den einen potentiellen Dienstgeber zuzustimmen, für den er sich bewarb, was nicht der Fall war und dass die DGSVO im Übrigen bloß 7 Monate Datenspeicherung erlaube. Diese Entscheidung des BVwG wurde rechtskräftig.
Im vorliegenden Fall hat der BF in der mündlichen Verhandlung den Ablauf des Bewerbungsgesprächs nachvollziehbar und in Übereinstimmungr mit seinen schriftlichen Vorbringen geschildert. Er hat ferner zu Vorhalten bezüglich seines laut E-Mail der Z2 vom 14.09.2023 geschildeten Verhaltens Stellung genommen und diese in schlüssiger Weise ausräumen können. Der von ihm vorgelegte Bewerbungsbogen wies entgegen den Ausführungen laut Beschwerdevorentscheidung keine überhöhte Gehaltsvorstellung aus. Bereits aus der aktenkundigen E-Mail der Z2 vom 14.09.2023 ergibt sich - abgesehen von der angeblichen Bemerkung „wenn Sie meinen Lebenslauf gelesen hätten wüssten Sie das“, die der BF in der mündlichen Verhandlung abstritt, die auch vom Z1 nicht bestätigt wurde und auch der Z2 selbst anlässlich ihrer Befragung in der mündlichen Verhandlung nicht mit Sicherheit in Erinnerung war – nicht eindeutig, dass der BF bewusst provozieren wollte oder die in Aussicht stehende Beschäftigung ablehnen wollte. Im Zuge der mündlichen Verhandlung hat sich insbesondere aus der glaubwürdigen Aussage des BF ergeben, dass seine unstrittig vielen Fragen im Wesentlichen darauf gerichtet waren, möglichst viel über Arbeitsort, Arbeitszeit und die in Aussicht stehenden Arbeitsbedingungen, insbesondere die Chance eine Überzahlung des angebotenen Mindestentgelts erfahren zu können. Insbesondere ist aus seiner Bemerkung, er habe noch nie im Lager gearbeitet, im vorliegenden Gesamtzusammenhang nicht darauf zu schließen, dass der BF damit etwa hätte signalisieren wollen, dass er die in Aussicht stehende Beschäftigung nicht antreten wollen würde: Der BF hat dies unstrittig in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner Frage nach dem Ablauf des Schichtbetriebs geäußert und hat dazu in der mündlichen Verhandlung vom 08.04.2025 nachvollziehbar Stellung genommen.
Es ist daher nicht als erwiesen anzunehmen, dass sich der BF im Zuge des gegenständlichen Vorstellungsgesprächs mit dem Ziel, nicht aufgenommen zu werden, bewusst provokant verhalten hätte. Vielmehr ist als erwiesen anzunehmen, dass der BF durch Nachfrage möglichst viele Details über Arbeitszeit, Arbeitsort, die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung der in Aussicht stehenden Beschäftigung erfahren wollte. Dass der BF kritisch auf seine sich aus dem Datenschutzrecht ergebenden Rechte achtete und deshalb im Bewerbungsbogen die Einverständniserklärung in die dort abgedruckten Bestimmungen über Datenweitergabe und Datenspeicherung zunächst nicht geben wollte, dann doch gab, aber die Datenschutzerklärung der X-GmbH einsehen wollte, ist unstrittig.
Aufgrund der Aussage der Z2 ist ferner als erwiesen anzunehmen, dass die Z2 das Gespräch mit dem BF subjektiv als anstrengend empfunden hat und seine Chancen, bei der X-GmbH aufgenommen zu werden, als gering einstufte. Unstrittig hat die Z2 vor Abschluss des Vorstellungsgesprächs dem BF die Tür gewiesen und ihm Hausverbot erteilt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Im vorliegenden Fall war daher Senatszuständigkeit gegeben.
Zu A)
Die im vorliegenden Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) lauten:
Arbeitslosengeld
Voraussetzungen des Anspruches
§ 7. (1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, wer
1. der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht,
2. die Anwartschaft erfüllt und
3. die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat.
(2) Der Arbeitsvermittlung steht zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs. 3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist.
(3) – (8) (...)
Arbeitswilligkeit
§ 9. (1) Arbeitswillig ist, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.
(2) Eine Beschäftigung ist zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. Die zumutbare tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg beträgt jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar.
(3) - (8) (…)
§ 10. (1) Wenn die arbeitslose Person
1. sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, oder
2. (...)
3. (...)
4. (...)
so verliert sie für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde.
(2) (...)
(3) Der Verlust des Anspruches gemäß Abs. 1 ist in berücksichtigungswürdigen Fällen wie zB bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.
(4) (...)
Die Bestimmungen der §§ 9 und 10 AlVG sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat, existentiell abzusichern und ihn durch Vermittlung einer ihm zumutbaren Beschäftigung wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, d.h. bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein (vgl. z.B. VwGH 23.2.2005, 2003/08/0039; 4.9.2013, 2011/08/0200, mwN).
Während § 9 AlVG den Begriff der Arbeitswilligkeit definiert und Kriterien für die Bestimmung der Zumutbarkeit einer durch das Arbeitsmarktservice bzw. einen von diesem beauftragten Arbeitsvermittler vermittelten Beschäftigung bzw. Nach(Um)schulung oder Wiedereingliederungsmaßnahme enthält, sanktioniert § 10 AlVG durch befristeten Leistungsausschluss das Verhalten desjenigen, der die Beendigung des Zustandes der Arbeitslosigkeit schuldhaft zu vereiteln sucht.
Unter dem Begriff der "Vereitelung" im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein auf das zugewiesene Beschäftigungsverhältnis bezogenes Verhalten des Vermittelten zu verstehen, das - bei gegebener Zumutbarkeit der Beschäftigung - das Nichtzustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses herbeiführt. Das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses muss nicht nur in der Sphäre des Vermittelten, sondern darüber hinaus in einem auf das Nichtzustandekommen gerichteten oder dies zumindest in Kauf nehmenden Tun des Vermittelten seinen Grund haben. Die Vereitelung verlangt daher ein vorsätzliches Handeln des Vermittelten, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung dieses Tatbestandes hingegen nicht hin. Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung zu qualifizieren ist, kommt es demnach zunächst darauf an, ob dieses Verhalten überhaupt für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte im Sinne der obigen Ausführungen vorsätzlich gehandelt hat (VwGH 92/08/0042 vom 20.10.1992).
Um sich in den Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices vermittelte, zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichteten (und daher unverzüglich zu entfaltenden) aktiven Handelns des Arbeitslosen, andererseits aber auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisse kann vom Arbeitslosen - abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen - somit auf zwei Wege verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wege, vereitelt werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassung der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach der allgemeinen Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichtemacht (vgl. VwGH 26.10.2010, 2008/08/0017 und 2008/08/0244 sowie VwGH 29.01.2014, 2013/08/0265).
Die geforderte Kausalität liegt bereits dann vor, wenn die Chancen für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses auf Grund der Vereitelungshandlung jedenfalls verringert wurden (VwGH 15.10.2014, 2013/08/0248).
Vereitelung iSd § 10 AlVG verlangt ferner ein vorsätzliches Handeln des Vermittelten, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung dieses Tatbestandes hingegen nicht hin (VwGH 92/08/0042 vom 20.10.1992).
Bezogen auf den vorliegenden Fall ergibt sich daraus:
Die im vorliegenden Fall dem BF am 24.05.2023 zugewiesene Stelle als Hilfsarbeiter/Lagerarbeiter beim Dienstgeber X-GmbH erweist sich ausgehend vom Inhalt des Stellenangebotes zuweisungstauglich. Der BF hat diesbezüglich keine Einwendungen gemacht.
Der BF hat sich für diese Stelle entsprechend dem Stellenangebot beworben. Er hat keine überhöhte Gehaltsforderung gestellt.
Im Zuge des Vorstellungsgesprächs hat der BF danach getrachtet, durch Nachfrage Details über Arbeitszeit, Arbeitsort, über die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung der in Aussicht stehenden Beschäftigung zu erfahren, was nicht als Vereitelungsverhalten iSd § 10 AlVG zu beurteilen ist. Die Z2 hat im vorliegenden Fall von ihrer Möglichkeit Gebrauch gemacht, einem Bewerber Hausverbot zu erteilen, der ihr mehr Arbeit machte, als sie in Bewerber:innen zu investieren bereit war. Ob diese Vorgangsweise den internen Vorgaben bei der potentiellen Dienstgeberin entsprach, muss nicht mehr ermittelt werden. Die vorzeitige Beendigung des verfahrensgegenständlichen Bewerbungsgesprächs und die Ablehnung des BF ist im vorliegenden Fall der Sphäre der potentiellen Dienstgeberin zuzurechnen.
Auch das Vorbringen des BF, er müsse seine Einwilligung in die im Bewerbungsbogen abgedruckten Passagen über Datenspeicherung und Datenweitergabe nicht geben bzw. er wolle die Datenschutzerklärung der X-GmbH einsehen, ist ihm im vorliegenden Gesamtzusammenhang nicht als Vereitelungshandlung zur Last zu legen. Diesbezüglich wird auf die rechtlichen Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts im Erkenntnis W269 2277315-1 verwiesen, die sich in einem gleichgelagerten Fall auf die gleichen datenschutzrechtlichen Bestimmungen beziehen.
Zusammenfassend war das Verhalten des BF anlässlich des gegenständlichen Vorstellungsgesprächs nicht darauf gerichtet, die potentielle Dienstgeberin von seiner Einstellung abzubringen. Auch bedingter Vorsatz ist nicht gegeben. Der Tatbestand der Vereitelung iSd § 10 AlVG ist nicht erfüllt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.