JudikaturBVwG

G310 2309814-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
31. März 2025

Spruch

G310 2309814-1/4Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER über die Beschwerde der brasilianischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 04.02.2025, Zl. XXXX , betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht erkannt:

A)Der Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wird Folge gegeben und Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids ersatzlos behoben. Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG wird der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde vom 28.02.2025 gegen den oben angeführten Bescheid vor. Damit wurde der Beschwerdeführerin (BF) ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen sie gemäß § 10 Abs 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Brasilien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.), ihr gemäß § 55 Abs 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.), einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.) und gegen sie gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Das BFA begründete die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im Wesentlichen damit, dass die sofortige Ausreise des BF im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich sei, um zu verhindern, dass sie sich ihren Aufenthalt weiterhin durch illegale Beschäftigung finanziere, ohne dies zu konkretisieren.

Gegen sämtliche Spruchpunkte des angefochtenen Bescheids richtet sich die Beschwerde des BF, wobei hinsichtlich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung unter Verweis auf die entsprechende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) vorgebracht wird, dass das BFA nicht konkret dargelegt habe, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort zu erfolgen habe. Die BF sei strafgerichtlich unbescholten und habe das Land unverzüglich freiwillig wieder verlassen.

Die BF ist am XXXX .2025 freiwillig aus dem Bundesgebiet ausgereist.

Feststellungen:

Die BF ist eine am XXXX .1998 geborener brasilianische Staatsangehörige mit einem gültigen brasilianischen Reisepass. Sie spricht Portugiesisch. Sie hat keine Aufenthaltsberechtigung in Österreich. Seit 2022 lebt sie in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), wo sich auch ihr Vater aufhält. Ihr wurde eine von XXXX .2022 bis XXXX .2024 gültige Aufenthaltsgenehmigung für die VAE erteilt. Die BF führt dort ein eigenes Unternehmen. Sie ist ledig und hat keine Sorgepflichten.

Wohnsitzmeldungen der BF im Bundesgebiet liegen nicht vor. Auch im Sozialversicherungsdatenauszug sind keine Eintragungen die BF betreffend ersichtlich. Ein Aufenthaltstitel wurde von ihr bislang nicht beantragt. Die BF ist im Bundesgebiet strafgerichtlich unbescholten.

Laut Einreisestempel reiste die BF am XXXX .2025 über den Luftweg nach Österreich ein. Am XXXX .2025 wurde sie im Rahmen einer fremdenpolizeilichen Kontrolle bei der Ausübung illegaler Wohnungsprostitution betreten und wurde deswegen auch angezeigt.

Im Zuge der mit der BF am 31.01.2025 aufgenommen Niederschrift gestand sie ein, mehrmals der Prostitution nachgegangen zu sein, um sich Geld für ein Studium zu verdienen. Sie habe nicht gewusst, dass es illegal sei.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung maßgebliche Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungswesentliche Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der Akten des Verwaltungsverfahrens, insbesondere aus den Angaben der BF vor der Polizei und dem BFA, der oben angeführten Anzeige, sowie aus dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Strafregister und dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR).

Rechtliche Beurteilung:

Die Beschwerde richtet sich auch gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids, mit dem die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde. Das BVwG hat über eine derartige Beschwerde gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden.

Gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG ist einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Zur Begründung einer Notwendigkeit der sofortigen Ausreise eines Fremden genügt es nicht, dafür auf eine - die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende - Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Fremden zu verweisen, sondern es ist darüber hinaus darzutun, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat; dazu ist es nicht ausreichend, jene Überlegungen ins Treffen zu führen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme selbst maßgeblich waren. Die Notwendigkeit der sofortigen Ausreise als gesetzliche Voraussetzung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung betreffend die Beschwerde gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme erfordert also das Vorliegen besonderer Umstände, die mit den Voraussetzungen für die Aufenthaltsbeendigung als solche nicht gleichzusetzen sind (siehe VwGH 21.12.2022, Ra 2020/21/0248).

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf angesichts der weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung. Sie darf nicht ausschließlich darauf gestützt werden, dass die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots erfüllt sind. Das BFA muss vielmehr nachvollziehbar darlegen, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat (vgl. VwGH 27.08.2020, Ra 2020/21/0172).

Eine solche Begründung lässt sich dem angefochtenen Bescheid nicht entnehmen. Das BFA begründete die im Rahmen der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung vorzunehmende Interessenabwägung hier nicht, sondern begnügte sich mit allgemein gehaltenen Textbausteinen zur illegalen Beschäftigung, ohne auf den vorliegenden Einzelfall Bezug zu nehmen, wonach die BF laut den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen bei der illegalen Prostitutionsausübung betreten worden sei und somit eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und die Volksgesundheit darstelle.

Da die Begründung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht nachvollziehbar ist, ist Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids rechtswidrig und ersatzlos zu beheben und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ist und das BVwG dabei keine grundsätzlichen Rechtsfragen iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen hatte.