IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 17.02.2025, Zl. 546977/17/ZD/0225, zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 28 VwGVG in Verbindung mit § 13 Abs. 1 Z 2 ZDG als unbegründet abgewiesen.
II. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird als nunmehr unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Im Rahmen einer am 04.02.2020 durchgeführten Stellung wurde XXXX (in Folge: Beschwerdeführer) für tauglich befunden.
Der Beschwerdeführer gab am 13.06.2023 eine Zivildiensterklärung ab und wurde mit Bescheid der Zivildienstserviceagentur (in Folge: Behörde) vom 04.07.2023, 546977/1/ZD/23, die Zivildienstpflicht des Beschwerdeführers festgestellt. Der Beschwerdeführer gab in seiner Zivildiensterklärung an in einer Lehre bis voraussichtlich September 2024 und legte einen Lehrvertrag bei, wonach die Lehrzeit vom 01.09.2021 bis 31.08.2024 laufe, als Wunschtermin gab er das Jahr 2024 an.
Mit Bescheid vom 10.01.2025 wies die Behörde den Beschwerdeführer einer näher bezeichneten Einrichtung zur Ableistung des ordentlichen Zivildienstes mit Dienstantritt 01.04.2025 zu.
1.2. Der Beschwerdeführer beantragte am 12.02.2025 die Befreiung bzw. den Aufschub des Antritts des Zivildienstes, er befinde sich in einer dreimonatigen Probefrist einer Vollzeitanstellung als Linux Systemadministrator, danach würde er in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen werden. Der Antritt des Zivildienstes würde zu einem verkürzten Kündigungsschutz führen und wäre dann auch unsicher ob er unbefristet übernommen werde. Ab Jänner 2024 sei er arbeitslos gewesen und habe auf der Suche nach einer Zivildienststelle nur Absagen bekommen. Mit dem Arbeitsmarktservice habe er vereinbart seinen Lehrabschluss nachzuholen.
Mit Bescheid der Behörde vom 17.02.2025, Zl. 546977/17/ZD/0225, wurde der Antrag auf befristete Befreiung abgewiesen.
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Beschwerdeführers, worin dieser vorbringt, der Antritt des Zivildienstes mit 01.04.2025 wurde ihm aufgrund des erst kürzlich begonnenen befristeten Arbeitsverhältnisses erhebliche Nachteile bringen. Diese ergeben sich daraus, dass es ohne die entsprechende Berufserfahrung sehr unwahrscheinlich sei, dass er nochmals eine Stelle mit einem ähnlichen Qualifikationsbild und Gehalt bekäme. Ferner sei er mit seiner Lebensgefährtin auf Wohnungssuche und lebe derzeit bei seinen Eltern.
Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht samt bezugshabenden Verwaltungsakt am 12.03.2025 vorgelegt.
1.3. Am 21.03.2025 beantragte der Beschwerdeführer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, da ansonsten der unwiederbringliche Verlust seiner Arbeitstätigkeit drohe.
1.4. Der Beschwerdeführer schloss am 12.12.2024 einen Dienstvertrag mit Scientific Games International GmbH, als Beginn des Dienstverhältnisses wurde der 15.01.2025 vereinbart. Die ersten drei Monate wurden befristet abgeschlossen, bei Fortsetzung über die Befristung hinaus wurde vereinbart, dass das Dienstverhältnis ab dem vierten Dienstmonat automatisch in ein unbefristetes Dienstverhältnis übergehen würde.
1.5. Spätestens Anfang 2024 hat der Beschwerdeführer seine Lehre abgebrochen, ohne dies der Behörde zu melden. Auch darüber hinaus nahm der Beschwerdeführer zur Behörde keinen Kontakt auf, um einen zum Abbruch seiner Lehre zeitnahen Zuweisungstermin zu vereinbaren.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zu 1.1. bis 1.3. ergeben sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt, insbesondere den darin enthaltenen Bescheiden, Anträgen und der Beschwerde des Beschwerdeführers.
2.2. Hinsichtlich 1.4. gründen die Feststellungen auf dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Dienstvertrag.
2.3. Hinsichtlich 1.5. ist darauf hinzuweisen, dass sich die Feststellung,
der Beschwerdeführer habe spätestens Anfang 2024 seine Lehre abgebrochen, sich aus seinem Vorbringen vor der Behörde, seit Anfang 2024 arbeitslos zu sein, ergibt;
dass er dies der Behörde nicht gemeldet habe, aus der Aktenlage, der eine solche Meldung nicht zu entnehmen ist sowie aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet hat, diesen Umstand der Behörde gemeldet zu haben, ergibt und
der Beschwerdeführer habe vor Erlassung des Zuweisungsbescheids keinen Kontakt mit der Behörde aufgenommen, von dieser im Bescheid festgestellt wurde und der Beschwerdeführer dieser Feststellung nicht entgegengetreten ist. Er hat sich zwar nachweislich bei bestimmten (wenigen) Wunscheinrichtungen um einen Zivildienstplatz beworben, jedoch mit der Behörde keinen Kontakt aufgenommen, um eine alsbaldige Zuweisung zu erreichen. Dies ist der Aktenlage zu entnehmen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Gemäß § 13 Abs. 1 ZDG sind Zivildienstpflichtige von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zu befreien, wenn und solange es Belange des Zivildienstes oder sonstige öffentliche Interessen – insbesondere gesamtwirtschaftliche, familienpolitische oder Interessen der Entwicklungshilfe – erfordern (Z 1) oder wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche, familiäre oder auf Grund einer eingetragenen Partnerschaft bestehende Interessen erfordern (Z 2).
Gründe die für das Vorliegen öffentlicher Interessen sprechen wurden von Seiten des Beschwerdeführers nicht vorgebracht und sind auch nicht zu erkennen.
Der Beschwerdeführer führte jedoch das Vorliegen rücksichtswürdiger wirtschaftlicher Interessen ins Treffen. Konkret brachte er vor, durch die Zuweisung wäre unklar ob er an seinem derzeitigen Arbeitsplatz in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen werden würde und wäre es sehr unwahrscheinlich, dass er je wieder eine derartige Stelle angeboten bekäme.
3.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Zivildienstpflichtige gehalten, ihre wirtschaftlichen Dispositionen so zu treffen, dass für den Fall der Zuweisung zur Ableistung des Dienstes voraussehbare Schwierigkeiten vermieden und nicht durch die Aufnahme einer wirtschaftlichen Tätigkeit solche Schwierigkeiten erst geschaffen werden (VwGH 27.03.2008, 2008/11/0011; VwGH 18.05.2010, 2008/11/0172). Unterlässt es der Betreffende, seine wirtschaftlichen Angelegenheiten mit der von ihm zu erwartenden Dienstleistungsverpflichtung zu harmonisieren, so können die daraus abgeleiteten wirtschaftlichen Interessen nicht als besonders rücksichtswürdig im Sinne der die Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Dienstes regelnden Bestimmungen angesehen werden (VwGH 18.05.2010, 2008/11/0172) oder – in anderen Worten – sind wirtschaftliche Schwierigkeiten die Folge der Verletzung der Harmonisierungspflicht, können sie als Grundlage für die Befreiung nicht herangezogen werden (VwGH 27.03.2007, 2006/11/0266). Das gilt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch für Zivildienstpflichtige, die ihre berufliche Existenz bereits vor Antritt des Zivildienstes zu verwirklichen begonnen haben und auch dann, wenn es sich bei der aufgenommenen Tätigkeit um eine besonders günstige berufliche Chance gehandelt hat (VwGH 19.03.1997, 97/11/0012).
Besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche Interessen liegen nach der Rechtsprechung des VwGH zu § 26 Abs. 1 Z 2 WehrG 2001 – die Bestimmung ist im Wesentlichen inhaltsgleich zu § 13 Abs. 1 Z 2 ZDG – nur dann vor, wenn eine mit der Ableistung [des Wehr- bzw. Zivildienstes] verbundene Existenzgefährdung zu befürchten wäre (VwGH 06.07.2004, 2003/11/0218).
3.3. Die Auffassung, wirtschaftliche Interessen des Wehrpflichtigen seien immer dann besonders rücksichtswürdig, wenn durch die Leistung des Präsenzdienstes die wirtschaftlichen Interessen so schwer getroffen würden, dass mit dem Verlust der wirtschaftlichen Existenz gerechnet werden müsse, ist aber nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zielführend, weil dabei außer Acht gelassen wird, dass der Wehrpflichtige derart durch entsprechende Dispositionen die Erfüllung seiner Präsenzdienstpflicht vereiteln könnte. Die wirtschaftlichen Interessen können somit auch dann nicht als besonders rücksichtswürdig im Sinne der Bestimmungen des WehrG 2001 – gleiches muss für das ZDG gelten – anerkannt werden, wenn auf Grund der Verletzung der Verpflichtung, die Dispositionen in wirtschaftlicher Hinsicht so zu treffen, dass für den Fall der Einberufung zur Leistung des Grundwehrdienstes bzw. des Zivildienstes voraussehbare Schwierigkeiten vermieden werden, durch die Leistung des Präsenzdienstes eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz eintreten könnte. In einem solchen Fall hätte der Wehrpflichtige bzw. Zivildienstpflichtige die Gefährdung seiner Existenz nämlich selbst herbeigeführt (VwGH 18.11.2008, 2008/11/0096).
Zum ZDG führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass, hat ein Zivildienstpflichtiger bereits vor Erfüllung der ihn treffenden Zivildienstleistungspflicht seine berufliche Existenz zu verwirklichen begonnen, die durch die Unterbrechung der beruflichen Tätigkeit infolge der zivildienstbedingten Abwesenheit verursachten wirtschaftlichen Rückschläge nicht die besondere Rücksichtswürdigkeit geltend gemachter wirtschaftlicher Interessen begründen kann (VwGH 23.04. 1996, 95/11/0399; VwGH 10.11.1998, 97/11/0293).
3.4. Im konkreten Fall können die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten wirtschaftlichen Nachteile vor dem Hintergrund der unter 3.2. und 3.3. dargestellten Rechtsprechung nicht als besonders berücksichtigungswürdig angesehen werden.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass bereits nicht zu sehen ist, dass durch die Zuweisung zum ordentlichen Zivildienst die wirtschaftliche Existenz des Beschwerdeführers gefährdet wäre. Zwar mag sein derartiger Arbeitsplatz eine besonders gute Gelegenheit darstellen und er Gefahr laufen, dass ihn sein Arbeitgeber angesichts der langen Abwesenheit „ersetzt“ und nach der Behaltefrist nach seinem Zivildienst nicht mehr weiterbeschäftigt, dieser Gefahr sind jedoch alle berufstätigen Zivildienstpflichtigen gleichermaßen ausgesetzt und ändert auch die „besonders günstige berufliche Chance“ nach der oben zitierten Rechtsprechung des VwGH nichts an der bestehenden Harmonisierungspflicht des Beschwerdeführers. Es mag zwar sein, dass der Beschwerdeführer nicht erneut ein derartiges Arbeitsverhältnis findet, allerding ist nicht davon auszugehen, dass er nach Ableistung seines Zivildienstes keine (existenzsichernde) Arbeitsstelle finden werde, weshalb darin kein besonders rücksichtswürdiges Interesse gesehen werden kann.
Darüber hinaus wusste der Beschwerdeführer seit der Feststellung seiner Tauglichkeit bzw. der Zustellung des Feststellungsbescheids über seine Zivildienstpflicht, dass er Zivildienst wird leisten müssen. Er hätte daher seine Interessen mit der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes harmonisieren müssen und in Kenntnis der noch vor ihm liegenden Zivildienstleistung auf die Planung und Gestaltung seiner privaten und wirtschaftlichen Angelegenheiten im Interesse einer Harmonisierung mit der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes Bedacht zu nehmen gehabt.
Im Hinblick auf die Harmonisierungspflicht hätte der Beschwerdeführer insbesondere im Licht seiner Ausführungen in der Zivildiensterklärung, seine Lehre werde „bis voraussichtlich September 2024“ dauern, der Behörde zu melden gehabt, dass er spätestens mit Anfang 2024 nicht mehr in einem aufrechten Lehrverhältnis gestanden ist. Zu diesem Zeitpunkt hätte er sich bei der Behörde – nicht nur bei einigen wenigen Zivildienststellen – um eine baldige Zuweisung bemühen müssen. Beides hat der Beschwerdeführer jedoch unterlassen, er hat sich lediglich bei einigen wenigen Wunscheinrichtungen beworben, während er die Behörde weiterhin im Glauben lies, dass er bis 31.08.2024 seine Lehre absolviere. Daher kann von ernsthaften Bemühungen, eine rasche Zuweisung zu erreichen, nicht gesprochen werden. Ein Anspruch auf die Zuweisung zu einer bestimmten Einrichtung besteht nicht und hat lediglich die Behörde Überblick über den Bedarf der einzelnen Einrichtungen und freie Plätze bei möglichen Zuweisungsterminen.
3.5. Der Behörde war daher Recht zu geben, wenn sie mangels Vorliegen besonders rücksichtswürdiger Interessen im Sinne des § 13 Abs 1 Z 2 ZDG den Antrag des Beschwerdeführers mit Bescheid abwies.
3.6. Von einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen, da die Akten erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegen standen. Ein Zusammenhang mit der GRC besteht nicht, die Verpflichtung, Wehr(ersatz)dienst zu leisten fällt nicht unter Art. 6 EMRK (siehe VfSlg. 17.341 sowie VfGH vom 15.10.2005, B 360/05, wo der Verfassungsgerichtshof diesen Zusammenhang auch nicht hergestellt hat).
3.7. Zum Antrag auf aufschiebende Wirkung ist auszuführen, dass gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (Bescheidbeschwerde) aufschiebende Wirkung haben; diese kann unter gewissen Voraussetzungen von der Behörde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG oder (nach Vorlage der Beschwerde) vom Verwaltungsgericht gemäß § 22 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen werden.
Im Verfahren über den Antrag des Beschwerdeführers auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Zivildienstes wurde die aufschiebende Wirkung nicht ausgeschlossen, dies wäre auch nicht möglich gewesen, da der abweisende Bescheid der Behörde keinem Vollzug zugänglich ist. Daher kommt auch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht in Betracht und ist der Antrag zurückzuweisen.
Darüber hinaus wurde das die Beschwerde erledigende Erkenntnis vor dem Einrückungstermin am 01.04.2025 gefertigt.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich auf die unter A) zitierte mannigfaltige Judikatur des VwGH zu besonders rücksichtswürdigen wirtschaftlichen Interessen stützen.
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