JudikaturBVwG

I406 2151599-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
31. Januar 2025

Spruch

I406 2151599-1/67E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. ÄGYPTEN, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Oberösterreich (BFA-O) vom 02.03.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.05.2017, 21.03.2022 sowie am 21.06.2024 zu Recht erkannt:

A)

I.

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

II.

In Erledigung der Beschwerde werden die übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 iVm. § 27 VwGVG ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Ägypten, reiste im Dezember 2016 mit einem Visum C in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 27.12.2016 bei Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Beschwerdeführer wurde am 28.12.2016 zu seinem Antrag erstbefragt und gab dabei als Fluchtgrund Todesdrohungen und einen Angriff wegen des Propagierens des christlichen Glaubens an.

Am 02.03.2017 wurde der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, im folgenden auch belangte Behörde oder BFA genannt, zu seinem Antrag auf internationalen Schutz unter Beiziehung eines Dolmetsch niederschriftlich einvernommen.

Mit angefochtenem Bescheid vom 02.03.2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich Asyl sowie subsidiären Schutz ab, erteilte eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 Asylgesetz nicht, erließ eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung nach Ägypten gemäß § 46 FPG zulässig ist und bestimmte gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Mit Schriftsatz vom 17.03.2017 erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch den XXXX dagegen vollumfänglich Beschwerde.

Mit Schreiben vom 06.04.2017 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer Fragen zu seiner persönlichen Situation und gewährte ihm rechtliches Gehör zu den Länderfeststellungen. Mit Schreiben vom 24.04.2017 nahm Beschwerdeführer diese Möglichkeit wahr.

Am 09.05.017 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt.

Am 24.05.2017 übermittelte der Beschwerdeführer eine Stellungnahme.

Am 03.12 2019 übermittelte das BFA eine Zeugeneinvernahme vom 03.10.2019.

Am 21.10 2020 übermittelte das BFA das ÖSD Zertifikat A1 des Beschwerdeführers.

Mit Schreiben vom 03.12.2021 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer Fragen zu seiner persönlichen Situation. Mit Schreiben vom 30.12.2021 erstatte der Beschwerdeführer dazu Angaben und übermittelte am 07.01.2022 weitere Unterlagen.

Am 14.03.2022 langten Schreiben der späteren Verlobten des Beschwerdeführers sowie der zwei Töchter der späteren Verlobten ein.

Am 21.03.2022 fand eine weitere mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt.

Mit Mail vom 27.12 2022 übermittelte der Beschwerdeführer sein Zertifikat Deutsch B1.

Mit Schreiben vom 18.08.2023 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer Fragen zu seiner persönlichen Situation und gewährte ihm rechtliches Gehör zu den Länderfeststellungen. Mit Schreiben vom 30.08.2023 erstatte der Beschwerdeführer eine Stellungnahme, erstattete Angaben, übermittelte Unterlagen und teilte unter anderem betreffend die im Schreiben vom 14.03.2022 genannte Frau mit, er sei mit dieser seit mehr als einem Jahr verlobt.

Am 21.06.2024 fand eine weitere mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person und zum Fluchtgrund des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer ist ägyptischer Staatsbürger koptischen Religionsbekenntnisses. Seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer ist in seiner Religion außerordentlich tief verwurzelt und praktiziert diese in gleicher Weise, er versucht regelmäßig, andere Menschen, ihm bekannte wie unbekannte, sowohl im privaten Bereich als auch in der Öffentlichkeit, von der Religion zu überzeugen, dies ist ein integraler Bestandteil seiner Persönlichkeit. Auch im Fall einer Rückkehr nach Ägypten wäre er nicht gewillt, darauf zu verzichten.

Bei Missionierungstätigkeiten droht ihm im Fall einer Rückkehr nach Ägypten mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit staatliche Verfolgung.

1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat

Auszug aus der Anfragebeantwortung zu Ägypten: Staatliche Repressionen im Falle einer Missionstätigkeit eines Kopten (31.08.2016):

ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: „Anfragebeantwortung zu Ägypten: Staatliche Repressionen im Falle einer Missionstätigkeit eines Kopten [a-9804-2 (9805)]“, Dokument #1130095 - ecoi.net

„Das US-amerikanische Außenministerium (US Department of State, USDOS) schreibt in seinem Bericht zur Religionsfreiheit vom August 2016 (Berichtszeitraum: 2015), dass die ägyptische Regierung bei Muslimen, die schon von Geburt an Muslime seien, die Konversion zu einer anderen Religion nicht anerkenne und gesetzlich bestrafe. Obwohl es nicht gesetzlich verboten sei, Muslime zu missionieren, instrumentalisiere die Regierung das Verbot der „Verunglimpfung der Religionen“ („denigrating religions“), um Personen, die öffentlich missionieren würden, strafrechtlich zu verfolgen. Dabei würde sie laut Menschenrechtsgruppen eine sehr weite Interpretation der „Verunglimpfung“ anwenden. Die Verfassung schreibe den Islam als Staatsreligion und die islamischen Prinzipien der Scharia als Hauptquelle der Gesetzgebung vor. Am 10. Juli 2015 seien drei christliche Männer, von denen einer 16 Jahre alt gewesen sei, in Alexandria wegen „Verunglimpfung der Religion“ festgenommen worden, nachdem einer von ihnen angeblich Handzettel mit Auszügen aus der Bergpredigt verteilt habe. Einer Menschenrechtsgruppe und mehreren Zeitungsberichten zufolge habe ein Muslim einen der Männer festgehalten, körperlich angegriffen, und für mehr als eine Stunde in einen Laden gesperrt, bevor er ihn zur Polizeistation gebracht habe. Der junge Mann habe zwei christliche Freunde angerufen, die bei der Ankunft in der Polizeistation selber festgenommen worden seien. Sie seien laut Presseberichten an einen Strafverfolger wegen Verdachts auf „Diffamierung der Religion und neuer Arten der Missionierung unter Muslimen“ überwiesen worden. Alle drei Angeklagten seien am 12. Juli gegen eine Kaution von jeweils 10.000 ägyptischen Pfund (1.250 US-Dollar) freigelassen worden. Die Regierung habe im Allgemeinen ausländische Mitarbeiter religiöser Organisationen unter der Bedingung, Muslime nicht zu missionieren, toleriert. Laut verschiedenen Quellen hätten nichtmuslimische Minderheiten sowie ausländische Mitarbeiter religiöser Organisationen das Missionieren unterlassen, um das Risiko strafrechtlicher Konsequenzen oder außerrechtlicher Nachwirkungen vonseiten der Behörden oder von örtlichen Islamisten zu vermeiden: (…)

Freedom House, eine in den USA ansässige NGO, die zu den Themen Demokratie, politische Freiheit und Menschenrechte forscht und sich für diese einsetzt, schreibt in ihrem Bericht Freedom in the World vom Jänner 2016 (Berichtszeitraum: 2015), dass Übergriffe gegen Kopten sich im Jahr 2015 fortgesetzt hätten, wobei es zahlreiche Fälle von Vertreibung, körperlichen Angriffen, Bombenanschlägen und Brandstiftung, sowie von Bausperren für Kirchen gegeben habe. Christen seien wegen Missionierung verhaftet worden und ähnliche Vorwürfe gegen Schiiten hätten zur Auflösung einer Wohltätigkeitsorganisation und zur Festnahme eines Aktivisten geführt (…)

Esshad, eine Datenbank des in Washington ansässigen Tahrir Institute for Middle East Policy (TIMEP), die Informationen zu konfessionellen Übergriffen in Ägypten sammelt, berichtet in einem kurzen Überblick zu Ägyptens Blasphemiegesetzen vom März 2016 ebenfalls über den Fall der drei oben erwähnten Christen (16, 22 und 24 Jahre) aus Alexandria. Fawzi Osama, einer der drei Christen, habe bei Sonnenuntergang im Fastenmonat Ramadan Datteln an Muslime ausgeteilt, als ein Journalist ihn festgenommen, seinen Personalausweis konfisziert und ihn zur Polizeistation gebracht habe. Osama habe zwei Freunde angerufen, die, als sie ihm zu Hilfe gekommen seien, selbst festgenommen worden seien. Man habe alle drei jungen Männer unter anderem angeklagt, „moderne Methoden der Missionierung“ anzuwenden. Der Journalist habe Fawzi Osama angeblich gedroht und gesagt, dass er mit ihm und seiner Familie noch abrechnen („deal with“) werde. Am 24. Februar habe ein Familienmitglied mitgeteilt, dass die Anklage gegen die drei Christen fallengelassen worden sei. Esshad berichtet weiters über den Fall eines Küsters, Medhat Ishaq, der Berichten zufolge im August 2015 vor einem Einkaufszentrum Bibeln verteilt habe. Am 9. August sei er angeblich in Besitz von neun Ausgaben der Bibel von Sicherheitskräften festgenommen und vier Tage festgehalten worden. Ishaq sei angeklagt worden „Religion zu instrumentalisieren, um interkonfessionelle Konflikte anzuheizen und dem nationalen Zusammenhalt zu schaden“. Am 10. August habe die Staatsanwaltschaft seine Festnahme um 15 Tage verlängert und gegen ihn eine weitere Anklage wegen „Beleidigung der Religion“ erhoben. Nach einer weiteren 15-tägigen Verlängerung der Untersuchungshaft habe das Gericht am 7. September seine Freilassung gegen eine Kaution von 300 ägyptischen Pfund (circa 34 Euro nach damaligem Wechselkurs, Anm. ACCORD) angeordnet (…)

Die unabhängige ägyptische Tageszeitung Al-Masry Al-Youm berichtet im August 2015 ebenfalls über die Festnahme von Medhat Ishaq. Die Untersuchungen der Sicherheitskräfte hätten ergeben, dass Ishaq durch „Frequentierung öffentlicher Plätze“ und „Einladung von Bürgern zum Glauben“ eine neue Form der Missionierung zum Christentum betreibe. Laut der Staatsanwaltschaft habe der Angeklagte während der Untersuchungen zugegeben, die beschlagnahmten Bibeln besessen zu haben, und dass er diese an junge Christen verteilt habe, um sie Gott näherzubringen. (Al-Masry Al-Youm, 9. August 2015) (…)

Al-Masry Al-Youm berichtet in einem älteren Artikel vom Mai 2013, dass die Strafverfolgungsbehörde der Stadt Luxor eine viertägige Untersuchungshaft einer 23-jährigen koptischen Volksschullehrerin angeordnet habe. Sie sei angeklagt, den Propheten beleidigt und die Religion verunglimpft zu haben sowie unter ihren muslimischen Schülern missioniert zu haben. Es seien bereits mehrere Zeugen angehört worden, die die gegenüber der Lehrerin erhobenen Anklagepunkte bestätigt hätten. Drei ihrer Schüler aus der vierten Volksschulklasse hätten am 11. April der örtlichen Polizei gemeldet, dass die Lehrerin während ihres Unterrichts über monotheistische Religionen versucht habe, unter ihren muslimischen Schülern zu missionieren. (Al-Masry Al-Youm, 9. Mai 2013) (…)“

Der ACCORD Bericht „Egypt: COI Compilation July 2024“ (Berichtszeitraum: Jänner 2023 bis Juni 2024) enthält ebenso Ausführungen zur außerordentlich weiten Anwendung der Blasphemiegesetze und führt aus, dass laut der Ägyptischen Initiative für persönliche Rechte (Egyptian Initiative for Personal Rights, EIPR) ein Gericht in Anwendung dieser Bestimmungen im Feber 2024 die Untersuchungshaft von Nour Fayez Ibrahim Gerges verlängerte, damit überschritt es die gesetzliche Höchstdauer. Er wurde 2021 festgenommen, weil er angeblich eine Facebookgruppe eingerichtet hatte, um Personen zu unterstützen, die zum Christentum konvertieren wollten.

2. Beweiswürdigung:

1.1. Zur Person und zum Fluchtgrund des Beschwerdeführers

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund der von ihm vorgelegten Dokumente fest.

Der Beschwerdeführer gab bereits in der Erstbefragung als Fluchtgrund Todesdrohungen und einen Angriff wegen des Propagierens des christlichen Glaubens an.

Ein weniger eindeutiges Bild ergibt die Einvernahme durch das BFA am 02.03.2017:

Im Rahmen dieser Einvernahme brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, in Ägypten hätten ihm unbekannte Männer ihn wegen seines koptischen Glaubens mit dem Tod bedroht und umzubringen versucht. In Bezug auf missionarische Aktivitäten gab er wenig stringent an, „Ich habe versucht andere Leute für den Glauben der Kopten zu begeistern. Ich habe aber nur mit meinen engsten Freunden über meinen Glauben gesprochen“, „Es gibt einige mit denen ich in meine Wohnung ging oder welche mich in die Kirche der Kopten begleiteten und mit denen habe ich dann über meinen Glauben gesprochen“ und „Es handelt sich aber eher um persönliche Gespräche und Diskussionen im Bekanntenkreis.“

Wenn der Beschwerdeführer dazu im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 09.05.2017 eine umfangreiche Protokollrüge vorlegt, ist festzuhalten, dass dem Protokoll der Einvernahme durch das BFA volle Beweiskraft zukommt, hat der Beschwerdeführer doch am Ender der Einvernahme die Fragen bejaht, ob er den Dolmetsch während der gesamten Einvernahme einwandfrei verstanden hat sowie ob der Dolmetscher das rückübersetzt hat, was er gesagt hat, und der Beschwerdeführer das Protokoll unterfertigte.

Bei der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 09.05.017 brachte der Beschwerdeführer vor, er habe von 2009 – 2016 im Namen Jesu gepredigt und deswegen Drohungen bekommen, wegen denen er den Arbeitsplatz habe wechseln müssen, habe mit Freunden, Nachbarn und in der Öffentlichkeit mit Fremden über Jesus gesprochen und sie auch nach Hause eingeladen und versucht, diese Leute zum Glauben zu bekehren und sein deswegen telefonisch mit dem Tod bedroht worden und erstattete umfangreiches weiteres Vorbringen zu seiner Missionierungstätigkeit, ohne die er nicht leben könne.

Dass der Beschwerdeführer auch ihnen dies im wesentlichen erzählt habe, sagten zwei seiner österreichischen Bekannten als Zeugen aus.

Die Einvernahme der Schwester des Beschwerdeführers als Zeugin in der mündlichen Verhandlung am 21.03.2022 ergab im wesentlichen, dass der Beschwerdeführer in Ägypten Probleme wegen dem Missionieren gehabt habe, die Einvernahme des geschiedenen Ehemannes der Schwester des Beschwerdeführers als Zeugen in dieser Verhandlung ergab im wesentlichen, dass der Beschwerdeführer dem Zeugen von Problemen wegen der Religion in Ägypten berichtet habe, wegen diesen habe er Ägypten verlassen sowie dass der Beschwerdeführer mit ihm über Religion habe sprechen wollen.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 21.06.2024 sagte der Beschwerdeführer aus, seine Aufgabe sei es, Menschen zum Christentum zu bringen, übereinstimmend mit seiner unter Wahrheitspflicht stehenden Verlobten brachte er zum Ausdruck, dass es für ihn unverzichtbar sei, sie würden in der Öffentlichkeit auf Leute zugehen und mit diesen Gespräche über religiöse Themen führen und Bibeln oder Broschüren verteilen. Gleichfalls erklärte er und ebenso seine Verlobte, er habe dies bereits in Ägypten getan.

In diesem Sinn führt die Verlobte des Beschwerdeführers auch in ihrem Schreiben vom 14.03.2022 aus, sie „erkenne in ihm den Drang, die tiefe Leidenschaft Menschen zum Herrn Jesus Christus zu führen“.

Dafür spricht auch ein bei der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 09.05.2017 vorgelegtes Schreiben, in dem ein katholischer Pfarrer unter anderem festhält, es sei spürbar, dass es dem Beschwerdeführer ein Herzensanliegen sei, sich für die christliche Botschaft und ihre Weitergabe einzusetzen.

Daran ändert die vom BFA am 03.12 2019 übermittelte Zeugeneinvernahme vom 03.10.2019 nichts, da diese andere Themen betrifft, nicht jedoch zum Inhalt hat, ob der Beschwerdeführer in Ägypten missionierte oder dies in Österreich tut, sie gibt jedoch einen Hinweis mit der Ausführung, der Beschwerdeführer laufe „jeden Tag mit der Bibel durch die Gegend“.

Im Ergebnis kommt der unter Wahrheitspflicht getätigten Aussage der damaligen Verlobten des Beschwerdeführers zu seinen Missionierungstätigkeiten das entscheidende Gewicht zu, um wie oben festzustellen, dass dieser regelmäßig versucht, andere Menschen, ihm bekannte wie unbekannte, sowohl im privaten Bereich als auch in der Öffentlichkeit, von der Religion zu überzeugen, und dass dies ein integraler Bestandteil seiner Persönlichkeit ist.

2.2. Zur Lage im Herkunftsstaat

ACCORD ist ein unzweifelhafte und objektive, im Bereich des Asylwesens häufig genutzte Quelle.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zur Asylgewährung:

3.1.1. Rechtslage

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furch nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art 1 Absch A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Verfolgungshandlungen wegen Missionierungstätigkeiten wie langandauernde Untersuchungshaft, wie oben angeführt, stellen eine Verfolgung aus religiösen Gründen dar. Da der Beschwerdeführer Missionierungstätigkeiten als integralen Bestandteil seiner Person sieht und in Österreich ausübt und auch in Ägypten nicht gewillt wäre, darauf zu verzichten, würde er im Fall einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus religiösen Gründen verfolgt. Ob der Beschwerdeführer bereits in Ägypten missionierte und ob er dort verfolgt, angegriffen oder bedroht wurde, ist dabei ein Indiz, letztlich aber nicht entscheidungsrelevant.

Da sich im Verfahren überdies keine Hinweise auf Ausschlussgründe iSd § 6 AsylG 2005 ergeben haben, ist dem Beschwerdeführer somit gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. Gemäß § 3 Abs. 5 leg.cit. ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten mit der Feststellung zu verbinden, dass dem betroffenen Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.