JudikaturBVwG

I413 2303350-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
16. Januar 2025

Spruch

I413 2303350-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid der ORF-Beitrags Service GmbH vom 23.04.2024, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs 5 VwGVG behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin stellte am 28.01.2023 den Antrag auf Befreiung vom ORF-Beitrag. Sie führte aus, dass sie in Österreich ihren Hauptwohnsitz habe, jedoch für ein Jahr in Deutschland bei einer Ausbildung sei und nur in den Ferien und an manchen Wochenenden an ihrem Wohnsitz in Österreich sei. Sie besitze dort keinen Fernseher und kein Radio. Sie lebe momentan ohne Einkommen, empfange kein Arbeitslosengeld oder sonstige Beihilfe in Österreich. Diesem Anbringen war das Antragsformular angeschossen.

Mit Schreiben vom 03.04.2024 forderte die belangte Behörde folgende ergänzende Unterlagen an: "Der gesetzliche Anspruch sowie das aktuelle Einkommen (Lehrvertrag - fiktiv anerkannt ins Österreich, Studienbeihilfe - fiktiv anerkannt in Österreich etc.) ist von XXXX nachzureichen."

Mit E-Mail vom 13.04.2024 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie keine der verlangten Unterlagen habe. Sie sei momentan in einem "Sabbatical" und komplett ohne Einkommen, daher könne sie die folgenden Nachweise nicht erbringen. Sie beziehe kein Pflegegeld, sei nicht gehörlos, beziehe keine Pension, Rente, Invaliditätsrente, kein Taggeld und keine AMS-Gelder, keine Studentenförderung oder Lehrlingsgelder, keine Sozialhilfe oder sonstige Förderungen. Sie lebe momentan von ihrem Ersparten und absolviere Weiterbildungen in Deutschland, die sie privat bezahle. Dies werde sie das ganze Jahr voraussichtlich so weiterführen und bitte daher, sie von der ORF-Gebühr zu befreien.

Mit angefochtenem Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf Befreiung von der Pflicht zur Entrichtung des ORF-Beitrages zurück. Der ORF-Beitrag ist fristgerecht zu bezahlen. Begründend führte die belangte Behörde aus, die angeforderten Unterlagen seien nicht fristgerecht nachgereicht worden. Die Beschwerdeführerin sei darauf hingewiesen worden, dass der Antrag zurückgewiesen werde, wenn die Unterlagen und Angaben nicht nachgereicht würden.

Gegen diesen der Beschwerdeführerin ohne Zustellnachweis zugestellten Bescheid richtet sich die Beschwerde. In dieser legte die Beschwerdeführerin nochmals ihre Situation dar und verwies darauf, dass sie keine Unterlagen nachreichen könne, weil sie diese nicht habe.

Am 27.11.2024 legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde und den Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist volljährig und hat ihren Hauptwohnsitz seit 15.01.2021 in XXXX, XXXX. Es leben keine weiteren Personen im gemeinsamen Haushalt.

Die Beschwerdeführerin stellte am 28.01.2024 einen Antrag auf Befreiung von der Pflicht zur Entrichtung des ORF-Beitrages. Sie erläuterte, dass sie aktuell über kein Einkommen verfüge und sich für ein Jahr in Deutschland in einer Ausbildung befinde. Sie empfange weder Arbeitslosengeld noch eine sonstige Beihilfe in Österreich.

Die belangte Behörde forderte von der Beschwerdeführerin die Vorlage von Unterlagen oder Nachweisen zum gesetzlichen Anspruch sowie dem aktuellen Einkommen.

Hierauf erklärte die Beschwerdeführerin, dass sie keine der verlangten Unterlagen habe. Sie sei momentan in einem "Sabbatical" und komplett ohne Einkommen, daher könne sie die folgenden Nachweise nicht erbringen. Sie beziehe kein Pflegegeld, sei nicht gehörlos, beziehe keine Pension, Rente, Invaliditätsrente, kein Taggeld und keine AMS Gelder, keine Studentenförderung oder Lehrlingsgelder, keine Sozialhilfe oder sonstige Förderungen. Sie lebe momentan von ihrem Ersparten und absolviere Weiterbildungen in Deutschland, die sie privat bezahle.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Beschwerdeführerin und zu ihrem Hauptwohnsitz ergeben sich aus dem erhobenen ZMR-Auszug und stehen unzweifelhaft fest. Sämtliche weiltere Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem Verwaltungsakt und den darin einliegenden E-Mails der Beschwerdeführerin sowie Erledigungen der belangten Behörde.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Hat die Behörde einen Antrag zurückgewiesen, dann ist "Sache" eines Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ausschließlich die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (vgl etwa VwGH 19.12.2018, Ra 2016/06/0063; 28.2.2019, Ra 2018/22/0237, jeweils mwN).

Zu A) Stattgabe der Beschwerde

3.2. Die Voraussetzungen für eine Zurückweisung des Antrages der Beschwerdeführerin lagen nicht vor. Die Beschwerdeführerin legte zwar nicht die geforderten Unterlagen und Belege der belangten Behörde binnen der gesetzten Frist vor, teilte aber der belangten Behörde mit, warum sie keine solchen Unterlagen und Belege vorlegen könne. Damit kam die Beschwerdeführerin ihrer Mitwirkungspflicht an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts nach, wenn auch nicht im positiven Sinne, indem sie Unterlagen vorlegte, sondern im negativen Sinne, indem sie darlegte, warum keine Unterlagen vorgelegt werden können.

Damit ist es der belangten Behörde verwehrt, den Antrag zurückzuweisen. Der formelhafte Hinweis, dass der Antrag zurückgewiesen werden müsse, falls die benötigten Unterlagen und Angaben nicht innerhalb von 14 Tagen nachgereicht werden, geht angesichts des festgestellten Sachverhalts ins Leere. Vielmehr wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, über den Antrag in der Sache selbst zu entscheiden und nicht bloß eine Formalentscheidung zu treffen.

Im Hinblick darauf war der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Bescheid aus dem Rechtsbestand zu entfernen und gemäß § 28 Abs 5 VwGVG zu beheben.

3.3. Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung:

Im vorliegenden Fall ergibt sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aus den Akten des Verwaltungsverfahrens. Eine mündliche Erörterung ließe die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten, da sich der festgestellte Sachverhalt aus unbedenklichen Urkunden ergibt, die keinen Erörterungsbedarf aufwerfen und im Übrigen nur Rechtsfragen strittig sind.

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und nur eine Rechtsfrage zu entscheiden ist oder wenn die Sache keine besondere Komplexität aufweist (VfSlg 18.994/2010; VfSlg 19.632/2012; VwGH 12.12.2017, Ra 2015/05/0043, mit zahlreichen Nachweisen der Rechtsprechung des EGMR). Ein solcher Fall hier liegt vor. Art 6 EMRK und Art 47 GRC stehen dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gleichsam nicht entgegen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher nach § 24 Abs 1 und 4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) abgesehen werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.