JudikaturBVwG

W164 2277884-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Arbeitsrecht
15. Januar 2025

Spruch

W164 2277884-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Martin EGGER (aus dem Kreis der Arbeitgeber:innen) und Mag. Wolfgang SCHIELER (aus dem Kreis der Arbeitnehmer:innen) als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice vom 06.06.2023, Zl. VSNR XXXX , AMS 308-Gänserndorf, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 21.08.2023, Zl. WF 2023-0566-3-009593, nach Durchführung einer nicht öffentlichen Beratung vom 10.01.2025 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gem. § 28 Abs 1 und Abs 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) Folge gegeben und es wird der angefochtene Bescheid aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid vom 06.06.2023 sprach das Arbeitsmarkservice (im Folgenden: AMS) aus, dass die Beschwerdeführerin (im Folgenden BF) gemäß § 11 AlVG für den Zeitraum 01.05.2023 bis 28.05.2023 kein Arbeitslosengeld erhalte; Nachsicht werde nicht erteilt. Begründend wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe ihr Dienstverhältnis beim Unternehmen XXXX , eine Arbeit als mobile Heimpflegerin, während der Probezeit freiwillig gelöst. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen würden nicht vorliegen bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.

Gegen diesen Bescheid erhob die BF fristgerecht Beschwerde, worin sie im Wesentlichen ausführte, sie habe das Dienstverhältnis nicht leichtfertig, sondern nach mehreren Gesprächen mit dem Arbeitgeber und auf Anraten ihrer Hausärztin beendet.

In der Folge legte die BF einen fachärztlichen Befundbericht Dr. XXXX , Facharzt für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin vom 07.06.2023 vor, der eine mittelgradig ausgeprägte depressive Störung auswies.

Die BF brachte ergänzend vor, sie sei im Rahmen des gegenständlichen Dienstverhältnisses von Beginn an wie eine Stamm-Mitarbeiterin eingeteilt worden, habe also keine Möglichkeit gehabt, sich einzuarbeiten. Das sei ihr bald zu viel geworden. Als sie die Problematik gegenüber ihrem Arbeitgeber angesprochen habe, sei ihr erwidert worden, es herrsche Personalmangel und es könne keine Rücksicht genommen werden. Am 04.09.2023 werde die BF nach einem länger dauernden Bewerbungsverfahren ein neues Beschäftigungsverhältnis in einer Blutbank beginnen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 21.08.2023 wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab und führte begründend gestützt auf eine Rückfrage beim ehemaligen Dienstgeber aus, die Beschwerdeführerin habe diesem gegenüber keine Anzeichen einer Überlastung gezeigt und auf Nachfrage nach ihrem Wohnbefinden stets gesagt, es sei alles in Ordnung. Eine allfällige vorübergehende psychische Belastung rechtfertige noch nicht die Lösung des Dienstverhältnisses. Die Aufnahme einer neuen vollversicherungspflichtigen Beschäftigung erst im September 2023 könne nicht als Nachsichtsgrund berücksichtigt werden.

Aufgrund des fristgerechten Vorlageantrags der Beschwerdeführerin legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem Bezug habenden Akt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. In einer beigefügten Stellungnahme merkte die belangte Behörde an, dass die BF tatsächlich seit 04.09.2023 in einem Dienstverhältnis zum Land XXXX stehe und in einer Blutbank beim Krankenhaus XXXX beschäftigt sei. Aus dem Akteninhalt sei erkennbar, dass das AMS der BF diese Stelle schon am 08.05.2023 mit einem Vermittlungsvorschlag zugewiesen hatte. Die BF habe sich damals auch beworben, sei aber nicht aufgenommen worden. Am 13.07.2023 habe sich die BF erneut beim Krankenhaus XXXX für eine Stelle als Pflegeassistentin beworben. Im Zuge dieser Bewerbung dürfte sich dann die nunmehrige Anstellung bei der Blutbank des Krankenhauses XXXX ergeben haben. Die BF habe während ihrer Arbeitslosigkeit ein reges Bewerbungsverhalten und glaubhaft ernstliche Bemühungen zur Beendigung ihrer Arbeitslosigkeit gezeigt.

Eine Einsichtnahme in die Daten des Dachverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger bestätigte, dass die BF von 04.09.2023 bis 27.01.2024 beim Land XXXX vollversicherungspflichtig angestellt war und seit 01.02.2024 bis laufend bei XXXX vollversicherungspflichtig angestellt ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin verfügt über Berufserfahrung im Vertrieb sowie als Pflegeassistentin und Behindertenbetreuerin. Nach einem etwa eineinhalbmonatigen Arbeitslosengeldbezug trat die Beschwerdeführerin am 03.04.2023 eine Beschäftigung als mobile Heimpflegerin bei der Dienstgeberin XXXX Betriebs GmbH, an. Zu Beginn des Dienstverhältnisses war ein Probemonat vereinbart mit dessen Ende die Beschwerdeführerin das Dienstverhältnis von sich aus löste. Noch im Mai 2023 hatte das AMS der BF eine Stelle bei einer Blutbank des Krankenhauses XXXX zugewiesen. Die BF hatte sich auf diese Stelle beworben, war aber zunächst nicht aufgenommen worden; Im Zuge einer erneuten Bewerbung vom 13.07.2023 beim selben Krankenhaus für eine Stelle als Pflegeassistentin erreichte die BF letztendlich doch die Anstellung bei der Blutbank des genannten Krankenhauses. Die BF hat während ihrer Arbeitslosigkeit ein reges Bewerbungsverhalten und glaubhaft ernstliche Bemühungen zur Beendigung ihrer Arbeitslosigkeit gezeigt.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig. Und wurde seitens der AMS im Zuge der Beschwerdevorlage eingeräumt, dass sich die BF für die am 04.09.2023 angetretene Beschäftigung bereits im Mai 2023 also während des hier relevanten Zeitraumes erstmals beworben hat. Die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung erscheint angesichts des ausreichend ermittelten Sachverhaltes nicht geboten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter:innen angehören, je eine:r aus dem Kreis der Arbeitgeber:innen und eine:r aus dem Kreis der Arbeitnehmer:innen. Im vorliegenden Fall war daher Senatszuständigkeit gegeben.

Zu A)

Gemäß § 11 Abs. 1 AlVG erhalten Arbeitslose, deren Dienstverhältnis in Folge eigenen Verschuldens beendet worden ist oder die ihr Dienstverhältnis freiwillig gelöst haben, für die Dauer von vier Wochen, gerechnet vom Tage der Beendigung des Dienstverhältnisses an, kein Arbeitslosengeld. Dies gilt auch für gemäß § 3 versicherte Personen, deren Erwerbstätigkeit in Folge eigenen Verschuldens oder freiwillig beendet worden ist

Abs. 2 leg. cit. bestimmt, dass der Ausschluss vom Bezug des Arbeitslosengeldes in berücksichtigungswürdigen Fällen, wie z.B. wegen Aufnahme einer anderen Beschäftigung, freiwilliger Beendigung eines Dienstverhältnisses oder einer Erwerbstätigkeit aus zwingenden gesundheitlichen Gründen oder Einstellung der Erwerbstätigkeit wegen drohender Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit oder bei Saisonabhängigkeit wegen Saisonende, nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen ist.

Bezogen auf den vorliegenden Fall ergibt sich daraus:

Die BF hat sich noch während der Zeit des verfahrensgegenständlichen Probemonats für die Stelle, die sie am 04.09.2023 letztlich erfolgreich antreten konnte, beworben. Dass sie diese Beschäftigung erst am 04.09.2023 angetreten werden konnte, war nicht der BF sondern der Sphäre des neuen Arbeitgebers zuzuordnen. Wie seitens des AMS im Zuge der Beschwerdevorlage ferner eingeräumt wurde, hat sich die BF generell ernstlich um die Beendigung ihrer Arbeitslosigkeit bemüht. Die vorliegend verhängte Sperre war der BF daher gemäß § 11 Abs 2 AlVG unter Berücksichtigung der dazu ergangenen Judikatur zur Gänze nachzusehen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.